Assistierter Suizid im internationalen Vergleich

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Die folgenden Folien dieses Vortrags sind nicht zum persönlichen Gebrauch gedacht!

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Vernehmlassung der Schweizerischen Alzheimervereinigung zur Änderung des Strafgesetzbuchs betreffend die organisierte Suizidhilfe

Transkript:

1. Fachtag Ethik Medizinethik aktuell: welche Grenzen hat unsere Freiheit? Wien, 11. März 2016 Assistierter Suizid im internationalen Vergleich PD Dr. Dr. Ralf J. Jox Institut für Ethik, Geschichte und Theorie der Medizin Ludwig-Maximilians-Universität München

Übersicht 1. Ausgewählte gesetzliche Regelungen 2. Aktuelle Situation in Deutschland 3. Internationaler Forschungsstand R. Jox 1. Fachtag Ethik Wien 16.07.2016 2

Niederlande Termination of Life on Request and Assisted Suicide (Review Procedures) Act 2002 Bitte freiwillig und nach reiflicher Überlegung Zustand medizinisch aussichtslos, unerträgliches Leiden Ärztl. Aufklärung über Alternativen, 4-Augen-Prinzip Urteilsfähige ab 12. LJ (12-15 J: mit elterlicher Zustimmung) Meldung an Leichenschauer, Kontrollkommission Euthanasie-Verfügung ab dem 16. LJ möglich R. Jox 1. Fachtag Ethik Wien 16.07.2016 3

Niederlande Tötung auf Verlangen (97%) >> Suizidbeihilfe (3%) 12x mehr Sterbehilfe pro Todesfällen als in Oregon Mehr Meldungen (18% 80%), daher faktische Zunahme eher mäßig Onwuteaka-Philipsen et al. Lancet 2012 Vermehrt Ausweitung der Indikationen auf Demenzkranke im Frühstadium bzw. anderen psychischen Krankheiten Analyse von 66 Euthanasiefällen bei psych. Leiden 2011-2014: - 55% Chron. Depressionen, oft (zudem) Persönlichkeitsstörungen - 41% durch Psychiater durchgeführt, 27% von fremden Ärzten - In 11% keine psychiatrische Evaluation, in 24% Dissens der Ärzte Kim SYH et al. JAMA Intern Med 2016 R. Jox 1. Fachtag Ethik Wien 16.07.2016 4

Belgien Loi du 16 mai 2002 relative à l euthanasie Regelung analog der niederländischen Gesetz 2014 Ausweitung auf urteilsfähige Minderjährige: - nur im Endstadium einer tödlichen Krankheit - schriftliche Zustimmung der Eltern - Gutachten eines Kinder-/Jugendpsychiaters/-psychologen Häufigkeit insgesamt stark ansteigend Diskussion vor allem über Euthanasie bei psych. Leiden R. Jox 1. Fachtag Ethik Wien 16.07.2016 5

Schweiz Wer aus selbstsüchtigen Beweggründen jemanden zum Selbstmorde verleitet oder ihm dazu Hilfe leistet, wird, wenn der Selbstmord ausgeführt oder versucht wurde, mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft. Art. 115, StGB-CH Keine gesetzliche Einzelfallregelung Gespaltene Haltung der Ärzteschaft Praxis v.a. durch Vereine mit Hilfe weniger Ärzte Exit: immer mehr Hochbetagte ohne Krankheit Fischer S et al. J Med Ethics 2008;34:810-4 R. Jox 1. Fachtag Ethik Wien 16.07.2016 6

Oregon/USA Flächenstaat, Westküste, 3,7 Mio Einwohner 22% deutschstämmig, 25% atheistisch, seit 88 Blue State 1994 Bürgerinitiative: Volksentscheid angenommen Oregon Death With Dignity Act 1997 R. Jox 1. Fachtag Ethik Wien 16.07.2016 7

Oregon/USA Bedingungen für Rezept über letale Barbituratdosis: - Patient volljährig, entscheidungsfähig, Wohnsitz in Oregon - Behandelnder und zweiter Arzt bestätigen unabhängig: unheilbare Erkrankung, < 6 Mo Lebenserwartung, freiwillige Bitte, Ausschluss psych. Krankheit, umfassende Aufklärung - Bei Zweifel an Freiverantwortlichkeit psychol. Gutachten - Mündliche Bitte wiederholt nach Bedenkzeit (15 Tage) - Schriftlicher Antrag, zwei Zeugen der Freiwilligkeit R. Jox 1. Fachtag Ethik Wien 16.07.2016 8

Häufigkeiten Gamondi C et al. The Lancet 2014 R. Jox 1. Fachtag Ethik Wien 16.07.2016 9

USA Gesetze: Oregon Washington Kalifornien Vermont Rechtsprechung: Montana Gerichtsanhängig: New Mexico Quelle: Wikipedia, Assisted Suicide in the United States Gesetzentwürfe: New York Connecticut New Jersey Maryland Tennessee R. Jox 1. Fachtag Ethik Wien 16.07.2016 10

Kalifornien 1992-2006 vier gescheiterte Gesetzesentwürfe California End of Life Option Act 2015 Ähnlich dem Oregon-Gesetz außer: - Arzt muss das Gespräch mit dem Patienten alleine führen - Nicht englischsprachige Patienten können Dolmetscher nutzen - Nicht benutzte Medikamente müssen abgegeben werden - Gesetz verliert Gültigkeit am 1.1.2026 (falls nicht erneuert) California Medical Association: neutrale Haltung Medikament nicht von der Krankenversicherung erstattet R. Jox 1. Fachtag Ethik Wien 16.07.2016 11

Kalifornien In the end, I was left to reflect on what I would want in the face of my own death. I do not know what I would do if I were dying in prolonged and excruciating pain. I am certain, however, that it would be a comfort to be able to consider the options afforded by this bill. And I wouldn t deny that right to others. R. Jox 1. Fachtag Ethik Wien 16.07.2016 12

Kanada Suizidhilfe und Tötung auf Verlangen bisher strafbar Supreme Court Feb 2016: Canada v. Carter Verbot verfassungswidrig, suspendiert für 1 Jahr Aktuell nationales Gesetz zur Suizidhilfe in Vorbereitung 29.2. erster assistierter Suizid (Vancouver) mit gerichtlicher Erlaubnis Juni 2014: Quebec Medical Aid in Dying Law enthält Förderung der Palliative Care erlaubt Suizidhilfe und Tötung auf Verlangen R. Jox 1. Fachtag Ethik Wien 16.07.2016 13

Übersicht 1. Internationale Regelungen 2. Aktuelle Situation in Deutschland 3. Internationaler Forschungsstand R. Jox 1. Fachtag Ethik Wien 16.07.2016 14

Anfragen Repräsentativerhebung für BÄK, Allensbach 2009 Ärzte in der DGP 74% DGP-Umfrage 2015, n=1831 R. Jox 1. Fachtag Ethik Wien 16.07.2016 15

Bisherige Rechtslage Suizid(versuch) straffrei als Ausdruck individueller Selbstbestimmung (s. GG Art. 2 und EMRK Art. 8) Rechtsdogmatik: auch Beihilfe straffrei Bedingung ist Freiverantwortlichkeit (Nachweis?) Kann der freiverantwortlich Handelnde andere (Arzt, Angehörigen) von der Garantenpflicht entbinden? Fall Peterle BGH 4.7.1984, 3StR 96/84 Putz und Steldinger 2012, LG Deggendorf 1 Ks 4 JS 7438/11 Betäubungsmittel nur bei med. Indikation rezeptierbar R. Jox 1. Fachtag Ethik Wien 16.07.2016 16

Berufsrecht Innerer Widerspruch: Die Mitwirkung des Arztes bei der Selbsttötung widerspricht dem ärztlichen Ethos (2004) Die Mitwirkung ( ) ist keine ärztliche Aufgabe (2011) Grundsätze der BÄK zur ärztl. Sterbebegleitung [Ärzte] dürfen keine Hilfe zur Selbsttötung leisten. 16 (Muster-)BO Regionaler Widerspruch: Nur 10 der 17 Ärztekammern haben diesen Satz in die rechtsverbindlichen Berufsordnungen übernommen Praktischer Widerspruch: Kein einziger Fall berufsrechtlicher Verurteilung bekannt R. Jox 1. Fachtag Ethik Wien 16.07.2016 17

Missstände Kritik an Sterbehilfeorganisationen: Anpreisung, missionarischer Eifer, überhöhte Kostenforderungen, unwürdige Umstände/Methoden, medizinische Laien 2012 BMJ: Gesetzesentwurf zur Strafbarkeit der gewerbsmäßigen Suizidhilfe L.A. Minelli, Dignitas 2014 Regelungsvorstoß durch Bundesgesundheitsminister Gröhe (CDU) R. Kusch, SterbeHilfe R. Jox 1. Fachtag Ethik Wien 16.07.2016 18

Neues Gesetz Deutscher Bundestag Beschluss am 6.11.2015 Brand, Griese et al. 2. Lesung 306/599 Stimmen 3. Lesung 360/599 217 Geschäftsmäßige Förderung der Selbsttötung (1) Wer in der Absicht, die Selbsttötung eines anderen zu fördern, diesem hierzu geschäftsmäßig die Gelegenheit gewährt, verschafft oder vermittelt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Als Teilnehmer bleibt straffrei, wer selbst nicht geschäftsmäßig handelt und entweder Angehöriger des in Absatz 1 genannten anderen ist oder diesem nahesteht. R. Jox 1. Fachtag Ethik Wien 16.07.2016 19

Bewertung = Lex Kusch: bezogen auf Einzelfälle ( Hard cases make bad law ) Gründe: taktischer Entwurf der Mitte, scheinbar minimale Änderung, Morallobbyismus Entgegen der Lippenbekenntnisse auch Ärzte treffend: Ärzte handeln als Profession stets geschäftsmäßig Gewissen ist keine Eintagsfliege Abs. 2 schließt nur Angehörige und Freunde aus Staatsanwalt MUSS schon bei Verdacht ermitteln Berufsrecht, BtM-Recht bleiben restriktiv R. Jox 1. Fachtag Ethik Wien 16.07.2016 20

Bewertung Verfassungsrechtliche Überprüfung sicher: Bestimmtheitsgrundsatz eingehalten? Warum wird etwas, das im Einzelfall zulässig ist, strafbar, wenn es wiederholt geschehen soll? Konsequenzen: An den Situationen der Betroffenen und den Wünschen nach Suizidhilfe ändert sich nichts Tabu im Arzt-Patient-Kontakt ( Suizidprävention) Palliation bei Sterbefasten unmöglich Belastung/Zumutung für Angehörige Mehr einsame gewaltsame Suizide Verstärkt Suizidtourismus in die Schweiz R. Jox 1. Fachtag Ethik Wien 16.07.2016 21

Outsourcing Retrospektive Analyse der Fälle von Suizidassistenz 2008-2012 Rechtsmedizin Uni Zürich 48% 43% 31% 48% 45% 44% Gauthier S et al. J Med Ethics 2014 R. Jox 1. Fachtag Ethik Wien 16.07.2016 22

Übersicht 1. Internationale Regelungen 2. Aktuelle Situation in Deutschland 3. Internationaler Forschungsstand R. Jox 1. Fachtag Ethik Wien 16.07.2016 23

R1 Motive NICHT: Schmerzen, andere Symptome, Vereinsamung, finanzielle Sorgen, depressive Stimmung SONDERN: 1. Wunsch nach Kontrolle der Todesumstände (Zeitpunkt, Ort, Anwesende, Art ) 2. Verlust von Selbständigkeit und subjektiver Würde 3. Erwartung künftigen Leidens OREGON: Ganzini L et al, NEJM 2002, Ganzini L et al, Arch Intern Med 2009 Ganzini L et al, J Gen Int Med 2008 DEUTSCHLAND: Stutzki R et al. ALSFTD 2014; Lulé D et al. J Neurol 2014 Pestinger M et al. Palliat Med 2015 R. Jox 1. Fachtag Ethik Wien 16.07.2016 24

Folie 24 R1 Ralf; 17.11.2015

Notausgangeffekt Bevölkerung 4 Mio 3 Mio 2 Mio 1 Mio Oregon DWDA Report 2013 R. Jox 1. Fachtag Ethik Wien 16.07.2016 25

Suizidprävention Überregionales Krebszentrum in Seattle, WA 114 Anfragen in 34 Monaten (2009-2011) 39% abgelehnt oder für Weiterleben gewonnen 26% nahmen Abstand o. starben nach offiziellem Antrag 35% bekamen Rezept; 23% begingen Suizid 80% starben eines natürlichen Todes New Engl. J Med 2013;368: 1417-24 R. Jox 1. Fachtag Ethik Wien 16.07.2016 26

Soziale Folgen Folgen der Regelung in Oregon (18 Jahre): Kein Hinweis auf sozialen Druck oder Ausweitung auf vulnerable Patientengruppen DWDA Annual Reports, Battin MP et al. J Med Ethics 2007 Depression oder komplizierte Trauer bei Hinterbliebenen nicht öfter als bei natürlichem Tod Kein Vertrauensverlust in Ärzte Ganzini L et al, J Pain Symptom Manage 2009 Dobscha SK et al. J Palliat Med 2004, Wiesing Eth Med 2012 Palliativversorgung verbessert Lindsay RA, AM J Bioeth 2009 R. Jox 1. Fachtag Ethik Wien 16.07.2016 27

Position der Bürger % der Befragten ÄÄA= ärztlich assistierter Suizid AS = assistierter Suizid ash = aktive Sterbehilfe 100 90 80 70 60 50 ÄÄA AS+aSH AS ÄÄS ÄÄS adh ash ÄAS AS ÄAS 40 30 20 10 0 Emnid (EKD) Infratest dimap (ARD MoMa) Emnid (N24) Emnid (EKD) infratest dimap (ARD HartaberFair) Allensbach Forsa Infratest dimap (Jauch) TNS Infratest (DHS) IsoPublic/Gallup April 2015 Sep 2012 R. Jox 1. Fachtag Ethik Wien 16.07.2016 28

Ärztliche Rolle These: Suizidhilfe bei Ärzten am besten aufgehoben Ärztliches Ethos: Fürsorge + Autonomierespekt Besondere Vertrauensbeziehung, Vertraulichkeit Kompetenz zur Prüfung der Freiverantwortlichkeit Kompetenz zur Aufklärung über Alternativen Verordnung und Anwendung geeigneter Mittel Lebensorientiertes Berufsethos R. Jox 1. Fachtag Ethik Wien 16.07.2016 29

Haltung der deutschen Ärzte 29-40% der Ärzte können sich Suizidbeihilfe vorstellen Allensbach 2009, Schildmann J et al. DMW 2015, DGP 2015 79% der Palliativkräfte wünschen keine Verschärfung des Strafrechts wie nun geschehen DGP Umfrage 2015 Ein berufsrechtliches Verbot befürwortet eine Minderheit (25% der Ärzte, 34% der Palliativfachkräfte) Schildmann J DMW 2015, DGP-Umfrage 2015 Regelung mit strengen Bedingungen (ähnlich Oregon) befürworten 51% der Palliative Care Professionals in NRW Thöns M et al. der niedergelassene arzt 2015 R. Jox 1. Fachtag Ethik Wien 16.07.2016 30

Literatur R. Jox 1. Fachtag Ethik Wien 16.07.2016 31

Danke für Ihre Aufmerksamkeit! ralf.jox@med.lmu.de