3. Fachtagung Sozialmanagement Der Ruf nach Wirkung : Eine Anforderung für das Management in der Sozialen Arbeit? Dr. Michael Weber: Wirkung als Anforderung an das Management in der Behindertenhilfe 26.09.2012, Fachhochschule Münster hpz Heilpädagogisches Zentrum Hochbend 21 Telefon: 0 21 56 / 48 01-0 Krefeld Kreis Viersen ggmbh 47918 Tönisvorst Telefax: 0 21 56 / 48 01-22 www.hpz-krefeld-viersen.de
Vorstellung: Dr. Michael Weber / Heilpädagogisches Zentrum Krefeld - Kreis Viersen ggmbh Diplom-Verwaltungswissenschaftler (Universität Konstanz, 1987), Dr. rer. publ. (Deutsche Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer, 1994), Seit 2008 Geschäftsführer der Heilpädagogischen Zentrums Krefeld - Kreis Viersen ggmbh (HPZ). Heilpädagogische Zentrum Krefeld -Kreis Viersen ggmbh Gründung 1971 mit Sitz in Tönisvorst Auftrag: Menschen mit Behinderungen in betreuten Werkstätten eine angepasste Arbeit zu ermöglichen. Das HPZ ist eine Komplexeinrichtung für Menschen mit Behinderungen. 2.000 Werkstattplätze 9 Standorte heilpädagogische Kindertagesstätte mobile Frühförderung interdisziplinäre Frühförderungen 2
Vortragsinhalte 1) Wirkungsorientierte Steuerung zwischen Management und Fachlichkeit 2) Inklusion als Ausgangspunkt der Diskussion in der Eingliederungshilfe 3) Ergebnisse einer Studie zur Messung des SocialReturn on Investment (SROI I-IV) von Werkstätten für behinderte Menschen 4) Projektskizze zur Weiterentwicklung des SROI V 5) Sozialbilanz als Instrument eines wirkungsorientierten Controllings 3
Wirkungsorientierte Steuerung zwischen Management und Fachlichkeit (1) Managementperspektive: Nachweise erbringen, ob und in welchem Ausmaß vorgegebene Ziele erreicht wurden. (2) Perspektive der Fachlichkeit: Empirische Forschung leisten, was eine Hilfeform wirksamer macht. (3) Verknüpfung der Perspektiven 1 und 2: Durch welche Haltungen, durch welche Methoden und durch welche Strukturen Organisationen werden Bedingungen schaffen, unter denen fachlich erfolgreich gehandelt werden kann? 4
Inklusion als normatives Konzept Die Unterscheidung Exklusion/Inklusion hat im politischen Diskurs ein hohes Verführungspotential. Sie ist so einfach gebaut, dass sie die Unterscheidung Problem/Lösung gleich mit abbildet. (Nassehi) So kann ein hypnotisches rhetorisches Regime der Alternativlosigkeit entstehen (Sloterdijk). Ein solches Regime folgt einer totalitären Logik, die das Ausmerzen ihres Gegenteils, Entdifferenzierung und letztlich Einheitlichkeit verlangt. 5
Inklusion als empirisches Konzept Inklusion sollte kein normatives Konzept mit Aufforderungscharakter sein und sich auch nicht im politisch-utopischen Raum bewegen ( unbeschränkter Zugang für alle zu allen gesellschaftlichen Bereichen ). Stattdessen sind vielfältige, empirisch fassbare Inklusionsprofile denkbar, die unterschiedliche Grade an gelingender Individualität (Lebensqualität), auch und gerade für Menschen mit Behinderungen, ermöglichen. Organisationen und ihre institutionellen Arrangements können darauf hin untersucht werden, ob sie einen Beitrag zu gelingender Individualität und Lebensqualität liefern. 6
Berechnung des SROI für Werkstätten am Niederrhein 7
Messbarkeit von Wertschöpfung Vorleistungssystem Leistungssystem Abnehmersystem Nutzen / Wirkung Transaktionswert (Kaufpreis) Vorleistungen (Kosten) Entgelte für Produktionsfaktoren (Kosten) für Löhne, Mieten, Abschreibungen etc. Bekannte unternehmensbezogene Unbekannte kundenbezogene Herstellungspreis Wertschöpfung 8
Die SROI-Perspektiven Die Werkstätten erhalten jährlich sehr viel Geld aus Steuermitteln. Aber: Nicht jeder Euro ist verbraucht (Transferanalysen) xit GmbH 2011 9
Die Perspektive SROI 1 - Institutionelle Transfers 10
Die Perspektive SROI 2 Individuelle Transfers 11
Die Perspektive SROI 4 -Regionalökonomische Wirkung Mitarbeiter (Köpfe) 2.062 induzierte Arbeitsplätze 2.782 Regionale fiskalische Effekte 14,8 Mio Direkte und induzierte Löhne und Gehälter 112,3 Mio Nachfrage 86,8 Mio 12
Die Perspektive SROI 3 Opportunitätserträge Ein Werkstattplatzkostet die Öffentliche Hand pro Jahr im Schnitt 10.700 (Nettokosten aus SROI 1). Gäbe es die Werkstätten nicht, müsste für jeden Werkstattbeschäftigten eine Alternative gefunden werden, wie und wo er oder sie den Tag verbringt. Bleibt er oder sietagsüber zu Hause, muss die Öffentliche Hand pro Jahr etwa 13.400 bezahlen und erhält ca. 2.700 zurück. Nettokosten: 10.700 Besucht er oder sie eine Tagesstruktur-Einrichtung, muss die Öffentliche Hand etwa 17.000 aufbringen und erhält ca.7.600 zurück. Nettokosten: 9.300 Arbeitet er oder sie in einer Integrationsfirma, muss die Öffentliche Hand etwa 35.000 bezahlen und erhält ca. 19.000 zurück. Nettokosten: 16.000 Würden nur die leistungsstärksten 20% der Beschäftigten die Werkstatt verlassen, um in einer Integrationsfirma arbeiten, würden die Nettokosten in der Integrationsfirma pro Person auf 1.250 sinken, aber für einen Werkstattplatz auf 11.900 steigen. Nettokosten im Schnitt: 9.800 13
Opportunitätskosten und Teilhabe Opportunitätskosten und Teilhabe Teilhabehöher als in WfbM Grundsätzlich anzustreben Integrationsfirma Integrationsfirma (20%) WfbM gesellsch. 8.000 Nettokosten 6.000 4.000 höher als WfbM 2.000 - -2.000-4.000-6.000-8.000 gesellsch. -10.000 Nettokosten -12.000 niedriger als WfbM WfbM (80%) Tagesstruktur Grundsätzlich zu vermeiden Eltern/Wohngruppe Teilhabegeringer als in WfbM 14
Projekt zur Entwicklung eines SROI 5 Entwicklung einer SROI 5 Kennzahl unter Mitwirkung der xitgmbh, Lebenshilfe Heinsberg e. V., Heilpädagogisches Zentrum Krefeld - Kreis Viersen ggmbh. Projektlaufzeit: bis Frühjahr 2013 15
Projektidee Teilhabematrix (vgl. SROI III) wird zu einer Lebensqualitätsmatrix umfunktioniert. Lebensqualität steht für den Personenkreis von Menschen mit Behinderung in direktem Zusammenhang mit der personenbezogenen Dienstleistung in der WfbM. Technische Adaption von WIMES (web-basierte Anwendung zur integrierten Fallsteuerung und Wirkungsevaluation bei Hilfen zur Erziehung). 16
Leitideen für das Lebensqualitätskonzept / SROI V Die zu messende Lebensqualität ist die vom behinderten Menschen in der Werkstatt erlebte Lebensqualität (individuelles Setting zwischen verschiedenen Zeitpunkten einer Maßnahme in einer konkreten Organisation). Kein Sonderansatz für Menschen mit Behinderung. Rückgriff auf ein Verständnis von Lebensqualität, das rehabilitationswissenschaftlich (Schalock, Schäfers) fundiert ist und von ökonomisch-volkswirtschaftlichen Ansätzen (Sachverständigenrat) akzeptiert wird. Dimensionierung erfolgt unter Bezugnahme auf den gesetzlichen Auftrag der Eingliederungshilfe ( 136 SGB IX, WVO) Weiterentwicklung der Persönlichkeit. 17
Inhaltliche Ausrichtung: Acht Dimensionen der Lebensqualität werden entlang einer orientierten internationalen Lebensqualitätsforschung entwickelt: Emotionales Wohlbefinden Soziale Beziehungen Materielles Wohlbefinden Persönliche Entwicklung Physisches Wohlbefinden Selbstbestimmung Teilhabe (Inklusion) Rechte 18
Methodische und konzeptionelle Ausrichtung Jede Dimension wird mit Hilfe von beobachten Aspekten der Lebensqualität bestimmt (Fremdeinschätzung durch Leistungserbringer). Subjektive Bewertung erfolgt i. d. R. durch behinderten Menschen (Gewichtungsfunktion). Skalen müssen geeignet sein, Punktmengen zu generieren, die im Rahmen des SROI als Zeitwährung ausgewiesen werden können, somit auch mit Geld-einheiten in Beziehung gesetzt werden können. Aus Gründen einer Aufwandsminimierung könnten in einem Erhebungszeitpunkt verschiedene Stichproben gewählt werden. System ist so angelegt, dass es perspektivisch Entwicklungsberichte an den Kostenträger ablösen kann. Dessen Mitwirkung - auch bei der Bewertung - wird angestrebt. 19
Sozialbilanz Erhebung von SROI-Kennzahlen im Rahmen der jährlichen Erstellung einer Sozialbilanz, die über eine rein outputorientierte Sozialberichterstattung hinausgeht. Sozialbilanz: Teil der externen Rechnungslegung des Unternehmens und zugleich Instrument des wirkungsorientierten Controllings. Anschluss finden an die betriebswirtschaftliche Tradition eines Social Accouting: Sozialbilanz als Ergänzung zu einer im handelsrechtlichen Jahresabschluss enthaltenen Bilanz. Modell einer Sozialbilanz wird derzeit im Rahmen einer Masterarbeit am Beispiel des Heilpädagogischen Zentrums Krefeld -Kreis Viersen entwickelt (Autor: Tobias Braun Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg). 20