Umwelttracer in Atmosphäre und terrestrischen Systemen

Ähnliche Dokumente
Physikalische Grundlagen der Klimaarchive Eis und Grundwasser

Chemie aquatischer Systeme. Herbstsemester 2013

Mythos der 14 C-Datierung von Grundwasser

Sauerstoffisotope und thermometrische Anwendungen. Einführung in die Isotopengeochemie

PAS I. Inhalt 3. Sitzung. Physik Aquatischer Systeme I. 3. Dichteschichtung ( ) ( ) Salzgehalt und Dichte

Deponien und Isotope WASSER GEOTHERMIE MARKIERVERSUCHE SCHADSTOFFE FILTERTECHNIK LEBENSMITTEL NACHWACHSENDE ROHSTOFFE ISOTOPE

Luftüberschuss im Grundwasser als potentielles Paläoklimaproxy. Werner Aeschbach-Hertig Institut für Umweltphysik Universität Heidelberg

1) Redoxverhältnisse an einer Sediment-Wasser-Grenzfläche in einem Fluss

Tracer in der aquatischen Umwelt

Die chemische Zusammensetzung natiirlicher Gewasser

Tracer in der aquatischen Umwelt Isotope

Schneeball-Erde. Vereisungen im Proterozoikum. Paläogeographie der Vereisungen.

Testat Geochemie 1999

δ Probe = [R Probe /R Standard 1] x 1000 δ 18 Ο Pr = [( 18 O/ 16 O Pr) /( 18 O/ 16 O St ) 1] x 1000

Tracer in der aquatischen Umwelt

Umwelttracer in Atmosphäre und terrestrischen Systemen

Eisbohrkerne - Archive der Klimaforschung

Einführung in die Klimatologie (2) Methoden der Paläoklimatologie

Grundwasser: chemische Vorgänge bei der Infiltration. Redoxprozesse im Grundwasser Transport reaktiver Spezies

7) Anwendungen radioaktiver Strahlung in Wissenschaft und Technik (1) Analytische Anwendungen (Radiometrische Titration)

Stabile Isotope in der Bodenkunde

Atmosphärische Gase als natürliche Tracer für die Dynamik von Fluss- und Grundwassersystemen

Einführung in die Umweltwissenschaften

Tritium und Radiokohlenstoff in der Umwelt

Bauchemische Grundlagen Reaktionen Säure Base

GRS FACHFORUM. Köln, 15. & 16. Juni Geochemisches Verhalten von Uran in Sedimentgesteinen am Standort Ruprechtov

Der globale Kohlenstoffkreislauf

Inhaltsverzeichnis 1 Theorie...1

Nitratsanierung WASSER GEOTHERMIE MARKIERVERSUCHE SCHADSTOFFE FILTERTECHNIK LEBENSMITTEL NACHWACHSENDE ROHSTOFFE ISOTOPE

7. Dialog Wasserrahmenrichtlinie und Landwirtschaft Güstrow Jürgen Sültenfuß helis. helium isotopes studies Bremen

Gas im wässrigen Medium

Einführung in die Marinen Umweltwissenschaften

Windrichtung. Innertropische Konvergernz. Äquatorialströme

ph-wert Berechnung starke Säuren z.b. HCl, HNO 3, H 2 SO 4 vollständige Dissoziation c(h 3 O + ) = c(säure)

Chronosequenzstudien in einem alpinen Ökoystem das Vorfeld des Dammagletschers

Hydrochemische System-Modellierung - Master-Kurs - Die Eigendissoziation des Wassers ph -Diagramme, lg c OH. - und lg c OH -Diagramme. K.

Ursachen, Amplituden und Raten langfristiger, natürlicher CO 2 -Schwankungen

Geochronologie/ chem. Geodynamik. UE Planetologie des inneren Sonnensystems WS 2010/11

Im Wein ist Wahrheit... Bestimmung des geographischen Ursprungs mittels Multikomponentenanalyse

Natürliche Methanemissionen aus sedimentären Ablagerungen über geologische Zeiträume

Chemie für Geowissenschaftler. SSem Wiederholungsklausur. Datum

Die thermohaline Zirkulation

Exogene Dynamik. Vorlesung Prof. Dr. Frank Sirocko. Termin: Mittwoch 12:15 13:00 Hörsaal N6. Arbeitsmaterialien

TITEL-FOLIE. 1. Emissionsfaktoren von Holzfeuerungen und 2. Klimaeffekt von Aerosolen aus der Biomasse-Verbrennung. Thomas Nussbaumer.

Physikalische Grundlagen der Klimaarchive Eis und Grundwasser

Physikalische Chemie II (für Biol./Pharm. Wiss.) FS Lösung 7. Musterlösung zum Übungsblatt 7 vom

Unterrichtsmaterialien in digitaler und in gedruckter Form. Auszug aus: Lehrerhandreichungen zu: "Der Kohlenstoffkreislauf"

Arbeitskreis Kappenberg Reaktion von Marmor mit Salzsäure H 02 Computer im Chemieunterricht (Reaktionskinetik) Gravimetrie

Physikalische und Chemische Datierungsmethoden in der Quartär-Forschung

Ittigen-Papiermühle 8. März Jacques Martelain

3. Herkunft von Wässern/Fluiden (hydrothermal, Grundwässer, magmatische, Mantel?) - Mischungen von Wässern

Allgemeine Chemie I Herbstsemester 2011

Absolute Datierungsmethoden. Dr. Gnoyke, Bi-GK 13.1 Methoden zur Altersbestimmung von Fossilfunden

VL Limnochemie

1 Lambert-Beersches Gesetz

Kohlenstoff-Sequestrierung in landwirtschaftlichen Böden: Eine ökonomische Beurteilung. Werner Hediger Institut für Agrarwirtschaft ETH Zürich

Lebensraum - Wasser. Die Bedeutung der Hydrosphäre für das Leben auf der Erde.

Übung 3. Ziel: Bedeutung/Umgang innere Energie U und Enthalpie H verstehen (Teil 2) Verständnis des thermodynamischen Gleichgewichts

Schnellbericht Elbe. Sächsischer Elbe - Längsschnitt. Dresden

Hydrogeochemische Modellierung mit PhreeqC

Hauptsätze der Thermodynamik

Sensitivität von CO 2 COP21 Paris: 1000 Milliarden Spende an Entwicklungsländer für globale Temperaturerniedrigung von 0,05 C

ph-wert Berechnung für starke Säuren / Basen

Natürliche ökologische Energie- und Stoffkreisläufe

Reaktion von Marmor mit Salzsäure (Reaktionskinetik)

Das Edelgas- System ausgewähle Beispiele. UE Planetologie des inneren Sonnensystems WS 2010/11

Musterlösung Übung 4

DEFINITIONEN REINES WASSER

Dynamik der Biosphäre. Definition Biosphäre, Kohlenstoffkreislauf

ISOTOPENUNTERSUCHUNG ZUR KONTROLLE DER ECHTHEIT UND

Konzentrationsbestimmung mit Lösungen

Peter Lemke. Eismassenbilanz und Meeresspiegel. Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung Bremerhaven

Analyse biogener Kalk - Ablagerungen am Dümmer-Ufer. Norbert Nowack. NUVD e.v.

Man sieht sie nicht, man riecht sie nicht Spurenelemente und Isotope im Ozean, Helfer der Klima-Rekonstruktion

Umwelttracer in Atmosphäre und terrestrischen Systemen

Messungen und Modellierung für die regionale Beobachtung von Treibhausgasemissionen

Trinkwassermikrobiologie: Ökologisches Verständnis treibt praktische Anwendungen

0 Einleitung 0.1 Vorbemerkungen

Umwelttracer in Atmosphäre und terrestrischen Systemen

Definition Biosphäre, Kohlenstoffkreislauf

Rb 87 Sr + β - (λ = a -1 ) Nebel et al., 2011: λ = a -1

Prof. Dr. Christian Wolkersdorfer

Chemie der Atmosphäre

Gliederung der Vorlesung

Allgemeine Chemie I (AC) HS 2011 Übungen Serie 6

Lösung 7. Allgemeine Chemie I Herbstsemester Je nach Stärke einer Säure tritt eine vollständige oder nur eine teilweise Dissoziation auf.

Datierung mittels Ungleichgewichten der Uran-Zerfallsreihe Isotopengeochemie und Geochronologie

Bestimmung des Salzgehaltes in Böden

Marine Biosphärendynamik oder Wie bedroht sind die marinen Ökosysteme?

Übersicht. 1 Klimasystem und Klimawandel. 2 Emissionen von Treibhausgasen. 3 Impacts von Klimawandel. Vorlesung 2: Grundlagen 1/33

1 Aufwärmen nach den Ferien

und extraterrestrische Information auf dem Sonnblick Observatorium

Paläolimnologie Einführung. Simone Illig 17. Juni 2010

Physikalische Grundlagen der Klimaarchive Eis und Grundwasser

Hydrogeologie Klausur vom

Nitrat im Grundwasser, ein neues oder ein altes Problem für die Trinkwassergewinnung?

Säureangriff auf die Zähne

Thematische Aufgliederung der Prüfungsfragen

Wasserqualität WQM - Erfassen von Parametern im BAFU

Die Verweildauer des Kohlenstoffs in der Biomasse ist entscheidend

Transkript:

Umwelttracer in Atmosphäre und terrestrischen Systemen 13. 14 C-Datierung (in aquatischen Systemen) Werner Aeschbach-Hertig Institut für Umweltphysik Universität Heidelberg Institut für Umweltphysik Umwelttracer in Atmosphäre & terr. Systemen 13. 14 C-Datierung Universität Heidelberg

Inhalt Allgemeine Prinzipien der 14 C-Datierung Konventionelles 14 C Alter, Kalibration der 14 C-Altersskala Reservoir-Effekte in aquatischen Systemen Anwendungsbeispiele aus dem Ozean Komplikationen der 14 C-Datierung von Grundwasser Die Chemie und Isotopie von Kohlenstoff im Wasser Modelle für das initiale 14 C im Grundwasser Anwendungsbeispiele aus dem Grundwasser Literatur: Mook: Vol. 1, ch. 8 9; Vol. 2, ch. 6; Vol. 4, ch. 5 Clark & Fritz, 1997: ch. 5; ch. 8 Kinzelbach et al., 2002. UNEP Report RS 02-2, ch. 7.

Bildung: Eigenschaften von 14 C - Kosmogen in Atmosphäre durch 14 N(n,p) 14 C - Anthropogen durch Bombentests in Atmosphäre Zerfall: - β - zu 14 N, Halbwertszeit 5730 Jahre, λ = 3.83 10-12 s -1 Isotopenkonzentration (modern): - 14 C/ 12 C = 1.2 10-12 Aktivitätskonzentration (modern): - 14 A = 0.23 Bq/gC Messmethoden: - Low-level Counting - Accelerator Mass Spectrometry (AMS)

Ursprung und Verteilung von 14 C in der Umwelt from Mook, 2001

Grundprinzip der Datierungsmethoden radioactive decay C initial? 3 H, 14 C concentration 39 Ar, 81 Kr t () = A t A e λ 0 time A 0 muss bekannt sein: Bei 14 C problematisch! Verhältnismessung genügt A R = 14 C/ 12 C

Angabe von 14 C-Konzentrationen Doppelt relative Einheiten: - Nicht Aktivitätskonzentrationen in Bq/L usw. - Nicht Verhältnisse 14 R = 14 C/ 12 C zum stabilen Kohlenstoff, bzw. relative Aktivitätskonzentrationen 14 A in Bq/gC - Relative Aktivitätskonz. relativ zu Standardaktivität! Standard: - Aktivität = natürliche "moderne" (1950) 14 C-Aktivität - Definition: 14 A St = 0.95 14 A Ox1 (1950) = 0.7459 14 A Ox2 (1950) (= 13.56 dpm/gc = 0.226 Bq/gC; Ox1, Ox2: Oxalic Acid Standards) Notation: - Als Verhältnis in pmc (% modern carbon): - Als Abweichung in : A 14 14 Pr obe a = 14 ASt 14 14 14 APr obe ASt 14 14 ASt C= = a 1

Konventionelles 14 C-Alter Annahmen, Konventionen: 1. Initiale Aktivität A 0 = Standardaktivität im Jahre 1950 2. 14 C-Aktivität normiert auf "Biomassen" δ 13 C = -25 (Korrektur für Isotopenfraktionierung) 3. Original (Libby) Halbwertszeit von 5568 yr wird verwendet T 12 A Pr oble 14 τ= ln = Alter in C-Jahren vor heute (BP) ln2 A St 1950 (before present = 1950) Fehler durch Punkt 1 und 3 werden nachträglich korrigiert: Kalibriertes 14 C-Alter in Kalenderjahren

Atmosphärisches 14 C: Anthropogene Effekte Suess Effekt (fossile Brennstoffe) Bomben 14 C aus Mook, 2001

Atmosphärisches 14 C: Natürliche Variation aus Clark & Fritz, 1997

Natürliche Variation von 14 C über letzte 50 ka Tree rings Corals Cariaco Sediments aus Hughen et al., 2004, Science 303: 202-207

Kalibration des 14 C-Alters Tree rings Corals Cariaco sediments Lake Suigetsu varves Bahamas speleothems N-Atlantic sediments aus Hughen et al., 2004, Science 303: 202-207

Nicht-Eindeutigkeit des kalibrierten 14 C-Alters aus Mook, 2001

Reservoir-Korrekturen Konventionelles 14 C-Alter setzt voraus, dass C aus Atmosphäre stammt Andere geochemische Reservoire (Wasser!) sind nicht im Gleichgewicht Korrektur für abweichende initiale Aktivität des Reservoirs notwendig Marine Reservoirkorrektur: Marine Organismen verwenden im Ozean gelöstes C um Biomasse (z.b. CaCO 3 -Schalen, Korallen, Knochen, ) zu bilden Kohlenstoff ist in verschiedenen Formen vorhanden (TDIC = Total Dissolved Inorganic Carbon): TDIC = CO 2 (aq) + H 2 CO 3 + HCO 3- + CO 3 2- TDIC ist nicht in umittelbarem Gleichgewicht mit Atmosphäre Großes TDIC-Reservoir, langsamer Austausch, und "upwelling" von älterem C führen zu reduzierter Aktivität: A surf < 100 pmc Typisch (aber variabel!): A surf ~ 95 pmc τ surf ~ 400 yr

Mariner Reservoir Effekt http://radiocarbon.pa.qub.ac.uk/marine/

Süsswasser Reservoir, "Hartwasser" Effekt Wasser kann alte Karbonate (Ca 12 CO 3 ) auflösen Hartes Wasser (viel CaCO 3 ) kann A TDIC << 100 pmc haben Effekt hängt von Geologie ab (Vorkommen von Karbonat) Korrektur kann viele ka betragen für "Hartwasser"-Seen Tricks zur 14 C-Datierung von Seesedimenten in Karbonatreichen Gebieten: Makrofossilien (Holz, Blätter, ) terrestrischer Pflanzen oder terrestrische Mikrofossilien (Pollen) verwenden Aquatische Organismen vermeiden (zu alt) Gelösten organischen Kohlenstoff (DOC = Dissolved Organic Carbon) verwenden statt inorganischem DIC

14 C im Ozean GEOSECS (70er): Erstes großes Tracerprogramm Messung mit LLC: ~250 L Wasser, 2 Tage gezählt Genauigkeit ± 0.3 % Bomben- 14 C 0 NADW AABW -140-100 Östlund, 1987. Nuc. Instr. Meth. Phys. Res. B29: 286-290

14 C im Polarmeer Erste Anwendung von AMS im Ozean Genauigkeit anfangs schlechter als LLC Östlund, 1987. Nuc. Instr. Meth. Phys. Res. B29: 286-290

14 C-Alter des tiefen Ozeans Broecker, 1995, The Glacial World according to Wally

14 C im Pazifik North Basin South Basin Southern Ocean Repräsentative Profile SO SB NB WOCE (90er): Zweites großes Tracerprogramm Messung mit LLC und AMS: 10'000 Proben allein aus Pazifik Key et al., 2002. Radiocarbon 44: 239-392

14 C im Pazifik: N-S Schnitte Minimum-Zone: ~ 2400 m < 1500 m > 1500 m Boden-Zone: > 4500 m Key et al., 2002. Radiocarbon 44: 239-392

14 C und Sauerstoff im Pazifik AOU (Apparent Oxygen Utilization): Sauerstoffdefizit Aus Korrelation mit Alter folgt Zehrungsrate Key et al., 2002. Radiocarbon 44: 239-392

Grundwasser 14 C-Alter Wie kann Grundwasser mit 14 C datiert werden? Keine Mikro- oder Makrofossilien vorhanden Nur gelöster Kohlenstoff (DIC oder DOC) verfügbar! Meist wird totaler inorganischer C (TDIC) verwendet 14 C-Alter von Grundwasser sind nicht konventionelle Alter: 14 C-Aktivität des TDIC wird nicht normiert (Fraktionierung) Präzisere Halbwertszeit von 5730 a wird verwendet Warum ist Grundwasser 14 C-Datierung speziell? Hauptproblem: Herkunft des TDIC (Bestimmung von A 0 ) δ 13 C wird gebraucht um A 0 abzuschätzen Hochpräzise Alter sind zwecklos wegen Mischung

Karbonat-Geochemie soil air groundwater rock CO2 CO2 ( g) ( aq) HCO 2 3 - HCO 3 2- CO 3 CaCO3 Soil CO 2 Dissolved CO 2 Carbonic acid Bicarbonate Carbonate Calcite ( ) ( ) CO g CO aq 2 2 ( ) CO aq + HO HCO HCO 2 2 2 3 H + HCO + - 2 3 3 HCO H + CO - + 2-3 3 CaCO Ca + CO 2+ 2-3 3

Verteilung von Karbonatspezies in Wasser Karbonat-Speziierung hängt ab vom ph = -log[h + ] aus Clark & Fritz, 1997

Beschreibung des Karbonatsystems Karbonatsystem ist definiert durch ph + Konz. einer Spezies In der Praxis werden oft Summenparameter verwendet: TDIC = ΣCO 2 = mco 2 + mhco 3- + mco 2-3 Alk = mhco 3- + 2mCO 2-3 (Karbonat-Alkalinität) mit: mx = molale Konzentration (mol/kg) von X Alkalinität ist ein Maß der Pufferkapazität des Wassers (äquivalente Summe der mit starker Säure titrierbaren Basen): Tot Alk = mhco 3- + 2mCO 3 2- + mb(oh) 4- + mh 3 SiO 4- + Meist: Tot Alk mhco 3- + 2mCO 3 2- = Karbonat-Alk

Auflösung von Kalzit Kalzit-Auflösung wird induziert durch CO 2 (H 2 CO 3 ): 2+ - ( ) CO g + H O + CaCO Ca + 2HCO 2 2 3 3 A Bodenluft = 100 pmc A Kalzit = 0 pmc Kalzit-Auflösung ergibt 50:50 Mischung von jungem & altem C! Offenes System: Konstanter Nachschub von Bodenluft-CO 2 (ungesättigte Zone) Starke Auflösung, hoher TDIC, tiefes A 0 (>= 50 pmc) Geschlossenes System: Abgeschlossen von Bodenluft-CO 2 (gesättigte Zone) Begrenzte Auflösung, tiefer TDIC, 100 > A 0 > 50

Modelle für A 0 in Grundwasser 1) Vogel Modell: Empirischer Wert Konstantes A 0 von 85 ± 5 pmc Basiert auf jungen Grundwässern aus NW Europa keine physikalische Grundlage, nicht allgemein gültig Verbesserung: A 0 je nach Lithologie abschätzen 65 75 pmc für Karst 75 90 pmc für Sedimente mit feinkörnigem Karbonat 90 100 pmc für kristallines Gestein

Modelle für A 0 in Grundwasser 2) Tamers Modell: Chemische Bilanz (Verdünnung) Idee: TDIC = CO 2 + HCO 3-, Hälfte des HCO 3- von "totem" Kalzit - mco2( aq ) + 0. 5 mhco3 A 0= A - g mco aq + mhco mit: mx = molale Konzentration (mol/kg) von X A g = Aktivität des Boden-CO 2, meist 100 pmc Nur stöchiometrische Auflösung, keine andere Reaktionen Ergibt A 0 50 pmc für die meisten Grundwässer Zu stark vereinfacht ( ) 2 3

δ 13 C von natürlichen C-Verbindungen/Reservoirs Idee: δ 13 C um Beiträge von Bodengas und Kalzit zu trennen aus Clark & Fritz, 1997

Modelle für A 0 in Grundwasser 3) Pearson Modell: Isotopische Mischungs-Bilanz Idee: 14 A 0 und δ 13 C aus Mischung von CO 2 und Kalzit mit: δt - δs A = ( A- A ) + A δ - δ 0 g s s g s A s = Aktivität des Kalzits, meist 0 pmc δ t = gemessenes δ 13 C des TDIC δ g = δ 13 C des Bodengas-CO 2, meist -25 δ s = δ 13 C des Kalzits (solid), meist 0 reine Isotopenmischung, kein Bezug zur Chemie ohne Isotopenaustausch und -fraktionierung

Isotopie der Kohlenstoff-Komponenten A δt - δs = A δ - δ 0 g g s aus Mook, 2001

Isotopenfraktionierung im Karbonatsystem aus Clark & Fritz, 1997

Modelle für A 0 in Grundwasser 4) Fontes & Garnier Modell: Chem. & isotopische Bilanz Idee: Partieller Isotopenaustausch zwischen Boden-CO 2 und Karbonat Offenes System: soil gas CO 2 solid carbonate C t -C s q C s -q δ g δ g - ε ( - ) ( - ) ( - ) Cδ = C q δ + C C δ + q δ ε δ s t t s s t s g g mit: C t, C s = molale Konzentrationen des totalen und Karbonat C q = Anteil des Karbonat C im Gleichgewicht mit Bodengas-CO 2 ε = δ 13 C Fraktionierung zwischen CO 2 gas und Karbonat Geschlossenes System: identische Gleichung mit q < 0

Modelle für A 0 in Grundwasser Fontes & Garnier Modell: Isotopen-Bilanzgleichungen für 13 C und 14 C: ( ) ( ) Cδ = Cδ + C C δ + q δ ε δ t t s s t s g g s ( ) ( ε ) CA0 = CA + C C A + q A 0.2 A t s s t s g g s mit der Annahme: ε 14 C(%) = 0.2ε 13 C( ) Eliminierung von q aus obigen Gleichungen ergibt die Modellgleichung: C s Cs A0 = 1 Ag + As + Ct Ct ( C C ) ( 1 C C ) + + ( 0.2 ) t s t s s t g Ag ε As δ δ δ δ ε δ g s

Modelle für A 0 in Grundwasser Fontes & Garnier Modell: Schliesst chemische und isotopische Bilanz ein Berücksichtigt Isotopenaustausch und -fraktionierung Für offene und geschlossene Bedingungen anwendbar: Kalzit-Auflösung in ungesättigter oder gesättigter Zone, oder Kombination der beiden Prozesse Weit verbreitet Wahrscheinlich das beste der "einfachen" Modelle Enthält keine komplexeren chemischen Reaktionen: Inkongruente Auflösung (Auflösung + Ausfällung) Zufuhr von C aus anderen Quellen (z.b. Oxidation von organischem C, geogenes CO 2 )

Modelle für A 0 in Grundwasser 5) NETPATH: Chemische und isotopische Modellierung USGS-Software zur Modellierung der geochemischen und isotopischen Evolution entlang eines Fliesspfades Plummer, L. N. et al. 1994. An interactive code (netpath) for modeling net geochemical reactions along a flow path, Version 2.0. Water-Resources Investigations Report 94-4169, U.S. Geological Survey, Reston, Virginia. erhältlich unter: http://water.usgs.gov/software/netpath.html Modellierung geochemisch komplexer Systeme Jede mögliche Reaktion kann mit einbezogen werden Benötigt Kenntnisse der aquatischen Geochemie und Erfahrung mit der Software Ergibt nicht immer eindeutige Resultate

14 C im Grundwasser Carrizo Aquifer, Texas, USA Sandstein v ~ 2 m/a Stute et al., 1992. Science 256:1000-1003.

14 C im Grundwasser Aquia Aquifer, Maryland, USA Allgemeiner Trend ok (ähnlich wie Carrizo) Aber: Region mit sehr tiefen 14 C Aktivitäten - vermutlich inkongruente Auflösung - nicht korrigierbar Aeschbach-Hertig et al., 2002. Geochim. Cosmochim. Acta 66:797-817.

14 C im Grundwasser: DOC und DIC DIC DOC Drimmie et al., 1991. Appl. Geochem. 6: 381-392

14 C im Grundwasser: NETPATH Modellierung High Plains Aquifer, USA McMahon et al., 2004. Appl. Geochim. 19:1655-1686.

14 C im Grundwasser: NETPATH Modellierung A 0 = 100 no decay init. well McMahon et al., 2004. Appl. Geochim. 19:1655-1686.

14 C im Grundwasser: Klimatische Bedingungen Ledo-Paniselian Aquifer, Belgien: Sandaquifer an Nordsee-Küste

14 C im Grundwasser: Klimatische Bedingungen Grundidee: In der Eiszeit weniger biologische Aktivität tieferer p CO2 im Boden höheres δ 13 C andere Korrektur für A 0 Van der Kemp et al., 2000. Water Resour. Res. 36:1277-1287.

14 C im Grundwasser: Klimatische Bedingungen Kalzit-Auflösung Boden-CO 2 + Kalzit-Auflösung bei Infiltration Klima-Effekt Van der Kemp et al., 2000. Water Resour. Res. 36:1277-1287.

14 C im Grundwasser: Klimatische Bedingungen Van der Kemp et al., 2000. Water Resour. Res. 36:1277-1287.

Inverse Modellierung mit komplexer Chemie

Zusammenfassung 14 C-Datierung benötigt initiale Aktivität A 0 Rekonstruktion des atmosphärischen A 0 Reservoir-Effekte in aquatischen Systemen: A 0 < A atm Ozean: 14 C zeigt Zeitskalen der globalen Zirkulation Grundwasser 14 C-Datierung: Kalzit-Auflösung, Mischung 14 C-Korrekur Modelle (Abschätzung von A 0 ): Fontes & Garnier (1979) Modell: chem. + isotop. Bilanz Inverse geochemische Modellierung: NETPATH Grundwasser: 14 C ist einzige Methode für 1-40 ka, meist komplex, in manchen Fällen unmöglich