Netzwerkkarte. Bullinger/Nowak (1998:175), Jansen (1999:123) und Müller M. (2003:70). --- Seite

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Transkript:

Netzwerkkarte Die Netzwerkkarte ist ein diagnostisches Instrument, das auf einem einigermaßen soliden theoretischen Hintergrund beruht, die Vorteile eines bildgebenden Verfahrens aufweist, weitgehende interpretative Möglichkeiten eröffnet und gleichzeitig gut für kooperative Diagnostik geeignet ist. All das und noch einige weitere Vorzüge machen es zu einem Verfahren, das für den sozialarbeiterischen Fallbearbeitungsprozess ausgezeichnet geeignet ist. Umso mehr verwundert, wie wenig es eingesetzt wird und der Dominanz psychologisierender und für sozialarbeiterische Zwecke nur wenig oder bloß peripher geeigneter Instrumente und Deutungsmuster Tribut zollen muss. Ich beginne wieder mit einer Kurzbeschreibung der Vorgangsweise 64, zeige dann einige Beispiele, um schließlich genauer auf Handhabung, theoretische Fragen und Interpretationsmöglichkeiten einzugehen. Für die Erstellung der Netzwerkkarte wird eine Ankerperson gewählt, i.d.r. der Klient / die Klientin. Sie bildet das Zentrum des Netzwerks. Dann wird die Fläche in 4 Sektoren geteilt: 64 Ich stelle das von mir bevorzugte Verfahren vor, Varianten findet man bei Bullinger/Nowak (1998:175), Jansen (1999:123) und Müller M. (2003:70). --- Seite 233 ---

Grafik 17: Sektoreneinteilung der Netzwerkkarte In einem zweiten Schritt werden nun die Personen des sozialen Umfelds eingetragen: Je wichtiger diese Person ist, desto näher wird das Symbol für diese Person zur Ankerperson gezeichnet. Besteht zwischen zwei Personen Kontakt, werden diese mit einer Linie verbunden. Dadurch entsteht Stück für Stück ein Netz, das in den Sektoren unterschiedlich stark ausgeprägt sein kann. I.d.R. wird die Netzwerkgrafik gemeinsam mit den KlientInnen erstellt. Der Sozialarbeiter zeichnet nach Anweisung der KlientInnen das Netz am besten mit Bleistift, um Korrekturen leicht vornehmen zu können; ich rate von einer Erstellung am Computer ausdrücklich ab: das im Vergleich zu traditionellen Zeichenstiften schwierige Handling von Zeichenprogrammen führt zu groben und falschen Bildern. Allenfalls ist es möglich, das Ergebnis schließlich einzuscannen. --- Seite 234 ---

Die Netzwerkgrafik ermöglicht zusätzlich die Ermittlung der Maßzahl der Netzwerkdichte. Pearson (1997:96ff.) stellt unter Berufung auf Mitchell (1974) das Maß für die Dichte eines Unterstützungsnetzwerks als relevante Größe für die Beurteilung der Funktionalität von Netzwerken vor. Die Berechnung erfolgt auf Basis einer einfachen Formel: Dichte = n / { [ N ( N 1 ) ] / 2 } n = die Zahl der Personenpaare im Netz, die sich kennen und miteinander Kontakt haben (jedes Paar wird nur einmal gezählt; die Ankerperson wird bei dieser Zählung nicht berücksichtigt) N = die Gesamtzahl der Personen im System (wieder ohne Ankerperson) Die Maßzahl der Dichte drückt das Verhältnis der möglichen zu den realisierten Kontaktpaaren aus. Sie liegt zwischen 0,00 (das Netzwerk besteht ausschließlich aus Einzelpersonen, die einander nicht kennen) und 1,00 (jede Person im Netz hat zu jeder anderen Kontakt). Dichte ist ein Indikator dafür, wie eng und zentriert ein System ist. Sehr dichte Systeme (z.b. Systeme, in denen fast alle Mitglieder sich kennen und miteinander interagieren) sind typischerweise durch gut verfügbare Kommunikationskanäle, gemeinsam geteilte Informationen und gleichartige Perspektiven charakterisiert. (Pearson 1997: 96f.) Netzwerke hoher Dichte bringen eine Reihe von Nachteilen für die Mitglieder mit sich, schränken deren Autonomie ein und stellen nur wenig differenzierte Ressourcen zur Verfügung (ebd.). Eine Netzwerkdichte, die größer als 0,50 ist, kann als relativ hoch bezeichnet werden. --- Seite 235 ---

Bei Verwendung der Netzwerkkarte als diagnostischem Instrument kann manchmal die Ermittlung von zwei Dichtezahlen die Präzision der Analyse erhöhen: Ein Wert für den inneren Kreis der engeren Kontakte, ein Wert unter Einschluss des äußeren Kreises, der auch die selteneren / loseren Kontakte umfasst. Die Differenz zwischen den beiden Werten gibt einen Hinweis darauf, ob die Aktualisierung der loseren Beziehungen die Diversität des Netzwerks erhöhen könnte. Je niedriger die Dichte des größeren Netzwerks im Vergleich zum engeren Netzwerk ist, umso lohnender und chancenreicher könnten Aktivitäten zur Aktualisierung der schwächeren Beziehungen im Netzwerk sein. Eingescannt wurden die nun folgenden Beispiele von Netzwerkkarten. Die ersten beiden Beispiele wurden kooperativ mit den KlientInnen erstellt, das dritte Beispiel im Zuge einer Fallbesprechung. --- Seite 236 ---

Grafik 18: Netzwerkgrafik einer 83-jährigen Frau Netzwerkgröße: 15 Personen Dichte derzeit: 0,76 --- Seite 237 ---

Das erste Beispiel zeigt das Netzwerk einer 83-jährigen Frau, die das Glück eines dichten familiären Netzes hat. Gleichzeitig ist allerdings eine völlige Verarmung der außerfamiliären Beziehungen zu erkennen. Einzig zur Nachbarin und zum Hausarzt bestehen außerfamiliäre Kontakte. Die Dichte ihres Netzes ist mit 0,76 sehr hoch. Die Ankerperson ist von ihrer Familie damit in hohem Grade abhängig. Je nach Qualität der innerfamiliären Beziehungen wären netzwerkbezogene Interventionen ggf. in Richtung einer Vermehrung nicht-verwandtschaftlicher Kontakte zu setzen. --- Seite 238 ---

Grafik 19: Netzwerk einer 20-jährigen Psychiatrie-Patientin Netzwerkgröße: 12 Personen Star: die Mutter mit 9 Kontakten im Netz. Dichte derzeit: 0,21 --- Seite 239 ---

Das zweite Beispiel zeigt das Netzwerk einer jungen Psychiatrie- Patientin, das bereits typische Merkmale des Netzwerks von Personen aufweist, die intensiv vom Sozial- oder Gesundheitswesen als Fall identifiziert worden sind: Professionelle HelferInnen werden gewichtig. Keine der professionellen HelferInnen gehört der Ankerperson allein, alle besprechen die Situation der Patientin auch mit den Angehörigen, vor allem mit der Mutter, die mit 9 Kontakten eine Star -Position innehat. Der jungen Frau gelingt es dzt. aber noch, einige autonome Beziehungen aufrecht zu erhalten. Da gibt es eine Freundin, die die Frau bei einem stationären Aufenthalt in der psychiatrischen Abteilung des Krankenhauses kennengelernt hat. Zu ihr hält sie den Kontakt via E-Mail aufrecht. Weiters hat sie noch Kontakt zu zwei Mitstudierenden in einem Handelsakademie- Fernkurs. Es deuten sich bereits Isolierung und ein beträchtlicher Autonomieverlust an, an dem die professionellen HelferInnen mitzuwirken scheinen. Noch ist die Dichte des Netzwerks mit 0,21 sehr gering. Dieses Motiv zeigt sich noch deutlicher im dritten Beispiel: --- Seite 240 ---

Grafik 20: Netzwerk eines 36-jährigen Sexualstraftäters Die inhaftierte Ankerperson hat nahezu alle Kontakte in den Feldern des natürlichen Netzwerks verloren. Übrig blieb in intensiver Nähe der --- Seite 241 ---

Vater, und übrig blieb das professionelle Netz, das allerdings mit der bevorstehenden Enthaftung in der derzeitigen Form zusammenbrechen wird. Netzwerkgröße: 8 Personen Star: die Sozialarbeiterin (DSA) mit 6 Kontakten im Netz. Multiplexe Beziehung zu Vater Dichte derzeit: 0,28 Bei Entlassung: radikales Schrumpfen des Netzwerks und radikale Erhöhung der Dichte. Die Interpretationsmöglichkeiten steigen bei Kenntnis einiger zentraler Begriffe aus der Netzwerkforschung, mit denen charakteristische Positionen im Netzwerk oder charakteristische Beziehungsformen bezeichnet werden. Ich kombiniere hier einige Hinweise aus Gerhardter (1998) und die Analyse von Pearson (1997). Schlüsselpositionen im Netzwerk sind (ich folge hier Gerhardter): Star Mitglied mit sehr vielen Verbindungen zu anderen Mitgliedern. Bei zwei der oben präsentierten Netzwerke war jeweils ein Star zu identifizieren. Liaison Mitglied, das zwei Cluster, die sonst unverbunden wären, miteinander verbindet. Diese Verbindung wird durch einen exklusiven Kontakt des Mitglieds zu zumindest einem Mitglied des anderen Clusters hergestellt. Brücke Mitglied, das zwei Clustern angehört. --- Seite 242 ---

Gatekeeper Gatekeeper sind Mitglieder, die den Informationsfluss von einem Netzwerksektor zum anderen kontrolliert. IsolierteR Mitglied ohne Beziehungen zu anderen Netzwerkmitgliedern. Isolierte spielen als unbefangene BeraterInnen eine wichtige Rolle, um die Autonomie der Ankerperson zu stützen. Die Beziehungsformen im Netzwerk sind für die Differentialdiagnose von herausragender Bedeutung. Als wichtigste sind zu nennen: uniplexe / multiplexe Beziehungen Diese Unterscheidung spricht die Zahl von Rollen an, in denen sich die BeziehungspartnerInnen begegnen. Multiplexe Beziehungen sind dadurch gekennzeichnet, dass die Beziehungspartner füreinander mehrere Funktionen erfüllen; multiplexe Beziehungen haben keine klaren Grenzen, sind diffus, dauerhaft, in sich wenig differenziert, tendieren zur Ausschließlichkeit. Bei Belastungen besteht die Gefahr, dass die Beziehung wegen Überlastung einer Person völlig abgebrochen wird. Uniplexe Beziehungen hingegen erfüllen nur eine Funktion (oder wenige Funktionen). Mehrere uniplexe Beziehungen im Netzwerk sind gegenüber Belastungen resistenter als wenige (oder gar nur eine) multiplexe Beziehungen: Die Belastung verteilt sich auf mehrere UnterstützerInnen, der Ausfall einer Unterstützerin oder eines Unterstützers hat keine --- Seite 243 ---

Unterstützerin oder eines Unterstützers hat keine dramatischen Folgen für die Leistungsfähigkeit des Netzwerks. direkte und indirekte Interaktion Unter direkter Interaktion wird hier face-to-face Kontakt verstanden. Dieser ist für die Funktionalität von Beziehungen nicht unbedingt erforderlich. Vor allem die Entwicklung der Telekommunikation und des Internet hat die Bedeutung indirekter Interaktion für personenzentrierte soziale Netze erheblich wachsen lassen. Pearson nimmt in seine Netzwerkanalysen auch virtuelle Personen auf ( Gott, verstorbene Partner). starke und schwache Beziehungen Starke Beziehungen haben eine hohe Interaktionsfrequenz und sind dauerhaft, reziprok, intensiv. Sie sind ggf. schnell verfügbar, Netzwerke aus vorrangig starken Beziehungen vermindern aber die Freiheitsgrade beträchtlich. In schwache Beziehungen sind Personen weniger involviert. Eine Darstellung der netzwerkbezogenen Interventionsformen würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen, daher sei hier vor allem auf die einschlägigen Texte verwiesen, vor allem zusammenfassend auf Gerhardter (1998) und ausführlich Pearson (1997). --- Seite 244 ---