Simulation Innovatives Planungstool zur Lageroptimierung bei der Audi AG



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Transkript:

Simulation Innovatives Planungstool zur Lageroptimierung bei der Audi AG Dirk Wortmann, Mitglied des Vorstands SimPlan AG, Maintal Abstract Eine Fertigung sollte möglichst lagerlos sein so eine viel geäußerte Forderung. Dass aber Lager gerade in der automobilen Prozesskette ihre Daseinsberechtigung haben, wird am Beispiel des Audi-Werkes Ingolstadt aufgezeigt. Es wird dargestellt, wo sich Lager befinden und welche Funktion sie erfüllen. Die Simulation ist dabei ein wichtiges Unterstützungswerkzeug zur Dimensionierung und Auslegung der Steuerungen. Audi hat erkannt, dass diese Aufgabe nur unter Berücksichtigung der globalen Bedingungen erfüllt werden kann. Eine lokale Lageroptimierung ist nur vereinzelt sinnvoll. Demzufolge wurde ein Simulationsmodell aufgebaut, das die komplette Fertigungskette von der Rohbauauflage bis zum Ausgang der Montage beinhaltet. Der Funktionsumfang dieses Modells sowie die verwendeten Ein- und Ausgangsdaten werden aufgezeigt. An Projektbeispielen wird die Standortuntersuchung des Karossenlagers für die Montage sowie die Optimierung des Farbsortierspeichers in der Lackiererei erläutert. Wo befinden sich Läger innerhalb der Prozesskette Automobil? Verteilt über die komplette Fertigungskette befinden sich Läger, die in erster Linie der Entkopplung von Fertigungsbereichen dienen. Angefangen beim Lager für gepresste Karosserieteile über die Karossenspeicher zwischen den großen Gewerken (Rohbau, Lackiererei, Montage) bis hin zu Karossenspeichern innerhalb der Fertigung (z.b. Farbsortierspeicher) erfüllen diese Läger verschiedene Aufgaben. So arbeitet beispielsweise ein Presswerk Fertigungslos-orientiert, um eine wirtschaftlich sinnvolle Auslastung der Pressen zu erreichen. Der Aufwand für die Umrüstung einer Presse erlaubt es nicht, zur Minimierung der Bestände an Karosserieteilen in möglichst kleinen Fertigungslosen zu produzieren. Im Rohbau dagegen, dem nächsten Fertigungsschritt innerhalb der Prozesskette Karosserie, werden die Fahrzeuge bereits Auftrags-orientiert gebaut. Das heißt, die Fertigungsreihenfolge entspricht einer vorher festgelegten Auftragsreihenfolge, die anhand einer Vielzahl von Kriterien bestimmt wird, u.a. Liefertermin für den Auftrag und Eigenschaftsmix Montage. In diesem Zusammenhang wird oft von der so genannten Perlenkette gesprochen. Das heißt, es soll eine bestimmte Fahrzeugreihenfolge definiert und wie an der Schnur gezogen durch die Fertigung fließen. Die Perlenkette hat zwei ganz wesentliche Vorteile: 1. Stabilisierung der Termine und der Reihenfolge für die Belieferung der Montage insbesondere mit JIT (Just in Time)- und JIS (Just in Sequence) -Teilen 2. Erreichung einer hohen Auslastung in der Endmontage durch einen optimalen Eigenschaftsmix der Aufträge Neben der Einsteuerung einer Perlenkette in die Karosseriefertigung werden die Zulieferteile über verschiedene Stufen bis an den Montageplatz geliefert. Die einzelnen Stufen sind wiederum durch Läger entkoppelt. Grundsätzlich wird zwischen den Bestands-geführten Teilen und JIT/JIS-Teilen unterschieden. Werden die Bestandsgeführten Teile Reichweiten-orientiert im Güterverteilzentrum oder in den Lägern innerhalb des Werkes bevorratet, so werden JIT/JIS-Teile im Unterschied dazu exakt Bedarfs-gesteuert geliefert. Während JIT dem Lieferanten nur ein Zeitfenster für die Anlieferung der Teile vorgibt, wird für JIS-Teile eine exakte Reihenfolge für die Anliefe- Seite 1 / 5

rung vorgeschrieben. In exakt dieser Reihenfolge werden die Teile daraufhin an den Montageplatz gebracht. Ohne entsprechende Läger zur Entkopplung zwischen Lieferanten und OEM wäre eine kontinuierliche Fertigung der Fahrzeuge nicht denkbar oder man müsste einen unwirtschaftlich hohen Aufwand auf Seiten der Logistik betreiben. Wie können Optimierungspotenziale zur Dimensionierung der Läger ermittelt werden? Die Beispiele der Lagerstandorte innerhalb der Prozessketten Karosserie und Teile zeigen, dass ein Lager prinzipiell zwei unterschiedlich agierende Glieder einer Kette entkoppelt. Darüber hinaus kann das Lagern dazu dienen, zusätzliche, eher logistisch geprägte Aufgaben wie die Bildung von Reihenfolgen (Sequenzieren) oder das Kombinieren von unterschiedlichen Produkten zu einem Gebinde (Kommissionieren) zu erfüllen. Eine wirtschaftliche Bestandshaltung wird dabei ganz wesentlich durch einen effektiven Informationsfluss geprägt. Häufig befinden sich die Läger aber an Schnittstellen zwischen unterschiedlichen Unternehmen, was die Informationsflusssteuerung schwierig gestaltet. An dieser Stelle kommt Supply-Chain-Software zum Einsatz, die über ganze Lieferketten hinweg eine optimale Bestandssteuerung unterstützt. Häufig liegt hier noch ein enormes Optimierungspotenzial begraben. Um mögliche Potenziale zu bestimmen, bietet sich der Einsatz von Simulation an. Ob nun für die Standortbestimmung, die planerische Auslegung oder Optimierung der Lagersteuerung, auf Basis eines Simulationsmodells kann unter Berücksichtigung aller Einflussgrößen inkl. deren Schwankung nach einer optimalen Lösung gesucht werden. Welche Unterstützung bietet die Simulation? Angefangen bei strategischen Entscheidungen mit hohem Abstraktionsgrad bis hin zur detaillierten Layoutgestaltung und Steuerung sowie als Prognoseinstrument im laufenden Betrieb kann die Simulation eingesetzt werden. Dabei gilt folgende Grundregel für den Beginn einer Simulationsstudie: je weiter der Planungsfortschritt, umso geringer das noch zu erschöpfende Potenzial. Kann man in frühen Planungsphasen z.b. noch Einfluss auf Lagerstrukturen und Layoutgestaltung nehmen, so nimmt die Einflussnahme bei fortschreitend fixierten Grundlagen ab. Eine durchgängige simulative Begleitung von der Strategie über die Planung, Realisierung bis hin zum laufenden Betrieb stellt sicher, dass die Lösung unterschiedlicher, komplexer Problemstellungen über die einzelnen Projektphasen hin unterstützt werden kann: Planung: o Planungsparameter überprüfen o Alternativen bewerten o Engpässe identifizieren o Lösungen optimieren Realisierung / Inbetriebnahme: o Vorlage für Steuerungsprogrammierung o Bestandteil der Ausschreibung o Inbetriebnahme von Steuerungssoftware mittels Simulationsmodell o Begleitung des Anlaufs Laufender Betrieb: o Arbeitszeitmodelle abstimmen o Personaldisposition o Produktionsfeinplan (z.b. Reihenfolge, Losgrößen, Maschinenbelegung) optimieren Seite 2 / 5

Detaillierungsgrad des Modells und Datenbedarf hängen jeweils stark von der Zielstellung ab. Folie 11 zeigt eine Übersicht über die in einer Ablaufsimulation verwendeten Daten sowie über einfließende Informationen über die abzubildenden Prozesse. Häufig gilt das Augenmerk einer Ablaufsimulation rein dem Materialfluss. In einigen Fällen wird der Informationsfluss sogar idealisiert abgebildet. Das ist jedoch bezüglich der Aussagekraft des Modells höchst zweifelhaft. Ganz entscheidend ist eine separate Abbildung von Material- und Informationsfluss sowie teilweise Auftragsfluss (sofern getrennt vom Informationsfluss), um daraus Erkenntnisse für die reale Prozessgestaltung abzuleiten. Verfügt z.b. das Modell über eine realistische Informationsstruktur (ERP, MES, MFR, SPS), so kann der Einfluss von Informationsweitergaben und Steuerstrategien aufgezeigt werden. Insbesondere in komplexen Systemen entscheidet das Design der Informationsflüsse mindestens genauso sehr über die Prozesseffizienz wie die Planung des Materialflusses. Neben einer vom VDI in Richtlinie 3633 definierten Orientierungsgröße, die das Nutzen-Aufwand-Verhältnis mit 6:1 beziffert, bestätigen die meisten Projekte bei Audi, dass sich die Simulationsaufwände in sehr kurzer Zeit amortisieren. Dabei werden in die Betrachtung häufig nur Investitionseinsparungen bzw. Vermeidung von zusätzlichen Kosten (z.b. durch Anlaufprobleme) einbezogen. Die Zeitersparnis im Anlaufprozess repräsentiert aber häufig das größte Nutzenpotenzial. Sie führt dazu, dass geplante Prozesse reibungslos und termingerecht funktionieren und das Unternehmen in die Lage versetzen, damit Aufträge abzuwickeln und Umsatz zu machen. Gerade in der Automobilindustrie spielt aufgrund der steigenden Konkurrenz, der vielen Modelloffensiven und den immer kürzer werdenden Produktlebenszyklen ein effizienter Anlaufprozess eine entscheidende Rolle. Welche Werkzeuge sind bei AUDI im Einsatz? Um das Spektrum von der strategischen über die planerische bis zur operativen Anwendung abdecken zu können, baut Audi strategisch auf folgende Software: SiFa: Simulation Fertigungsablauf Modell der gesamten Karosseriefertigungskette inkl. Logistikabläufe ICON-SimChain: Simulation von Liefernetzwerken OTD-Sim: Simulation des Kundenauftragsprozesses Die Werkzeuge SiFa und ICON-SimChain wurden von SimPlan entwickelt und basieren auf dem Standardsimulationssystem em-plant von Tecnomatix. OTD-Sim ist eine Entwicklung des Fraunhofer IML. Projektbeispiele aus dem Werk Ingolstadt 1. Standortuntersuchung des Karossenlagers für die Montage (KAROLA) Für die Planung eines neuen, größeren Karossenlagers standen 3 mögliche Standorte auf dem Werksgelände zur Diskussion. Je nach Standort unterschieden sich die fördertechnischen Anbindungen an den bestehenden Fertigungsprozess sowie die Möglichkeiten zur Logistiksteuerung. Die Logistiksteuerung wurde durch die Länge der so genannten Vorsteuerstrecke beeinflusst. Die Vorsteuerstrecke ist die Förderstrecke zwischen Auslagerpunkt des KAROLA bis zum ersten Montageplatz. Die Förderzeit auf der Vorsteuerstrecke bestimmt auch die Reaktionszeit der Logistik für die Bereitstellung von JIT- und JIS-Teilen. Die Fragestellung über den optimalen KAROLA-Standort wurde mit Hilfe des Werkzeugs SiFa untersucht. Ein großer Vorteil von SiFa war die Berücksichtigung von Seite 3 / 5

Wechselwirkungen in der gesamten Prozesskette der Karosseriefertigung. Wurde z.b. ein geändertes Fahrzeugprogramm simuliert, so konnte das Auswirkungen auf die Verwirbelung (Änderung von Fahrzeugreihenfolgen aufgrund unterschiedlicher Durchlaufzeiten durch die Fertigung) haben. Je nach Verwirbelung und Restriktionskatalog (Definition der Regeln für die Reihenfolgebildung in der Montage) ergaben sich unterschiedliche Ergebnisse bezüglich Termintreue, Durchsatz und Einhaltung der Restriktionen. Eine weitere Variable war die Lagergröße, die sich ebenfalls signifikant auf die Ergebnisgrößen auswirkte. Ziel der Simulation war demzufolge, die ideale Konstellation bzgl. der Einflussgrößen Standort inkl. fördertechnische Anbindung, Lagergröße und Steuerstrategie in Abhängigkeit von verschiedenen Fahrzeugprogrammen und Verwirbelungsfaktoren vorgelagerter Fertigungsbereiche zu finden. 2. Optimierung Farbsortierspeicher Der Farbsortierspeicher hat die Aufgabe, möglichst große Farbblöcke für die Lackierung der Karossen zu bilden. Im Werk Ingolstadt ergab sich aufgrund der Fördertechnikstruktur und der Segmentierungsstrategie (Verteilung der unterschiedlichen Fahrzeugmodelle auf die Fertigungslinien) eine hohe Komplexität, der die aktuelle Farbsortiersteuerung nicht gerecht wurde. In einem ersten Projektschritt konnte nachgewiesen werden, dass man die mittlere Farbblockgröße durch intelligente Strategien mehr als verdoppeln konnte. Dieser eher klassischen Simulationsaufgabe folgte die Herausforderung, die Strategie nun möglichst direkt auf die reale Speichersteuerung zu übertragen. Deshalb wurde die reale Steuerung in eine Testumgebung kopiert und mit dem Modell gekoppelt. Auf diese Weise konnte die Realsteuerung ohne Störung des laufenden Betriebs optimiert und getestet werden. Erst nach problemlosem Ablauf in der Simulation wurden Tests mit der neuen Steuerung in der realen Anlage unternommen. So konnte ein reibungsloser Übergang in die laufende Produktion sichergestellt werden. Die Amortisationsdauer für das Projekt lag bei ca. einem halben Jahr. Weitere Projektbeispiele aus der SimPlan-Projektpraxis 1. Supply Chain Simulation: Europa-Logistik-Konzept eines Automobilzulieferers Ein Automobilzulieferer unterhält fünf dezentrale Lagerstandorte sowie mehrere Produktionsstätten in Europa. Bislang gingen Kundenaufträge an die jeweiligen regionalen Läger und wurden von dort bearbeitet. Erforderliche Artikel wurden aus den Produktionsstätten sowie aus dem Zentrallager geliefert. Das führte letztlich dazu, dass nahezu das gesamte Artikelspektrum an jedem Standort bevorratet war. Über eine Simulation sollte nun geklärt werden, ob sich eine zentrale Kundenauftragsbearbeitung und Lagerverwaltung rechnet. Die Zentralisierung sollte Synergien in der Transportlogistik erschließen und eine effizientere Bestandssteuerung ermöglichen. Mit Hilfe einer Lieferkettensimulation wurden nun verschiedene Strategien zur Steuerung der Bestände und der Transportlogistik untersucht. Die Simulationsergebnisse zeigten, dass die Artikelallokationen um ca. 10% reduziert werden konnten. Erst eine weitere Reduzierung führte zu einer überproportionalen Steigerung der Transportkosten. 2. Lagersimulation der Firma Emmi Dieses Beispiel zeigt den Einsatz der Simulation zur detaillierten Lagerstrukturplanung. Insbesondere aufgrund der verschiedenen ineinander greifenden Prozesse im Lager Seite 4 / 5

(Hochregallager, Fördertechnik, Kommissionierung) machte das Modell die Abläufe transparent und ermöglichte Engpassanalysen und die Bewertung von alternativen Lösungen zur Layoutgestaltung und Materialflusssteuerung. Kritische Erfolgsfaktoren des Simulationseinsatzes bei Audi Zeitkritische Projekte wie auch ein hoher Kommunikationsbedarf zwischen den Fachabteilungen und den Simulationsspezialisten erforderten eine zentrale, Audi-interne Anlaufstelle für Simulationen. Es wurde deshalb das SimOffice ins Leben gerufen, das nicht nur als Informationsplattform dient, sondern auch die erforderlichen Dienstleistungen, Methoden und Werkzeuge bereitstellt. Wie Folie 11 schon zeigte, muss ein großer Datenumfang in die Simulation einfließen. Innerhalb von Projekten ist das eines der wichtigsten Erfolgsfaktoren, da ohne korrekte Daten keine Simulation durchgeführt werden kann. Aber auch die Senkung des Aufwands zur Datenbeschaffung ist Aufgabe eines zentralen Datenmanagements. Häufig liegt hier der Schlüssel für kurze Projektabwicklungszeiten. Liegen die Planungsdaten häufig noch in Form von Dateien vor, die die Planungsingenieure teilweise in Handarbeit für die Simulation aufbereitet haben, so sind Daten für operative Simulationen on-line anzuschließen. Das bedeutet, die Modelle lesen ihre Daten direkt aus betrieblichen Informationssystemen. Dazu sind entsprechende Schnittstellen zu schaffen. Selbst das effizienteste Simulationsprojekt braucht eine gewisse Zeit und kostet Geld. Dies sollte deshalb schon in der Projektplanung berücksichtigt werden. Bei einigen OEM ist die Simulation bereits fester Bestandteil des Planungsprozesses. Um Zeit und Kosten für ein Simulationsprojekt niedrig zu halten, bietet es sich an, ein Modell des laufenden Fertigungsprozesses aufzubauen und zu pflegen, das heißt möglichst alle Änderungen im Modell nachzuziehen und es in regelmäßigen Abständen zu validieren. Dadurch fallen der für jedes Projekt aufs Neue, zeitaufwändige Modellaufbau und die Validierung weg. Es wird lediglich das bestehende Modell um die geplanten Modifikationen erweitert. Man kann auf eine verlässliche Modellbasis aufbauen. Die Standardisierung von Methoden und Werkzeugen trägt ebenfalls zur effizienten Projektabwicklung bei. Zudem steigt die Ergebnisqualität, da man auf mehr und mehr in Projekten getesteten Methoden und Werkzeugen bauen kann. Perspektiven Wie viele Unternehmen in der Automobilindustrie so verfolgt auch Audi die Vision einer Digitalen Fabrik, das heißt eines digitalen Abbildes des Produktentstehungs- und des Produktherstellungsprozesses. Die im Rahmen der Simulationsprojekte erreichten Erfolge haben Audi dieser Vision einen großen Schritt näher gebracht. Insbesondere der Aufbau des Werksmodells SiFa, dem digitalen Abbild des laufenden Karosseriefertigungsprozesses, ist ein wichtiger Baustein innerhalb der Digitalen Audi-Fabrik. In: Simulation als betriebliche Entscheidungshilfe: Neuere Werkzeuge und Anwendungen aus der Praxis; Biethahn, Jörg (Hrsg.); März 2004 Braunlage; S. 157-163 Seite 5 / 5