Wie viel Eigentumsschutz verträgt der Denkmalschutz?



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Transkript:

Wie viel Eigentumsschutz verträgt der Denkmalschutz? von Klaus Füßer, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verwaltungsrecht Sven Kreuter, Rechtsanwalt (beide Leipzig) 1 Spätestens mit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 2.3.1999 zum Denkmalschutzgesetz des Landes Rheinland-Pfalz sind kontroverse Diskussionen zum Denkmalschutzrecht in Gang gekommen. Der nachfolgende Beitrag knüpft an diese Diskussion an und zeigt auf, dass die mittlerweile wohl herrschende Meinung zur Wirtschaftlichkeit des Erhalts von Denkmälern keineswegs zum großflächigen Verlust von Denkmälern führen muss, wenn der Staat bereit ist, seinen Teil der Verantwortung zu tragen. In seinem Beitrag anlässlich des einhundertsten Geburtstages des Bayrischen Landesamtes für Denkmalpflege (BayVBl. 2008, 645) hat Martin die aktuelle Rechtsprechung und Literatur zur Frage der Reichweite der Erhaltungspflicht von Denkmälern scharf kritisiert. Nach seiner Auffassung dürfe bei einem Antrag auf Erteilung einer Abbruchgenehmigung das Abstellen auf eine objektive Wirtschaftlichkeit insbesondere im Sinne schematisierter Wirtschaftlichkeitsberechnungen so nicht stehen bleiben. Häufig ergäben sich für vermeintliche nutzlose Baudenkmäler in Wirklichkeit Nutzungsmöglichkeiten, wenn nur genau genug geschaut werde. Martin beruft sich für all dies auf den bekannten Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 2. März 1999 2, schilt unseren Beitrag, der insbesondere die Details der geläufigen Wirtschaftlichkeitsberechnung erläutert, als Beispiel einer Gebrauchsanweisung in der so genannten Anwaltsliteratur 3, die auf Aushöhlung effektiven Denkmalschutzes hinauslaufe. Eine Entgegnung hierauf ist nur deshalb angebracht, weil Martin insbesondere meint behaupten zu können, wir hätten den erwähnten Beschluss des Bundesverfassungsgerichts ignoriert. Das gibt Anlass zur Klarstellung mit Blick auf die Aussagen der genannten Entscheidung, die im übrigen auch im Kontext anderer 1 Die Autoren sind Rechtsanwälte in der Kanzlei Füßer & Kollegen (www.fuesser.de). 2 BVerfG, Beschl. v. 2.3.1999 1 BvL 7/91, BVerfGE 100, 226/242 = NJW 1999, 2877 (BayVBl. 2000, 588). 3 Vgl. Martin, BayVBl. 2008, 645/647 Fußn. 14, in der er den Autoren dieses Beitrags unter Bezug auf den von ihnen verfassten Beitrag in LKV 2008, 102 vorwirft, den Wortlaut des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts von 1999 und auch die Standartliteratur und gesammelte Rechtsprechung auszuklammern. Über letzteren Vorwurf mag sich der geneigte Leser sein eigenes Bild unter Berücksichtigung des anderweit erschienenen und angesprochenen Beitrags mit seinen immerhin 72 Fußnoten bilden, für die einige dutzend Gerichtsentscheidungen der letzten 20 Jahre ausgewertet wurden. Vgl. auch mit ähnlicher Stoßrichtung der Beitrag von Martin in ThürVBl 2009, 97; eine Erwiderung darauf in den ThürVBl ist demnächst vorgesehen.

RAe Füßer & Kollegen Seite 2 von 6 Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zu ähnlichen Problemlagen in der Sache geht es um die Grenzen der entschädigungslosen Inhaltsausgestaltung des Grundeigentums gemäß Art. 14 GG zu sehen ist (nachstehend I.). In der Tat wendet sich insofern die Kritik Martins gegen ihn selbst, lassen sich aus dieser Rechtsprechung nämlich tatsächlich wie von uns an kritisierter Stelle herausgearbeitet allgemeine an Wirtschaftlichkeitsberechnungen orientierte Grundsätze für die Anwendung des Denkmalrechts entwickeln (II.) Bei genauer Betrachtung zeigt sich jedoch, dass die Unterschiede in den jeweiligen Auffassungen am Ende kleiner sind als es auf den ersten Blick scheint. Wirtschaftlichkeitsberechnungen sind nur ein Aspekt der bei einem Antrag auf Abbruch eines Kulturdenkmals zu treffenden Behördenentscheidung, bei der die Behörde einen hinreichenden Denkmalschutz auch durch eine sorgsame Beachtung der jeweiligen Nachweispflichten im Verwaltungsverfahren und durch andere Mittel zur Herstellung der Zumutbarkeit erreichen kann (dazu unter III.). Freilich muss - auch dies ist gegen Martin klarstellend zu betonen beachtet werden, dass es in Zeiten knapper öffentlicher Kassen eben keinen Denkmalschutz auf dem Rücken der Privateigentümer geben kann: Der Staat muss sich entscheiden, ob er bereit ist, nötigenfalls eigenes Geld in die Hand zu nehmen, um sich Denkmäler im Enteignungswege zuzueignen bzw. die überlasteten Eigentümer zu bezuschussen (IV.) I. Verfassungsrechtliche Ausgangslage: Kernaussagen des Bundesverfassungsgerichts Martin 4 zitiert zutreffend den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 2.3.1999 zum Denkmalschutzgesetz, wonach eine Abbruchgenehmigung nicht mehr versagt werden darf, wenn ein Baudenkmal keine sinnvolle Nutzungsmöglichkeit mehr bietet, eine praktische Unveräußerbarkeit eingetreten ist und wenn dadurch die Privatnützigkeit aufgehoben ist 5. Schon aus den vom Bundesverfassungsgericht in diesem Zusammenhang gewählten Formulierungen muss jedoch gefolgert werden, dass eine objektive, grundstücksbezogene Betrachtung erforderlich ist und es mithin nicht auf die Frage ankommen kann, ob ein Eigentümer nach seinem konkreten Vermögensverhältnissen zum Erhalt eines Denkmals in der Lage wäre. Dem entspricht auch die ganz überwiegende Deutung der Entscheidung durch die Verwaltungsgerichte und Oberverwaltungsgerichte 6. Die 4 BayVBl. 2008, 645/674. 5 BVerfG, Beschl. v. 2.3.1999 1 BvL 7/91, BVerfGE 100, 226/242 = NJW 1999, 2877 (BayVBl. 2000, 588). 6 Vgl. nur OVG Greifswald, Beschl. v. 7.5.2004 Az. 3 L 119/01, RdNr. 11 (zitiert nach juris); VGH Mannheim, Beschl. v. 25.3.2003 Az. 1 S 190/03, NJW 2003, 2550/2551 f.; BayVGH, Urt. v. 27.9.2007 Az. 1 B 00.2474, BayVBl 2008, 141, RdNr. 75 ff. (zitiert nach juris); Thü-

RAe Füßer & Kollegen Seite 3 von 6 Richtigkeit dieser Auffassung wird auch durch die rund ein Jahr nach der Entscheidung zum Denkmalrecht ergangene Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Altlastensanierung bestätigt. Nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts bildet der Verkehrswert eines Grundstückes eine Grenze, die, wenn sie überschritten wird, - vorbehaltlich von eine höhere Belastung rechtfertigenden Schuldvorwürfen gegen den Eigentümer - zur Unzumutbarkeit einer öffentlich-rechtlich auferlegten Sanierungspflicht führen kann 7. In jener Entscheidung hat das Bundesverfassungsgericht neben der Sozialpflichtigkeit des Eigentums, welche angesichts von Art. 14 Abs. 2 GG vollkommen unbestritten ist noch einmal die Privatnützigkeit des Eigentums betont, auch zur Sicherung der persönlichen Freiheit des Einzelnen 8. Insofern ist die Aussage, wonach sich ein Denkmal selbst tragen können muss, zutreffend, denn es ist nicht Aufgabe des Eigentümers eines Kulturdenkmales, die öffentliche Aufgabe des Denkmalschutzes aus seinem sonstigen privaten Vermögen zu finanzieren. Dabei bleibt aber ebenso unbestritten, dass der Eigentümer eine durch den Denkmalschutz verursachte Minderung des Ertrags aus seinem Eigentum weitgehend hinnehmen muss, weil Art. 14 Abs. 1 GG nicht die rentabelste Nutzung des Eigentums sichert. Eine bloße Minderung des Ertrags ist aber etwas völlig anderes, als eine Verpflichtung, noch aus dem anderweitigen Vermögen dauerhaft zum Erhalt eines bestimmten Eigentumsgegenstandes zuzuschießen. Wollte man stattdessen auf eine subjektive Betrachtung nach der Vermögenslage des jeweiligen Eigentümers abstellen, würde dies auch mit Blick auf den Gleichheitssatz zu problematischen Konsequenzen führen. Der Erhaltungspflicht eines Denkmals könnten sich dann wohl nur diejenigen entziehen, welche über keinerlei eigene Mittel verfügen. Wer über Mittel verfügt, aber eben nicht gerade reich ist, müsste diese Mittel einsetzen und einen vergleichsweise reichen Eigentümer würde der Denkmalschutz auf Grund seiner guten Vermögenssituation nicht weiter belasten. Auch der Verweis auf die zahlreichen nicht rentierlichen Baudenkmäler, die es nun einmal gibt, hilft nicht weiter. Viele dieser Denkmäler stehen ohnehin im Eigentum von Bund, Ländern oder anderen öffentlich-rechtlichen Körperschaften, die sich ohnehin entweder gar nicht oder wie im Falle der Kommunen nur eingeschränkt auf eine durch die Zumutbarkeit begrenzte Erhaltungspflicht berufen können 9. rovg, Urt. v. 16.1.2008 Az. 1 KO 717/06, BauR 2009, 92, RdNr. 33 (zitiert nach juris); VG Gera, Urt. v. 11.11.2004 Az. 4 K 1717/01.GE, RdNr. 14 (zitiert nach juris); VG Sigmaringen, Beschl. v. 4.12.2003 Az. 2 K 1637/03 (zitiert nach juris). 7 BVerfG, Beschl. v. 16.2.2000 1 BvR 242/91, BVerfGE 102, 1/20 ff. = NJW 2000, 2573 (BayVBl. 2001, 269). 8 BVerfGE, a.a.o. 9 Vgl. zu dieser umstrittenen Frage zuletzt OVG S-A, Beschl. v. 29.1.2008 Az. 2 M 358/07 LKV 2008, 418 einerseits und ThürOVG, Urt. v. 16.1.2008 Az. 1 KO 717/06, BauR 2009, 92, Rdnr. 35 (zitiert nach juris) und Füßer/Kreuter, LKV 2008, 102/108 m.w.n. Man fragt

RAe Füßer & Kollegen Seite 4 von 6 Im Ergebnis bleibt es daher dabei, dass für die Frage der Zumutbarkeit bei der Erhaltungspflicht eines Kulturdenkmales ausschließlich objektive Gesichtspunkte eine Rolle spielen und mithin auf die Rentierlichkeit der Grundstücksnutzung mit dem vorhandenen Denkmal abzustellen ist. Das ist die aus Art. 14 Abs. 1 GG abzuleitende Schlussfolgerung für das Denkmalrecht. Wann die Unzumutbarkeit konkret vorliegt und welche Anforderungen an ihre Ermittlung zu stellen sind, ist kein verfassungsrechtliches, sondern überwiegend ein empirisches und auf der Tatsachenebene zu lösendes Problem (siehe unten II.). II. Ermittlung der Zumutbarkeit durch Wirtschaftlichkeitsberechnung Die Ermittlung der Zumutbarkeit durch eine so genannte Wirtschaftlichkeitsberechnung als Prognoseverfahren zur Sachverhaltsermittlung kann nicht zweifelhaft sein, was auch die Erwähnung in verschiedenen Denkmalschutzgesetzen der Länder belegt 10. Für das bayrische Landesrecht wird, trotz der fehlenden Erwähnung in Art. 15 Abs. 1 DSchG, nichts anderes gelten. Die Einzelheiten zu den im Rahmen einer Wirtschaftlichkeitsberechnung zu berücksichtigenden Posten mögen an anderer Stelle nachgelesen werden und sollen hier nicht näher vertieft werden 11. Bei einem rentierlich, durch Vermietung genutzten Gebäude sind jedenfalls die zu erwartenden Erträge den zu erwartenden laufenden Kosten gegenüberzustellen. Kosten, die aufgewandt werden müssen, um das Objekt erst im Rahmen einer Sanierung nutzbar zu machen, werden grundsätzlich nicht berücksichtigt, da mit der Sanierung gleichzeitig eine Steigerung des Immobilienwertes einhergeht. Berücksichtigungsfähig sind jedoch bei einer regelmäßig üblichen Fremdfinanzierung von Sanierungsmaßnahmen die Kosten dieser Finanzierung, dass sind insbesondere Kreditzinsen. Nicht berücksichtigungsfähig sind hingegen die Finanzierungskosten, welche für die Finanzierung ursprünglich unterlassener Instandhaltungsmaßnahmen aufgewendet werden müssen; insofern ähnelt die Lage im Denkmalrecht der im Bereich der Altlastensanierung, bei der sich der Grundstückseigentümer zur Rechtfertigung der Heranziehung für Sanierungsmaßnahmen über den Wert seiner Immobilie hinaus den Umstand eigener Schadensverursachung ggf. entgegenhalten lassen muss. 12 Dies gilt freilich erst sich, ob Martin hier nicht die Falschen anzählt und ob er sich nicht vor allem gegen den Umgang der öffentlichen Hand mit ihren Baudenkmälern wenden sollte. 10 Z.B. 19 Abs. 1 Satz 2 BbgDSchG; 13 Abs. 2 Satz 1 SächsDSchG. Entgegen Martin ThürVBl 2009, 97/100 ist die Zumutbarkeit auch nicht nur im Ausnahmefall zu prüfen, da sie stets die Grenze der denkmalrechtlichen Pflichten des Eigentümers markiert. 11 Vgl. im Detail Füßer/Kreuter, LKV 2008, 102/105. 12 BVerfG, Beschl. v. 16.2.2000 1 BvR 242/91, BVerfGE 102, 1/21 ff. = NJW 2000, 2573 (BayVBl. 2001, 269), dort insbesondere für den Fall angenommen, dass ein Grundstückserwerber bei Erwerb Kenntnis von Altlasten hat. Dem lässt sich die Kenntnis von Denkmalseigenschaft und Sanierungsbedarf gleichsetzen.

RAe Füßer & Kollegen Seite 5 von 6 ab dem Zeitpunkt, in dem der Eigentümer von der Denkmalseigenschaft seiner Immobilie Kenntnis erlangt hatte, es sei denn, die Denkmalseigenschaft musste sich auf Grund der jeweiligen Gegebenheiten nahezu aufdrängen (insbesondere bei Burgen, Schlössern oder ähnlichen Gebäuden) 13. Diese Grundsätze sind entsprechend auf zu Wohnzwecken selbst genutztes Eigentum anzuwenden, auch wenn dieses für den Eigentümer wegen der Selbstnutzung keinen Ertrag abwirft. Es ist dann auf der Einnahmeseite der Betrag zu ermitteln, der bei einer Überlassung an Dritte im Wege der Vermietung oder Verpachtung erzielt werden könnte, da dieser den Gebrauchswert des Gegenstandes für den Eigentümer noch am ehesten abbildet. Direkt auf Martin entgegnend wird man sagen müssen: Nein, dem Eigentümer wird in der Tat nicht zugemutet werden können, die ständig im Vergleich zu einer externen Unterbringung der Großmutter in einer angemieteten Wohnung exorbitaten Kosten bei Verbleib im dazu erhaltenen und genutzten Denkmal aufzubringen! 14 III. Nachweispflichten und Alternativentscheidungen Soweit im Übrigen bei Martin der Eindruck entsteht, allein mit der Vorlage einer negativ ausfallenden Wirtschaftlichkeitsberechnung ließe sich bereits eine Abbruchgenehmigung erreichen, ist dies unzutreffend und wird, soweit ersichtlich, auch in Rechtsprechung und Literatur, einschließlich der so genannten anwaltlichen Ratgeberliteratur nicht vertreten: Zum einen kann auch bei negativer Wirtschaftlichkeitsberechnung und Unzumutbarkeit der Erhaltung die Zumutbarkeit durch Zuschüsse zu Sanierungen oder zum laufenden Unterhalt eines Denkmals gesichert werden. Zum anderen kann die Denkmalschutzbehörde, wenn sie das betreffende Denkmal für unverzichtbar hält, dieses nach Art. 18 Abs. 1 DSchG enteignen. Genau genommen hat die Denkmalschutzbehörde bei gegebener Unzumutbarkeit also mehrere Handlungsoptionen, welche freilich und darin liegt der Martin nicht gefallende Pferdefuß Geld kosten. Darin zeigt sich jedoch nichts anderes, dass Denkmalschutz eine öffentliche Aufgabe ist 15. 13 Vgl. nur OVG Berlin, Urt. v. 3.1.1997 Az. 2 B 10.93, LKV 1998, 152/154 (BRS 59 Nr. 230); ähnlich OVG Koblenz, Urt. v. 26.5.2004 Az. 8 A 12009/03, BauR 2005, 535/537. 14 So aber Martin BayVBl 2008, 645/648 dessen Ausführungen suggerieren, ein Eigentümer eines Wohnhauses müsse sich die theoretisch mögliche eigene Wohnnutzung, ohne Rücksicht auf die Kosten und den vermittelten Wohnwert, entgegenhalten lassen. 15 Vgl. dazu jüngst mit begrüßenswerter Klarheit SaarlOVG, Urt. v. 20.11.2008 Az. 2 A 269/08, NVwZ-RR 2009, 461, Rdnr. 40 ff. (zitiert nach juris); ausführlich auch OVG Münster, Urt. v. 20.03.2009 Az. 10 A 1406/08, RdNr. 45 ff (zitiert nach juris); ähnlich VG Düsseldorf, Urt. v. 27.6.2008 Az. 25 K 1378/08, verfügbar unter www.justiz-nrw.de.

RAe Füßer & Kollegen Seite 6 von 6 Zum anderen ist es auch unter Geltung des Amtsermittlungsgrundsatzes im Genehmigungsverfahren zunächst Sache des Eigentümers, die Unzumutbarkeit der Erhaltung durch die Vorlage entsprechender Gutachten und Wirtschaftlichkeitsberechnungen darzulegen, weil es sich um Tatsachen handelt, die ohne Mitwirkung des Antragstellers nicht ermittelt werden können 16. Dabei steht es der Behörde selbstverständlich zu, Berechnungen und Kostenschätzungen des Eigentümers auch kritisch zu hinterfragen. Gleiches gilt für die Behauptung des Eigentümers, eine rentierliche Nutzungsart sei nicht gegeben. Grundsätzlich muss nämlich der Eigentümer alle Möglichkeiten einer alternativen Nutzung, soweit sie rechtlich zulässig sind, in Betracht ziehen. Erst wenn er dem nachgekommen ist, muss die Behörde dem Eigentümer andere zumutbaren Möglichkeiten zur Erhaltung des Denkmals (und seiner rentierlichen Nutzung) aufzeigen 17. Es ist somit Sache der Behörde, auch durch eine angemessene Handhabung des Verfahrensrechts den Denkmalschutz sicherzustellen, was nach aller Erfahrung in der Praxis auch geschieht. Dort hat eher der Eigentümer das Problem, dass die Behörde selbst solche Kostenansätze hinterfragt, die nach fachlichen Grundsätzen kaum zweifelhaft sein können. IV. Resümee Die vorstehend kurzen Ausführungen zeigen, dass allein die nach objektiven Grundsätzen durchgeführte Wirtschaftlichkeitsberechnung ein den Anforderungen aus Art. 14 Abs. 1 GG genügendes Mittel zur Ermittlung der Unzumutbarkeit der Erhaltung eines Kulturdenkmals erstellt. Das führt jedoch nicht zu einer Entwertung des Denkmalschutzes, wenn die von der Rechtsprechung aufgestellten Kriterien für Wirtschaftlichkeitsberechnungen und die Beweislastverteilung im Verwaltungsverfahren hinreichend berücksichtigt werden. Wo dies nicht genügt, muss die öffentliche Hand im Zweifel für den Denkmalschutz Geld in die Hand nehmen. Das dies in Zeiten schwächelnder Staatsfinanzen nicht populär ist, steht auf einem anderen Blatt, darf jedoch nicht zur Aushöhlung der verfassungsrechtlichen Eigentumsgarantie, ihrem Opfer auf dem Alter des Denkmalschutzes, führen. 16 So ausdrücklich und ausführlich die dennoch von Martin kritisierte Entscheidung des BayVGH, Urt. v. 27.9.2007 Az. 1 B 00.2474, BayVBl 2008, 141, RdNr. 83 (zitiert nach juris). 17 Vgl. nur NdsOVG, Urt. v. 13.3.2002 Az.1 L 4339/00, NdsVBl. 2002, 292/295.