MGG + HHE 23. Münchener Gefäßgespräch 18. Heidelberger heißes Eisen Klinische Pfade in der Gefäßmedizin Notwendigkeit oder bürokratischer Overkill Juristische Aspekte bei der Einführung klinischer Pfade 10. Dezember 2010 Dr. iur. Horst Bitter Rechtsanwalt
Übersicht A. Klinische Pfade Definition und Abgrenzung B. Rahmenbedingungen für Klin. Behandlungspfade C. Rechtliche Aspekte des Einsatzes Klinischer Pfade D. Klinische Behandlungspfade in der Praxis E. Fazit 2
A. Klinische Pfade Definition und Abgrenzung Klinischer Pfad / Integrierte Behandlungspfade (IBP) / Institutsbezogene Leitlinie Ein integrierter Behandlungspfad ist ein Steuerungsinstrument. Der Pfad beschriebt den optimalen Weg eines speziellen Patiententyps mit seinen entscheidenden diagnostischen und therapeutischen Leistungen und seiner zeitlichen Abfolge. Interdisziplinäre und interprofessionelle Aspekte finden ebenso Berücksichtigung wie Elemente zur Umsetzung, Steuerung und ökonomischen Bewertung. Behandlungspfade - bedeuten keine Änderung des klinsichen Alltags, sondern die standardisierte Beschreibung des üblichen; - beenden nicht die Therapiefreiheit des Arztes, Abweichungen bedürfen einer Begründung und Dokumentation. 3
A. Klinische Pfade Definition und Abgrenzung Leitlinien = Systematisch entwickelte Entscheidungshilfen in Form von Darstellungen und Empfehlungen mit dem Zweck, Ärzten und Patienten bei der Entscheidung über zweckdienliche Maßnahmen der Krankenversorgung (Prävention, Diagnostik, Therapie und Nachsorge) unter spezifischen klinischen Umständen zu unterstützen und eine angemessene ärztliche Vorgehensweise bei speziellen gesundheitlichen Problemen zu ermöglichen. Ergebnis eines konzertierten Vorgehens mehrerer Experten verschiedener Fachbereiche und Arbeitsgruppen. - Orientierungshilfen im Sinne von Handlungs- und Entscheidungskorrektoren, von denen in begründeten Fällen abgewichen werden kann oder sogar muss. - Von Bedeutung bei Sachverständigen im Gutachten im Prozess. - Grundlage für Pfade. - Pfade auch möglich, wenn keine Leitlinien gegeben sind. - Pfade als konkrete Anwendung von Leitlinien. - Musterpfade, individualisiert in der Klinik vor Ort. 4
Nahezu unüberschaubare Zahl von Berührungspunkten zu fast allen Gebieten des Rechts Betroffen sind u.a.: B. Rahmenbedingungen für Klinische Behandlungspfade Strafrecht Arbeitsrecht Sozialrecht Wirtschaftlichkeitsgebot! Zivilrecht insbesondere Haftungsrecht! Ärztliches Berufsrecht Krankenhausrecht Urheberrecht 5
B. Rahmenbedingungen für Klinische Behandlungspfade Determinanten ärztlichen Handelns Medizinische Standards, Haftungsrecht etc. Ärztliche Therapie- Selbstbestimmmungsfreiheit recht des Patienten Wirtschaftlichkeitsgebot Klinische Behandlungspfade? 6
Determinanten beim Einsatz Klinischer Behandlungspfade Wesentliche Aspekte: Haftungsrecht Wirtschaftlichkeitsgebot 7
C. Rechtliche Aspekte I. Arzthaftung (Zivilrecht) Patient hat Anspruch auf den medizinischen Standard, den ein kompetenter und eingearbeiteter Facharzt gewährleisten kann. Gute, von Verantwortung getragene ärztliche Übung Behandlungspfad 8
Arzthaftung (Zivilrecht) Behandlungsfehler Aufklärungsfehler - Übernahmeverschulden - Organisations- / Koordinationsverschulden - Diagnosefehler - Therapiewahl - Nichterhebung von Kontrollbefunden - Vertikale / horizontale Arbeitsteilung Aufklärungspflicht umfasst u.a.: - Diagnoseaufklärung - Therapieaufklärung - Selbstbestimmungsaufklärung - Sicherungsaufklärung Ansatzpunkte bei Erstellung und Beachtung klinischer Behandlungspfade 9
C. Rechtliche Aspekte II. Wirtschaftlichkeitsgebot nach SGB V Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten ( 12 Absatz 1 Satz 1 SGB V). Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben den allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen ( 2 Absatz 1 Satz 3 SGB V). Postulat des SGB V jedenfalls in der Theorie im Einklang mit den Anforderungen des Haftungsrechts. Wirtschaftliche Vorgaben dürfen nur im Rahmen des Standars Berücksichtigung finden. 10
D. Klinische Behandlungspfade in der Praxis Haftungsfalle ------------------ Erhöhung Standard Stand der Wissenschaft Ideallinie Behandlungspfad Behandlungspfad Haftungsmaßstab ist nicht eine medizinisch mögliche, aber unbezahlbare Maximaldiagnostik und therapie (Franzki, MedR 1994, 178). Nichtbeachtung medizinischer Behandlungspfade bei Abweichung von medizinischen Standard geboten. Verbindlichkeit von Behandlungspfaden gegeben bei Übereinstimmung mit medizinischem Standard. 11
D. Klinische Behandlungspfade in der Praxis Worauf ist zu achten? Bei der Erstellung: - Behandlungspfade dürfen kein starres Behandlungsschema darstellen. - Sie sind unter Berücksichtigung aller örtlichen Gegebenheiten aufzustellen. - Keine Ausrichtung allein an ökonomischen Kriterien! (wirtschaftliche Vorgaben dürfen sich nur innerhalb medizinischer Standards bewegen). Achtung: - Ständige Kontrolle und Evaluierung erforderlich - Behandlungspfade sind aktualisierungsbedürftig! 12
D. Klinische Behandlungspfade in der Praxis Worauf ist zu achten? Bei der Anwendung: Besteht für den konkreten Fall ein Behandlungspfad? Ist aufgrund der Gegebenheiten des Einzelfalls der Pfand direkt zu befolgen oder ist ein abweichendes Vorgehen geboten? Entspricht der Pfand dem aktuellen Stand der ärztlichen Wissenschaft? Behandlungspfade führen nicht: - zu einem Verlust der Therapiefreiheit; - zu einer Entbindung von der Fortbildungspflicht. 13
D. Klinische Behandlungspfade in der Praxis Zitat des BGH (NJW 1987, 2927): Qualitätsstandard ist nicht Standardbehandlung. Im Gegenteil können Besonderheiten des Falles oder ernsthafte Kritik an der hergebrachten Methoden ein Abweichen von der Standardmethode fordern. Der Arzt ist auch nicht stets auf dem jeweils sichersten therapeutischen Weg festgelegt. Allerdings muss ein höheres Risiko in den besonderen Sachzwängen des konkreten Falles oder in einer günstigeren Heilungsprognose seine sachliche Rechtfertigung finden. 14
E. Fazit Zu beachtende Aspekte aus haftungsrechtlicher Sicht: - Wahrung des fachärztlichen Standards, - Berücksichtigung ökonomischer Aspekte nur im Rahmen des Standards, - Erhalt der Therapiefreiheit, - Behandlungspfade sind keine Gesetze, - Regelmäßige Aktualisierung erforderlich. Positive Aspekte: - Beitrag zur Patientensicherheit, - Vermeidung von Kommunikationslücken und Koordinationsmängeln, - hilfreich im Rahmen des Kostenmanagements, 15
Positive Aspekte: - Wissensmanagement und Nachschlagehilfe für neue Mitarbeiter, - Grundlage für Evaluation und ständige Verbesserung, - Unterstützung bei den Entgeltverhandlungen, - etc. 16
Vielen Dank! Kontakt: Dr. iur. Horst Bitter Rechtsanwalt Ehlers, Ehlers & Partner Rechtsanwaltssocietät Widenmayerstr. 29 80538 München Tel.: 089-210 969 0 Email: munich@eep-law.de Haben Sie Interesse an unserem vierteljährlich erscheinenden, kostenlosen Newsletter zum Medizinrecht? Fragen Sie den Referenten oder besuchen Sie uns unter www.eep-law.de 17
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