Krise der Parteien? Die Herausbildung der Schweizer Parteien. Die Schweizer Parteien. Herausbildung der Schweizer Parteien
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- Joachim Schuster
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1 Krise der Parteien? Die Schweizer Parteien Integrationsparadigmatiker: Kleinere bis mittlere Funktionsstörungen! Konkurrenzparadigmatiker: Der freie Wettbewerb spielt wieder besser! Transmissionsparadigmatiker: Der Transmissionsriemen ist nach wie vor gerissen! Herausbildung der Schweizer Parteien Charakteristika des Parteiensystems im Vergleich - Entwicklungstendenzen Parteiorganisationen Die Herausbildung der Schweizer Parteien Organisationen des wahl- und stimmberechtigten Volkes ( Kinder der Volksrechte, Kinder der Kantone ) Initiierung: Gruner (1977): Basismobilisierung beim Kampf um direktdemokratische Mitwirkung Jost (1986): Auslöser von oben: aus bereits existierenden nicht-politischen Gesellschaften und den zahlreichen Zirkeln von Notabeln entstanden. Gründungsjahre Kantonalparteien (FDP) Partei zweite Hälfte 19. Jh. oder früher FDP 1) CH (1894) ZH (1899) BE (1889) 2) BS (1894) SG (1890) 2) GR (1868) AG (1896) TG (1890) TI (1894) 2) FR (1894) 2) SO (1830) LU (1831) SZ (1833)* ZG (1837) VD (1845) 2) VS (1849) NE (1848) GE (1841) letztes Drittel 20. Jh. (1970-) UR (1912) NW (1902) OW (1911) GL (1920) BL (1919) SH (1904) AR (1919) Ober-VS (1979) JU (1975)
2 Gründungsjahre Kantonalparteien (SVP) Gründung der Parteien auf nationaler Ebene SVP ZH (1917) BE (1918)* SH (1918)* AG (1920)* GR (1919) 1) TI (1920) 2) VD (1921) BL (1925) GL (1928) 1) CH (1936) FR (1952) 4) SZ (1972) AR (1975) JU (1979) TG (1982) 5) GE (1987) ZG (1991) SO (1991) BS (1991) LU (1992) SG (1992) AI (1996) UR (1998) VS (1999) NW (1999) OW (1999) NE (2001) 3) Partei SPS FDP CVP SVP Gründungsjahr Gründungsjahre Lokalparteien P2: 1.00 FDP P2: 2.00 CVP Vier klassische Konfliktlinien für die Schweiz (Fagagnini 1988: 124): Std. Dev = Mean = N = GJAHR P2: 4.00 SVP Std. Dev = Mean = N = GJAHR GJAHR GJAHR P2: 5.00 SP Std. Dev = Mean = 1956 N = Std. Dev = Mean = 1952 N = der Verfassungskonflikt: liberale gegen konservative Staatsauffassungen; der Staat-Kirche-Konflikt, bei dem nochmals konservative, vor allem katholische Auffassungen im Kulturkampf auf liberale Opposition stiessen; der soziale Konflikt, der ein sozialistisches/sozialdemokratisches und ein bürgerliches Lager ausdifferenzierte; regionale (Stadt-Land) Konflikte, die insbesondere zur selbständigen Vertretung bäuerlicher Interessen führten.
3 Das Schweizer Parteiensystem Zwei grundlegende Merkmale: Vielzahl politischer Parteien (?) Grosse Stabilität (?) Vielzahl von Parteien Horizontale Fragmentierung (1999: FDP, CVP, SVP, SPS, LPS, CSP, GPS, GBS, LdU, EVP, PdA, EDU, SD und Lega) Vertikale Segmentierung (180 Kantonalparteien, Lokalparteien) Wählerstimmenanteile der kleineren Parteien seit 1919 Untergliederung der Parteien Kantonalparteien Stadtkreis- /Quartierparteien (Zahl der Kantonalparteien mit Angaben) Ortsparteien* (Zahl der Kantonalparteien mit Angaben) Bezirks-/Kreisparteien (Zahl der Kantonalparteien mit Angaben) regionale Parteien (Zahl der Kantonalparteien mit Angaben) 6.0 Bundesratsparteien 143 (18) 3951 (80) 490 (50) 62 (12) Nicht- Bundesratsparteien 47 (9) 383 (37) 185 (23) 11 (5) 2.0 Alle Parteien 190 (27) 4334 (117) 675 (73) 73 (17) Schätzung LPS PdA GPS FPS LdU SD * Ortsparteien der national organisierten Parteien. Nicht berücksichtigt sind unabhängige lokale Wählergruppen, deren Zahl Ende der 1980er Jahre rund 500 betrug (Geser et al. 1994: 11)
4 Parteiensysteme im Vergleich: Zahl der Parteien Fragmentierung des Systems unter Einbezug der Bedeutung und Stärke der Parteien Zahl der Parteien, die zählen (Sartori 1976) Aufnahme in Regierungskoalition Vetoposition Problem CH: Direkte Demokratie, unterschiedliche Parteistärken in den Kantonen Index effective number of parties (Rae 1967): Grösse der Parteien wird einbezogen Indikator effektiven Zahl der Parteien Laakso/Taagepera (1979) : N = wobei pi den Wählerstimmenanteil der einzelnen Parteien darstellt. n i= 1 1 p 2 i Entwicklung der effektiven Zahl der Parteien seit 1919: Die Schweiz im europäischen Vergleich CH Nationale Ebene Durchschnitt Europa CH Kant. Durchschnitt Ursachen der Fragmentierung und Segmentierung des Parteiensystems strukturelle und kulturelle Charakteristiken des Landes sowie institutionelle Eigenheiten des politischen Systems: Grosse sprachregionale und konfessionelle bzw. allgemein soziale und kulturelle Heterogenität. Staatliche Dezentralisierung, insbesondere der Föderalismus und die Gemeindeautonomie. Proporzwahlverfahren. Direkte Demokratie.
5 Parteiensysteme im Vergleich: Weitere Kriterien der Typologie von Sartori (1976) Ideologische Distanz zwischen den Parteien Fragmentierung des Parteiensystems: Zentrifugaler versus zentripetaler Wettbewerb (Richtung Extreme oder Mitte) CH: Moderater Pluralismus (national) Kantone: Systeme variieren zwischen Twopartism (Innerschweiz) und polarized multipartism (GE, ZH, BE, BS, BL, NE) Verschiedene Versuche der Links-rechts-Verortung der Schweizer Parteien und ein internationaler Vergleich Einschätzung durch: PdA SP GPS LdU EVP CSP CVP FDP SVP LPS SD FPS Lokalparteipräsidenten 1) eigene Lokalpartei eigene Kantonalpartei eigene nationale Partei Kantonalparteipräsid. 2) eigene Kantonalpartei eigene nationale Partei mittlere Parteikader 3) eigene nationale Partei Wähler/Anhänger Schweiz a) Schweiz b) internat. Vergleich 5) Wahlprogramme Schweiz 6) internat. Vergleich 7) Experten Schweiz 8) ) Lokalparteipräsidentenbefragung 1990 (vgl. Geser et al. 1994) 2) Kantonalparteipräsidentenbefragung 1997 (NF-Projekt Ladner/Brändle) 3) Untersuchung der mittleren Parteikader 1988 und 1989 (Sciarini et al. 1994: 110) 4a) Analyse der Nationalratswahlen 1995, Klöti (1998) 4b) Selects. Analyse der Nationalratswahlen 1999, Hirter (2000:23) 5) Klingemann (1995: 194); Zeitraum: 1970er und 1980er Jahre 6) Brändle (1997); Zeitraum: letzten 50 Jahre, eigene Berechnungen gemäss Klingemann (1995 Fn. 7) 7) Klingemann (1995: 189) 8) Huber/Inglehart (1995) Ideologische Verortung: Die Kantonalparteien auf der Links-rechts-Achse Selbstpositionierung der Lokalparteien auf Links-rechts- Achse 1990 und 2003 SVP FDP CVP FDP SP CVP 34 LPS SVP LEGA EDU SP EVP Partei GPS GP Wählervereine CSP Links-rechts-Skala
6 Stabilität des Parteiensystems direkte Demokratie (konsensuale Konfliktlösungsmuster) Konkordanzprinzip (Beteiligung aller relevanten Kräfte, Zauberformel) Verankerung in den Gemeinden als Voraussetzung für die Etablierung einer Partei Pedersen (1979) : wobei n die Zahl der Parteien ist, vit der Wähleranteil der Partei i zum Zeitpunkt t und vi(t+1) der Wähleranteil der Partei i zum Zeitpunkt t Indikator Volatilität TV = n i= 1 ( ) v it v i 2 ( t+ 1) Entwicklung der Volatilität Wählerstimmenanteile der Bundesratsparteien: Nationalratswahlen % 23.3 % 17.3 % 14.4 % kantonale Parteiensysteme nationales Parteiensystem FDP CVP SP SVP
7 900 Anzahl Sitze in den kantonalen Parlamenten Das Abschneiden der Bundesratsparteien bei den kantonalen Wahlen Anzahl Wahlgäng e Durchschnittliche Parteivolatilität (Gewinne und Verluste, Prozentpunkte) Durchschnittliche Gewinne (Prozentpunkte) Anteil gewonnene Wahlen FDP CVP SPS SVP Total FDP CVP SVP SP GPS Andere Ohne AI und AR; Anzahl Sitze 2003: 2818 CH-Parteiorganisationen Indizien für die Schwäche der Schweizer Parteiorganisationen geringe Anerkennung durch den Staat (Art. 137 BV, seit 2000) Benachteiligung gegenüber Interessengruppen (und Bewegungen); Vernehmlassungsverfahren, direkte Demokratie Schwache nationale Parteiorganisationen, wenig Ressourcen, kaum professionalisiert, geringe Homogenität Ursachen der schwachen Schweizer Parteiorganisationen Kleinheit des Landes, soziale und kulturelle Heterogenität erschweren Rekrutierung (Milizsystem) und Integration der Interessen Föderalismus, Gemeindeautonomie, verunmöglichen zentralisierte Organisationen Direkte Demokratie: Parteien haben kein Monopol im Entscheidungsprozess
8 Parteiorganisationen: Merkmale Mitgliederzahl Finanzielle Ressourcen Professionalisierung (Zahl der Stellen) Ideologische Profile und Positionierung Mitgliederzahlen der Schweizer Parteien (1998) korrigierte Zahlen "offizielle" Angaben* FDP CVP SVP SPS LdU 2' Grüne '200 EVP 3' Liberale Partei Freiheitspartei 6' SD Partei der Arbeit 2'000 4'000 EDU 2000 Total Bundesratsparteien 258' '000 Total andere Part. 37'000 54'700 Total alle Parteien 295' Veränderung der Mitglieder in den letzten 10 Jahren (Kantonalparteien 1998) Mitgliederverluste der Lokalparteien seit 1990 (Bundesratsparteien, 2003) -20% Entwicklung Mitglieder eher zugenommen konstant eher abgenommen gewichtet mit Anzahl Mitglieder eher zugenommen konstant eher abgenommen FDP CVP SVP SP Total FDP - 25% - CVP - 27% - SVP - 13% - SP - 15% - GPS - 7% - EVP - 4% - LPS - 39%
9 Mitgliederverluste der Lokalparteien seit 1990 (Bundesratsparteien, 2003) -20% Veränderung der Alterstruktur der Parteiaktiven (Anteile 2003 und Veränderung im Vergleich zu 1990) Unter Über 60 - FDP - 25% - CVP - 27% - SVP - 13% - SP - 15% - GPS - 7% - EVP - 4% - LPS - 39% FDP CVP SVP SP EVP GP LPS Total Finanzielle Ressourcen Total (Mio. Fr.) Nicht-Wahljahr Ortsparteien 12 Kantonalparteien Bundesparteien 10,5-12 Total 40,5-44 Wahljahr Ortsparteien Kantonalparteien Bundesparteien 14,5-16 Total 64,5-74 Einnahmen der Kantonalparteien FDP CVP SVP SP GPS Mitgliederbeiträge Abgaben Ortparteien Mandatsabgaben Spenden anderes N= Quelle: Ladner/Brändle 2001: 160
10 Einnahmen der Bundesparteien Finanzielle Transfers: SP Finanztransfers Eigenfinanzierung FDP CVP SVP SP Mitgliederbeiträge Spenden Mandatsabgaben Fraktionsbeiträge anderes Budget SP Schweiz Einnahmen von KP: 52 % Abgaben an BP: 16 %* Budget SP Kantonalpartei (KP) Einnahmen von LP: 15 % Abgaben an KP 42 % Budget SP Lokalpartei (LP) Mandatsabgaben: 7 Fraktionsbeiträge: 6 Spenden: 14 übrige Einnahmen 21 Total: 48 Mandatsabgaben: 24 Mitgliederbeiträge: 34 Spenden: 13 übrige Einnahmen: 14 Total: 85 Mandatsabgaben 15 Mitgliederbeiträge 70 Spenden 4 übrige Einnahmen 11 Total 100 Finanzielle Transfers: FDP Ideologische Orientierung: z.b. 46. Legislatur: Nationalrat Finanztransfers Eigenfinanzierung Budget FDP Schweiz Einnahmen von KP: 1 % Mandatsabgaben: 3 Fraktionsbeiträge: 28 Spenden: 56 übrige Einnahmen 12 Total: 99 Abgaben an BP: 2,6 % Budget FDP Kantonalpartei (KP) Einnahmen von LP: 29 % Mandatsabgaben: 18 Mitgliederbeiträge: 25 Spenden: 9 übrige Einnahmen 19 Total: 71 Abgaben an KP: 22 % Budget FDP Lokalpartei (LP) Mandatsabgaben: 5 Mitgliederbeiträge: 78 Spenden 6 übrige Einnahmen 11 Total: 100
11 R9: aussenpolitische Öffnung Ja Enth.Nein Für die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit der EU Für die Volksinitiative «Ja zu Europa!» Für die militärische Ausbildungszusammenarbeit Für den UNO-Beitritt (Gesamtabstimmung) Für den UNO-Beitritt (Schlussabstimmung) Für die Beteiligung an der multinationalen Kosovo Force (KFOR) 31 Für die Zusammenarbeit mit Frankreich anlässlich des Gipfels von Evian Für die Teilnahme an den Allgemeinen Kreditvereinbarungen des Internationalen Währungsfonds R8: gesellschaftliche Liberalisierung Ja Enth.Nein Für die Parlam. Initiative: Fristenlösung Für die Parlam. Initiative: Bedingte Straffreiheit bei aktiver Sterbehilfe Gegen die Volksinitiative «für Mutter und Kind» Für die Anstossfinanzierung für familienergänzende Betreuungsplätze Für die Ärztliche Verschreibung von Heroin Für die Parlam. Initiative: Gewalt gegen Frauen als Offizialdelikt! Ein kleiner Test! 8 Punkte gleich Note 6 (Bitte Folien weglegen) 46. Legislatur, Fraktionen der vier BR-Parteien FDP SVP CVP SP
12 46. Legislatur, SP-Fraktion, Deutschschweiz - Westschweiz 46. Legislatur, FDP-Fraktion, Deutschschweiz - Westschweiz DS WS DS WS 46. Legislatur, CVP-Fraktion, Deutschschweiz - Westschweiz 46. Legislatur, SVP-Fraktion, Männer - Frauen DS WS Männer Frauen
13 Einstellung zum EU-Beitritt (Mitglieder aus Sicht der kantonalen Parteipräsidenten, Durchschnittswert; Anteil Kantonalparteien) Prozentanteil Mitgl. im Durchschnitt Anteil KP klar dagegen Anteil KP unentschieden Pro EU-Beitritt FDP CVP SVP SP GPS Anteil KP klar dafür Einstellung zum Abbau der Sozialausgaben (Mitglieder aus Sicht der kantonalen Parteipräsidenten, Durchschnittswert; Anteil Kantonalparteien) Prozentanteil Anteil KP klar Anteil KP Anteil KP klar Mitgl. im Pro Abbau Sozialausgaben Durchschnitt dagegen unentschieden dafür FDP CVP SVP SP GPS Einstellung zur Mutterschaftsversicherung (Mitglieder aus Sicht der kantonalen Parteipräsidenten, Durchschnittswert; Anteil Kantonalparteien) Pro Mutterschaftsversicherung Prozentanteil Anteil KP klar Anteil KP Anteil KP klar Mitgl. im dagegen unentschieden dafür Durchschnitt FDP CVP SVP SP GPS Einstellung zur Heroinabgabe (Mitglieder aus Sicht der kantonalen Parteipräsidenten, Durchschnittswert; Anteil Kantonalparteien) Pro kontrollierte Heroinabgabe Prozentanteil Mitgl. im Durchschnitt Anteil KP klar dagegen Anteil KP unentschieden Anteil KP klar dafür FDP CVP SVP SP GPS
14 Einstellung zur Fristenlösung (Mitglieder aus Sicht der kantonalen Parteipräsidenten, Durchschnittswert; Anteil Kantonalparteien) Prozentanteil Mitgl. im Durchschnitt Anteil KP klar dagegen Anteil KP unentschieden Anteil KP klar dafür Pro Fristenlösung FDP CVP SVP SP GPS Einstellung zu sachpolitischen Themen (Lokalparteien 2003) Alle Parteien FDP CVP SVP SP EVP LPS GP CSP EDU LE GA Mehrheit der aktiven Mitglieder zustimmend (Prozentanteil der Parteien) Mehr Anstrengungen für die innere Sicherheit Verringerung der Steuerbelastung Umweltverträglichkeit wichtiger Entscheidungen Einführung der Mutterschaftsversicherung Verschärfung der Asylgesetzgebung Verringerung der Sozialausgaben Verstärkte Besteuerung hoher Einkommen Beitritt der Schweiz zur EU WV Mehr politische Rechte für Ausländer/-innen Möglichst weitreichende Liberalisierung staatl. Aufgaben Parteiorganisationen im Wandel Herausforderungen Mitglieder Wählerattraktivität Professionalisierung - Milizprinzip Finanzierung: Neue Konzepte Staat? Ideologie Issue-Orientierung Neue Parteitypen?
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