"Das Parfum" und das Böse

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Transkript:

Martina Jansen "Das Parfum" und das Böse Patrick Süskinds Protagonist Jean Baptiste Grenouille Diplomica Verlag

Martina Jansen "Das Parfum" und das Böse: Patrick Süskinds Protagonist Jean Baptiste Grenouille ISBN: 978-3-8428-3414-9 Herstellung: Diplomica Verlag GmbH, Hamburg, 2012 Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtes. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Die Informationen in diesem Werk wurden mit Sorgfalt erarbeitet. Dennoch können Fehler nicht vollständig ausgeschlossen werden und der Verlag, die Autoren oder Übersetzer übernehmen keine juristische Verantwortung oder irgendeine Haftung für evtl. verbliebene fehlerhafte Angaben und deren Folgen. Diplomica Verlag GmbH http://www.diplomica-verlag.de, Hamburg 2012

Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung... 7 2 Grenouille das Genie... 11 2.1 Grenouilles Geruchswelt... 11 2.2 Die Kunst eines Genies... 14 2.3 Identitätsverlust durch Geruchlosigkeit... 17 3 Grenouille der Mörder... 21 4 Grenouille Das Monster... 25 4.1 Das Animal... 25 4.2 Der Teufel... 28 4.3 Grenouilles Menschwerdung... 31 5 Grenouille - der böse Gott... 37 5.1 Apotheose des omnipotenten Gottes der Düfte... 37 5.2 Weitere mythologische Anklänge... 41 5.3 Ein Anti-Messias?... 44 6 Die übrigen Figuren... 49 6.1 Die ersten Bezugspersonen... 49 6.2 Giuseppe Baldini und der Marquis de la Taillade-Espinasse... 51 6.3 Antoine Richis und andere Personen in Grasse... 55 7 Ursprung des Bösen... 59 7.1 Ein Scheusal auf der Suche nach Liebe... 59 7.2 Mitleid mit dem Scheusal... 63 8 Deutungsmöglichkeiten... 67 8.1 Macht und Massenwahn als politische Lesart... 67 8.2 Das Parfum als Roman der Postmoderne... 69 9 Schlusswort... 73 10 Literaturverzeichnis... 75

1 Einleitung Im Jahre 1985 kam ein Bestseller über die Geschichte eines Scheusals auf den Markt, dessen erste Auflage sich innerhalb weniger Monate 100.000 mal verkaufte und der noch heute, 25 Jahre später, mit Begeisterung und großer Faszination gelesen wird. Der deutschsprachige Roman wurde in über 20 Sprachen übersetzt und bis heute weltweit über 15 Millionen Mal verkauft. Es handelt sich um Das Parfum. Die Geschichte eines Mörders, einen Roman des Autors Patrick Süskind, über den wir auf Grund seiner Öffentlichkeitsscheu sehr wenig wissen. Nach langem Zögern hat dieser im Jahre 2001 dem Regisseur Bernd Eichinger die Filmrechte des Romans zugewilligt und somit ermöglicht, dass fünf Jahre später Das Parfum auch zu einem Kinoerfolg mit Starbesetzung geworden ist, der 5,5 Millionen Kinobesucher verzeichnen konnte. Auch in den Deutschunterricht hat der Roman Eingang gefunden und gehört heute zum Lehrplan der Sekundarstufe II. Zum großen Erfolg des Romans, in dessen Rezeptionsgeschichte kritische Stimmen eine Seltenheit darstellen, trägt vor allem die besondere Faszination bei, die von ihm ausgeht. Inhaltlich sowie stilistisch hat Süskind hier ein Meisterwerk geschaffen, dessen Erzähler den Leser an die Hand nimmt und nicht nur in das Frankreich des 18. Jahrhunderts entführt. Denn neben aller eindringlichen und im historischen Mantel auftretenden Beschreibung der Handlungsorte steht hier ein Protagonist im Mittelpunkt, dessen Lebenswelt und Werdegang in ganz spezieller Weise faszinieren. Jean Baptiste Grenouille ist Scheusal, Mörder, Geruchsgenie, größter Parfumeur aller Zeiten, Animal, Teufel und zugleich ein Mensch, dessen Suche nach Liebe in der Welt von Anfang an zum Scheitern verurteilt ist. Diese Vielschichtigkeit der zentralen Figur spiegelt auch die Vielzahl der Genres wider, die der Roman in sich vereint. Es lassen sich hier ohne weiteres Elemente verschiedenster Stile finden, derer sich der Autor bedient, um sein postmodernes Werk so wirkungsvoll zu komponieren. Nicht zuletzt ermöglicht diese Vielschichtigkeit, unter der die Homogenität des Romans keinesfalls leidet, den großen Erfolg bei den Lesermassen. Eng verknüpft mit dem Protagonisten steht im Roman besonders seine einzigartige Geruchswelt im Vordergrund, die Süskind handwerklich äußerst gekonnt in Szene setzt. Das Parfum ist ein Roman, dessen Titel bereits dazu einlädt, in eine außergewöhnliche Geruchswelt einzutauchen und dessen Autor es schafft, die Welt durch die Nase eines 7

Geruchsgenies olfaktorisch-bildlich darzustellen. Genau diese spezielle Technik, mit der Süskind die Olfaktorik in Worte fasst, erlaubt dem Leser den Eingang in die Lebenswelt eines Protagonisten, dessen Ambiguität zwischen Abscheulichkeit und Genialität fasziniert und zugleich Fragen aufwirft. Angelehnt an literarische Vorbilder, die von Hugos Quasimodo, über Camus Etranger, bis hin zum Märchen des Froschkönigs reichen, stellt Grenouille, der Mensch mit dem absoluten Geruchssinn und der eigenen Geruchlosigkeit, eine besonders interessante Figur dar, deren Charakteristik und Entwicklung entscheidend sind für das Verständnis des gesamten Romans. Grenouille ist böse. An dieser Tatsache besteht kein Zweifel, schließlich bringt er jungfräuliche Mädchen um, um aus ihnen das verführerischste Parfum aller Zeiten herzustellen und die Menschen damit zu beherrschen. Doch diese Bösartigkeit ist keine simple, sondern komplex und vom Autor aus vielen, sehr verschiedenen Elementen konzipiert. Eine große Rolle spielen dabei Anklänge an Religiosität und Mythologie, die Grenouille nicht nur als Teufel oder Bacchus erscheinen lassen, sondern auch die Vermutung nahe legen, dass er einen Gegenentwurf zum christlichen Messias darstellen soll und somit als eine Art Anti-Messias und Parodie auf den christlichen Heilsbringer fungiert. Eine weitere Frage, die in der Literatur auf unterschiedliche Weise beantwortet wird, ist die nach dem Ursprung von Grenouilles Bösartigkeit. Ist er von Grund auf böse, also als Teufel geboren, oder aber macht sein Umfeld ihn zu dem, was er am Ende ist? Die Antwort auf diese Frage ist entscheidend für die gesamte Deutung des Romans. Mit dieser Arbeit möchte ich die Figur des Jean Baptiste Grenouille in ihrer Vielschichtigkeit untersuchen und damit ihre Funktion für Süskinds Roman herausarbeiten. Dabei werden vor allem das Böse an und in der Figur und dessen Ursprung von Interesse sein. Zunächst sollen die Genialität des Geruchsmenschen Grenouille und seine Kunst sowie sein Identitätsverlust durch die eigene Geruchlosigkeit genauer behandelt werden. Daraufhin wird der Protagonist als Mörder und Monster analysiert werden, was eine nähere Betrachtung des Bösen, Teuflischen und Animalischen an ihm beinhaltet. Schließlich werden Grenouille als böser Gott und seine Apotheose im Zentrum der Analyse stehen und die Frage nach seiner eventuellen Funktion als Anti-Messias untersucht werden. Auch auf die Funktion der übrigen Figuren im Roman und ihre Beziehung zum Protagonisten werde ich eingehen, um später die Frage beantworten zu können, ob die Bösartigkeit Grenouilles von Grund auf besteht, er also das typisch Böse 8

verkörpert, oder ob man ihn als Opfer der Gesellschaft ansehen muss. Zum Schluss dieser Arbeit soll dann noch einmal auf die Vielzahl der Deutungsmöglichkeiten des (postmodernen) Romans eingegangen werden, die sich aus der Analyse Grenouilles ergeben haben. 9

2 Grenouille das Genie Jean-Baptiste Grenouille ist eine Figur, die sich durch die ganz besondere Fähigkeit auszeichnet, Gerüche wahrzunehmen wie kein Anderer. Aus Entfernungen von Kilometern kann er Gerüche orten, kann Dinge finden und erkennen, nur indem er sie erriecht. Ohne Zweifel ist er ein Geruchsgenie, besitzt eine fantastische und einzigartige Begabung, die ihn von den übrigen Figuren des Romans deutlich abgrenzt. Ein Genie zeichnet sich aber nicht nur durch eine besondere Fähigkeit aus, sondern ist zugleich ein Künstler, der Einzigartiges schafft. Auch ein solcher ist Grenouille, der größte Parfumeur aller Zeiten (S. 58) 1 ; dessen ist er sich stets bewusst. Es ist sein genialischer Anspruch, einen übermenschlichen, einen Engelsduft (S. 198) zu kreieren, der alles andere übertrifft. Patrick Süskind hat mit dieser Konzeption seines Protagonisten sprachlich ein einzigartiges modernes Werk geschaffen und gleichzeitig an den Geniekult des Sturm und Drang angeknüpft. 2.1 Grenouilles Geruchswelt Das Paris des 18. Jahrhunderts wird uns bereits zu Beginn des Romans in aller Anschaulichkeit als stinkendster Ort Frankreichs vorgestellt. Am 17. Juli 1738 wird auf dem Fischmarkt beim Cimetière des Innocents in Paris, ausgerechnet dem allerstinkendsten Ort des gesamten Königreichs (S. 7), ein Kind geboren, das einen einzigartigen Geruchssinn besitzt. Noch ehe wir von dieser Fähigkeit erfahren, versetzt uns der Autor in diese geruchsdominierte Welt, die die Erlebenswelt Grenouilles bestimmt. Bereits als Kind ist dieser anders als die anderen Kinder. Schon Pater Terrier, der eine neue Amme für den Säugling finden soll, kommt es vor, als sehe ihn das Kind mit seinen Nüstern (S. 23). Grenouilles Augen scheinen nicht viel wahrzunehmen, doch der Geruchssinn übernimmt ihre sehende Funktion. Im Waisenhaus Madame Gaillards beginnt er, verschiedenste Gerüche in sich aufzunehmen und zu benennen. Die Sprache bereitet ihm jedoch Schwierigkeiten - er spricht das erste Wort erst mit vier Jahren (vgl. S. 31). Allein die Absicht, Gerüche benennen zu können, lässt Grenouille sprechen lernen, indem er zunächst nur Begriffe sammelt, die riechende Gegenstände bezeichnen. Abstrakta bereiten ihm hingegen Schwierigkeiten, was nicht nur ein Zeichen für 1 Süskind, Partick: Das Parfum. Die Geschichte eines Mörders. Zürich: Diogenes 1994. Im Folgenden werde ich alle Seitenangaben aus dem Roman in Klammern hinter dem Zitat vermerken. 11