Das UBA stellt nachfolgend die Daten vor, die zu dieser Entscheidung beitrugen:

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Transkript:

Dessau, 10. Januar 2006 Anwendung von Pflanzenschutzmitteln in der Landwirtschaft Ergebnisse von Untersuchungen des Umweltbundesamtes und Vergleich mit Erkenntnissen der Länder 1. Problemstellung Das Umweltbundesamt führt die unangekündigten Feldbeobachtungen des Forschungsprojektes Erfassung des Fehlverhaltens bei der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln sowie Ableitung von Verbesserungsvorschlägen für die künftige Vollzugstätigkeit im Pflanzenschutzbereich seit Oktober 2005 nicht weiter. Die ersten Zwischenergebnisse des Projekts sind zwar noch nicht repräsentativ, weisen aber auf eine Fehlanwendungsquote von etwa 50 % hin. Die Daten deuten jedoch auf ein Fehlverhalten der Landwirte beim Umgang mit Pflanzenschutzmitteln in so hohem Maße hin, dass die Durchführung weiterer, bis 2007 geplanter Beobachtungen zur Gewinnung repräsentativer Ergebnisse nicht gerechtfertigt erscheint. Hinzu kommt, dass die dem Bund zwischenzeitlich vorliegenden Länderdaten zur Überwachung der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln die Notwendigkeit von Maßnahmen zur Verbesserung der Situation stützen. Vor diesem Hintergrund ist es jetzt wichtig, die Anstrengungen von der Sachverhaltsaufklärung auf zielgerichtete Maßnahmen zur Vereinfachung von Anwendungsbestimmungen und zur Verbesserung der Einhaltung pflanzenschutzrechtlicher Vorschriften bei der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln (PSM) zu lenken. Das UBA stellt nachfolgend die Daten vor, die zu dieser Entscheidung beitrugen: 2. Ergebnisse Die Zwischenergebnisse des Forschungsprojekts des Umweltbundesamtes und die uns vorliegenden Ergebnisse des Ländervollzugs aus den Jahren 2004/2005 bewerten wir zusammenfassend wie folgt: 1

2.1 Forschungsprojekt des Umweltbundesamtes Nach einer Vorphase zur Gewinnung methodischer Erfahrungen in Süddeutschland im Jahr 2004 begann die eigentliche Untersuchungsphase mit der Vegetationsperiode 2005. 2.1.1 Vorphase 2004 In einer Pilotphase untersuchten die Auftragnehmer im Herbst 2004 vor allem die Praktikabilität der Beobachtungen sowie die Interpretationsmöglichkeiten der gewonnenen Daten - einschließlich analytischer Ergebnisse aus Bodenproben. Anhand der Beobachtungen und ersten Analysendaten zeigten sie die mögliche Vorgehensweise zur Bewertung der gewonnenen Daten auf. Vor allem die Synthese aus Daten der visuellen Anwendungsbeobachtungen mit Analyseergebnissen der Proben aus dem Saumbereich erschien geeignet, um belastbare Ergebnisse zu erzielen. 2.1.2 Feldbeobachtung 2005 Bei der so genannten direkten, unangekündigten Feldbeobachtung beobachteten die Auftragnehmer Landwirte beim Ausbringen von Pflanzenschutzmitteln auf ihren Feldern - besonders im Bereich des angrenzenden Gewässers - und bewerteten Art und Weise der Anwendung. Dabei nahmen sie technische Daten des Ausbringungsfahrzeugs (z.b. Volumengröße des Fasses für das PSM, Länge des Auslegers, Fahrzeugtyp), Ausbringungsverhalten (beispielsweise Fahrgeschwindigkeit, Wenden mit laufender Spritze, Nachtropfen der Düsen nach dem Abschalten), Felddaten (z.b. Bodenart, Kulturpflanze, Topographie des Geländes, Spezifikationen des angrenzenden Gewässers) sowie weitere Daten der PSM- Behandlung am Gewässer, wie der Fahrgassenabstand, der Abstand zwischen dem Feld und dem Gewässer, Spritzabstand zwischen dem Balken und der Zielfläche, Witterungsbedingungen zur Zeit der Ausbringung und weitere Auffälligkeiten auf, soweit sie diese vom Feldrand aus erfassen konnten. Diese Beobachtungsmethodik ermöglichte allerdings nicht die Aufnahme von Daten zum eingesetzten Pflanzenschutzmittel, zu den Spritzdüsen sowie zum Betriebsdruck bei der Ausbringung. Trotz dieser Einschränkungen lassen sich aus den Beobachtungen Aussagen zur Einhaltung der Abstandsauflagen und darüber hinaus zur Einhaltung der guten landwirtschaftlichen Praxis gewinnen. Die Beobachter registrierten in mehreren Fällen eine Mitbehandlung des Gewässers oder des Gewässerrandes durch PSM, z.b. wegen Abdrift bei starkem Wind zum Zeitpunkt der Applikation oder - trotz Abschaltung - nachtropfender Düsen beim Wenden. Bundesland Baden-Württemberg Mindestabstand zum Gewässer Keine spezifische Regelung 2

Bayern Brandenburg Hessen Mecklenburg-Vorpommern Niedersachsen Nordrhein-Westfalen Rheinland-Pfalz Saarland Sachsen Sachsen-Anhalt Schleswig-Holstein Thüringen Keine spezifische Regelung 1 m 1 m 7 m 1 m als Empfehlung 1 m als Empfehlung 5 m als Empfehlung 5-10 m (abhängig vom PSM) 5 m im WSG, sonst keine Vorgaben 1 m als Empfehlung Keine Vorgaben 5-10 m, abhängig vom Gewässer Tabelle 1: Vorgeschriebene allgemeine Mindestabstände Oberflächengewässern der Bundesländer In Tabelle 1 sind die landesspezifischen Mindestabstände zu Gewässern aufgelistet. In einem Bundesland ergab die Auswertung nach oben genannten Kriterien (Abstand Feld-Gewässer, Auslegerlänge, Abstand letzte Fahrgasse zum Gewässer), dass bei 10 von 29 Beobachtungen an Feldern in Gewässernähe der die länderspezifische Abstandsregelung durch den Anwender nicht eingehalten wurde. Zusätzlich wertete der Auftragnehmer diejenigen Beobachtungen als Fehlverhalten, bei denen er zwar den Landwirt bei der Ausbringung am Gewässer nicht unmittelbar beobachtete, aber die letzte benutzte Fahrgasse so nahe am angrenzenden Gewässer lag, dass auch bei Abschalten der zum Gewässer hinzeigenden Teilbreiten eine Verletzung der Abstandsauflage vorlag. Der anschließend durchgeführte analytische Nachweis bestätigte den Verdacht. In einem anderen Bundesland basierte die Bewertung auf dem landesspezifischen Mindestabstand von 5 Metern zum Gewässer. Bei 10 beobachteten Applikationen auf Flächen an Gewässern hielten 3 Anwender diesen Abstand nicht ein. In 2 Fällen behandelten sie sogar den Bach oder Saum mit, wobei nach einer Behandlung eine Schaumbildung auf der Gewässeroberfläche sichtbar war. Mit einer anschließenden Analyse einer Pflanzenprobe vom Feldrand ließ sich in einem weiteren Fall eine Verletzung der Abstandsauflage nachweisen. Zur Ergänzung und Absicherung der Ergebnisse aus den Beobachtungen führte der Auftragnehmer in der Regel Beprobungen und chemische Analysen auf Pflanzenschutzmittelrückstände durch und ging dabei wie folgt vor: Nachweis vorhandener Wirkstoffe und Ermittlung der jeweiligen Bestimmungsgrenze und des Befundwertes. Bei Nachweis eines oder mehrerer Wirkstoffe wurde anhand der Zulassungstabelle die Liste der Präparate ausgesucht, die mindestens diesen Wirkstoff enthalten. 3

Auf der Basis fachlicher Abwägung (Wirksamkeit, Applikationszeitpunkt) wurde entschieden, ob und welches dieser Produkte für eine Applikation in Betracht kommt. Vergleich der Anwendungsbestimmungen der ausgewählten Produkte mit den tatsächlich beobachteten Abständen zu Oberflächengewässern. Wir weisen darauf hin, dass alle Auswertungen hinsichtlich der Technik sowie der einzuhaltenden Abstände immer den günstigsten Fall für den Landwirt berücksichtigen. Die nachfolgenden Beispiele veranschaulichen die Absicherung der Beobachtungen mittels chemischer Analytik: (1) Auf zwei Schlägen beobachtete der Auftragnehmer im Frühjahr PSM-Applikationen auf Wintergetreide: Die durchgeführte Bodenprobenahme ergab jeweils erhöhte Werte für den Wirkstoff Diflufenican. Die ermittelte Bestimmungsgrenze von Diflufenican liegt bei 0,007 mg/kg im Boden. Die Analyseergebnisse mit 0,018 mg/kg und 0,021 mg/kg übersteigen damit die Bestimmungsgrenze und gehen somit in die weitere Bewertung ein. Sie liegen zwar unterhalb der theoretisch errechneten Befundwerte (zwischen 0,067 mg/kg und 0,250 mg/kg), das heißt derjenigen Konzentration für die direkt behandelte Fläche, die sich aus der Aufwandmenge und dem Wirkstoffgehalt des Pflanzenschutzmittels in Abhängigkeit der Bodenmasse errechnet, weisen jedoch auf eine Applikation von Pflanzenschutzmitteln im Abstand von höchstens einem Meter hin. Bei einem Abstand von einem Meter ergäbe sich nämlich gemäß geltender Abdriftwerte aus einem errechneten durchschnittlichen Befundwert von 0,137 mg/kg für Diflufenican, reduziert auf 2,77 % Abdrift, höchstens eine Konzentration von 0,0038 mg/kg. Selbst unter der Annahme, dass das Pflanzenschutzmittel mit dem höchsten Eintrag an Wirkstoff sachgerecht eingesetzt wurde, liegen die Analysenergebnisse in einem Bereich, der eine Pflanzenschutzmittelanwendung in maximal einem Meter Entfernung aufzeigt. Gemäß der Produktrecherche kommen zunächst die Produkte Azur, Bacara, Fenican, Loredo und Herold in Frage. Die Produkte Bacara (Flurtamone + Diflufenican), Fenikan (Diflufenican + Isoproturon), Herold (Diflufenican + Flufenacet) machen fachlich ausschließlich bei Herbstanwendung Sinn. Die Produkte Azur (Diflufenican + Ioxynil + Isoproturon) und Loredo (Diflufenican + Mecoprop) werden überwiegend im Frühjahr angewandt, hätten jedoch im vorliegenden Fall den Nachweis von Ioxynil, Isoproturon oder Mecoprop bringen müssen. Da dies nicht zutrifft, muss der Wirkstoff daher im Herbst als Herbizid appliziert worden sein, was in einigen Bundesländern durchaus üblich ist. Mindestabstand Herold bei 90 % Düse: 5 m 4

Mindestabstand Bacara bei 90 % Düse: 10 m Mindestabstand Fenikan bei 90 % Düse: keine Abstandsauflage zu Gewässern Flurtamone und Isoproturon wären als Bestandteile der Mittel Bacara und Fenikan wegen ihrer längeren Halbwertszeit nachgewiesen worden. Der fehlende Nachweis von Flufenacet als Bestandteil des Mittels Herold hingegen lässt sich mit dem geringen Gehalt des Wirkstoffs im Präparat in Verbindung mit dem zeitlichen Abstand zwischen Herbstanwendung und Beprobung im Frühjahr erklären. Bei dem Pflanzenschutzmittel handelt es sich demzufolge mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit um das Mittel Herold. Bei diesem Beispiel ist der landesspezifische, allgemeine Mindestabstand zu Oberflächengewässern von 7 m einzuhalten. Der geringste Gewässerabstand, der zwischen Feld und Gewässer gemessen wurde, betrug zwischen 1 3 m. Da das Analyseergebnis bei sachgerechter Anwendung um ein Vielfaches geringer und deutlich unter der Bestimmungs- und auch unter der Nachweisgrenze liegen müsste, liegt der Schluss nahe: Der Anwender hat bis an den gewässernahen Feldrand oder in höchstens einem Meter Abstand und damit immer noch unterhalb des Mindestabstands von 7 m zum Gewässer gespritzt. (2) An einem anderen Wintergetreidefeld stellte ein Beobachter im Frühjahr zwei unterschiedliche angrenzende Gewässergräben fest, weshalb er in beiden Saumbereichen eine Bodenmischproben entnahm. In beiden Proben ließ sich der Wirkstoff Pendimethalin nachweisen. Die Konzentration der einen Probe liegt mit einem Wirkstoffgehalt von 0,013 mg/kg unterhalb der Bestimmungsgrenze von 0,053 mg/kg, weshalb sich keine weitere Bewertung anschloss. Die Wirkstoffkonzentration der zweiten Probe übersteigt mit 0,2 mg/kg die Bestimmungsgrenze und liegt damit bei ca. 10 % über der durchschnittlichen Konzentration im Ackerboden. Dies deutet auch in diesem Fall auf eine Applikation in unmittelbarer Nähe hin. Bei der Produktrecherche kommen für den Wirkstoff Pendimethalin die Produkte Stomp SC (Pendimethalin) und Malibu (Flufenacet + Pendimethalin) in Betracht. Beide Produkte sind fachlich ausschließlich bei Herbstanwendung sinnvoll. Da kein weiterer Wirkstoff - auch mit geringer Halbwertzeit - nachgewiesen wurde, kann der Nachweis von Pendimethalin nicht von einer Frühjahrsanwendung stammen. Der analytische Befund ist daher Folge einer Herbstherbizidanwendung, die in einigen Bundesländern äußerst üblich ist. Der fehlende Nachweis von Flufenacet schließt wegen der geringen Halbwertzeit dieses Wirkstoffes die Anwendung von Malibu nicht aus. Mindestabstand Stomp bei 90 % Düse: 20 m Mindestabstand Malibu bei 90 % Düse: 5 m 5

Es gilt der landesspezifische Mindestabstand zu Oberflächengewässern von 7 m, der damit im Vergleich zu dem mittelspezifischen Mindestabstand von 5 m für Malibu hier bewertungsrelevant ist. Der geringste festgestellte Abstand zwischen Feld und Gewässer beträgt 1 2 m. Bereits die Bodenkonzentration im Saumbereich weist anhand der oben aufgeführten Herleitung auf eine Pflanzenschutzmittelanwendung in unmittelbarer Nähe des Probenahmeortes im Saumbereich hin, ohne dass weitere Einflussfaktoren der Herbstapplikation wie Abbaurate und Verflüchtigung des Wirkstoffs überhaupt berücksichtigt wurden. Eine sachgerechte Applikation mit Einhaltung des Mindestabstands von 7 m hätte deutlich geringere Probenkonzentrationen zur Folge gehabt, so dass die gemessenen Analysenwerte belegen, dass der Landwirt den geforderten Mindestabstand zum Gewässer in diesem Fall nicht beachtete. (3) Eine weitere Beobachtung im April 2005 bezog sich ebenfalls auf eine Applikation in Wintergetreide. Die am Saum entnommenen Bodenproben ergaben Nachweise von Diflufenican und Flurtamone. Während es mehrere Mittel mit dem Wirkstoff Diflufenican gibt, kommt in Verbindung mit dem Wirkstoff Flurtamone nur das Mittel Bacara (Diflufenikan + Flurtamone) in Betracht, das fachlich ausschließlich bei Herbstanwendung sinnvoll ist. Die Tatsache, dass Flurtamone nur noch in geringer Konzentration vorgefunden wurde, stützt diese Annahme. Mindestabstand Bacara bei 90 % Düse: 10 m Der geringste beobachtete Gewässerabstand betrug nur 1,5 m und die gemessene Konzentration an Diflufenican weist wiederum auf eine Applikation in unmittelbarer Nähe des Probenahmeortes im Saumbereich hin. Auch bei diesem Fall sind die Abstandsauflage des Mittels von mind. 10 m wie auch die landesspezifische Abstandsauflage zu Oberflächengewässern von 7 m unterschritten worden. Ein Verstoß gegen die Abstandsauflagen ist damit nachgewiesen. (4) Die Analytik einer Pflanzenprobe aus dem Saumbereich in Nähe eines Winterweizenfeldes im Juni 2005 ergab den Nachweis der Wirkstoffe Deltamethrin, Fenpropidin, Propiconazol und Tebuconazol. Alle Wirkstoffe lagen über der Bestimmungsgrenze und gingen damit in die Bewertung ein. Gemäß der Produktrecherche kommen die Produkte Delcis flüssig, Zenit M. Agent, Desmel, Folicur, Gladio, Sambarin WG und Tilt 250 C in Frage. Die Produkte Zenit M, Agent, Desmel, Folicur, Sambarin WG und Tilt 250 C sind aufgrund ihrer Zusammensetzung und der Wirkstoff-Kombinationen verglichen mit dem nachgewiesenen Wirkstoffspektrum unwahrscheinlich. Mit hoher Sicherheit hat der Landwirt das Produkt Delcis flüssig angewendet, da der Wirkstoff Deltamethrin nur in diesem Produkt als Einzelwirkstoffpräparat vorkommt. Die Kombination Fenpropidin, Propiconazol und Tebuconazol kommt als Wirkstoffmischpräparat in Gladio vor. Aus der 6

Ableitung der Daten ergibt sich somit, dass der Landwirt die Produkte Delcis flüssig und Gladio in Kombination angewendet hat. Mindestabstand Delcis flüssig bei 90 % Düse: 10 m Mindestabstand Gladio bei 90 % Düse: 20 m Die Beobachtung bezog sich auf eine Applikation in einem Bundesland, in dem eine spezifische Abstandsauflage von 5-10 m besteht. Nach den Anwendungsbestimmungen der beiden relevanten Mittel ist ein Mindestabstand zu Gewässern von mind. 10 m oder bei gleichzeitiger Anwendung beider Produkte in Form einer Tankmischung sogar von mind. 20 m zwischen Feld und Gewässer einzuhalten. Der geringste Gewässerabstand betrug aber nur 5 m und der analytische Nachweis bestätigt eine Applikation in unmittelbarer Nähe, so dass in der Bewertung aller Beobachtungsdaten während der Anwendung, den Analyseergebnissen und Anwendungsbestimmungen der Pflanzenschutzmittel eine Verletzung der Abstandsauflagen auch hier vorlag. Die folgende Tabelle fasst die im oben genannten Untersuchungszeitraum insgesamt erhaltenen Ergebnisse zusammen. Anzahl der Beobachtungen Festgestelltes Fehlverhalten durch direkte Beobachtung, i.d.r. bestätigt durch Beprobung und Analytik Festgestelltes Fehlverhalten durch Beprobung und Analytik 42 18 4 22 Tabelle 2: Ergebnisse der Beobachtungsperiode März bis Juni 2005 Gesamtzahl der Beobachtungen mit Fehlverhalten Zusammenfassend zeigt sich, dass sich allein durch visuelle Beobachtungen - ohne Probenahme und Analytik - an insgesamt 18 Feldern Fehlverhalten bei der Ausbringung von Pflanzenschutzmitteln nachweisen ließ ( i ). Hierbei lag in 12 Fällen auch ohne Berücksichtigung der mittelspezifischen Anwendungsbestimmungen ein Verstoß gegen die landesspezifischen Abstandsauflagen vor. Bei 5 Feldern beobachtete der Auftragnehmer mangelnde Beachtung der guten landwirtschaftlichen Praxis, wie beispielsweise Wenden mit laufender Spritze oder das Ausbringen von Pflanzenschutzmitteln bei einer Windstärke, die über 5 m/s lag. Die weiterführende Analytik der Boden- und Pflanzenproben bei den direkten Beobachtungen belegt an vier weiteren Feldern eine Überschreitung auch der mittelspezifischen Abstandsauflagen. In der Zusammenschau kommen wir damit zu dem Ergebnis, dass bei den durchgeführten Beobachtungen im Jahr 2005 in ca. 50 % der Fälle die Landwirte die Vorschriften nicht einhielten. Wir weisen ausdrücklich darauf hin, dass angesichts der geringen Gesamtzahl an Beobachtungen dieser Wert keine 7

Repräsentativität besitzt, aber einen klaren Hinweis darauf gibt, dass Anwendungsfehler keine Seltenheit sind. 2.2 Daten aus den Ländern Nach längeren Diskussionen liegen dem BMU und dem UBA seit kürzerer Zeit Daten des Pflanzenschutz-Kontrollprogramms der Länder über die Überwachung der pflanzenschutzrechtlichen Vorschriften vor. Ein Berichtsentwurf des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL), der sich derzeit noch in der Abstimmung mit den Ländern befindet und nach Abschluss dieser Abstimmung veröffentlicht werden soll, stellt zur Anwendung von Pflanzenschutzmitteln für das Jahr 2004 folgendes Ergebnis dar: Tabelle 3: Kontrollen zur Einhaltung von Anwendungsgebieten, Anwendungsbestimmungen, Bienenschutz sowie zur Einhaltung der guten fachlichen Praxis im Pflanzenschutz Kontrollen (Anzahl) Beanstandungen Anzahl (Prozent) Kontrollierte Schläge 3874 242 ( 6,2 %) davon systematische 3673 140 ( 3,8 %) Kontrollen davon Anlasskontrollen 201 102 (50,7 %) Systematische Kontrollen sind in diesem Zusammenhang vorab geplante und bezüglich des Kontrollumfangs festgelegte Überprüfungen. Sie sind in der Regel unangekündigt, es sei denn, es soll auf Unterlagen des Betriebs zurückgegriffen werden (z.b. Sachkundenachweis). Anlasskontrollen erfolgen wegen Anzeigen oder bei Feststellung von Unregelmäßigkeiten mit der Folge vertiefter Kontrollen. Die hohe Beanstandungsquote ist daher hier folgerichtig, zeigt jedoch auch, dass Handlungsbedarf besteht. Die Ergebnisse der Tabelle 3 zeigen, dass die Einhaltung pflanzenschutzrechtlicher Vorschriften bei der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln vor allem durch systematische Kontrollen überprüft wird. Die Kontrollen der Länder im Jahr 2004 hatten andere Schwerpunkte als die Einhaltung der Abstandsauflagen. Allerdings ist den Ländern eine umfassendere Überprüfung des Umgangs mit Pflanzenschutzmitteln möglich, als dies im Forschungsprojekt des UBA der Fall sein konnte. Die Feldbeobachtungen waren von vornherein nicht als kontrollierende Überwachung angelegt, da diese Aufgabe den Bundesländern obliegt. Für 2006 vereinbarten die Länder die Einhaltung von Anwendungsbestimmungen als gemeinsamen Kontrollschwerpunkt im Rahmen des Pflanzenschutz- Kontrollprogramms des Bundes und der Länder. Darüber hinaus sind dem BMU und dem UBA Daten über Kontrolle der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln aus weiteren Bundesländern angekündigt oder bereits übergeben worden. Aus einem Bundesland liegen 8

auch Primärdaten der Kontrollen vor. Demnach ergaben ca. 25 % der Kontrollen an Feldern mit unmittelbarer Gewässernähe, dass die erforderlichen Abstände zu diesen Gewässern bei der Pflanzenschutzmittelanwendung nicht eingehalten wurden. Die teilweise hoch aggregierten Daten aus dem Ländervollzug machen deutlich, dass deren Ergebnisse die Hinweise aus den Zwischenergebnissen des Forschungsprojekts des UBA stützen. 3. Ausblick 4. Fazit Die Erkenntnisse des BMU und des UBA sind bereits heute so eindeutig, dass bei der pflanzenschutzrechtlichen Zulassung von Pflanzenschutzmitteln die generelle Annahme einer Einhaltung der Abstandsauflagen zu Gewässern in Frage gestellt ist. Bei gegebener Ökotoxizität müsste demnach das UBA vermehrt Versagungen der Einvernehmenserklärung im Zulassungsverfahren in Betracht ziehen. Dies könnte im Ergebnis zu einer Verknappung der verfügbaren Mittel führen. Allerdings beziehen sich zahlreiche der beobachteten Verstöße auf die allgemeinen, landesspezifischen Auflagen und nicht auf die im Rahmen der Zulassung erteilten mittelspezifischen Anwendungsbestimmungen. Unverständlichkeit der jeweiligen Bestimmungen oder ein mangelnder Ausbildungsstand bieten für die beobachteten Verstöße keine ausreichenden Erklärungen, es könnte jedoch auch sein, dass zahlreichen Landwirten nicht bewusst ist, dass angrenzende wassergefüllte Gräben als schützenswerte Gewässer gelten. Zur Problemlösung kann deshalb in erster Linie nur eine behördliche Durchsetzung der Einhaltung der Abstandsauflagen durch die Landwirtschaft beitragen. Um angesichts der bedenklichen Erkenntnisse keine weitere Zeit zu verlieren, betrachten BMU und das UBA die Sachverhaltsaufklärung durch das Umweltbundesamt als abgeschlossen und wollen die Anstrengungen darauf verlagern, die festgestellten Probleme zu lösen. Hierzu sind intensive Gespräche mit den anderen beteiligten Bundesbehörden, den Überwachungsbehörden der Bundesländer sowie mit der Pflanzenschutzmittel herstellenden chemischen Industrie zu führen. Sofern eine Vereinheitlichung oder Vereinfachung der Abstandsauflagen die Zielerreichung unterstützen kann, werden BMU und UBA hierzu bereit sein. Allerdings kann dies nicht zu Lasten des Umweltschutzes gehen. Die Forschungsergebnisse des Bundes und die Daten aus den Vollzugstätigkeiten der Länder zeigen, dass in der Praxis beim Einsatz von Pflanzenschutzmitteln in der Landwirtschaft in hohem Maße Fehlverhalten zu beklagen ist. Die Ergebnisse sind zwar nicht repräsentativ; allerdings sind die Befunde in Qualität und Zahl so eindeutig, dass eine ausreichende Aussagekraft für politisches Handeln gegeben ist, um eine Verbesserung der Situation zu erreichen. Dazu sind gemeinsame Anstrengungen der Bundesund Landesbehörden sowie der Industrie erforderlich. 9

i Eine Applikation mit Spritzgeräten von reinem Stickstoffflüssigdünger ist im Beobachtungszeitraum (März April) auf Wintergetreide unüblich und ist deshalb hier auszuschließen. 10