Kapitalverkehr (Direktinvestitionen) in der neoklassischen Außenhandelstheorie

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Transkript:

Kapitalverkehr (Direktinvestitionen) in der neoklassischen Außenhandelstheorie Dr. Andre Jungmittag Lehrstuhl für Makroökonomische Theorie und Politik Universität Wuppertal

Kapitalverkehr im engeren Sinne Kapitalverkehr im engeren Sinne Kurzfristiger Kapitalverkehr Langfristiger Kapitalverkehr Finanzkredite Handelskredite Direktinvestitionen Wertpapieranlagen (Portfolioinvestitionen) Geldmarktanlagen Finanzkredite Handelskredite Sonstige Kapitalbewegungen Quelle: Jungmittag (1996) Dr. Andre Jungmittag 2

1. Kapitalverkehr in einer HO-Welt Es gibt eigentlich keinen Anlass für Faktormobilität, weil es allein über den Außenhandel zu einem Güter- und Faktorpreisausgleich kommt. Gibt es bereits Außenhandel, so würde auch eine Beseitigung der Kapitalimmobilität aufgrund exogener Einflüsse zu keinen Faktorbewegungen führen, weil das Grenzprodukt des Kapitals bereits in beiden Ländern gleich ist. Dr. Andre Jungmittag 3

Einzige Möglichkeit (Anlass) für Kapitalverkehr: Modell von Mundell (1957) Inland erhebt einen prohibitiven Zoll auf das kapitalintensive Gut 2, bei dem das Ausland einen komparativen Vorteil hat. Im Inland steigt der Preis des Gutes 2 relativ zum Gut 1, bis über die dadurch ausgelösten inländischen Faktorbewegungen wieder der Autarkiezustand erreicht wird. Das höhere Grenzprodukt des Kapitals im Inland wird Kapitalbewegungen im Ausland in das Inland auslösen, bis die Grenzprodukte des Kapitals und damit auch der Arbeit in beiden Ländern wieder gleich sind. Dr. Andre Jungmittag 4

Einzige Möglichkeit (Anlass) für Kapitalverkehr: Modell von Mundell (1957) Da die Faktoren nach ihren Grenzprodukten entlohnt werden und bei vollständiger Konkurrenz auf den Gütermärkten zudem die Kosten unmittelbar die Preise bestimmen, stellt sich die gleiche Situation wie vor Einführung des Zolls ein. Faktorbewegungen sind im Modell von Mundell ein vollständiges Substitut für einen nicht möglichen Güterhandel. Dr. Andre Jungmittag 5

Weitere Schlussfolgerungen: Im Rahmen der Modellannahmen ist letztlich bereits der geringste Zoll prohibitiv. Ein geringer Zoll würde den Handel zwar nicht unmittelbar unterbinden, aber die sich ergebenden Preisänderungen würden auch Kapitalbewegungen in das Inland auslösen. Solange der Handel fortgesetzt wird, gibt es aufgrund des Zolls unterschiedliche Preise und Grenzprodukte in den beiden Ländern, so dass der Kapitalimport des Inlandes nicht abbricht. Dr. Andre Jungmittag 6

Weitere Schlussfolgerungen: Erst wenn das Inland die Importe des Gutes 2 einstellt, kommt es zu einem Ausgleich der Grenzprodukte und damit der Preise. Dann ist aber auch der Zoll überflüssig; seine Abschaffung würde das Kapital nicht wieder abwandern lassen und es bestände kein Anlass für einen Außenhandel. Diese Ergebnisse gelten allerdings nur unter den getroffenen sehr restriktiven Annahmen. Wenn z. B. in beiden Ländern Handelshemmnisse existieren, kommt es zu keinem vollständigen Ausgleich der Güter- und Faktorpreise. Dr. Andre Jungmittag 7

2. Kapitalverkehr in einer Ricardo-Welt Komparative Vorteile entstehen durch unterschiedliche Produktivitäten aufgrund unterschiedlicher Produktionstechnologien. Annahmen: Ausland besitzt bei der Produktion seiner relativ kapitalintensiven Produkte einen technologischen Vorteil: Ausland wird dieses Produkt vermehrt produzieren und exportieren, führt zu Verknappung des Faktors Kapital im Ausland und damit zu einer Erhöhung der Zinsen Dr. Andre Jungmittag 8

Kapitalverkehr in einer Ricardo-Welt Bei Faktormobilität wird Kapital vom In- ins Ausland wandern, was es erlaubt, die Produktion des kapitalintensiven Gutes 2 weiter auszudehnen. Mit anderen Worten werden die Exporte des Auslandes durch den Zufluss von Kapital aus dem Inland gefördert Dr. Andre Jungmittag 9

Kapitalverkehr in einer Ricardo-Welt Analog gilt dieses Argument auch für das Inland, das das relativ arbeitsintensive Gut 1 exportiert durch die Verknappung und Verteuerung des Faktors Arbeit wird Arbeit von Aus- in das Inland wandern Jedes Land wird nun reichlicher mit dem Faktor ausgestattet, den es intensiver zur Herstellung seines Exportgutes nutzt. Dr. Andre Jungmittag 10

Kapitalverkehr in einer Ricardo-Welt Dieser Umstand fügt dem ursprünglichen Anlass des Außenhandels eine Heckscher-Ohlin-Basis hinzu, die die Richtung des Handels, der durch unterschiedliche Produktionstechnologien entstanden ist, verstärkt. Güterhandel und Faktorbewegungen stehen in einem komplementären Verhältnis Faktorbewegungen werden erst eingestellt, wenn sich das Inland auf die Produktion des Gutes 1 und/oder das Ausland sich auf die Produktion des Gutes 2 vollständig spezialisiert hat. Dr. Andre Jungmittag 11

Kapitalverkehr in einer Ricardo-Welt Nach einer vollständigen Spezialisierung würden weitere Faktorbewegungen den Außenhandel verringern. Komplementarität ist kein allgemein gültiges Ergebnis dieser Analyse, aber es gilt für alle Faktorbewegungen und Außenhandelsströme, die zu einem Zustand führen, der in der Nähe des ursprünglichen Gleichgewichts liegt, bei dem beide Länder auch beide Güter herstellten. Dr. Andre Jungmittag 12