Ärztliche Psychotherapie für bestimmte Patientengruppen

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98 6 Stellenwert der Ärztlichen Psychotherapie für spezielle psychotherapeutische Verfahren sollte grundsätzliche ärztliche Fähigkeit werden. Das bedingt, die wichtigen, auch neueren Verfahren (nicht nur Grundorientierungen wie VT und TP) zu kennen. Darüber hinaus kommentierten sieben Psychologische Psychotherapeuten die Fragestellung; hier beziehen sich die Aussagen eher auf das Verhältnis zu Ärztlichen Psychotherapeuten oder eigene Arbeitsbedingungen; z. B. Ich sehe nicht, dass Ärztliche Psychotherapie hier grundsätzlich Psychologischer Psychotherapie über- oder unterlegen wäre!, Nach meiner 25-jährigen Erfahrung sind die Bereiche Selbsterfahrung und Supervision im ärztlichen Kontext nur in Spurenelementen vorhanden mit allen sich leider daraus ergebenden Konsequenzen, oder: Für die medikamentöse Behandlung müsste sich die Ausbildung der Psychologen ändern. Ärztliche Psychotherapie für bestimmte Patientengruppen Im 2. Fragenkomplex ging es zunächst in 15 Items um die Frage, ob Ärztliche Psychotherapie für bestimmte Patientengruppen als erforderlich, wünschenswert oder verzichtbar angesehen wird. An Angaben erfolgten hierzu aus Süddeutschland und dem Münsterland jeweils zwischen 151 und 154, d. h. 10 bis 13 Therapeuten antworteten nur auf einzelne dieser Fragen bzw. gar nicht. Das Ergebnis ist hier eindeutig: Ärztliche Psychotherapie wird durchweg als wünschenswert betrachtet. Leichte Tendenzen zur Verzichtbarkeit gibt es bei schwierigen Patienten (n = 47; 31 %) und Traumatisierung ohne Körperverletzung (n = 61; 40 %), eine noch stärkere Tendenz bei Belastungen ohne medizinischen Kontext (n = 82; 53 %). Zumindest die letzten beiden Patientenkategorien lassen vermuten, dass für die Indikation Ärztlicher Psychotherapie körperliche Versehrtheit eine größere Rolle spielt. Dieses durchschnittliche Ergebnis ( wünschenswert ) setzt sich zusammen aus den gegensätzlichen Einschätzungen der Mediziner und der Psychologen und wird in Tabelle 6-4 veranschaulicht. Bei den Medizinern ergibt sich bei Betrachtung derselben Fragen ein jeweils deutlich höherer Mittelwert, was bedeutet, dass sie Ärztliche Psychotherapie eher für erforderlich als nur wünschenswert halten. Insbesondere bei psychotischer Störung (n = 75; 63 %), zusätzlicher organischer Erkrankung neben der psychischen Störung (n = 69; 58 %), gleichzeitiger psychopharmakologischer Behandlung (n = 70; 58 %), psychischen Faktoren bei organischer Erkrankung (n = 67; 56 %), und psychoonkologischen Fragestellungen (n = 63; 53 %) ist dies der Fall. Bei den übrigen Patientengruppen ist Ärztliche Psychotherapie für die Mediziner ebenfalls wünschenswert, und eine auffallende Tendenz zur Verzichtbarkeit zeigt sich bei Traumatisierung ohne Körperverletzung (n = 37; 31 %) und Belastungen ohne medizinischen Kontext (n = 54; 45 %). Die Psychologen halten dagegen Ärztliche Psychotherapie bei den meisten Patientengruppen für eher verzichtbar. Eine Tendenz zu wünschenswerter ärztlicher Behandlung zeigt sich nur bei psychoonkologischen Fragestellun-

6.1 Befragung Niedergelassener 99 Tab. 6-4 Gesamtergebnis (Psychotherapeuten aus Gesamtdeutschland) der Fragen 1 bis 15 des 2. Fragenkomplexes 2. Fragenkomplex: Der Ärztliche Psychotherapeut ist für Patienten...... die ein organisches Störungskonzept haben... die unter organischen Erkrankungen neben der psychischen/ psychosomatischen Störung leiden... die unter psychischen Faktoren, die auf eine organisch definierte Erkrankung einwirken, leiden... die in der Interaktion schwierig / schwer zu führen sind... bei psychoonkologischen Fragestellungen... bei schizophrenen oder anderen psychotischen Störungen... bei psychosomatischen Störungen bei gleichzeitiger psychopharmakologischer Behandlung Min. * Max. * Angaben (n) Mittelwert Modal- gültig fehlend * wert * 153 11 1,27 1 0 2 151 13 1,43 2 0 2 152 12 1,40 2 0 2 152 12 0,88 1 0 3 152 12 1,38 2 0 2 153 11 1,43 2 0 2 154 10 1,30 2 0 3 152 12 1,44 2 0 2... bei hirnorganischen Störungen 154 10 1,29 1 0 2... bei (rezidivierender) Suizidgefährdung 153 11 1,22 2 0 2... bei akut Traumatisierten 154 10 1,36 2 0 2 mit KV... bei akut Traumatisierten 154 10 0,86 0 0 2 ohne KV... nach Belastungserfahrungen 154 10 1,07 1 0 2 mit medizinischem Kontext... nach Belastungserfahrungen 154 10 0,56 0 0 2 ohne medizinischen Kontext... bei sonstigen Patientengruppen 160 4 1,00 1 0 2 * Erläuterung der Zahlenwerte: 0 = verzichtbar; 1 = wünschenswert; 2 = erforderlich

100 6 Stellenwert der Ärztlichen Psychotherapie gen (n = 15; 48 %), psychischen Faktoren bei organischer Erkrankung (n = 13; 42 %), zusätzlicher organischer Erkrankung neben der psychischen Störung (n = 12; 40 %) und insbesondere bei hirnorganischen Störungen. Bei Traumatisierung mit Körperverletzung halten Psychologen Ärztliche Psychotherapie gleichermaßen für verzichtbar (n = 13; 42 %) wie auch für erforderlich (n = 10; 32 %). Dasselbe gilt für psychotische Störungen und psychopharmakologische Mitbehandlung : verzichtbar sagten zwölf (39 %) bzw. elf Psychologen (37 %), erforderlich sagten zehn (32 %) bzw. zwölf Psychologen (40 %). Durchschnittlich ergibt dies zwar jeweils ebenfalls eine wünschenswerte Beteiligung der Ärztlichen Psychotherapeuten, allerdings sind hier die konträren Einstellungen der Psychologen auffällig, die es bei den Medizinern nicht in dieser Form gibt. Bei Belastungen ohne medizinischen Kontext (n = 20; 65 %), schwierigen Patienten (n = 25; 78 %) und Traumatisierungen ohne Körperverletzung (n = 24; 77 %) halten die Psychologen eine Tendenz hierzu zeigt sich ebenfalls bei den Medizinern Ärztliche Psychotherapie am ehesten für verzichtbar. Bei Item Nr. 15, wo im Freitext eine weitere Patientengruppe eingegeben und eine Bewertung abgegeben werden konnte, gab nur einer an, dass er bei der Transplantation von Organen Ärztliche Psychotherapie für erforderlich hält. In den weiteren 15 Items des 2. Fragenkomplexes ging es ausschließlich um die Behandlung von Kindern. Einige Therapeuten hielten sich hier eine Beantwortung zurück, mit der Begründung, selber keine Kinder zu behandeln und daher kein Urteil abgeben zu können. Es antworteten dennoch jeweils zwischen 146 und 151 Therapeuten. Es zeigt sich wie auch schon bei den vorangegangenen Items eine Tendenz zur Mitte, die wiederum aus unterschiedlichen Einstellungen von Medizinern und Psychologen resultiert. Insgesamt werden Ärztliche Psychotherapeuten für am notwendigsten in der Behandlung von anorektischen Patienten mit vitaler Gefährdung (n = 107; 71 %) und bei psychopharmakologischer Behandlung (n = 100; 69 %) gehalten. Bei allen anderen Items ist die Verteilung der Antworten weniger eindeutig, es zeigen sich allenfalls deutliche Tendenzen, z. B. bei Patienten mit einer Körperbehinderung, chronischen körperlichen Erkrankungen, Traumatisierung mit Körperverletzung, Suchterkrankungen und somatoformen Störungen des Kindes- und Jugendalters wird Ärztliche Psychotherapie von jeweils mindestens 64 % der Befragten als ziemlich oder sehr notwendig befunden. Im Gesamtdurchschnitt findet sich zu keinem Item die Bewertung, Ärztliche Psychotherapie sei wenig oder nicht gefragt. Die genauen Zahlen finden sich in Tabelle 6-5. Durchweg positiv fällt erwartungsgemäß auch die Bewertung in der Gruppe der Mediziner aus. Hier findet sich als durchschnittlich negativste Einschätzung, Ärztliche Psychotherapie sei teils, teils notwendig. Dies ist der Fall bei den Items bezüglich Patienten mit Intelligenzminderung, Teilleistungsstörung und Traumatisierung ohne Körperverletzung. Für besonders gefragt halten Mediziner Ärztliche Psychotherapie bei Anorexia nervosa mit vitaler Gefährdung (n = 96; 80 %), psychopharmakologischer Behandlung (n = 89;

6.1 Befragung Niedergelassener 101 76 %) und psychoonkologischen Fragestellungen (n = 74; 62 %). Aber auch bei Anorexia nervosa ohne vitale Gefährdung, Suchterkrankungen, chronischen körperlichen Erkrankungen, Traumatisierung mit Körperverletzung Tab. 6.5 Gesamtergebnis (Psychotherapeuten aus Gesamtdeutschland) der Fragen 16 bis 30 des 2. Fragenkomplexes 2. Fragenkomplex: Ärztliche Kompetenz in der Psychotherapie von Kindern und Jugendlichen ist besonders gefragt... Min. * Max. * Angaben (n) Mittelwert Modal- gültig fehlend * wert *... in der Kleinkindbehandlung 151 13 0,40 2-2 2... in der Eltern-Kind-Behandlung 150 14 0,26 0/1-2 2 unter 5 J.... in der Eltern-Kind-Behandlung 151 13 0,15 0-2 2 über 5 J.... bei Körperbehinderung 151 13 0,60 1-2 2... bei Intelligenzminderung 151 13 0,10 0-2 2... bei Teilleistungsstörung 150 14 0,03 0-2 2... bei Anorexia nervosa 151 13 1,49 2-2 2 mit vitaler Gefährdung... bei Anorexia nervosa 151 13 0,52 1-2 2 ohne vitale Gefährdung... bei Suchterkrankungen 151 13 0,82 2-2 2... bei psychopharmakologischer 146 18 1,44 2-2 2 Behandlung... bei psychischen Problemen 150 14 0,99 2-2 2 von chronisch körperlich Erkrankten... bei akuten Traumatisierungen 150 14 0,99 2-2 2 mit KV... bei akuten Traumatisierung 150 14 0,03 0-2 2 ohne KV... bei somatoformen Störungen 150 14 0,93 2-2 2 des Kindes- und Jugendalters... bei psychoonkologischen Fragestellungen in der Kinderonkologie 149 15 1,11 2-2 2 * Erläuterung der Zahlenwerte: -2 = stimmt nicht; -1 = stimmt wenig; 0 = stimmt teils, teils; 1 = stimmt ziemlich; 2 = stimmt sehr

102 6 Stellenwert der Ärztlichen Psychotherapie und somatoformen Störungen findet der Großteil der Mediziner (jeweils mehr als 75 %) Ärztliche Psychotherapie mindestens ziemlich gefragt. Bei den befragten Psychologen zeigt sich wiederum ein gegenläufiger Trend. Ausschließlich bei drei Items finden sich überhaupt zustimmende Bewertungen zur Ärztlichen Psychotherapie, bei zwei davon sogar recht deutlich: Anorexia nervosa mit vitaler Gefährdung und psychopharmakologische Behandlung sehen 62 % (n = 18) bzw. 64,3 % (n = 18) am ehesten in Verbindung mit Ärztlicher Psychotherapie, sie halten sie in diesen Fällen für ziemlich gefragt. Bei allen übrigen Items zeigen sich eher Tendenzen zur Verzichtbarkeit von Ärztlicher Psychotherapie, bei den meisten zwar nur milde, aber recht deutlich befinden die Psychologen sie bei Teilleistungsstörung (n = 12; 41 %), Eltern-Kind- Behandlung unter/über fünf Jahren (n = 13; 45 % bzw. n = 14; 48 %), Anorexia ohne vitale Gefährdung (n = 14; 48 %) und insbesondere bei Traumatisierung ohne Körperverletzung (n = 18; 62 %) für nicht gefragt. Wenn auch die Einschätzungen der Mediziner und Psychologen z. T. deutlich auseinander gehen, findet sich bezüglich Anorexia nervosa mit vitaler Gefährdung und psychopharmakologischer Behandlung zumindest eine Übereinstimmung des Großteils der Befragten darin, dass Ärztliche Psychotherapie hier mindestens als ziemlich, wenn nicht sogar als sehr wesentlich gilt. Die Antworten aus Süddeutschland und dem Münsterland ähneln sich so weit, dass auf eine gesonderte Darstellung der einzelnen Daten hier wie für den Erwachsenenbereich verzichtet werden kann. Neun Mediziner kommentierten die Fragestellung, allerdings individuell, sodass hier nur beispielhaft einige Zitate aufgeführt werden: Bei somatischer Komorbidität und bei Behandlung mit Psychopharmaka kann ein Ärztlicher Psychotherapeut die Fragen des Patienten hinsichtlich der somatischen Erkrankungen bzw. Nebenwirkung des Medikaments in die Psychotherapie mit einbinden ; Es ist alles eine Frage der Motivation des Patienten ; und Der Fragebogen schließt Psychologische Psychotherapeuten aus und ist damit tendenziös. Die Erfahrung des Psychotherapeuten liegt nicht an der Grundausbildung, sondern an individuellen Fort- und Weiterbildungen. Ich halte den Ärztlichen Psychotherapeuten für Patienten für ebenso wichtig wie den Psychologischen Psychotherapeuten oder den Psychosomatiker oder den Psychiater. Bei den ebenfalls neun Psychologen-Kommentaren bezieht sich knapp die Hälfte allein auf den 2. Fragenteil mit der jeweiligen Bemerkung, hier sei eine Einschätzung nicht möglich, weil der entsprechende Therapeut nicht mit dieser Patientengruppe arbeite. Die restlichen vier Psychologischen Psychotherapeuten äußern sich zur Zusammenarbeit zwischen Medizinern und Psychologischen Psychotherapeuten bzw. deren Arbeitsweisen wie z. B.: Ärztliche Kompetenz ist m. E. nicht IN, aber oft NEBEN der Psychotherapie gefragt! oder Psychotherapeutische Verfahren werden von Ärztlichen oder Psychologischen PT gleichermaßen angewandt. Doch in manchen Fällen ist medizinisches Wissen von Vorteil.