Computerunterstützung für die Organisation menschlicher Kommunikationsprozesse



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Transkript:

Computerunterstützung für die Organisation menschlicher Kommunikationsprozesse Anforderungsanalyse und Systemgestaltung Andrea Kienle 2009 Research Report 2/2009 ISSN 1865-3944

2009 Andrea Kienle Editor: Type and Print: Distribution: Dean of the Department of Mathematics and Computer Science FernUniversität in Hagen http://deposit.fernuni-hagen.de/view/departments/miresearchreports.html

Computerunterstützung für die Organisation menschlicher Kommunikationsprozesse - Anforderungsanalyse und Systemgestaltung - Habilitationsschrift an der Fakultät für Mathematik und Informatik der FernUniversität Hagen Dr. rer. nat. Andrea Kienle Hagen Mai 2008 1

2

Zusammenfassung Die hier als Habilitationsleistung zusammengefassten Beiträge befassen sich mit der Computerunterstützung für die Organisation menschlicher Kommunikationsprozesse. Die Problemanalyse dieses Gegenstandsbereiches zeigt, dass das Problem in drei Facetten zu betrachten ist. Zum einen sind es die Merkmale der Kommunikationsunterstützung selbst, die der Organisation der Kommunikationsprozesse dienlich sein können. Zum zweiten kann sich die Gestaltung des technischen Systems mit speziellen Funktionalitäten der Prozesstransparenz und -unterstützung gezielt auf die Organisation der Kommunikationsprozesse beziehen. Zum dritten hat Unterstützung einer begleitenden Moderatorenrolle Einfluss auf die Organisation der Kommunikationsprozesse. Im Folgenden wird mit dem kontext-orientierten Kommunikationsmodell zunächst eine Methode zur Anforderungsanalyse der Anwendungsdomäne entworfen (wesentliche Ergebnisse werden in Abschnitt 1.2 zusammengefasst, ausführliche Informationen in Teil 1 dieser Arbeit). Das kontext-orientierte Kommunikationsmodell ist vor dem Hintergrund von Erkenntnissen aus der Kommunikationsforschung entstanden. Es geht davon aus, dass auch computergestützte menschliche Kommunikation mehr beinhaltet als den Transport einer codierten Nachricht von A nach B mittels eines Kanals und ihre anschließende Decodierung. Vielmehr basiert das kontextorientierte Kommunikationsmodell auf der psychologischen Sichtweise, dass beide Kommunikationspartner entscheidend zum Gelingen von Verständigung beitragen und dass dabei die Art, wie sie sich auf den Kontext des Kommunikationsgeschehens beziehen, für den Erfolg ausschlaggebend ist. Zusätzlich greift das Modell Aktivitäten eines Moderators für die Vorbereitung, Begleitung und Zusammenfassung von Kommunikationsprozessen auf. Das Modell führt zu Anforderungen, die sich unter anderem auf eine enge Verbindung von Kommunikationsbeiträgen und (flexibel nutzbarem) Kontext beziehen, die Darstellung von Prozessen und Informationen über Kommunikationspartner vorsehen und gezielt Moderatorenaktivitäten adressieren. In diesen Anforderungen spiegeln sich die oben beschriebenen drei Facetten wieder. Aufbauend auf den im Rahmen der Anforderungsanalyse zusammengestellten Anforderungen wurden einsatztaugliche Prototypen konzipiert und in Software umgesetzt, die Gestaltungsvarianten für die drei Facetten Kommunikationsunterstützung, Prozesstransparenz und Prozessunterstützung sowie computergestützte Moderation beinhalten. Diese Prototypen wurden in realen Situationen eingesetzt und evaluiert. Die Evaluationen führten schließlich zu Designprinzipien für die Unterstützung der Organisation von Kommunikationsprozessen. Mit Blick auf die Gestaltung der Kommunikationsunterstützung konnte gezeigt werden, dass folgende Gestaltungen zur Organisation eines Kommunikationsprozesses beitragen (Übersicht in Abschnitt 1.3, ausführliche Beschreibungen in Teil 2): Ermöglichung und Darstellung von Beziehungen eines Kommunikationsbeitrages sowohl zu Materialien als auch zu anderen Kommunikationsbeiträgen Darstellung einer chronologischen Sicht auf die Kommunikationsbeiträge Ermöglichung und Anzeige zusätzlicher Informationen in Form von Typisierung und Kategorisierung und einer Beitragszusammenfassung 3

Möglichkeiten zur schnellen Vorbereitung neuer Kommunikationsbeiträge Ermöglichung der Integration unterschiedlicher Kommunikationsphasen Bezüglich der Transparenz und Unterstützung von Prozessen können folgende Empfehlungen festgehalten werden (Übersicht in Abschnitt 1.4, ausführliche Beschreibungen in Teil 3): Darstellung des Prozesses als im System verankertes navigierbares Diagramm Gezielte Unterstützung einer Aushandlung als formaler Abschluss des Kommunikationsprozesses Gestaltung der Aushandlungsunterstützung mit folgenden Eigenschaften: vielseitige Auswahlmöglichkeiten für Stimmen, Stimmen zurücknehmbar und transparent für andere, Integration von Aushandlung und Diskussion Für die Unterstützung eines Moderators empfiehlt sich folgende Gestaltung (Übersicht in Abschnitt 1.5, ausführliche Beschreibungen in Teil 4): Hervorheben von Moderatorenbeiträgen Artefakte zur Vorstrukturierung des Kommunikationsprozesses anbieten Rederechtsvergabe für synchrone Situationen Möglichkeiten zur Hervorhebung und Verbindung von Beiträgen Diese Designprinzipien können zur weiteren Umsetzung von Computersystemen zur Unterstützung der Organisation menschlicher Kommunikationsprozesse herangezogen werden. Details zu diesen Prinzipien, Umsetzungsbeispiele und gegebenenfalls Beschränkungen ihrer Gültigkeit werden in den jeweils genannten Abschnitten verdeutlicht. 4

Abstract This work addresses the computer support for the organization of human communication processes. The problem analysis shows that the problem has three facets. The first facet is related to the characteristics of the communication support itself that helps for the organization of the communication processes. The second facet deals with special functionalities for transparency and support of processes that can be used for the organisation of the communication processes. The third facet addresses the support of a facilitator that has influence on the organization of the communication processes. In the following the context-oriented model of communication is introduced as a method for the requirements analysis for communication processes (main results are concluded in subsection 1.2, detailed information is shown in part 1). The context-oriented model bases on results from communication theory. It proposes that acts of human communication cannot be explained with a model of encoding an item of information, conveying or transporting it from a sender A to a receiver B through a channel, and subsequently decoding it. In fact the model bases on a psychological point of view that both communication partners contribute to the success of communication and that the kind how they can refer to the context of the communication is highly relevant for the success. Additionally, the model includes activities of a facilitator for preparing, guiding and summarizing the process of communication. The model leads to requirements that are related to a tight integration of communicative contributions and (flexibly useable) context, the presentation of processes and information about the communication partner and that addresses specifically activities of a facilitator. These requirements reflect the three above mentioned facets. Based on these requirements useable prototypes were designed and implemented in software systems that include design variants for the three facets communication support, transparency and support of processes and computer supported facilitation. These prototypes were used and evaluated in real settings. The evaluations led to design principles for the support of the organization of human communication processes. With respect to the design of the communication support itself the following design principles contribute to the organisation of communication processes (overview in subsection 1.3, detailed information in part 2): Enabling and presentation of relations of communicative contributions to material and other communicative contributions Presentation of a chronological view on communicative contributions Enabling and presentation of additional information in form of types, categories and summaries Functionalities for a quick preparation of new communicative contributions Integration of different phases of the communication process 5

For the transparency and support of processes the design principles include (overview in subsection 1.4, detailed information in part 3): Presentation of the processes by a diagram that is navigable and anchored in the system Specific support of a negotiation as formal conclusion of a communication process Design of the negation support with the following characteristics: multiple options for votes, votes retractable and transparent for all participants, integration of negotiation and discussion For the support of a facilitator the following design is recommended (overview in subsection 1.5, detailed information in part 4): Accentuation of contributions of the facilitator Artefacts for pre-structuring the communication process Floor control for synchronous situations Functionalities for the accentuation and relation of communicative contributions These design principles can be used for further implementations of computer systems for the support of the organization of human communication processes. Details about the principles, examples for realization and eventual constraints for the validity of the principles are pointed up in the corresponding subsections and parts. 6

Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung...13 1.1 Einordnung der Arbeit...13 1.1.1 Thematische Einordnung...13 1.1.2 Problembeschreibung...14 1.1.3 Forschungslücke und Forschungsfragen...16 1.1.4 Vorgehensweise und intendierte Ergebnisse...18 1.2 Das kontext-orientierte Kommunikationsmodell als Instrument der Anforderungsanalyse...19 1.2.1 Dyadische Kommunikation...19 1.2.2 Triadische Kommunikation...22 1.3 Die Gestaltung computergestützter Kommunikation...24 1.3.1 Die Gestaltung asynchroner computergestützter Kommunikation...24 1.3.2 Die Gestaltung synchroner computergestützter Kommunikation...26 1.3.3 Die Integration synchroner und asynchroner computergestützter Kommunikation...28 1.3.4 Designprinzipien für die Gestaltung computergestützter Kommunikation...30 1.4 Die Gestaltung von Prozesstransparenz und -unterstützung...31 1.4.1 Definition und Anzeige von Prozessen als strukturgebendes Merkmal...31 1.4.2 Aushandlung als formaler Abschluss eines Kommunikationsprozesses...32 1.4.3 Designprinzipien für die Gestaltung von Prozesstransparenz und unterstützung...34 1.5 Die Gestaltung der Computerunterstützung für die Moderation...34 1.5.1 Computerunterstützung für die asynchrone Moderation...34 1.5.2 Computerunterstützung für die synchrone Moderation...36 1.5.3 Designprinzipien für die Gestaltung computergestützter Moderation...37 1.6 Diskussion der Ergebnisse und Ausblick...38 1.7 Literatur...39 Teil 1...43 2. Context-oriented communication and the design of computer supported discoursive learning...45 2.1 Introduction...45 2.2 A context-oriented model of communication...47 2.2.1 The context of a communication...48 2.2.2 Activities of Communication...51 2.2.3 Context-oriented communication theory in comparison to other concepts...53 2.3 Methodological and Practical Background of the Empirical Exploration...54 2.4 Design Usage and cyclic improvement of a CSDL-system...56 2.4.1 Integration of material and communicative contributions...56 2.4.2 Presentation and Handling of Annotations...59 2.4.3 Coordination and facilitation of the communication process...62 7

2.5 Discussion of design and theory...64 2.6 Conclusion and further research...66 2.7 References...67 3. Meta-knowledge - a success factor for computer-supported organizational learning in companies...71 3.1 Introduction: The Problem...71 3.2 Case studies of knowledge management in companies...72 3.2.1 Evaluated Companies...72 3.3 Methodology...73 3.4 Results...73 3.4.1 Different kinds of meta-knowledge...73 3.5 Functionalities of systems and knowledge exchange...75 3.6 Discussion and conclusion...75 3.7 References...76 4. KOLUMBUS: Context-oriented communication support in a collaborative learning environment... 77 4.1 Introduction...77 4.2 Context-oriented model of communication...78 4.2.1 Activities of the communication partners...78 4.2.2 Requirements for the support of computer mediated communication...79 4.3 The collaborative learning environment KOLUMBUS...80 4.3.1 Preparing and working with one s own material...81 4.3.2 Working with the material of others...82 4.3.3 Collaborating...82 4.4 Conclusion: First experiences...83 4.5 References...83 Teil 2... 85 5. Konzepte für die Lerngruppe: Prozessunterstützung, Annotationen und Aushandlung... 87 5.1 Kollaboratives Lernen: Eine Prozesssicht...87 5.1.1 Theoretische Einordnung...87 5.1.2 Unterstützungsmöglichkeiten...89 5.2 Annotationen als Kommunikationsunterstützung in CSCL-Systemen...91 5.2.1 Theoretische Einordnung...91 5.2.2 Technische Unterstützungen...92 5.3 Aushandlung als formaler Abschluss eines kollaborativen Lernprozesses...94 5.3.1 Theoretische Einordnung...95 5.3.2 Technische Unterstützung...96 5.4 Zusammenfassung...96 8

5.5 Literatur...97 6. Designing asynchronous communication support for collaborative learning...101 6.1 The design of asynchronous communication support...101 6.2 Experiences with the design...103 6.2.1 Content-related vs. organizational annotations...103 6.2.2 Keywords...105 6.2.3 Annotation window...106 6.3 Discussion and conclusion...106 6.4 References...108 7. Explicit referencing in learning chats: needs and acceptance...109 7.1 Introduction...109 7.2 Problem Analysis...110 7.2.1 The Analysis of Chat Transcripts...110 7.2.2 Explicit References in Chats...111 7.3 Related Work...111 7.3.1 Analysis of Chat Transcripts...111 7.3.2 Explicit References in Chat Tools...112 7.4 The Structure Analysis of Learning Chats...112 7.4.1 Manual References...113 7.4.2 Coherence...113 7.4.3 Individual participation...115 7.4.4 Social Networks...115 7.5 Using explicit References...116 7.5.1 Results...117 7.6 Discussion...119 7.7 Conclusion and further research...120 7.8 References...121 8. The Integration of asynchronous and synchronous Communication Support in Cooperative Systems...123 8.1 Theoretical background...123 8.1.1 Context-oriented communication theory...123 8.1.2 Theories of Media Use...125 8.2 Requirements for an Integration...126 8.3 State of the art chat tools...127 8.4 The integration of different communication modes in KOLUMBUS 2...128 8.4.1 Basics of KOLUMBUS 2...128 8.4.2 The design of KOLUMBUS Chat...128 8.4.3 The Integration of Chat in asynchronous Communication and Material...130 8.5 Experiences...131 8.5.1 Setting...131 8.5.2 Collection and Analysis of Data...132 9

8.5.3 Results...132 8.5.4 Discussion...134 8.6 Conclusion and further Research...134 8.7 Acknowledgements...135 8.8 References...135 Teil 3... 137 9. Modellbasierte Moderation in CSCL-Umgebungen - ein geeigneter Mittelweg zwischen Fremd- und Selbststeuerung... 139 9.1 Einleitung...139 9.2 Selbstgesteuertes Lernen in computergestützten Lerngruppen...140 9.3 Verwandte Ansätze: Unterstützung von computergestützten Kollaborationsprozessen...142 9.4 Unterstützung von Selbststeuerung durch grafische Modelle...143 9.5 Grafische Modelle in KOLUMBUS 2...144 9.5.1 Die Erstellung und Diskussion grafischer Modelle...145 9.5.2 Integration von Prozessmodellen und KOLUMBUS 2...145 9.6 Zusammenfassung und Ausblick...147 9.7 Literatur...147 10. Improving the Coordination of Collaborative Learning with Process Models... 149 10.1 Introduction: The need to support students coordination...149 10.2 Related work: promoting the coordination of collaborative learning...151 10.3 Experimental field study: the relevance of graphical process models...153 10.3.1 Setting...153 10.3.2 Assumptions and Hypotheses...154 10.3.3 Data collection...156 10.4 Results...157 10.4.1 Knowledge exchange...157 10.4.2 Integration of information into the developed artefacts...158 10.4.3 Usage of LiveLink TM...159 10.5 Conclusion and further research: integration of graphical process models into CSCL-systems...159 10.6 Acknowledgements...161 10.7 References...161 11. Collaborative learning at the workplace by technical support of communication and negotiation... 163 11.1 Introduction...163 11.2 Communication support in a large scale company...165 11.3 General aspects of negotiation support...167 10

11.4 Communication and negotiation support in KOLUMBUS...168 11.5 Evaluation of the communication and negotiation support in KOLUMBUS...170 11.5.1 Setting and data collection...170 11.5.2 Results...171 11.6 Summary and recommendations...172 11.7 References...174 12. Zur Gestaltung der Aushandlungsunterstützung in CSCL-Systemen...175 12.1 Einleitung...175 12.2 Merkmale von Aushandlungsunterstützungen für CSCL-Systeme...176 12.3 Aushandlungsfunktionalitäten in CSCL-Systemen...177 12.3.1 KOLUMBUS...177 12.3.2 BSCL...178 12.3.3 nbscw...179 12.3.4 Gegenüberstellung der Merkmale...180 12.4 Erfahrungen mit den bestehenden Aushandlungsfunktionalitäten...180 12.4.1 Erfahrungen mit KOLUMBUS...180 12.4.2 Erfahrungen mit BSCL...181 12.4.3 Erfahrungen mit nbscw...182 12.4.4 Diskussion der Ergebnisse...182 12.5 Designprinzipien für Aushandlungsunterstützungen...183 12.6 Zusammenfassung und Ausblick...184 12.7 Literaturverzeichnis...184 Teil 4...187 13. Rollenbasierte Kooperationsunterstützung in CSCL-Umgebungen...189 13.1 Einleitung...189 13.2 Theoretischer Hintergrund...190 13.2.1 Rollenbasierte Mechanismen der Zugriffskontrolle (Role Based Access Control, RBAC)...190 13.2.2 Relationen zwischen Rollen...191 13.2.3 Die Bedeutung von Rollen im CSCL- Kontext...191 13.2.4 Implikationen für die Gestaltung rollenbasierter Kooperationsunterstützung...192 13.3 Die Rollenunterstützung in der CSCL-Umgebung KOLUMBUS...192 13.3.1 Die Relation zwischen Rollen und Inhalten in KOLUMBUS...193 13.3.2 Die Definition von Rollen in KOLUMBUS...194 13.3.3 Relationen zwischen Rollen in KOLUMBUS...194 13.3.4 Technische Umsetzung und Integration...195 13.4 Die Anwendung rollenbasierter Kooperationsunterstützung...195 13.5 Zusammenfassung und Ausblick...197 13.6 Literatur...197 11

14. Facilitating asynchronous discussions in learning communities - The impact of moderation strategies... 199 14.1 Problem...199 14.2 Related work on moderating processes in learning communities...200 14.3 The support of moderators in the collaborative learning environment KOLUMBUS 2...201 14.4 Description of the case study...203 14.4.1 Aim of the study...203 14.4.2 Setting...203 14.4.3 Collection and analysis of data...204 14.5 Results...204 14.5.1 Interventions of the moderator...205 14.5.2 Further requirements for functionalities supporting moderation processes...207 14.6 Conclusion and further work...208 14.7 References...209 15. The facilitation of synchronous discussions in CSCL-systems... 211 15.1 Introduction...211 15.2 Related Work...211 15.3 The CSCL-System KOLUMBUS 2...212 15.4 Facilitating synchronous discussions a qualitative study...213 15.5 Results...214 15.6 Discussion and Conclusion...218 15.7 References...220 16. Schriftenverzeichnis... 221 12

1. Einleitung 1.1 Einordnung der Arbeit 1.1.1 Thematische Einordnung Die hier als Habilitationsleistung zusammengefassten Beiträge befassen sich mit der Computerunterstützung für die Organisation menschlicher Kommunikationsprozesse. Im Fokus steht eine Methode zur Anforderungsanalyse der Anwendungsdomäne menschlicher Kommunikationsprozesse und Designprinzipien für die Unterstützung der Kommunikationsprozesse und ihrer Organisation, die die Erfüllung der Anforderungen gewährleisten. Im breiten Spektrum der Informatik ist diese Arbeit der praktischen Informatik zuzuordnen: Die praktische Informatik entwickelt Methoden, um Programmsysteme erstellen zu können, sowie konkrete Entwicklungsumgebungen und Software-Werkzeuge zur Unterstützung von Programmierern und Anwendern. (Duden, 1988, S. 270). Konkreter liegt die Arbeit in den Forschungsgebieten der Computerunterstützung für gemeinsames Lernen (CSCL 1 ) und Arbeiten (CSCW 2 ), auch bezeichnet als ein etabliertes Forschungsgebiet in der Informatik zu der Frage, wie man Software systematisch unter dem Aspekt der Unterstützung von Zusammenarbeit entwickelt (Herrmann, 2003). Beide Forschungsgebiete blicken auf eine längere Geschichte zurück und sind auch in der Gegenwart im Trend: so sind beide Themen feste Bestandteile der ACM SIGCHI und es existieren mit dem Journal of CSCW (www.springer.com/journal/10606) und dem international Journal of CSCL (www.ijcscl.org) renommierte Veröffentlichungsorgane. Zusätzlich finden weltweite Konferenzserien im zweijährigen Rhythmus (für CSCW seit 1986, für CSCL seit 1995) statt. Darüber hinaus greifen zahlreiche Journals (z.b. Behaviour and Information Technology (http://www.tandf.co.uk/journals/titles/0144929x.asp), Education and Information Technology (http://www.springer.com/computer/general/journal/10639)) dieses Thema auf und es haben sich weitere, unter anderem auch europäische und deutschsprachige Konferenzserien (z.b. COOP, Delfi) etabliert. In den hier zusammengefassten Arbeiten spielen insbesondere drei Teilaspekte dieser Forschungsgebiete eine wesentliche Rolle. Zunächst sind Ergebnisse zur Gestaltung softwaretechnischer Kommunikationsunterstützung relevant; schon eine auf die Organisation abzielende Gestaltung der Kommunikationsunterstützung kann die Organisation der Kommunikationsprozesse verbessern. Darüber hinaus sind auch Ergebnisse zur Kommunikationsorganisation durch Prozessgestaltung sowie aus Randgebieten zu computergestützter Moderation von Relevanz, da diese den Ausgangspunkt für die hier zu entwerfenden Gestaltungsvarianten bilden (vgl. Abschnitt Problembeschreibung). Als Ergebnisse dieser Arbeit, die unmittelbar in die Forschungsgebiete CSCL und CSCW zurückfließen, sind die empirisch fundierten Gestaltungsprinzipien für die computergestützte Kommunikation und ihre prozessorientierte und moderationsbezogene Organisation zu nennen. Solche Ergebnisse sind in anderen Forschungsarbeiten in der Informatik gängig und werden dort z.b. als Optionen bei der Gestaltung (Hoffmann, 2004, S. 3) benannt. Die anwendungsspezifische Aufarbeitung des Themas bezieht auch die Betrachtung der Kommunikationsforschung selbst mit ein. Relevant sind hier insbesondere solche Modelle, die 1 CSCL steht für Computer Support for Collaborative Learning. 2 CSCW steht für Computer-Supported Cooperative Work. 13

menschliche Kommunikation beschreiben. Durch den Einbezug der Anwendungsdomäne erhält diese Arbeit einen interdisziplinären Charakter, der die Disziplinen Informatik und Kommunikationsforschung einbezieht und der für die Erforschung des Problems notwendig ist. Insbesondere die Verknüpfung der beiden Forschungsrichtungen trägt einen entscheidenden Beitrag zu einem besseren Verständnis grundlegender Zusammenhänge bei. Dadurch wird eine verbesserte Anforderungserhebung und Softwarekonzeption möglich. Das hier entwickelte Modell triadischer Kommunikation in computergestützten Situationen (vgl. Abschnitt 1.2) schafft eine Symbiose und ist als Ergebnis sowohl für die Kommunikationsforschung als auch für die Informatik von Interesse. Für die Kommunikationsforschung erweitert das Modell das Spektrum der Erklärungsmodelle menschlicher Kommunikation. Die Informatik kann sich dieses Modell für weitere Anforderungsanalysen zur Organisation computergestützter Kommunikationsprozesse zunutze machen. In den in dieser Arbeit zusammengefassten Beiträgen wurde das Modell als Instrument der Anforderungsanalyse ganz im Sinne des Informatikansatzes genutzt. Durch diese informatikspezifische Entwicklung und Verwendung des Modells, zusammen mit der Erarbeitung von Designprinzipien für die Softwareunterstützung der Organisation computergestützter Kommunikationsprozesse, ist diese Arbeit der Informatik zuzuordnen. Methodisch werden in diesen Arbeiten eine theoriegeleitete Konzeptentwicklung, innovative Implementierungen und ihre Evaluation verbunden (vgl. Abschnitt Vorgehensweise und intendierte Ergebnisse). Eine theoriegeleitete Konzeptentwicklung wird für die Gestaltung von Kommunikations- und Kooperationssystemen oft verwendet. So werden im CSCW- Kompendium (Schwabe et al., 2001) verschiedenste Theorien (z.b. Theorien zum Gruppenverhalten, Kommunikationstheorien, arbeitswissenschaftliche Theorien) herangezogen, um Anforderungen an CSCW-Systeme 3 zu definieren. Dieses Vorgehen antizipiert insbesondere Ergebnisse aus der Anwendungsdomäne (vgl. hierzu den folgenden Abschnitt Problembeschreibung ). Zur Relevanz von Theorien für die Gestaltung von CSCW-Systemen schreiben Hertweck und Krcmar in ihrem Beitrag zu Theorien zum Gruppenverhalten: Dies [gemeint ist die Anwendung von Theorien für die Anforderungsanalyse, Anm. der Autorin] ist die Basis für eine sensible Analyse, für ein kreatives Design, sowie für eine von den Betroffenen getragene Einführung von CSCW-Systemen in die Organisation. (Hertweck & Krcmar, 2001, S. 45). Eine Kombination theoriegeleiteter Entwicklung und empirischen Studien zur Evaluation werden in anderen Habilitationen in der Informatik als ein Vorgehen beschrieben, das für die Forschung in der angewandten Informatik angemessen (vgl. z.b. (Wulf, 2000, S. 6)) ist. 1.1.2 Problembeschreibung Wann immer mehrere Personen computergestützt räumlich getrennt miteinander kooperieren, erhält Computerunterstützung für die menschliche Kommunikation einen besonderen Stellenwert, denn implizite Koordination und Verständigung durch Beobachtung entfällt aufgrund der räumlichen Trennung. Nur eine geeignete Gestaltung dieser Computerunterstützung hat eine erfolgreiche Kooperation zur Folge (Herrmann, 2001). Damit gerät die Gestaltung der Computerunterstützung für die menschliche Kommunikation selbst in den Fokus des Interesses. Eine sehr verbreitete Art computergestützter Kommunikation ist textbasierte Kommunikation. Bei textbasierter Kommunikation lässt sich einerseits auf eine lange Forschungstradition zurückblicken, wie verschiedene, relevante Konferenzen im Bereich computergestützter Kooperation zeigen: schon auf der ersten internationalen CSCL-Konferenz 1995 behandelten 32 % der Beiträge textbasierte Kommunikation (Schnase & Cunnius, 1995). Andererseits ist das Interesse 3 Gemeint sind Systeme zur Unterstützung kooperativer Arbeit. 14

an ihrer Erforschung nach wie vor ungebrochen: 27% der referierten Beiträge auf der Konferenz Coop 2006 (Hassalany et al., 2006) und sogar 36% auf der CSCL 2005 (Koschmann et al., 2005) beschäftigten sich mit diesem Thema. Dabei belegen viele dieser Beiträge Probleme im Verlauf der Prozesse computergestützter Kommunikation. Diese zeigen sich zum Beispiel in folgenden Ausprägungen: Ungewünschter Verlauf bzw. Ausgang des Kommunikationsprozesses, z.b. mangelnde bzw. abnehmende Teilnahme, kein gemeinsames Gruppenergebnis: So zeigen etwa Lee und andere im Bereich kooperativen Lernens, dass sich Lernende schon nach kurzer Zeit nicht mehr an computergestützten Diskussionen beteiligen (Lee et al., 1998). Dieses Ergebnis zeigen auch Studien zum kooperativen Wissensmanagement (Kienle et al. 2003). Lipponen fand heraus, dass in asynchronen Diskussionen Kommunikationsstränge meist sehr kurz sind, diese kaum Verbindungen aufweisen und zu keinem Ergebnis führen (Lipponen, 2001). Fehlende Verbindungen zwischen Kommunikationssträngen werden auch in (Lakalla et al., 2002) bestätigt, die zudem die Notwendigkeit zur Organisation der Diskussionen zeigen konnten. Stahl und Herrmann analysierten, dass in fehlender Systemunterstützung der Grund für fehlende gemeinsame Gruppenergebnisse liegen (Stahl & Herrmann, 1999). Probleme bei Transparenz und Steuerung des Kommunikationsprozesses, z.b. Unsicherheit bzgl. gemeinsamer Vorgehensweisen, Fortschreiten und aktueller Stand des Prozesses, erwartetem eigenen Verhalten bzw. Erwartungen, die an andere gestellt werden können: Studien belegen, dass sich Gruppen in computergestützten Situationen explizit auf einen Kooperations- und Kommunikationsprozess einigen müssen (Engeström, 1999). Fehlende Explizierung bzw. Transparenz der Prozesse fördert wiederum einen ungewünschten Verlauf des Kommunikationsprozesses (Guzdial & Turns, 2000), (Lipponen et al., 2002). Studien, die sich mit der Steuerung von Kommunikationsprozessen beschäftigen, lassen sich zwei Kategorien zuordnen. Zum einen existieren Ansätze, die eine Steuerung durch die eingesetzte Software z.b. im Rahmen von Scripts ermöglichen (Fischer et al., 2007). Hier zeigt sich, dass die in der Software vorgesehenen Prozesse oft nicht zu den in der Gruppe etablierten Prozesse passen und diese deshalb in der Folge wenig akzeptiert sind (Dillenbourg, 2002). Zum anderen werden in neuerer Forschung die Organisation der Kommunikationsprozesse durch die explizite Rolle eines Moderators und seine Computerunterstützung vorgeschlagen: hier zeigen sich jedoch noch große Probleme bei der systematischen Anforderungsanalyse und der Systemumsetzung (Schenk & Schwabe, 2001). Diese Art von Problemen bezieht sich nicht auf die Verständigung während der Kommunikation, die Gegenstand vieler kommunikationswissenschaftlichen Studien sind, sondern auf die Organisation der Kommunikationsprozesse. Unter Organisation soll hier in Anlehnung an (Duden, 1990) Aufbau, Gliederung, planmäßige Gestaltung verstanden werden. Organisation umfasst dabei neben der vorbereitenden Planung auch die Begleitung und Koordination der Teilaufgaben (Möslein, 2001). Lösungen für diese Problemart werden aus Sicht der Informatik in einer geeigneten Gestaltung der Kommunikationsunterstützung gesehen, die sich der Verbesserung der Organisation der Kommunikationsprozesse widmet. Das Einsatzgebiet zwischenmenschliche Kommunikationsprozesse weist zusätzlich darauf hin, dass es hier nicht allein um die Gestaltung von Technik geht, sondern auch soziale Aspekte zu beachten sind. Eine integrierte Betrachtung von Aspekten technischer und sozialer Systemen im Sinne soziotechnischer Systeme (Luhmann, 1997) ist hier notwendig. Betrachtet man das Problem unter diesem Blickwinkel, so sind drei unterschiedliche Anknüpfungspunkte bzw. Facetten des Problems erkennbar: 15

1. Merkmale der Kommunikationsunterstützung: Zunächst ist ein technisches System notwendig, das die computergestützte Kommunikation überhaupt erst ermöglicht. Merkmale dieses technischen Systems können selbst zur Organisation der Kommunikationsprozesse beitragen. 2. Prozesstransparenz und -unterstützung: Zusätzlich zu den Merkmalen der Kommunikationsunterstützung kann sich die Gestaltung des technischen Systems mit speziellen Funktionalitäten der Prozesstransparenz und -unterstützung gezielt auf die Organisation der Kommunikationsprozesse beziehen. 3. Moderation computergestützter Kommunikationsprozesse: Von sozialer Seite kann auf das soziotechnische System durch die Definition und Einführung von Rollen eingewirkt werden (Jahnke, 2006). Rollen werden als Menge erwarteter Kommunikation verstanden, die oft als Rechten und Pflichten wahrgenommen werden. Für die Organisation computergestützter Kommunikationsprozesse ist dies die Rolle eines Moderators, die geeignet zu definieren und dann, ganz im Sinne der soziotechnischen Systemgestaltung, durch Funktionalitäten des technischen Systems zu unterstützen ist. Durch diese drei Facetten wird das Problem der Gestaltung der Organisation computergestützter Kommunikationsprozesse als soziotechnisches System vollständig beschrieben. Wie der folgende Abschnitt zeigen wird, fehlt es jedoch bislang an der systematischen und umfassenden Bearbeitung dieses Problems und an geeigneten Lösungen. Hier setzen die in dieser Arbeit zusammengefassten Forschungsergebnisse an. 1.1.3 Forschungslücke und Forschungsfragen Die hier beschriebenen Forschungsarbeiten widmen sich einem geeigneten Analyseinstrument und der theoretisch wie empirisch fundierten Erarbeitung von Designprinzipien zur softwaretechnischen Gestaltung der Organisation computergestützter Kommunikationsprozesse. Die drei oben beschriebenen Facetten, die als Zugang zu dem Problem gewählt werden, sind bereits unterschiedlich tief bearbeitet. Bezogen auf diese drei Facetten lassen sich also Forschungslücke und Forschungsfragen detaillierter beschreiben: 1. Merkmale der Kommunikationsunterstützung: Für die Gestaltung einer Kommunikationsunterstützung liegen vielfältige Vorschläge vor, wie auch schon die weiter oben erwähnte große Anzahl an Beiträgen auf den einschlägigen Konferenzen belegt. Diese sind aber selten mit dem Fokus auf der Organisation von Kommunikationsprozessen gestaltet. Organisationsprobleme wie die eingangs beschriebenen werden dann allenfalls im Rahmen der Evaluation aufgedeckt, ohne dass sie in die bewusste Gestaltung der Kommunikationsunterstützung einfließen würden (vgl. (Herrmann & Kienle, 2008)). Insgesamt fehlt es also an einer gezielten Gestaltung der Kommunikationsunterstützung zur Verbesserung der Organisation des Kommunikationsprozesses. Konkreter lassen sich folgende Forschungsfragen formulieren: 16 Zu welchen anderen Elementen sind Kommunikationsbeiträge in Beziehung zu setzen und wie kann diese Beziehung gestaltet werden? Welche zusätzlichen Informationen dienen der Organisation eines Kommunikationsprozesses? Wie können unterschiedliche Phasen des Kommunikationsprozesses unterstützt und integriert werden? Welche Auswirkungen haben Relationen, zusätzliche Informationen und Phasenunterstützung auf die Organisation des Kommunikationsprozesses?

2. Prozesstransparenz und -unterstützung: Forschungen zu Prozesstransparenz und - unterstützung zeigen mit der Diskussion um Maps (Schmidt & Bannon, 1992) und Scripts (Fischer et al., 2007) sowie den Arbeiten zu Representational Guidance (Suthers & Hundhausen, 2002) schon erste theoretische Lösungsansätze, die oft nicht empirisch fundiert sind. Wie bereits oben beschrieben, ist besonders für das Finden eines gemeinsamen Gruppenergebnisses als Abschluss eines Kommunikationsprozesses eine geeignete Computerunterstützung notwendig. Insgesamt fehlt es hier also an empirischer Fundierung der Ansätze zur Unterstützung und Transparenz der Kommunikationsprozesse sowie einer geeigneten Unterstützung bzgl. des Prozessabschlusses. Folgende Forschungsfragen konkretisieren diese Lücke: Wie kann die Transparenz des Kommunikationsprozesses gefördert werden? Wie muss eine Kommunikationsunterstützung gestaltet sein, die die Aushandlung eines Gruppenergebnisses als formalen Abschluss des Kommunikationsprozesses unterstützt? Wie wirken sich die Transparenz der Prozesse und die Aushandlungsunterstützung auf den Kommunikationsprozess aus? 3. Moderation computergestützter Kommunikationsprozesse: Zwar existieren Systeme, die gezielt die Moderationsunterstützung adressieren (vgl. z.b. Group Systems (Nunamaker et al., 1996) Digital Moderation (Guicking et al., 2008)). Diese sind jedoch in sich abgeschlossene Systeme und werden zusätzlich zur jeweils verwendeten Kooperations- und Kommunikationsplattformen eingesetzt. Der in dieser Arbeit verfolgte Ansatz sieht jedoch eine Integration der Moderation in die bestehenden Kommunikationsprozesse vor schließlich soll es um solche Gestaltungsvarianten gehen, die die bestehenden Kommunikationsprozesse organisieren. Diese Richtung der in die Kommunikationsplattformen integrierte Moderationsunterstützung steht noch ganz am Anfang der Forschung (Schenk & Schwabe, 2001) Hier zeigt zunächst die Empirie, dass die Beschäftigung mit einer Moderatorenrolle und ihrer Unterstützung für das Gelingen computergestützter Kommunikationsprozesse wesentlich ist (Friedrich et al, 1999). Es fehlt jedoch bislang an einem Instrument zur systematischen Anforderungsanalyse an diese Rolle und ihre Computerunterstützung sowie deren Evaluation. Dies zeigt sich in folgenden Fragestellungen: Wie sieht ein Instrument e Methode zur systematischen Anforderungsanalyse bzgl. der Moderation computergestützter Kommunikationsprozesse aus? Wie kann eine Moderatorenrolle gezielt technisch unterstützt werden? Wie wirken sich bestimmte Varianten technisch unterstützter Moderator auf den Kommunikationsprozess aus? Die in dieser Habilitationsschrift zusammengefassten eigenen Forschungsarbeiten verfolgen alle drei Facetten weiter und suchten alle aufgeworfenen Forschungsfragen zu beantworten. Sie setzen einen thematischen Schwerpunkt in der Bearbeitung der dritten Facette Moderation computergestützter Kommunikationsprozesse, da hier der Forschungsbedarf am größten ist. In der Verfolgung aller Richtungen zeigt sich die Breite der Arbeiten, in der fundierten Bearbeitung des noch größten Forschungsbedarfes in der Moderationsunterstützung eine entsprechende Tiefe. Durch die Aufteilung in die einzelnen Facetten wurden für die jeweiligen unterschiedlichen Merkmale des soziotechnischen Systems passende Lösungen gesucht. Damit wird eine umfassende Betrachtung der Organisation computergestützter Kommunikationsprozesse sichergestellt. 17

1.1.4 Vorgehensweise und intendierte Ergebnisse Zur Bearbeitung der aufgeworfenen Forschungsfragen bedienten sich die in dieser Arbeit zusammengefassten Beiträge klassischer Vorgehensweisen des Software Engineerings, die sich auf das Design von Software beziehen. So beschreibt beispielsweise Sommerville die Aktivitäten Problemdefinition, Anforderungsanalyse, Architekturdesign und Bewertung in einer sich wiederholenden Spirale (Sommerville, 2007, S. 29). Im Rahmen dieser Arbeit wurde bezogen auf die drei oben beschriebenen Facetten eine Schleife innerhalb dieser Spirale durchlaufen (vgl. Abbildung 1). Im Zuge der Anforderungsanalyse wurde dabei aufbauend auf theoretischen Befunden aus der Kommunikationstheorie, Ergebnissen aus verwandten Arbeiten sowie eigenen empirischen Vorarbeiten ein Kommunikationsmodell abgeleitet, aus dem Anforderungen an die Organisation computergestützter Kommunikationsprozesse bzgl. der drei oben beschriebenen Facetten abgeleitet werden. Die Anforderungsanalyse bildete die Grundlage für die hier geleisteten Forschungsarbeiten und ist in den jeweiligen wissenschaftlichen Beiträgen dokumentiert. Aufbauend auf den im Rahmen der Anforderungsanalyse zusammengestellten Anforderungen wurden einsatztaugliche Prototypen konzipiert und in Software umgesetzt, die die Gestaltungsvarianten für die drei Facetten Kommunikationsunterstützung, Prozesstransparenz und - unterstützung sowie computergestützte Moderation beinhalten. Diese Prototypen wurden in realen Situationen eingesetzt und evaluiert. Ihre Analyse erfolgt mittels Logfileanalysen, Interviews mit den Teilnehmern sowie Inhaltsanalysen der entstandenen Kommunikationen. Die Evaluation ermöglicht Antworten auf die Forschungsfragen, die sich auf die Wirkung der jeweiligen Systemunterstützung beziehen und liefert darüber hinaus die empirische Fundierung, die für die Überführung der Gestaltungsvariante in ein fundiertes Designprinzip notwendig ist. Die Evaluationen ermöglichten Ergebnisse auf zwei Ebenen. Zum einen sind Rückschlüsse auf das Kommunikationsmodell aus der Anforderungsanalyse möglich. Durch das ausdifferenzierte Kommunikationsmodell wird dyadische 4 und triadische 5 Kommunikation gleichermaßen beschrieben. Dieses Modell kann zur weiteren Anforderungsanalyse herangezogen werden, die insbesondere auch die Moderation computergestützter Kommunikationsprozesse einbezieht (in Abbildung 1 durch den linken Rückpfeil gekennzeichnet). Dieses Modell schließt die oben beschriebene Lücke des fehlenden Instruments zur systematischen Anforderungsanalyse an die Rolle des Moderators. Es liegt damit im Bereich der Methoden, um Programmsysteme erstellen zu können (Duden, 1988, S. 270) und wird in Abschnitt 1.2 beschrieben. Zum anderen ermöglichen die Arbeiten die Zusammenstellung fundierter Designprinzipien für die Unterstützung der Organisation von Kommunikationsprozessen, die sich auf die Gestaltung der Kommunikationsunterstützung sowie ihre prozessorientierte und moderationsbezogene Organisation beziehen. Die Fundierung erschließt sich aus der theoretischen wie empirischen Analyse, der prototypischen Umsetzung in Gestaltungsvarianten sowie ihre Evaluation in realen Situationen und schließt die oben beschriebenen Lücken in allen drei Facetten des Problems. 4 Dyadische Kommunikation meint Kommunikation zwischen den Rollen Mitteilender und Rezipient. 5 Triadische Kommunikation meint Kommunikation zwischen den Rollen Mitteilender, Rezipient und Moderator. 18

Abbildung 1: Vorgehensweise und Ergebnisse In den Abschnitten 1.3-1.5 werden jeweils das Design der Gestaltungsvarianten und zentrale Ergebnisse aus den Evaluationen vorgestellt und diese anschließend zu Gestaltungsprinzipien zusammengefasst. Diese Designprinzipien können zur weiteren Umsetzung von Computersystemen zur Unterstützung der Organisation menschlicher Kommunikationsprozesse herangezogen werden (in Abbildung 1 durch den rechten Rückpfeil gekennzeichnet). Sie stellen die in anderen Informatikarbeiten oft als Ergebnisse genannten empfohlene Konzepte und Vorbilder (Hoffmann, 2004, S. 3) dar. 1.2 Das kontext-orientierte Kommunikationsmodell als Instrument der Anforderungsanalyse 1.2.1 Dyadische Kommunikation Zur fundierten Gestaltung von Kommunikationsunterstützung und Varianten ihrer Organisation ist das Verständnis menschlicher Kommunikation von besonderer Bedeutung. Das kontextorientierte Kommunikationsmodell ist vor dem Hintergrund von Erkenntnissen aus der Kommunikationsforschung entstanden. Es postuliert, dass selbst computergestützte menschliche Kommunikation mehr beinhaltet als den Transport einer codierten Nachricht von A nach B mittels eines Kanals und ihre anschließende Decodierung (vgl. dagegen (Shannon & Weaver, 1949)). Vielmehr basiert das kontext-orientierte Kommunikationsmodell auf der psychologischen Sichtweise, dass beide Kommunikationspartner entscheidend zum Gelingen von Verständigung beitragen (Clark & Brennan, 1991) und dass dabei die Art, wie sie sich auf den Kontext des Kommunikationsgeschehens beziehen, für den Erfolg ausschlaggebend ist (McCarthy & Monk, 1994), (Ungeheuer, 1982). Verständigung bedeutet also, dass zwei voneinander unabhängige Kommunikationspartner Vorstellungen entwickeln können, von denen beide annehmen, dass sie sich ähneln. 19

Abbildung 2: dyadische Kommunikation im kontext-orientierten Kommunikationsmodell Abbildung 2 gibt einen detaillierten Überblick über das kontext-orientierte Kommunikationsmodell eine ausführliche Beschreibung des Modells findet sich in Teil 2 dieser Arbeit. Kommunikation wird als ein Prozess verstanden, bei dem mehrere Selektionen stattfinden (Maturana & Varela, 1987): aus seiner Vorstellungswelt wählt der Mitteilende aus, was er oder sie mitteilen möchte. Auch bezüglich der Art, wie die Vorstellung mitgeteilt wird, wird aus unendlich vielen Möglichkeiten ausgewählt und ein Kommunikationskonzept entwickelt. Letztlich entscheidet dann der Rezipient, was er von der Mitteilung im Ausdrucksabbild aufnimmt und inwieweit er dies in einer eigenen Idee zu seiner eigenen Vorstellungswelt in Bezug setzt. Diese Auswahlprozesse sind in sozialen Interaktionen nicht determinierbar, sondern können höchstens beeinflusst werden sie sind kontingent (Luhmann, 1997). Die durch die Kontingenz gegebene Verständigungsunsicherheit kann durch den verfügbaren Kontext gemildert werden (Ungeheuer, 1982). Der innere Kontext eines Kommunikationspartners fasst sein Wissen, seine Gefühle und Einschätzungen zusammen und ist für die anderen 20

Kommunikationspartner unzugänglich. Der äußere Kontext hingegen beinhaltet Elemente, die für alle Kommunikationspartner gemeinsam wahrnehmbar sein können oder konnten. Die Bezugnahme auf den Kontext hat zwei wichtige Funktionen. Zum einen hilft der Kontext festzustellen, ob man sich verstanden hat: Je nach dem, wie sich eine Situation entwickelt, ergeben sich Hinweise auf den Kommunikationserfolg oder auf die Notwendigkeit, das Verständnis zu überprüfen oder nachzubessern. Zum anderen muss die Explizierung des Mitzuteilenden nicht maximal sein: es wird nur das ausgedrückt, was in Ergänzung zum mutmaßlich vorhandenen (inneren und äußeren) Kontext notwendig ist, um das Gemeinte rekonstruieren zu können. Die Einschätzung, was zu explizieren ist, wird auch auf Grundlage des Partnerbildes (also dem mutmaßlich beim Partner vorhandenen inneren Kontext) getroffen. In Studien konnte gezeigt werden, dass Meta-Wissen (im kontext-orientierten Kommunikationsmodell als Teil des inneren Kontextes) zum Erfolg computergestützter Kommunikationsprozesse beiträgt (vgl. hierzu insbesondere Kapitel 4). Die Auswertung dieser Studien legt eine Unterteilung in sechs verschiedene Kategorien nahe: Inhaltsbezogenes Meta-Wissen (1) bezieht sich auf die Eigenschaften der Inhalte, die im System abgespeichert sind. Mit Hinblick auf das Kommunikationsmodell bedeutet dies, dass man wissen muss, in welchem Kontext im System abrufbare Wissen entstanden ist und angewendet wurde. Teilnehmerbezogenes Meta-Wissen (2) fragt nach den Kompetenzen und inhaltlichen Schwerpunkten anderer Nutzer. Bei dieser Art von Meta-Wissen ist der Bezug auf das im Kommunikationsmodell thematisierte Partnerbild offensichtlich. Umgekehrt ist auch selbstwirksamkeitsbezogenes Meta-Wissen (3) relevant, bei dem es darum geht, was sich eine Person zutraut: Welchen Wert hat das eigene Wissen für andere und welches Wissen sollte daher kommuniziert werden? Meta-Wissen kann auch auf den Verlauf der Nutzung (4) bezogen sein. Kommunikationsteilnehmer möchten abschätzen können, was mit den eingestellten Inhalten passiert. Hier wurde deutlich, dass bei computergestützten Kommunikationsprozessen die übergeordneten Sozialakte im Sinne des extra-kommunikativen Verhaltens, in das die Kommunikation eingebettet ist, nachvollziehbar sein müssen. Wenn mehrere Nutzer ihre Inhalte in das Wissensmanagementsystem eingeben, dann muss man sich einigen, wie das Wissen angeordnet bzw. strukturiert wird und wie man es geeignet ausdrückt. Hierzu braucht man gemeinsames strukturierungsbezogenes Meta-Wissen (5). Für kooperationsbezogenes Meta-Wissen (6) ist es erforderlich, dass eine Übereinkunft zwischen den Kommunikationspartnern besteht. Hier geht es um das Wissen über Kommunikationsregeln, z. B. wie man auf Anfragen reagiert oder darum, wie die Zusammenarbeit im Team zu optimieren ist. Kooperationsbezogenes Meta-Wissen kann als Teil des gemeinsamen Kontextes verstanden werden, auf den sich die Kommunikationspartner beziehen können. Aus dem kontext-orientierten Kommunikationsmodell resultieren nun Anforderungen an die Gestaltung einer Kommunikationsunterstützung (vgl. Kapitel 2 und Kapitel 4): Enge Verknüpfung von Kommunikationsbeiträgen und Kontext Ergänzung von zusätzlichem Material, das als Kontext gemeint ist, durch alle Kommunikationspartner. Mit dem Material verbundene Metadaten sorgen für die Entwicklung inhaltsbezogenen Meta-Wissens. Flexible Darstellung des Inhalts (Kommunikationsbeiträge und Kontextinformationen), damit jeder Kommunikationspartner auf alle Inhalte zugreifen und die für ihn relevanten Inhalte rezipieren kann. Darstellung der übergeordneten Prozesse und Möglichkeiten der Prozessunterstützung zur Entwicklung des verlaufs-, struktur- und kooperationsbezogenen Meta-Wissens 21

Darstellung von Informationen über Kommunikationspartner zur Entwicklung von Partnerbildern und teilnehmerbezogenen Meta-Wissen 1.2.2 Triadische Kommunikation Das im vorangegangen Abschnitt beschriebene Modell wurde im Rahmen der Forschungsarbeiten zu einem triadischen Modell ausgebaut, das neben den Rollen des Mitteilenden und des Rezipienten auch den Moderator mit einbezieht. Abbildung 3 zeigt den Ausschnitt aus dem erweiterten Modell, der sich auf die Aktivitäten des Moderators bezieht; die Aktivitäten der Kommunikationspartner ist hier in der übergeordneten Aktivität Dialog am unteren Ende der Abbildung zusammengefasst. Der Rollentausch deutet an, dass die Aktivitäten des Moderators auch von den Kommunikationspartnern selbst übernommen werden können. In einer Studie wurde allerdings gezeigt, dass für alle Beteiligten transparent sein muss, wer die Rolle des Moderators innehat (vgl. hierzu insbesondere Kapitel 15), denn alle Beteiligten müssen wissen, was sie von wem erwarten können. Zugleich konnte gezeigt werden, dass Schwierigkeiten entstehen, wenn der Moderator zeitgleich Aktivitäten übernimmt, die eigentlich den Diskussionspartnern vorbehalten sind. In der Literatur wurde betont, dass aus face-to-face Situationen bekannte Aktivitäten der Moderation als Ausgangspunkt für das Design einer Moderationsunterstützung dienen können (Salmon, 2000), dass für den computergestützten Fall aber gleichzeitig die Erarbeitung neuer Strategien und Aktivitäten notwendig sei (Collison, 2000). Dies konnte im Rahmen der durchgeführten Studien besonders für die asynchrone Kommunikation bestätigt werden. Zusätzlich legten die Studien eine Unterscheidung der Aktivitäten nach synchronen und asynchronen Kommunikationsprozessen nahe, da sich abhängig von dieser Eigenschaft unterschiedliche Moderatorenaktivitäten als notwendig erwiesen und unterschiedlich stark von den aus face-to-face Situationen bekannten Aktivitäten unterschieden. Die Aktivitäten in asynchronen Situationen sind in Kapitel 14 dokumentiert, die Aktivitäten in synchronen Situationen in Kapitel 15. Abbildung 3 gibt einen Überblick über die Aktivitäten eines Moderators. Grob unterteilen sich die Aktivitäten eines Moderators computergestützter Kommunikationsprozesse in Vorbereiten, Begleiten und Zusammenfassen (Hmelo-Silver, 2002). Im Rahmen der Vorbereitung ist in computergestützten Situationen die Struktur des Kommunikationsprozesses zu planen. In synchronen Situationen empfiehlt sich dazu eine Liste von Tagesordnungspunkten als Strukturierungshilfe, in asynchronen Situationen eine Übersicht über die Aktivitäten, die der Moderator plant. Während des eigentlichen Kommunikationsprozesses wird eine Diskussion zunächst vom Moderator eröffnet. In den Studien konnte kein Unterschied zwischen einem Einstieg durch eine Frage, eine Aussage oder eine Meinungsäußerung festgestellt werden. Es zeigte sich allerdings, dass für eine hohe Beteiligung am Kommunikationsprozess in synchronen Situationen die Aufmerksamkeit der Teilnehmer auf diesen Beitrag zu lenken ist. Dazu bietet sich die Nutzung der Rederechtsvergabe (vgl. Abschnitt 1.5.2): der Moderator gibt wenigen Nutzern das Rederecht, damit sie sich auf die neu hinzukommenden Beiträge konzentrieren können und nicht mit der Produktion eigener Beiträge beschäftigt sind. In asynchronen Situationen müssen für eine hohe Beteiligung detaillierte Hinweise gegeben werden, welche Reaktionen bis wann von den Teilnehmern erwartet werden. 22