ADR-Empfehlung 3.1. Leistungsprüfung für funktionale Merkmale bei Bullen und Kühen (Gesundheit, Reproduktion, Nutzungsdauer, Exterieur, Melkbarkeit)

Ähnliche Dokumente
ADR-Richtlinie 1.1 für das Verfahren der Durchführung der Milchleistungsund Qualitätsprüfung bei Rindern Beschlossen: ALQ-Herbsttagung 4.11.

Kontrolle von Wachstum und Entwicklung weiblicher Jungrinder über die Bewertung der Kondition

Tot- und Schwergeburten von Kälbern wird die Fruchtbarkeit der Mutter beeinflusst?

8. Zuchtwertschätzung Kalbeverlauf und Totgeburtenrate

IHRE MASTITIS-THERAPIE BEKOMMT ZUWACHS.

Analysen und Trends der Milchleistungsprüfung im Land Brandenburg

Untersuchungen zu Schwer- und Totgeburten in Brandenburger Milchviehbetrieben

Besamerstammtisch RMV

Mehr Ruhe für Hochleistende

ADR-Empfehlung zur Erfassung und Verwendung von Gesundheitsdaten beim Rind

Hintergrund. Hintergrund. Hintergrund. Genetische Grundlagen und Zuchtwertschätzung für Eutergesundheit

Benchmark Report Herdenmanagement

Bedeutung der Samenqualität für die Fruchtbarkeit

Tierindividueller Einfluss auf die Fruchtbarkeit. Was macht eine fruchtbare Kuh aus?

Rassenverteilung. der Kälber. Kalbungen 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0 0,1 0,1 0,6 45,7 0,0 0,1 0,0 0,5 0,1 0,1 0,1 0,2 0,0 0,0 0,1 0,0 0,0 0,1 0,1 0,0 0,0 0,0

Wie lange sollte eine Kuh leben? Untersuchungen zur Nutzungsdauer und Lebensleistung bei Deutschen Holstein Kühen

Die genomische Selektion in Deutschland und Österreich

Für Sie durch Dr. Feucker gelesen

Projekt milchqplus. milchqplus- Kennzahlen zur Eutergesundheit der 25% besten Betriebe nach Zellzahl. Zellzahl

Erklärungen zum Abstammungs- und Leistungsausweis (ALA) Stand: August 2011

Die Schlachtungen in Hamburg im Dezember Vorläufige Ergebnisse -

Züchterische Aspekte der Fruchtbarkeit

Reglement für die Zuchtwertschätzung / genetische Bewertung (Milch)

ADR - Richtlinie 1.1

GAK-Rahmenplan 2015 Förderbereich 6 - Bund: Gesundheit und Robustheit landwirtschaftlicher Nutztiere

Richtlinie für die Durchführung der Milchleistungs- und Qualitätsprüfung (MLP) beim Rind in Mecklenburg-Vorpommern

Einfluss des Kalbeverlaufes auf die spätere Leistung der Milchkühe

Verbesserung der Gesundheit, Nutzungsdauer und Lebensleistung von Milchkühen durch Einbeziehung zusätzlicher funktionaler Merkmale in die Selektion

Trächtigkeitsdauer als Informationsmerkmal für die Zuchtwertschätzung der Schwer- und Totgeburtenrate bei schwarzbunten Milchkühen

Einfluss der Zellgehalte der Milch auf die Milchleistung von Kühen

ZWS Reproduktionsmerkmale Relativzuchtwert Zuchtleistung

Service & Daten aus einer Quelle. 14. November 2011 Seite 1

Erläuterungen zur Zuchtwertschätzung Hengstleistungsprüfung und Veranlagungsprüfung

LS Milchkuh 4.0 Mobil für Android ab Version 2.1

Gutes Fundament und gesunde Klauen wie viel sagt die Nachzuchtbeschreibung über die Klauengesundheit aus?

Hinweise zum Fruchtbarkeitsmanagement - Erfahrungen aus der AG Jänschwalde, MVA Drewitz

ZUCHTBUCHORDNUNG. Landesverband Thüringer Rinderzüchter. für Milch- und Zweinutzungsrassen

Die wirtschaftliche Milchkuh. Ökonomische Aspekte der Tiergesundheit Prof. Dr. Thoralf Münch

NEUE MERKMALE FITNESS, VITALITÄT UND GESUNDHEIT IM FOKUS. Christian Fürst, Christa Egger-Danner, Hermann Schwarzenbacher und Birgit Fürst-Waltl

Welche Bullen auf die Färsen setzen?

2) Entwicklung der künstlichen Besamung beim Rind in Deutschland

Lineare Beschreibung bei Fleckvieh

Ökologischer Zuchtwert Schwäbisch Hällisches Schwein

Auswirkungen einer verzögerten Besamung von Färsen auf Körperentwicklung, Kalbeverlauf und Milchleistung

Optimierung der Geburtsgewichtserfassung in der Fleischrindzucht

Landwirtschaft mit System. Softwarelösungen für Landwirte Rind. dsp-agrosoft.de

Hans Christian Hansen MSc Agricultural Science Export Manager

Beurteilung von Fleischrindern

Was kostet uns eine geringe Lebensleistung und Nutzungsdauer?

Das optimale Erstkalbealter Praxisdaten aus Rheinland-Pfalz

Jahresbericht 2016 MLP-Auswertung der Bio-Betriebe in Niedersachsen Milchwirtschaftsjahr 2014/2015

Erfassung, Dokumentation und Auswertung von routinemäßig im Feld erhobenen Klauendaten

Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft. Einfluss der Aufzuchtintensität auf die Lebensleistung und Nutzungsdauer von Milchkühen

Entwicklungen in der Melktechnik Baulehrschau-Sondertag am 17. Januar 2008 Melkzeugpositionierung und -konfiguration

Inaugural-Dissertation zur Erlangung des Grades eines Doktors der Veterinärmedizin an der Freien Universität Berlin

Abkalbung Reinigung Brunst Trächtigkeit

Versuchsergebnisse Métrabol auf 233 Ertsmelkkühe

Gesundheitsmonitoring und Zucht auf Fitness beim Fleckvieh

Erklärungen zu den Zellwerten von ValLait

Zuchtbuchordnung und Zuchtprogramm Milchrinder

Sind kg-herden weniger fruchtbar?

Antrag auf Gewährung einer Zuwendung nach der Richtlinie zur Förderung der Tierzucht

Vereinigungen der Träger der Pflegeeinrichtungen auf Bundesebene

Hart aber fair. Der Faktencheck in Sachen Mastitis. 5 Dinge, die Sie über Kennzahlen zur Eutergesundheit wissen sollten

SSO-Weiterbildungsreglement. Praxisadministratorin SSO. Praxisadministrator SSO

S C H Ä T Z R I C H T L I N I E N D E S L A N D E S H E S S E N Z U R E R M I T T L U N G D E S G E M E I- N E N W E R T E S V O N R I N D E RN

Automatisches Treiben, eine Alternative zum Roboter! Dipl. agr. Ing. FH. Christof Kästner, Nessetalmilch GmbH Goldbach

Stationäre Hospize für Erwachsene, stationäre Hospize für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene sowie Palliativstationen in Deutschland

APP IN DEN STALL BIG DATA IN DER MILCHVIEHHALTUNG

Veränderungen in ausgewählten Verhaltensweisen bei brünstigen Kühen in der Milchproduktion

Forschungsthema: Sicherung einer guten Fruchtbarkeit in Hochleistungsherden

14. Häufig gestellte Fragen in der Praxis 1

RDV- MOBIL[BY] München LKV Bayern Gudrun Müller, Elisabeth Vogl, Dr. Dorette Sprengel

Anlage 3 gem. Nr. 3.1 VVG zu 44 LHO - Muster Projektantrag -

Vereinbarung über die Abiturprüfung der gymnasialen Oberstufe in der Sekundarstufe II

1 Zweck, Ziel. 2 Geltungsbereich. Unabhängige Prüfung von Audits gemäß der Verordnung (EG) Nr. 882/2004. Länderübergreifende Verfahrensanweisung

Genomische Selektion. Dr. Fritz Schmitz-Hsu, Senior Geneticist. Delegiertenversammlung. Ostschweizer Holsteinzuchtverband. 12.

Weidebetonte Aufzucht erhöht die Lebensleistung

Zuchtziele in der Milchrinderzucht national und international

Neue (und alte) Aspekte für die Praxis

Standardisierte Vorgehensweisen und Regeln zur Gewährleistung von: Eindeutigkeit Schlussfolgerungen aus empirischen Befunden sind nur dann zwingend

WISO Kaufmann, WISO Lohn & Gehalt Lohnfortzahlung/Erstattung Version / Datum V

Datenschnittstelle Rindvieh-Schweiz. Version: 4.11

Fachgespräch Emissionsüberwachung Merkblatt

Verhaltenskodex für Transport von lebenden Rindern auf Straβe

Die oben genannten Rechtsgrundlagen wirken in Verbindung

Analyse von Kontingenztafeln

2,7 Laktationen im Leben einer Milchkuh ökonomisch betrachtet

Brauchen wir alternative Zuchtprogramme?

1 MULTIMOMENTAUFNAHME

TR06 Funktionale Sicherheit

Moderne Werkzeuge für das Herdenmanagement

12. Genomische Zuchtwertschätzung 1

ORDNUNG BILDUNG, ERZIEHUNG UND UNTERRICHT ÜBER DEN NACHWEIS EINER BESONDEREN BEFÄHIGUNG ZUM STUDIUM KÜNSTLERISCHER STUDIENGÄNGE IM BACHELORSTUDIENGANG

Fruchtbarkeitsmanagement in der täglichen Praxis

Tierseuchenverordnung (TSV)

Abrechnung von Kurzarbeit

Öffentliche Sozialleistungen

Trächtigkeitsuntersuchung mittels Ultraschall Antworten auf häufig gestellte Fragen

Transkript:

Arbeitsgemeinschaft Bonn, 16.05.2017 Deutscher Rinderzüchter e.v. ADR-Empfehlung 3.1 Leistungsprüfung für funktionale Merkmale bei Bullen und Kühen (Gesundheit, Reproduktion, Nutzungsdauer, Exterieur, Melkbarkeit) Diese Empfehlung basiert auf den Grundsätzen für die Leistungsprüfung gemäß Anlage 1 der Verordnung über die Leistungsprüfungen und die Zuchtwertfeststellung bei Rindern vom 06. Juni 2000 (BGBL. I, Nr. 26, S. 806). 1. Zweck Diese Empfehlung dient zur Vereinheitlichung der Leistungsprüfung (Erfassung und Bewertung) für funktionale Merkmale von Bullen und Kühen sowie der daraus abgeleiteten Kennzahlen zur Nutzung in der Zuchtwertschätzung und im Herdenmanagement. 2. Allgemeine Voraussetzungen 2.1 Zuständigkeit Die Durchführung von Leistungsprüfungen für funktionale Merkmale von Bullen und Kühen gehört zum Aufgabenbereich der Organisationen für Leistungs- und Qualitätsprüfung in der Tierzucht, der Züchtervereinigungen und der Besamungsorganisationen. Soweit erforderlich werden diese Organisationen von den zuständigen Behörden dazu beauftragt. 2.2 Internationale Richtlinien Generell sind die Richtlinien des Internationalen Komitees für Leistungsprüfungen in der Tierproduktion ICAR zu beachten. 2.3 Datenerfassung und Datensicherheit Das bei den Leistungsprüfungen verwendete System der bundesweit eindeutigen Identifikation für Betriebe, Kühe und Bullen ist von den zuständigen Organisationen anzuwenden, um eine eindeutige Zuordnung zu Abstammungsdaten und Kenngrößen der Herdenumwelt zu gewährleisten. Bei subjektiven Beurteilungen und Krankheitsdiagnosen ist die beurteilende Person nach einheitlich festgelegten Kennziffern zu erfassen. Alle erforderlichen Daten sind auf Plausibilität zu prüfen und den zuständigen Rechenstellen in definierten Datenschnittstellen zur Verfügung zu stellen. 2.4 Berechnung von Kennzahlen Funktionale Merkmale umfassen sowohl direkt erfasste Daten als auch daraus berechnete Kennzahlen. ADR-Empfehlung 3.1 Seite 1 von 10

3. Begriffsbestimmungen und Merkmalsdefinitionen 3.1 Gesundheitsmerkmale 3.1.1 Erkrankungen Der Umfang der erfassbaren Erkrankungen, deren Definition und Erfassungsform ist im zentralen Diagnoseschlüssel definiert. Er ist im Internet unter www.lkv-nrw.de abgebildet, im Data Dictionary nach ADIS/ADED aufgeführt und hier zu entnehmen. 3.1.2 Eutergesundheit Somatischer Zellgehalt Der somatische Zellgehalt ist definiert als die Anzahl somatischer Zellen je ml Milch. 3.2 Reproduktionsmerkmale 3.2.1 Fruchtbarkeitsmerkmale Belegungen Belegungen sind Besamungen oder Bedeckungen. In den folgenden Definitionen wird anstelle von Belegung der geläufige Begriff Besamung verwendet. Besamungsindex (BI) Der Besamungsindex ist die Anzahl der Besamungen (ohne Doppelbesamungen) je tragendes Tier. In die Anzahl Besamungen werden auch die Besamungen der nicht tragenden Tiere einbezogen. Doppelbesamung Unter einer Doppelbesamung wird eine Besamung verstanden, deren Abstand zur vorhergehenden Erst- oder Nachbesamung weniger als 11 Tage beträgt (Besamung in der gleichen Brunst). Erstbesamung Eine Erstbesamung ist die erste Besamung einer Färse bzw. die erste Besamung einer Kuh nach der Kalbung. Als Erstbesamung gilt weiterhin jede Besamung, deren Differenz zur vorangegangenen Besamung größer als 224 Tage ist. Mit jeder Erstbesamung beginnt ein Besamungszyklus. Erstbesamungsalter (EBA) Das Erstbesamungsalter ist das Alter eines Jungrindes bei der ersten Besamung in Tagen. Es wird ermittelt als Differenz zwischen dem Erstbesamungsdatum und dem Geburtsdatum. Färse Weibliches Jungrind ab der ersten Besamung. ADR-Empfehlung 3.1 Seite 2 von 10

Nachbesamung Unter einer Nachbesamung wird eine Besamung verstanden, deren Abstand zur vorhergehenden Erst- oder Nachbesamung mehr als 10 Tage beträgt (Besamung in der Folgebrunst). Non-Return (NR) NR-Tiere sind Tiere ohne wiederholte Besamung innerhalb eines bestimmten Zeitintervalls nach der Erstbesamung. In der Regel sind die NR-Ergebnisse einschließlich des 56. bzw. 90. Tages zu ermitteln. Non-Return-Rate (NRR) Die NRR ist der relative Anteil von NR-Tieren in einer definierten Gruppe von Tieren. Rastzeit (RZ) Die Rastzeit ist der Zeitraum von der Kalbung bis zur ersten darauf folgenden Besamung in Tagen. Sie wird ermittelt als Differenz zwischen dem Erstbesamungsdatum und dem Kalbedatum. Güstzeit (GZ) Die Güstzeit ist der Zeitraum von der Kalbung bis zur nächsten Trächtigkeit in Tagen. Sie wird ermittelt als Differenz zwischen dem Datum der Besamung, die zur Trächtigkeit geführt hat (Erst- oder Nachbesamung) und dem Kalbedatum. Verzögerungszeit (VZ) Die Verzögerungszeit ist der Zeitraum zwischen Erstbesamung und der nächsten erfolgreichen Besamung in der Laktation in Tagen. Sie wird ermittelt als Differenz zwischen dem Besamungsdatum, das zur Trächtigkeit geführt hat und dem Erstbesamungsdatum. Zwischenbesamungszeit (ZBZ) Die Zwischenbesamungszeit ist der Zeitraum zwischen zwei aufeinanderfolgenden Besamungen in Tagen. Sie wird ermittelt als Differenz zwischen dem Datum der ersten Nachbesamung und dem Erstbesamungsdatum oder zwischen zwei aufeinander folgenden Nachbesamungen. Zwischenkalbezeit (ZKZ) Die Zwischenkalbezeit ist der Zeitraum zwischen zwei aufeinander folgenden Kalbungen in Tagen. Trächtigkeitsdauer (TD) Die Trächtigkeitsdauer ist die Dauer der Tragezeit in Tagen. Sie wird ermittelt als Differenz zwischen dem Datum der Besamung, die zur Trächtigkeit geführt hat (Erst- oder Nachbesamung) und dem Kalbedatum. Deckverhalten des Bullen Beim Deckverhalten des Bullen werden die Libido, die Annahme der künstlichen Scheide und der Nachstoß des Bullen bewertet. Spermaqualität des Bullen Die Spermaqualitätsmerkmale des Bullen sind mindestens das Spermavolumen (ml/ejakulat), die Spermadichte (Mio. Spermien/ml) und die Vorwärtsbewegung (%). Die Vorwärtsbewegung ist vor dem Tiefgefrieren und nach dem Auftauen zu bestimmen. ADR-Empfehlung 3.1 Seite 3 von 10

3.2.2 Kalbeverlauf und Totgeburten Kalbeverlauf Der Kalbeverlauf beschreibt den Ablauf des Geburtsvorganges. Er ist in 5 Klassen zu erfassen (siehe 4.2.2.1). Schwergeburtenrate Die Schwergeburtenrate umfasst den relativen Anteil der Geburten in den Kalbeverlaufsklassen 3 und 4 (siehe 4.2.2.1) bezogen auf eine definierte Gruppe von Kalbungen. Totgeburt (TG) Das Merkmal Totgeburt (TG) wird aus dem Verbleib des Kalbes abgeleitet. Als Totgeburten werden alle tot geborenen und innerhalb 48 Stunden nach der Geburt verendeten Kälber bezeichnet (siehe 4.2.2.1). Totgeburtenrate (TGR) Die Totgeburtenrate ist die relative Häufigkeit der TG in einer definierten Gruppe von geborenen Kälbern. 3.3 Nutzungsdauer Nutzungsdauer (ND) Die ND von weiblichen Tieren ist die Anzahl Tage vom Tag nach dem ersten Kalben und dem endgültigen Ausscheiden eines Tieres aus der Milchleistungsprüfung. Verbleiberate (VR) Die VR ist der Anteil der im Alter von 48 bzw. 60 Monaten noch nicht abgegangenen abgekalbten Töchter eines Bullen an der Gesamtzahl abgekalbter Töchter, deren Geburtsdatum mindestens 48 bzw. 60 Monate vor dem Datenschnittpunkt liegt. 3.4 Exterieur (Äußere Erscheinung) Die Merkmale der Äußeren Erscheinung sind durch den jeweiligen Rassedachverband einheitlich festzulegen. Die Merkmalserfassung kann durch Messung (Größe, Klauenmaße) oder subjektive Benotung (lineare Beschreibung, Merkmalskomplexe) erfolgen. Bei allen Rassen sollten vorrangig solche Merkmale Berücksichtigung finden, für die eine genetisch nutzbare Beziehung zur Funktionalität und Gesundheit besteht oder die einen nutzungsbeschränkenden Einfluss ausüben. ADR-Empfehlung 3.1 Seite 4 von 10

3.5 Melkbarkeit Durchschnittliches Minutengemelk (DMG) Die Melkbarkeit wird als durchschnittliches Minutengemelk (DMG) angegeben. Es wird berechnet, indem die Gemelksmenge durch die entsprechende Dauer des Milchflusses dividiert wird. Das Ergebnis wird in kg/min mit zwei Dezimalstellen dargestellt. Das DMG ist ohne Berücksichtigung eines eventuellen per Hand gewonnenen Nachgemelkes zu ermitteln. Es ist zu dokumentieren, ob die Kuh 2x, 3x oder 4x pro Tag gemolken wird. Die bei der Melkbarkeitsprüfung anfallenden Daten/Ergebnisse sind in geeigneter Weise zu übertragen. Korrigiertes durchschnittliches Minutengemelk (KDMG) Das KDMG ist das auf einen einheitlichen Laktationstag und auf einheitliche Melkfrequenz korrigierte DMG. Melkbarkeitsnote Die Melkbarkeitsnote (Skala 1 5, langsamer schneller Milchfluss) ist die subjektive Beurteilung des Milchflusses einer Kuh. Sie wird in der 1. Laktation im Rahmen der Nachzuchtbewertung von Testbullen erhoben. Melkverhalten Das Melkverhalten (Skala 1 5, nervös - ruhig) ist die subjektive Beurteilung des Verhaltens einer Kuh während des Melkvorgangs. Es wird in der 1. Laktation im Rahmen der Nachzuchtbewertung von Testbullen erhoben. 4. Merkmalserfassung und Berechnung von Kennzahlen Bei allen Merkmalskomplexen sind generell zu erfassen (siehe auch 2.3): Eindeutige Identifikation aller relevanten Tiere (z. B. Kuh, Bulle, Kalb) Eindeutige Identifikation des Betriebes Eindeutige Identifikation der beurteilenden oder ausführenden Person Datum der Merkmalsbeobachtung oder des Ereignisses 4.1 Gesundheitsmerkmale 4.1.1 Erkrankungen Art und Umfang der erfassbaren Erkrankungen, deren Definition und Erfassungsform sind dem zentralen Diagnoseschlüssel, definiert unter www.lkv-nrw.de, zu entnehmen. Die Erfassung erfolgt durch Tierärzte, bei Klauenerkrankungen zusätzlich durch von der DLG anerkannte Klauenpfleger. 4.1.2 Merkmale der Eutergesundheit Somatischer Zellgehalt Er ist als obligatorisches Informationsmerkmal für den Gesundheitszustand des Euters im Rahmen der routinemäßigen Milchleistungsprüfung nach amtlich anerkannten Untersuchungsmethoden zu erfassen. ADR-Empfehlung 3.1 Seite 5 von 10

4.1.3 Abgangsgründe Zusätzlich sind die Abgangsgründe in 12 Klassen nach folgendem Schlüssel zu erheben: 1 Verkauf zu Zucht- und Nutzzwecken 2 hohes Alter 3 geringe Leistung 4 Unfruchtbarkeit 5 sonstige Krankheiten 6 Euterkrankheiten 7 schlechte Melkbarkeit 8 Erkrankungen der Gliedmaßen und Klauen 9 sonstige Ursachen 10 Stoffwechselkrankheiten 11 Problematisches oder aggressives Tierverhalten in der Herde 12 Problematisches Tierverhalten beim Melken 4.2 Merkmale der Reproduktion 4.2.1 Fruchtbarkeit 4.2.1.1 Erfassung Besamungsdaten Bei der Besamung sind vom Besamer zusätzlich zum Besamungsdatum, besamter Kuh und Besamungsbulle mindestens folgende Daten zu erfassen: Laufende Nummer der Belegung Kennzeichnung bei Embryotransfer: ET-Spülung oder ET-Empfänger unabhängig vom Erfolg Spermaqualität und Deckverhalten Die unter 3.2 definierten Kennzahlen können von den KB-Stationen zusätzlich ermittelt werden. Um Einflüsse von Spermaqualitätsparametern auf den Besamungserfolg ermitteln zu können, ist die Registrierung von Produktionsstandort und Produktionsdatum des verwendeten Spermas bei der Besamung anzustreben. 4.2.1.2 Kennzahlen Das Non-Return-Ergebnis (NR) wird anhand der Besamungsinformation der Kuh ermittelt. Als Leistungsmerkmal für die Zuchtwertschätzung wird entweder das Non-Return-Ergebnis am 56. Tag oder am 90. Tag nach der Erstbesamung verwendet. NRR56 oder NRR90 berechnet auf Basis der NR der Töchter können als mittlere Leistungsangabe für Bullen ausgewiesen werden. Als weitere Merkmale der Fruchtbarkeit können u.a. der Besamungsindex, die Rastzeit, die Güstzeit, die Verzögerungszeit, die Zwischenkalbezeit, die Zwillingshäufigkeit sowie das Deckverhalten und die Spermaqualität des Bullen berücksichtigt werden. ADR-Empfehlung 3.1 Seite 6 von 10

4.2.2 Kalbeverlauf und Totgeburten 4.2.2.1 Erfassung Die Merkmalserfassung des Kalbeverlaufs kann durch die MLP-Organisation oder durch das HIT-System erfolgen. Der Kalbeverlauf ist in fünf Klassen zu erheben: Klasse Bewertung Interpretation (0) keine Angabe nicht beobachtet bzw. keine Angabe verfügbar (1) leicht ohne Hilfe oder Hilfe nicht nötig (2) mittel ein Helfer oder leichter Einsatz mechanischer Zughilfe (3) schwer mehrere Helfer, mechanische Zughilfe und/oder Tierarzt (4) Operation Kaiserschnitt, Fetotomie Klasse (0) ist von allen nachfolgenden Auswertungen auszuschließen. Das Merkmal Totgeburt (TG) wird aus dem Verbleib des Kalbes abgeleitet. Dieser umfasst mindestens drei Klassen: tot geboren innerhalb 48 Stunden nach der Geburt verendet lebend ( eventuell weitere Differenzierung nach voraussichtlicher Nutzung) Als Totgeburten werden alle tot geborenen und innerhalb 48 Stunden nach der Geburt verendeten Kälber bezeichnet. Außerdem sind zusätzlich mindestens zu erfassen: Geschlecht des Kalbes Einlings- oder Mehrlingsgeburt Kalbeverlauf Der Verbleib des Kalbes ist ausschließlich durch die MLP-Organisation zu ermitteln. Bei der Erfassung über die MLP-Organisationen können zusätzlich Missbildungen und Kalbungen aus Embryotransfer festgehalten werden. 4.2.2.2 Kennzahlen Als zusätzliche Kennzahlen werden die Schwergeburtenrate und die Totgeburtenrate eines Bullen als Vater des Kalbes (direkt) und als Kuhvater (maternal) berechnet. Als weitere Merkmale der Abkalbung können u.a. die Trächtigkeitsdauer und das Geschlechterverhältnis herangezogen werden. 4.3. Nutzungsdauer 4.3.1 Erfassung Die Merkmalserfassung ist vollständig durch Standardinformationen der Milchleistungsprüfung gewährleistet. Bei der Berechnung mittlerer Verbleiberaten und der Nutzungsdauer sind Tiere, die aufgrund von Abgangsgrund 1 abgegangen sind, auszuschließen (siehe 4.1.3). ADR-Empfehlung 3.1 Seite 7 von 10

4.3.2 Kennzahlen Als weitere Merkmale der Nutzungsdauer können die Verbleiberate und die Anzahl Kalbungen pro Kuh herangezogen werden. 4.4 Exterieur (Merkmale der äußeren Erscheinung) 4.4.1 Erfassung Die äußere Erscheinung kann an Kühen und Bullen (Eigenleistung) oder an weiblichen Nachkommen von Bullen (Nachkommenbewertung) beurteilt werden. Die Anwendung vergleichbarer Merkmale und Bewertungsformen bei männlichen und weiblichen Tieren wird empfohlen. Bewertung von Kühen Die Bewertung der äußeren Erscheinung einer Kuh erfolgt im Rahmen der Herdbucheinstufung oder Bullenmutterbewertung nach einem System mit einer Skala von 1 9 oder nach einem 100-Punkte-System. Mehrfachbewertungen sind möglich. Eigenleistung von Bullen Die Beurteilung von Bullen erfolgt in der ersten Selektionsstufe im Alter von etwa einem Jahr möglichst bei Veranstaltungen oder in Prüfstationen, die Vergleiche mit einer größeren Zahl von Tieren ermöglichen. Im Rahmen der stationären Eigenleistungsprüfung wird ergänzend zur subjektiven Bewertung von Körper- und Fundamentmerkmalen die objektive Messung von Klauenmerkmalen empfohlen. Beurteilung im Rahmen der Nachkommenbewertung Die äußere Erscheinung der Töchter muss für alle Testbullen vor dem Zweiteinsatz in der künstlichen Besamung anhand einer Töchterstichprobe beurteilt werden. Die Stichprobe muss aus mindestens 20 zufällig ausgewählten Töchtern bestehen. Neben den Töchtern aus dem Testeinsatz können weitere Töchter aus dem Test- und Zweiteinsatz (zufällige Vergleichstiere auf den Betrieben) berücksichtigt werden. Die Beurteilung der Testbullentöchter und Vergleichstiere ist in der ersten Laktation, möglichst in den ersten vier Laktationsmonaten, jedoch nicht vor dem 15. Tag nach der Kalbung vorzunehmen. Die Nachkommen werden nach einem linearen System mit einer Skala von 1-9 beschrieben. Darüber hinaus werden weitere zusammenfassende Merkmale der äußeren Erscheinung (Merkmalskomplexe) in einem 9- oder 100-Punkte-System benotet. Zusätzlich können Mängel und Farbbeschreibungen erfasst werden. Einzelheiten der Verfahren einschließlich der Darstellung der Ergebnisse legen die Dachverbände der Züchtervereinigungen rasseeinheitlich fest. Die Beurteilung hat unabhängig von wirtschaftlichen Interessen zu erfolgen. Das mit der Beurteilung beauftragte Personal hat sich neutral zu verhalten und ist regelmäßig zentral fortzubilden. Um eine Korrektur um den Beurteilereinfluss zu ermöglichen, soll die Bonitierung der Nachkommen eines Bullen durch mehrere Beurteiler erfolgen. Die Mindestanzahl bewerteter Kühe pro Beurteiler und Jahr soll 200 betragen. ADR-Empfehlung 3.1 Seite 8 von 10

4.4.2 Kennzahlen Aus den zusammenfassenden Noten der Merkmalskomplexe kann eine Gesamtnote errechnet werden. 4.5 Merkmale der Melkbarkeit 4.5.1 Erfassung Die Melkbarkeitsprüfung wird bei einer betriebsüblichen Melkzeit durchgeführt. Sie erfolgt durch eine Messung, in der Nachkommenprüfung ist eine Befragung des Tierbesitzers möglich. Die Nachkommenprüfung ist in der ersten Laktation durchzuführen und zwar frühestens am 15. und spätestens am 250. Laktationstag. Auf Antrag kann die Eigenleistungsprüfung auf Melkbarkeit innerhalb der Laktation einmal wiederholt werden. In solchen Fällen gilt das Ergebnis der Wiederholungsprüfung. Ergebnisse, die aus einer Gemelksmenge von weniger als 5 kg ermittelt werden, bleiben unausgewertet und unveröffentlicht. Die Prüfung erfolgt mit der regelmäßig verwendeten Melkanlage, die sich in einem ordnungsgemäßen Zustand befindet, nach DIN ISO 5707 beschrieben ist und zur Prüfung nicht verändert werden darf. Die Anlage sollte innerhalb des letzten Jahres einmal nach DIN ISO 6690 geprüft worden sein. Die verwendeten Milchmengenmessgeräte müssen von ICAR anerkannt und entsprechend der ICAR-Richtlinie und der DLQ-Richtlinie 1.6 überprüft worden sein. Das Melken soll in betriebsüblicher Weise von demselben Personal wie an anderen Tagen durchgeführt werden. Die Melkdauer wird in Minuten mit zwei Kommastellen angegeben. Die Melkbarkeit wird anhand jeweils definierten Zeitdauer und den dazu korrespondierenden Gemelksmengen errechnet bzw. durch Befragung ermittelt: Bei Ermittlung mit einer Stoppuhr beginnt die Zeitnahme, wenn der vierte Melkbecher angesetzt ist. Sie endet bei Unterbrechung der Vakuumzufuhr bzw. bei Versiegen des Milchflusses. Auf zügiges Ansetzen des Melkzeuges ist zu achten. Bei Einsatz einer automatischen Vorstimulation mit zu vernachlässigendem (sehr geringem) Milchfluss ist die Stimulationsdauer von der Gesamtmelkdauer abzuziehen. Bei Ermittlung mit geeigneten mobilen elektronischen Milchmengenmessgeräten sind die Daten zu erfassen und zu verrechnen (z. B. LactoCorder). Bei Ermittlung der Dauer des Milchflusses mit stationären elektronischen Milchmengenmessgeräten ist diese nach erfolgter Messung und Übertragung in das Melkstandssteuerungsprogramm bzw. Managementprogramm zu erfassen. Die Dauer des Milchflusses beginnt mit Start Melkung und endet mit automatischer Melkzeugabnahme. Evtl. auftretende Stimulationszeiten, Blindmelkzeiten und Verzögerungszeiten der Melkautomatik sind zu korrigieren. Der Schwellenwert zur automatischen Abnahme ist für die jeweilige Anlage zu erfassen. Bei Schwellenwerten zur automatischen Melkzeugabschaltung größer 300 g/min ist eine Melkbarkeitsprüfung nicht empfehlenswert. ADR-Empfehlung 3.1 Seite 9 von 10

Der Prüfer ist berechtigt, zu kontrollieren, ob die Kuh vollständig ausgemolken ist. Ist die Nachgemelksmenge größer als 300 ccm, so ist die Prüfung ungültig. Bei der Nachkommenprüfung können über Besitzerbefragungen Melkbarkeitsnoten (Skala 1 5, schwer leicht) bei einer repräsentativen Stichprobe vorgenommen werden. 4.5.2 Veröffentlichung Bei der Veröffentlichung sind mindestens anzugeben: - Nachkommenprüfung: Zuchtwert RZD (Relativzuchtwert Durchschnittliches Minutengemelk), Sicherheit des Zuchtwertes. - Eigenleistungsprüfung: a) sofern ein Zuchtwert vorliegt: Zuchtwert RZD, Sicherheit des Zuchtwertes. b) sofern kein Zuchtwert vorliegt: Laktationsnummer/ DMG/ Melkfrequenz. Absolute Leistungen können auf den hundertsten Laktationstag und eine Melkfrequenz korrigiert werden. 5. Zuchtwertschätzung Die Verfahren der Zuchtwertschätzung für funktionale Leistungsmerkmale sind in der ADR- Empfehlung 3.2 beschrieben. 6. Gültigkeit Diese Empfehlung tritt am 01.06.2017in Kraft. Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das Recht auf Vervielfältigung und Verbreitung sowie Übersetzung. Kein Teil dieses Textes darf in irgendeiner Form ohne schriftliche Genehmigung von der ADR reproduziert werden oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. ADR-Empfehlung 3.1 Seite 10 von 10