5 Thesen zur Zukunftsperspektive der CVP

Ähnliche Dokumente
Der lange Weg ins Parlament

NATIONALRATSWAHLEN: SCHRIFTLICHE ZUSATZBEFRAGUNG

Die Frauen bei den Nationalratswahlen Werner Seitz

Rentenfrage wird Thema Nummer 1 SVP legt weiter zu, SP erstmals gebremst, FDP und CVP neuerdings stabil

Die Frauen bei den eidgenössischen Wahlen 2015: Der Schwung ist weg

Universität Zürich Institut für Politikwissenschaft

Präsentation "Gesundheitsmonitor 2007"

Politisches Modul : neue Fragen (deutsch)

Wählerwanderungsanalyse 2015

Partizipation und Biopolitik

Die politische Landkarte der Schweiz. Die politische Landschaft der Schweiz. Kapitel 1. Institut für öffentliches Recht, Uni Bern, 3.

Die Auswirkungen des Gesellschaftswandels auf das politische Engagement

Parlamentswahlen 2015 und Folgen für den Bundesrat

17 Politik Nationalratswahlen 2015 Der Wandel der Parteienlandschaft seit 1971

Ausgewählte Beiträge zur Schweizer Politik

Vorteilhafter Start für KOSA-Initiative

17 Politik Nationalratswahlen 2015 Der Wandel der Parteienlandschaft seit 1971

Keine Initiative mit absoluter Zustimmungsmehrheit

Fairer Handel als Antwort der herausgeforderten Entwicklungspolitik

Die Fakten zum demografischen Wandel

Wie viel darf Gesundheit schmerzen? Referat von Claude Longchamp, Politikwissenschafter, Institutsleiter gfs.bern

Altersvorsorge-Monitor

Die Zukunft der Kantone

Unter Spardruck: Kantonale Prämienverbilligungen

Combining zur Verbesserung von Vorumfragen zu Wahlen

Erneuerungswahl des Kantonsrates vom 28. Februar 2016 Wahllisten Nr. Listenbezeichnung Listenverbindung Frauen Männer Total

Erosionstendenzen an der Parteibasis

Voting on Europe in Europe and Switzerland

Ideale Voraussetzungen, um vorhandene Informationsbedürfnisse zu decken

IPMZ-Kurs Politische Kommunikation", 15. August 2008

Regierungsrat Andreas Rickenbacher, Volkswirtschaftsdirektor

Im Banne der Migrations- und Europafrage

Thematisch sicher positionierte Kleinparteien

Die Schweiz eine direkte Demokratie. 02 / Politik geht mich was an

Universität Zürich, FS15 Vorlesung: Wahlforschung in der Theorie und Praxis Vorlesung 8: Die Wahlen 2015 im Kanton Zürich

17 Politik Nationalratswahlen 2015 Listen und Kandidaturen

Bundesratsbeschluss über das Ergebnis der Volksabstimmung vom 11. März 2012

Ausgewählte Beiträge zur Schweizer Politik

Frauen und Männer als StimmbürgerInnen: Was haben sie entschieden?

SRG WAHLBÖRSE 2007 PRO:KONS PROGNOSEERGEBNIS Seite 1 von BDF-net

GLP, SP und FDP im Aufwind SVP, CVP und GPS im Gegenwind

Angebots- und Strukturüberprüfung (ASP 2014)

Stadt Luzern Parteienstärke aufgrund Parteistimmen Proporzahlen 1995 und 1996

Zwei Konkordanz-Szenarien

Strukturelle Unterscheide der Migration

Demografischer Wandel und politische Beteiligung älterer Menschen: Bleibt alles beim Alten?

Vielfältige Ausbildung, vielfältiges Berufsfeld

bonus.ch zum Thema Krankenkassenprämien 2016: mit einer durchschnittlichen Erhöhung von 6.5% bestätigt sich der Trend

Nationalratswahlen in der Schweiz vom 18. Oktober 2015

Immer mehr finanzielle Mittel für die politischen Parteien in der Schweiz: Entwicklung auf nationaler und kantonaler Ebene ( )

Referenten: Claude Longchamp Martina Mousson. Präsentation zur 1. Welle der Befragungsreihe "SRG Trend" zur Volksabstimmung vom 28.

Wahlpuls Entwicklung der Parteien in den digitalen Medien. Farner Consulting AG Previon

Stadt Luzern. Eingereichte Wahlvorschläge für den 2. Wahlgang

Meinungsbildung in der Mediendemokratie

Ausgewählte Beiträge zur Schweizer Politik

Nationalratswahlen 2003

Kommunalwahlen Bayern 2014

Erneuerungswahl des Nationalrats

Künftige Standortstrategie Zug

Ausgewählte Beiträge zur Schweizer Politik

ARD-DeutschlandTREND Oktober 2017 Eine Studie im Auftrag der tagesthemen

Steuerertragsentwicklung im Kanton Luzern und in den Luzerner Gemeinden

Die Antworten auf den wachsenden Rechtspopulismus im Alpenraum

Wohin treibt die Schweiz? Veränderungen der politischen Landschaft

Krise der Parteien? Die Herausbildung der Schweizer Parteien. Die Schweizer Parteien. Herausbildung der Schweizer Parteien

Schweizer Mittelschichtsfamilien im Spannungsfeld von Ökologie und Ökonomie

Politik. Panorama. Nationalratswahlen 2015:

Der Bayerische Landtag für Einsteiger

Zu Beginn der Hauptkampagne:

Öffentliche Statistik Gebäude- und Wohnungsstatistik (Erhebung GWS) Jahr 2014 Zusammenfassung. KASF - Mai 2016

Wirtschaft, nationaler Finanzausgleich und öffentliche Finanzen in den Ostschweizer Kantonen

22. Mai 2012, Neue Zürcher Zeitung Wie die Fünfte Schweiz politisch tickt Studie zum Wahl- und Abstimmungsverhalten von Auslandschweizern

Pressekonferenz am 12. September 2016 LGBTIQ*-Wahlstudie zur Abgeordnetenhauswahl in Berlin 2016

Herausforderungen im Immobilienmarkt der Agglomeration Basel. Vorstadtgespräch, Ludwig + Partner AG 22. September 2017

YouGov Wahlumfrage

Medienmitteilung

24,8 Kühe. Schweizer Bauernhof Familienbetriebe. Oberstufe/Hauswirtschaft. Name:

Weniger Aufwandbesteuerte aber höhere Erträge in den Kantonen

Aargauer Einwohnerratswahlen 2013

Ausgewählte Beiträge zur Schweizer Politik

Clever mehr Frauen wählen!

Das Politiker Homepage Ranking 2014

Bioethik-Agenturen in der demokratischen Debatte

(Materieller) Luxus - Bestandteil des Lebens

Szenarien zur Bevölkerungsentwicklung der Kantone der Schweiz Die Zahl der Personen im Rentenalter nimmt stark zu

bonus.ch: Krankenversicherung 2013, Erhöhungen von bis zu 36.5% und 838 Franken für manche Versicherungsnehmer!

Zu Beginn der Hauptkampagne:

Luzern ist für Neugründer top Zürich verliert

Der Bezug dieser Zulagen erfolgt via Arbeitgeber oder direkt von der Ausgleichskasse.

NiedersachsenTREND September II 2017 Eine Studie im Auftrag des NDR

Stadt Luzern. Eingereichte Wahlvorschläge für den 2. Wahlgang

Bottom-up-Schutzklausel

Nationalratswahlen: Am 24. Oktober 1999 sind. Bestimmen Sie mit, wer auf den 200 Sitzen Platz nimmt und die Schweiz ins nächste Jahrhundert führt

Am 25.Mai 2014: Europawahlen und Oberbürgermeisterwahl in Braunschweig

Resultate 2. Umfrage «Reformakzeptanz Altersvorsorge 2020»

Mecklenburg-VorpommernTREND Juni 2016 Eine Umfrage im Auftrag des NDR, des Nordkuriers, der Ostseezeitung und der Schweriner Volkszeitung

ATV & HEUTE Politische Stimmungslage Nationalratswahl September 2017

FDP fällt hinter CVP zurück Grüne Parteien legen wieder zu

Transkript:

5 Thesen zur Zukunftsperspektive der CVP Referat von Claude Longchamp Politikwissenschafter, Institutsleiter gfs.bern zu "CVP: Zukunftsperspektiven Chancen und Risiken der Mittepartei" gfs.bern

Der Anlass: Der Fall der CVP bei den Wahlen 03 Die Analyse: Ursachen des Rückgangs Die Potenzialanalyse der CVP Die Zukunft der Regierungszusammensetzung Die Synthese: Meine 5 Thesen zur neuen CVP!

Der Anlass: Der Fall bei den Wahlen 03

Nationalratsmandate 2003-2007 CSP 1 Grüne 14 Sol 1 PdA 2 SD Lega 1 1 EDU 2 SVP 55 SP 52 LP 4 EVP 3 CVP 28 FDP 36 SRG SSR idée suisse, Nachanalyse Nationalratswahlen 2003, durchgeführt durch das GfS-Forschungsinstitut, Politik und Staat, Bern

Ständeratsmandate 2003-2007 SP 9 SVP 8 FDP 14 CVP 15 SRG SSR idée suisse, Nachanalyse Nationalratswahlen 2003, durchgeführt durch das GfS-Forschungsinstitut, Politik und Staat, Bern

Nationalratsmandate 1959-2003 Vortrag AGW Luzern, 26. April 2004 55 50 45 40 35 30 25 20 15 SP FDP CVP SVP Grüne LPS EVP 10 5 0 1959 1963 1967 1971 1975 1979 1983 1987 1991 1995 1999 2003 SRG SSR idée suisse, Nachanalyse Nationalratswahlen 2003, durchgeführt durch das GfS-Forschungsinstitut, Politik und Staat, Bern

Ständeratsmandate 1979-2003 25 20 SP FDP 15 CVP 10 SVP LPS 5 andere 0 1979 1983 1987 1991 1995 1999 2003 SRG SSR idée suisse, Nachanalyse Nationalratswahlen 2003, durchgeführt durch das GfS-Forschungsinstitut, Politik und Staat, Bern

Ruth Metzler: Von der Hoffnungsträgerin zur tragischen Heldin

Der Vorwurf: Von der Brückenbauerin zur unsicheren Kantonistin Die Position der CVP als Brückenbauerin in sozialen Belangen wird unter dem Primat der Finanzpolitik in Frage gestellt (BVG, AHV- Rentenalter). Die Koordination des politischen Zentrums ist in wesentlichen Punkten, wie etwa der Gesundheitspolitik, zerfallen. Die Kooperation der CVP mit FDP geschieht nur noch fallweise, fallweise mit einer wechselnden Partei.

Es gibt keine raschen Lösungen, die Partei braucht Geduld auf ihrem Weg!

Die Analyse Vortrag AGW Luzern, 26. April 2004

Ursachen des Rückgangs Von der katholisch definierten Regionalpartei zur überkonfessionellen Zentrumspartei Erklärungsbaum der Wahlabsicht: CVP in % teilnahmewilliger, die die CVP wählen würden (n>100) Wahlabsicht CVP Ja (29%) katholisch Nein (4%) Alter bis 55 (24%) >55 (36%) Siedlungsart Siedlungsart ländlich (29%) klein, mittel (26%) gross (14%) ländlich (42%) Klein, mittel, gross (33%)

Ursachen des Rückgangs Von der katholisch definierten Regionalpartei zur überkonfessionellen Zentrumspartei Das Ziel ist die Urbanitätsstrategie aus den 70er Jahren noch immer weitgehend Wunschgedanke. Die Verankerung in der nicht-katholischen Bevölkerung, insbesondere in den Agglomerationen ist nicht gestiegen. Die CVP ist weiterhin in den jüngeren Generationen schwächer vertreten als in den älteren.

Von geschlossenen Lebensräumen zur Individualisierung der Lebensläufe Tradition bestimmt den Entwurf der individuellen Lebensentwürfe immer weniger. Nur in geschlossenen Lebensräumen in der Peripherie gilt dies noch. Die konfessionelle gebundene Öffentlichkeit ist weitgehend verschwunden. Das eröffnet politisch neue Bindungsmöglichkeiten. Die parteipolitische Profil der geöffneten, katholischen Lebensräume gleicht sich an.

Von geschlossenen Lebensräumen zur Individualisierung der Lebensläufe verbleibende Hochburgen noch in AI, OW, JU, VS beschränkte verbleibende Hochburgen LU, FR, TI und GR zerfallene Hochburgen in den Agglomerationen AG, SG, SZ

Die Partei muss neu aufgegleist werden! Es gibt kein Zurück mehr!

Die Potenzialanalyse der CVP Konsequenz aus den gelockerten oder multiplen Parteibindungen. WählerInnen, die sich grundsätzlich vorstellen können eine Partei (parziell) zu wählen, unabhängig davon, ob sie das gegenwärtig tun.

Überschneidungsmengen im Trend: CVP Angaben in % Wahlberechtigter, die teilnehmen würden Vortrag AGW Luzern, 26. April 2004 38 37 39 35 38 36 CVP und mindestens eine andere Partei Exklusives CVP- Potenzial 5 4 5 4 3 4 Okt. '02 Jan. '03 März '03 April '03 Juni '03 Aug. '03 Sept. '03 1. Welle, Okt. '02 (n=946) / 2. Welle, Jan. '03 (n=891) / 3. Welle, März '03 (n=983) / 4. Welle, April '03 (n=972) / 5. Welle, Juni '03 (n=1015) / 6. Welle, Aug. '03 (n=1040) / 7. Welle, Sept. '03 (n=)

Wahlabsicht des inkonsistenten CVP-Potenzials im Trend Welche der folgenden Parteien kommt für Sie grundsätzlich in Frage, dass Sie sie wählen würden? Angaben in % CVP-Potenzial, das teilnehmen und die entsprechende Partei wählen würde 20 20 23 23 20 20 CVP/SP 18 20 20 16 19 18 CVP/FDP 17 14 15 14 17 16 CVP/SVP 15 12 9 9 7 9 CVP/Andere Okt. '02 Jan. '03 März '03 April '03 Juni '03 Aug. '03 Sept.'03 1. Welle, Okt. '02 (n=494) / 2. Welle, Jan. '03 (n=422) / 3. Welle, März '03 (n=497) / 4. Welle, April '03 (n=493) / 5. Welle, Juni '03 (n=504) / 6. Welle, Aug. '03 (n=579) / 7. Welle, Sept. '03 (n=)

Konkurrenzanalyse progressiv konservativ SP soziale Alternative Grüne wertkonservative Alternative CVP mit gelockerten Bindungen FDP bürgerliche Alternative SVP nationalkonservative Alternative links rechts

Von der Volkspartei zum lockeren Wahlverein Wichtigste Wechselwählerströme SP FDP SVP Grüne CVP SRG SSR idée suisse, Nachanalyse Nationalratswahlen 2003, durchgeführt durch das GfS-Forschungsinstitut, Politik und Staat, Bern

Konkurrenzanalyse progressiv konservativ SP soziale Alternative Grüne wertkonservative Alternative CVP mit gelockerten Bindungen FDP bürgerliche Alternative SVP nationalkonservative Alternative links rechts

Es braucht keine oberflächlichen Gags, sondern eine tiefgreifende programmatische Erneuerung, die mit eigenständigen Standpunkten in der Mitte politisiert!

Zukunft der Regierungszusammensetzung Gelingt die elektorale Trendwende? Ja: Partei kann wieder Nummer 3 werden, kann mittelfristig wieder mit zwei Sitzen im Bundesrat rechnen. Nein: Partei muss sich mit einem Sitz begnügen, oder muss 4. Platz an FDP abgeben. In beiden Fällen gibt es für die CVP bessere und schlechtere Kombinationen.

Szenarien zukünftiger Bundesrat Name Zusammensetzung Position CVP Voraussetzungen Status Quo 2 SVP, 2 SP, 2 FDP, 1 CVP Auf Kooperation mit zwei Parteien angewiesen Parteien wie heute Kleine Regierungsparteien wechseln 2 SVP, 2 SP, 2 CVP, 1 FDP Mehrheitsbeschafferin CVP 2007 stärker als FDP Bürgerliche Koalition 3 SVP, 2 FDP, 2 CVP Soziale Gewissen der Bürgerlichen SVP bietet CVP 2. Sitz an 2 SVP, 2 SP, 1 FDP, 1 CVP, 1 Grüne Allparteienregierung Mehrheitsbeschafferin FDP verliert, Grüne gewinnen

Die künftige politische Bedeutung der CVP entscheidet sich, wenn es gelingt, die Karten für die Besetzung des Bundesrates neu zu verteilen. Vortrag AGW Luzern, 26. April 2004

Synthese Zukunftsperspektiven der CVP Chancen und Risiken einer Mittepartei.

These 1: Die CVP hat ihre Rolle als Mehrheitsbeschafferin in der bisherigen Konkordanzpolitik verloren!

These 2: Die Partei muss neu aufgegleist werden!

These 3: Es braucht keine Gags, aber eine tiefgreifende programmatische Erneuerung der Partei, die mit eigenständigen Positionen in der Mitte politisiert!

These 4: Die künftige politische Bedeutung der CVP entscheidet sich, wenn es gelingt, die Karten für die Besetzung des Bundesrates neu zu verteilen.

These 5: Es gibt keine raschen Lösungen; die Partei braucht Geduld auf ihrem Weg!

www.gfsbern.ch www.polittrends.ch gfs.bern