Grundlagen der alternativen Konfliktregelung - Theorie und Anwendungsbereiche Frauenberger/Risak. 2. Theorie Mediationsmodelle

Ähnliche Dokumente
Grundlagen der alternativen Konfliktregelung - Theorie und Anwendungsbereiche Frauenberger-Pfeiler/Risak

Mediation in der Arbeitswelt 1 Einstieg und theoretische Grundlagen. ao.univ.-prof. Dr. Martin Risak Institut für Arbeits- und Sozialrecht

Mediation. Köln,

Weiterbildungsveranstaltung AAV / AJV Mediation im gerichtlichen Verfahren Sicht der Gerichtspräsidentin

1. Einheit am Grundlagen

Mediation bei landwirtschaftlichen Bauvorhaben

Scheidungsmediation hilft, die schmerzliche Situation von Gewinnern und Verlierern zu verhindern, die Teil aller strittigen Scheidungen ist.

Ausbildung zum Zertifizierten Mediator

Mediation: ein Me Nadja Alexander 1

Inhaltsverzeichnis. Einführung 14 A. Vorbemerkungen 14 B. Zielsetzung 23

Berufsregeln für Mediator/innen SDM

Entscheidungsfindung 2.0 Vorsprung durch gute Kommunikation

Das Wir gestalten Teamentwicklung und Konfliktmanagement

MEDIATION IM ALLTAG Dr. Achim Zimmermann Universität Augsburg

Möglichkeiten einer kultursensitiven Mediation. Dr. Elisabeth Reif, Universität Wien

Konfliktmanagement Ergänzungen

Wirtschaftsmediation Gemeinsam gewinnen. Der intelligente und erfolgreiche Weg zur Konfliktlösung

Begriffe der Friedens- und Konfliktforschung : Konflikt & Gewalt

Umgang mit Konflikten im Bereich Nanotechnologie

Die Psychologie der Entscheidung

Interdisziplinäre Zusammenarbeit aus der Sicht des Pflegemanagements

Grundzüge der VerhandlungsfQhrung

Kann man streiten lernen?

Sinn von Nachhaltigkeit

DAS KIND IN DER MEDIATION. Laura Castelnovi, Manuela Hobi, Fabia Spiess, Stéphanie Ziltener

Auktionen in der Beschaffung

Gesundheitspolitische Grundsysteme. Dr. Günter Flemmich

Landwirtschaft leisten?

Was ist Mediation? Ein Verfahren der Konfliktlösung. Vermittlung in Streitfällen durch eine neutrale dritte Person, den/die MediatorIn

Kommunikation zur Entschärfung von Konfliktsituationen. Sarina Richter

Weiterbildung Systemische Mediatorin/ Systemischer Mediator Aufbaukurs im variablen Kurssystem

Gerechtigkeit und soziale Konflikte Konflikt

Interkulturelle Öffnung

8. Elder Mediation Weltkongress. Call for Papers

Mediationsprojekte an saarländischen Schulen

Warum soll jede Mediation zwangsläufig Rechtsbesorgung sein?

Die Mediation Paradigma, Anwendung und Entwicklungen

Beteiligung schafft Akzeptanz für Erneuerbare Energien. Erkenntnisse aus Forschung und Praxis Energiekonferenz 2012, Strausberg, 6.

Deeskalation an Bord Umgang mit Konflikten

Konfliktmanagement in Naturschutz und Energiewende.

Akademisches KonfliktManagement (AKM)

2. Einheit am Grundlagen Verfahren der Mediation

Szenarien einer zukünftigen Gesundheitsversorgung Faktoren der Bedarfsänderung und Folgen für das Angebot an Versorgungsleistungen: Ethische Sicht

Konfliktmanagement Kongress 2017

Einheit am Anwendungsbereiche Phasen der Mediation Gastvortragender: Karl Miksch, MBA, MSc. Karl Miksch Mediation 1

GHS. Göttinger Handelswissenschaftliche Schriften e. V. Band 72. Astrid Friese. Lieferanten-Beziehungsmanagement im Handel

Mediation im Wirtschaftsund Arbeitsleben

Konfliktlösung durch Mediation

1. Informieren Sie sich über Schritte und Phasen von Mediation (Checkliste und Schaubild). 2. Schauen Sie sich einen beispielhaften Mediationsablauf

Grundlagen der Mediation Methoden zur Konfliktlösung

Zertifizierte Mediationsausbildung. Was ist Mediation?

Konflikte bewegen. Konflikte konstruktiv angehen

Vorwort Einleitung... 18

Beratungskompetenz für Projektleiter im Umgang mit kritischen Stakeholdern

Militär und Entwicklung in der Türkei, Ein Beitrag zur Untersuchung der Rolle des Militärs in der Entwicklung der Dritten Welt

Curriculum Mediationsausbildung ZM 8 Uni Potsdam

Modell Konfliktdynamik (nach Glasl)

Leadership 4.0. Prof. Dr. Cristina Lenz. Wie Sie Mediationskompetenz im beruflich Alltag sinnvoll nutzen in Nürnberg

Die Umsetzung des integrativen Ansatzes der Gesellschaftslehre

INTERKULTURELLE MEDIATION

Leo Montada Elisabeth Kais. Mediation. Lehrbuch für Psychologen und Juristen BEUZPVU

Erfolg Reich Leben Motivation durch bewusste Aktion

What constitutes fairness in work settings? A four-component model of procedural justice

THEMEN. Der Orangenfall Das Harvardkonzept Sachbezogenes Verhandeln Schwierige Verhandlungssituationen Einführung in die Mediation Fragen & Diskussion

MEDIATION IM INTERKULTURELLEN KONTEXT

Gruppendelphi-Workshop Gesellschaftliche Aspekte des Smart Grid. InnoSmart-Projekt 30. September 2014 Commundo-Tagungshotel, Stuttgart

Mit Recht Ihr Partner

Info zum internetbasierten Seminar Einführung in das Konfliktmanagement, im Sommersemester 08

Mediation im Steuerrecht Baustein für ein neues Verhältnis zwischen Steuerbürger und Finanzbehörde

Konfliktlösung durch Mediation. Zertifizierte Ausbildung zur Mediatorin/zum Mediator im Betrieb. Arbeit und Leben DGB/VHS NW

Entwicklunsprozesseund Konflikte in der Familie. Psychologische Überlegungen. Hans Zollner SJ TOP Talente 11. März 2016

1. Einführung. Der Bundesverband Mediation e.v. Was ist Mediation?

Richtlinien der BAFM für die Mediation in Familienkonflikten Stand: 16. November 2008

Soft Skills für Softwareentwickler

Rechtliche Möglichkeiten Ein Vergleich zwischen Mediation und Strafverfahren

In Zusammenarbeit mit dem DBH-Bildungswerk

Termine und Inhalte der Mediationsausbildung Hamburg. 1. Modul: Grundlagen der Mediation und Konflikttheorie. 2. Modul: Kommunikation in der Mediation

Konfliktmanagement in öffentlichen Organisationen

Migrantenmilieus. Migration und Stadtentwicklung. Dozent: Prof. Dr. Rainer Greca. Referenten: Christine Bäuerlein, Johannes Huber, Abdelqader Masri

Mitarbeiter- und Verbraucherbefragung Der Handel als Arbeitgeber (Juni 2012) MANUFACTS Research & Dialog. Kai Falk (HDE) Kontakt:

Bochumer Aufruf Bundesweites Mediations-Netzwerk Einwanderung und Integration

Supervision / Coaching. Organisationsentwicklung. Moderation. Trainings. Interkulturelles. Ausbildung in Mediation

WIRTSCHAFT und ETHIK Gerechtere Globalisierung

Übersicht. 1 Nachhaltigkeit: Idee und ökonomische Definitionen. 2 Motivation von Nachhaltigkeit. 3 Nachhaltigkeit in klimaökonomischen Modellen

Grundlagenbereich Sozialpsychologie. Abteilung 5: Wirtschafts- und Sozialpsychologie Abteilung 6: Sozial- und Kommunikationspsychologie

Junge und alte Wilde

KU Kommunikation in der Konfliktregelung , 2 Std./ 3 ECTS, prüfungsimmanent, Blocklehrveranstaltung. Mag.Dr.

Einführung in die Ausbildung Rückblick 1. Modul (15 Std) Was ist ein Konflikt und was kann man tun?

Auf mich kann ich zählen! Wege zu mehr Selbstachtung, Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen

Inhaltsverzeichnis Konfliktmanagement im Unternehmen

B.SC. PSYCH. DÖRTHE DEHE SEMINARREIHE KOMMUNIKATION & KONFLIKT

Reglement Ombudsstelle SDM

Mediation in Diskriminierungsfälle

Das Harvard-Konzept: Getting to yes

BAUSTEIN 3 / THEMENEINHEIT 1 Mediation als Methode der Konfliktlösung

Konfliktkompetenz von Anfang an (1/2)

John Rawls Politischer Liberalismus

Transkript:

Grundlagen der alternativen Konfliktregelung - Theorie und Anwendungsbereiche Frauenberger/Risak 2. Theorie Mediationsmodelle

Übersicht Warum Modelle? Bestehende Mediatonsmodelle Meta-Mediationsmodell nach N. Alexander, The Mediation Meta-Modell (zum download) Martin Risak KU Mediation - Theorie und Anwendungsbereiche 2

Warum (Mediations-)Modelle? Modell: Systematisierung der Welt in abstrakter Form Beeinflußen... Verhalten der Mediator_innen Verhalten der Teilnehmer_innen worüber überhaupt verhandelt/gestritten wird Optionen und Ergebnisse Orientierung für Mediator_innen, Teilnehmer_innen, Behörden Martin Risak KU Mediation - Theorie und Anwendungsbereiche 3

Bestehende Modelle Simmel Unparteilichkeit des/der Mediator_in Mangelnde Entscheidungskompetenz Neutrale_r Dritt_r (Outsider) vs allparteiliche_r Dritte_r (Insider) Gulliver: Kontinuum des Ausmaßes der Einflußnahme (passiv aktive) Riskin Original Grid Rolle des Mediators/Mediatorin: evaluative faciliative Problemdefinition: eng - weit Martin Risak KU Mediation - Theorie und Anwendungsbereiche 4

Bestehende Mediationsmodelle II Riskin (New) Old Grid Austausch: direktiv elizitiv/herauslockend (Ausmaß der Parteienautonomie) Riskin New New Grid Entscheidungsfindung durch den/die Mediator_in: prozedural, inhaltlich, meta-procedural Boule: therapeutisch faciliativ vergleichsorientiert evaluativ Martin Risak KU Mediation - Theorie und Anwendungsbereiche 5

Martin Risak KU Mediation - Theorie und Anwendungsbereiche 6

Martin Risak KU Mediation - Theorie und Anwendungsbereiche 7

Bestehende Mediationsmodelle III Folger & Bush problemlösungsorientiert: individualistisch, psychologisch-ökonomisches Konfliktverständnis -> Harvard Modell beziehungsorientiert: sozial-kommunikatives Konfliktverständnis, Transformation der Beziehung harmonieorientiert: holistisch-kollektive Weltsicht -> Wiederherstellung der Harmonie Currie: Qualität der Mediator_innen Qualifikation, Beziehung zu den Parteien, inhaltlicher Sachverstand, Autorität Martin Risak KU Mediation - Theorie und Anwendungsbereiche 8

Meta-Modell von Alexander Zwei Elemente Interaktion: Definition des Konfliktes und wünschenswertes Ziel Positionsbasiertes Verhandeln: akzeptables Ziel für beide Parteien Interessenbasiertes Verhandeln: Ausgleich, uu win-win Dialog: transformativ, restorativ, heildend Art der Intervention Inhaltliche Intervention Prozessuale Intervention Bedeutung der Ausbildung/Hintergrund des/der Mediator_in Martin Risak KU Mediation - Theorie und Anwendungsbereiche 9

Bedeutung der Ziele von Mediation Effiziente Streitschlichtung Zugang zum Recht Konfliktlösung Lösungen, die Parteien und anderen Betroffenen (stakeholdern) gerecht werden Transformation destruktiver Beziehungen bzw Kommunikation Wiederherstellung bzw Heilung der Beziehung Frieden innerhalb einer Gemeinschaft Martin Risak KU Mediation - Theorie und Anwendungsbereiche 10

6 Praxismodelle Mediation durch ratgebende Fachexpert_innen (expert advisory mediation) Vergleichsorientierte Mediation (settlement mediation) Faciliative Mediation Mediation durch weise Berater_innen (wise counsel mediation) Kulturell-traditionell verankerte Mediation (traditionbased mediation) Transformative Mediation Martin Risak KU Mediation - Theorie und Anwendungsbereiche 11

Quelle: Alexander, DRQ 2008, 107 Martin Risak KU Mediation - Theorie und Anwendungsbereiche 12

Mediation durch ratgebende Fachexpert_innen (expert advisory mediation) Charakteristika Ziele Intensive Problemintervention durch Mediationsperson Positionsbezogener Verhandlungen mit Fokus auf Recht Inhaltliche Beratung durch Mediationsperson Effiziente Streitlösung in Form eines Vergleiches Zugang zum Recht Mediationsperson Technisches/rechtliches Wissen Martin Risak KU Mediation - Theorie und Anwendungsbereiche 13

Vergleichsorientierte Mediation (settlement mediation) Charakteristika Ziele Prozessorientierung - Positionsbezogener Verhandlungen mit Fokus auf Recht mehr Parteieneslbstbestimmung Mediationsperson als Verhandlungscoach Effiziente Streitlösung in Form eines Vergleiches Zugang zum Recht Mediationsperson Technisches/rechtliches Wissen Martin Risak KU Mediation - Theorie und Anwendungsbereiche 14

Faciliative/klassische Mediation Charakteristika Ziele Prozessintervention Integratives Verhandeln mit Konzentration auf Interessen und Bedürfnisse Parteienautonomie Erkennen der eigenen Interessen und Bedürfnisse, Perspektivenübernahme Erwerb von Konfliktkompetenz Mediationsperson Prozesskompetenz, Kommunikationsexpertise Keine Beziehung zu den Parteien Martin Risak KU Mediation - Theorie und Anwendungsbereiche 15

Mediation durch weise Berater_innen (wise counsel mediation) Charakteristika Ziele Bewertung der Vor- und Nachteile basiert auf Interessen und Bedürfnisse Rat über Lösungen Faires Forum Effizientes Konfliktmanagement, nachhaltige interessensbasierte Lösungen Mediationsperson Hohes Standing in der relevanten Gemeinschaft Weisheit, Kommunikationsfähigkeit, Fairness Martin Risak KU Mediation - Theorie und Anwendungsbereiche 16

Kulturell-traditionell verankerte Mediation (tradition-based mediation) Charakteristika Ziele Kollektiv (Gemeinschaft) steht im Vordergrund Offener Dialog, Rituale Wiederherstellung von Gerechtigkeit Versöhnung mit der Gemeinschaft Mediationsperson Weisheit, Status, Überzeugungsgabe Martin Risak KU Mediation - Theorie und Anwendungsbereiche 17

Transformative Mediation Charakteristika Ziele Prozess- nicht Lösungsorientierung Beispiele: narrative, transformative Mediation Transformation/Wiederherstellung der Beziehung, Heilung Mediationsperson Wissen über Konflikte, Psychologie, Verhaltensforschung... Martin Risak KU Mediation - Theorie und Anwendungsbereiche 18

Relevanz für die Praxis Mediationspersonen orientieren sich an einem Modell folgen aber in ihrer Praxis nicht einem einzigen Modell, sondern wechseln zwischen diesen und hybridisieren sie Warum dennoch Modelle? Martin Risak KU Mediation - Theorie und Anwendungsbereiche 19