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Transkript:

HESSEN-FORST Artensteckbrief Großes Mausohr (Myotis myotis) Stand: 2006 weitere Informationen erhalten Sie bei: Hessen-Forst FENA Naturschutz Europastraße 10-12 35394 Gießen Tel.: 0641 / 4991-264 E-Mail: naturschutzdaten@forst.hessen.de

Artensteckbrief Großes Mausohr Myotis myotis in Hessen Verbreitung, Kenntnisstand, Gefährdung Auftraggeber Hessen-Forst FENA Naturschutz Europastr. 10-12 35394 Gießen Auftragnehmer Altes Forsthaus Hauptstr. 30 35321 Gonterskirchen www.tieroekologie.com Tel.: 06405 / 500 283 Bearbeitung durch die ARGE Institut für Tierökologie und Naturbildung Gonterskirchen Simon & Widdig GbR Büro für Landschaftsökologie Marburg Dr. rer. nat. Markus Dietz & Dipl.-Biol. Matthias Simon 15. November 2006

1. Allgemeines Das Große Mausohr ist mit einer Spannweite von 35 bis 43 cm, einer Unterarmlänge von 55 67 mm und einem Gewicht von bis zu 40 g die größte einheimische Fledermausart. Vom Großen Abendsegler unterscheidet es sich durch den spitzen Tragus und die breiteren Flügel. Die Breitflügelfledermaus ist etwas kleiner und zeichnet sich außerdem durch die heller braune Fellfärbung aus (Güttinger et al. 2001). 2. Biologie und Ökologie Wochenstuben des Großen Mausohrs finden sich in Mitteleuropa meist in Dachböden von Kirchen, Schlössern, Gutshöfen oder ähnlichen großen Räumen, die vor Zugluft geschützt sind (Güttinger et al. 2001). Die Kolonien umfassen meist mehrere hundert Tiere, in Ausnahmefällen bis zu 5.000. Große Mausohren hängen in der Regel frei im Dachfirstbereich, suchen bei ungünstigen klimatischen Verhältnissen jedoch auch andere Orte auf, wie z.b. Mauerspalten und Zwischendächer. Andere Quartiertypen wie Baumhöhlen, Spalten an Gebäuden oder Höhlen werden von Weibchen als Zwischen- oder Ausweichquartier, von Männchen aber regelmäßig genutzt. Zwischen den Quartieren einer Region findet über eine kleine Anzahl von Quartieren ein regelmäßiger Austausch statt. So konnte bei telemetrischen Untersuchungen im Werra-Wehre-Tal in Nordosthessen zum Teil ein fast täglicher Wechsel zwischen zwei 2,5 km voneinander entfernten Wochenstuben festgestellt werden. Typische Jagdgebiete des Großen Mausohrs sind alte Laub- und Laubmischwälder mit geringer Bodenbedeckung, weitgehend fehlender Strauchschicht und mittleren Baumabständen > 5m. Auch Äcker und Wiesen können zeitweise als Jagdhabitat genutzt werden, insbesondere nachdem die Flächen gemäht bzw. geerntet worden sind. Um geeignete Flächen zu finden legen Große Mausohren Entfernungen von bis zu 20 km zurück (eigene Untersuchungen im Werra-Wehre-Tal, Dense & Rahmel 2002). Die Nahrung der Großen Mausohren setzt sich überwiegend aus Laufkäfern (Carabidae) zusammen, Schmetterlingsraupen und Grillen ergänzen das Nahrungsspektrum (Arlettaz et al. 1997, Wolz 2002). Die Beute wird von den Tieren während einer kurzen Landung am Boden ergriffen und im Flug verzehrt. Winterquartiere finden sich meist in unterirdischen Stollen, Kellern und Höhlen. Es wird vermutet, dass auch Baumhöhlen und Felsspalten als Winterquartier genutzt werden (Güttinger et al. 2001). Zwischen Winter- und Sommerquartier legen Mausohren bis 200 km zurück. 3

Abb. 1: Ältere Laubwälder mit geringer Kraut- und Strauchvegetation gehören zu den bevorzugten Jagdhabitaten des Großen Mausohrs in Hessen. Die Wochenstubenkolonien befinden sich fast alle in größeren Dachböden. 3. Erfassungsverfahren Mit der FFH-Richtlinie (92/43/EWG vom 21.05.1992) und dem damit verbundenen Schutzgebietssystem NATURA 2000 der EU soll für Arten und Lebensräume von gemeinschaftlichem Interesse ein günstiger Erhaltungszustand gewährleistet werden. Dazu müssen die Mitgliedsstaaten in einem ersten Schritt die Grunddaten wie Populationsmerkmale, Habitatansprüche und -ausprägungen, sowie Gefährdungsursachen erheben, um dann in einem regelmäßigen Monitoring Veränderungen dokumentieren zu können. Ein Konzept zur Erfassung von Grund- und Monitoringdaten der Fledermausarten in Hessen im Rahmen der FFH Berichtspflichten haben Dietz & Simon (2003) vorgelegt. 3.1 Grunddatenerfassung Im Rahmen der Grunddatenerhebung werden Basisdaten erhoben, die für ein längerfristiges Monitoring notwendig sind. Hierzu zählt zunächst die Zusammenstellung des allgemeinen Kenntnisstandes zur Ökologie und Verbreitung in Hessen. Informationslücken in der Verbreitung müssen durch gezieltes Nachsuchen von Wochenstubenquartieren geschlossen werden. Die Zählung der Wochenstubenquartiere nach den Vilm-Kriterien (Biedermann et al.. 2003) ist eine Vorraussetzung für weiterführende Zählungen. Dazu werden die Quartiere begangen und die Tiere entweder direkt gezählt oder fotografiert und später ausgezählt. Wird die Wochenstube nur über einen Eingang aufgesucht können automatische Registriereinrichtungen die Zählung vereinfachen. Übertagen die Tiere versteckt oder ist die Wochenstube nicht begehbar, so ist die Koloniegröße mittels Ausflugzählung festzustellen. Für einige Kolonien des Großen Mausohrs sollten die Habitatansprüche und Aktionsradien mittels Telemetrie festgestellt werden. Daraus lassen sich die charakteristischen Habitatstrukturen ableiten, die anschließend mittels Luftbildinterpretation und Strukturkartierungen in FFH-Gebieten quantifiziert werden können. 4

Auch im Winterquartier lassen sich Große Mausohren gut beobachten, da die Tiere in der Regel frei hängend überwintern. Für die Grunddatenerhebung werden die Tiere bei Quartierkontrollen zweimal im Winter gezählt und auf dieser Basis der Bestand geschätzt. 3.2 Monitoring Für das Monitoring sind regelmäßige und standardisierte Erhebungen notwendig. Zur gesamthessischen Populationsüberwachung sollten jährlich mindestens 70% der hessischen Wochenstuben, sowie die wichtigsten Winterquartiere kontrolliert werden, um Bestandsentwicklungen frühzeitig erkennen zu können. Die Strukturkartierungen in den FFH- Gebieten, die speziell für das Große Mausohr ausgewiesen wurden, müssen alle sechs Jahre wiederholt werden, um Veränderungen des Lebensraumes zu dokumentieren. Dazu wird die Flächenpräsenz über standardisierte Detektorkartierungen erfasst. 4. Allgemeine Verbreitung Das große Mausohr ist eine westpaläarktische Art, die vom Mittelmeer im Südwesten bis nach Norddeutschland und im Osten bis in die Ukraine und Weißrussland verbreitet ist. Im Südosten verläuft die Verbreitungsgrenze durch Syrien und Israel. Ob die Art in Nordafrika vorkommt ist umstritten (Mitchell-Jones et al. 1999, Güttinger et al. 2001). In Deutschland ist die Art weit verbreitet und in allen Bundesländern anzutreffen (Boye et al. 1999). Im Süden und in den Mittelgebirgslagen ist das große Mausohr häufiger als in Norddeutschland, wo es in Schleswig-Holstein seine nördliche Arealgrenze hat (Güttinger et al. 2001, Borkenhagen 1993). In Hessen ist die Art flächendeckend verbreitet. Wochenstuben sind aus fast allen Naturräumen bekannt (Arbeitsgemeinschaft für Fledermausschutz in Hessen 2002). 5. Bestandssituation in Hessen Europaweit wurde seit den 1950er Jahre eine starke Bestandsabnahme festgestellt, die bis Mitte der 1970er Jahre zu einem Rückgang auf bis zu 10% des ursprünglichen Bestandes führte (Güttinger et al. 2001). Während sich die Zahlen seitdem vielerorts erholten (Oldenburg & Hackethal 1989, Rudolph et al. 2001), konnte in Hessen eine Zunahme erst seit Mitte der 1990er Jahre festgestellt werden. Noch 1994 waren nur vier größere Wochenstuben mit mehr als 100 Weibchen bekannt, sowie etwa 20 kleinere. Ein weiterer Rückgang der Zahlen wurde damals erwartet (Rogée & Lehmann 1994). Heute sind mehr als 50 Wochenstuben des Großen Mausohrs dokumentiert, dazu kommen zahlreiche Einzelnachweise, sowie eine Reihe von Winterquartieren (Arbeitsgemeinschaft für Fledermausschutz in Hessen 2002). Die aktuelle Zusammenstellung der Fundpunkte ergab für den Zeitraum seit 1995 921 Fundpunkte, darunter 53 Wochenstubenquartiere, 82 Fundpunkte für Reproduktion, 265 Winterquartiere und zusätzlich 592 sonstige Fundpunkte (Abb. 2). Aufsummiert können in den bekannten Wochenstubenkolonien Hessens > 9000 adulte Weibchen gezählt werden. 5

Verbreitungsschwerpunkt der Wochenstubenkolonien ist das Osthessische Bergland (Naturraum D 47, Tab. 1). Im Winter können Mausohren v.a. in Quartieren in den Landkreisen Lahn-Dill, Limburg-Weilburg (D 39, Westerwald) sowie Werra-Meißner und Hersfeld-Rothenburg (D 47) festgestellt werden. Die Wochenstubenkolonien umfassen meist zwischen 100 und 400 adulte Weibchen, das größte Wochenstubenquartier umfasst > 1.500 Weibchen. Das individuenreichste Winterquartier wird von > 100 Mausohren aufgesucht. Abb. 2: Dargestellt ist die räumliche Verteilung von 921 Fundpunkten für das Große Mausohr (Myotis myotis) auf die Naturräume in Hessen in dem Zeitraum seit 1995. 6

Tab. 1: Verteilung der aktuellen Fundpunkte des Großen Mausohrs (Myotis myotis) seit 1995 auf die naturräumlichen Haupteinheiten in Hessen (n = 921). Naturräumliche Haupteinheit Anzahl D 18 Thüringer Becken und Randplatten 8 D 36 Weser- u. Weser-Leine-Bergland (Niedersächsisches Bergland) 13 D 38 Bergisches Land, Sauerland 37 D 39 Westerwald 126 D 40 Lahntal und Limburger Becken 17 D 41 Taunus 111 D 44 Mittelrheingebiet 10 D 46 Westhessisches Bergland 187 D 47 Osthessisches Bergland, Vogelsberg u. Rhön 231 D 53 Oberrheinisches und Rhein-Main-Tiefland 87 D 55 Odenwald, Spessart u. Südrhön 94 6. Gefährdungsfaktoren und -ursachen Im Wesentlichen können sich drei Faktoren unmittelbar auf den Bestand des Großen Mausohrs auswirken. Zum einen stellt die Bevorzugung ungenutzter Dachböden als Wochenstubenquartier, die zusätzlich zum Teil von einer sehr großen Zahl von Tieren genutzt wird, ein Risiko dar. Die Zerstörung einer einzelnen Kolonie kann so Auswirkungen auf den Bestand einer ganzen Region haben. Verluste durch den Einsatz von Holzschutzmitteln spielen dabei mittlerweile nur noch eine untergeordnete Rolle (Rudolph et al. 2001). Zum Zweiten wirken sich forstliche Maßnahmen wie Nadelholzunterbau in Laubwäldern oder die Umwandlung von Laub- in Nadelwald auf die Jagdhabitatsfläche und damit direkt auf die zur Verfügung stehende Nahrungsdichte aus. Der Einsatz von Pestiziden zur Bekämpfung von Kalamitäten im Forst kann sich ebenfalls sehr ungünstig auswirken. Die Zerschneidung von Lebensräumen durch breite und stark befahrene Verkehrswege kann ein dritter wesentlicher Faktor für die qualitative Entwertung von Mausohrlebensräumen sein. Mausohren fliegen oft in geringer Höhe und strukturgebunden, so dass schnell fahrende Fahrzeuge zu einer erhöhten Mortalität führen. 7. Grundsätze für Erhaltungs- und Entwicklungsmaßnahmen Entsprechend der Gefährdungsursachen sollten sich Erhaltungs- und Entwicklungsmaßnahmen auf die Sicherung von Wochenstuben und Jagdgebieten konzentrieren. Dazu zählen Erhaltung und Kontrolle von bekannten Wochenstubenquartieren sowie die gezielte Suche nach weiteren Quartieren, zusätzlich Neuschaffung von Quartiermöglichkeiten in ungenutzten Dachböden. 7

Notwendige Umbau- und Sanierungsarbeiten sind fledermausgerecht durchzuführen (vgl. Dietz & Weber 2000), auf den fledermausgerechten Holzschutz muss geachtet werden. Erhaltung des hohen Laubwaldanteils in Hessen und Verzicht auf forstliche Intensivierungsmaßnahmen, wie z.b. Umwandlung in Nadelwald, Unterbau einschichtiger Buchenbestände mit Nadelholz. Des Weiteren sollten die bekannten Winterquartiere vor Störungen geschützt werden. 8. Literatur Arbeitsgemeinschaft für Fledermausschutz in Hessen (Hrsg.) (2002): Die Fledermäuse Hessens II. Kartenband zu den Fledermausnachweisen von 1995-1999. Arlettaz, R., Perrin, N. & Hausser, J. (1997): Trophic resources partitioning and competition between the two sibling bat species Myotis myotis and Myotis blythii. J. Animal Ecology 66: 897-911. Biedermann, M., Meyer, I. & Boye, P. (2003): Bundesweites Bestandsmonitoring von FM soll mit dem Mausohr beginnen: eine Fachtagung auf der Insel Vilm vereinbarte eine zweijährige Testphase. Natur & Landschaft Heft 3: 84 92. Borkenhagen, P. (1993): Atlas der Säugetiere Schleswig-Holsteins. Kiel (Landesamt für Naturschutz und Landschaftspflege Schleswig-Holstein) 131 S. Boye, P., Dietz, M. & Weber, M. (Bearb.) (1999): Fledermäuse und Fledermausschutz in Deutschland. Bonn (Bundesamt für Naturschutz) 110 S. Dense, C. & Rahmel, U. (2002): Telemetrische Untersuchungen an Mausohren (Myotis myotis) im südlichen Niedersachsen zur Bestimmung des Aktionsraumes bei der Jagd vor dem Hintergrund der Abgrenzung von FFH-Gebieten. Informationsdienst Naturschutz Niedersachsen 22 (1): 41-47. Dietz, M. & Weber, M. (2000): Baubuch Fledermäuse. Gießen (Arbeitskreis Wildbiologie) 228 S. + Kopiervorlagen. Dietz, M. & Simon, M. (2003): Konzept zur Durchführung der Bestandserfassung und des Monitorings für Fledermäuse in FFH-Gebieten im Regierungsbezirk Giessen. BfN- Skripten 73: 87-140. Güttinger, R., Zahn, A., Krapp, F. & Schober, W. (2001): Myotis myotis (Borkhausen, 1797) Großes Mausohr, Großmausohr. - In: Krapp, F. (Hrsg.): Handbuch der Säugetiere Europas, Band 4: Fledertiere, Teil I: Chiroptera I. Wiebelsheim (Aula-Verlag) S. 123-207. Meschede, A. & Heller, K.-G. (2000): Ökologie und Schutz von Fledermäusen in Wäldern. Münster (Landwirtschaftsverlag) Schriftenreihe für Landschaftspflege und Naturschutz 66, 374 S. Mitchell-Jones, A. J., Amori, G., Bogdanowicz, W., Kryštufek, B., Reijnders, P. J. H., Spitzenberger, F., Stubbe, M., Thissen, J. B. M., Vohralík, V. & Zima, J. (1999): The Atlas of European Mammals. London (Academic Press) 496 p. Oldenburg, W. & Hackethal, H. (1989): Zur Bestandsentwicklung und Migration des Mausohrs, Myotis myotis (Borkhausen, 1797) (Chiroptera: Vespertilionidae), in Mecklenburg. Nyctalus (N. F.) 2: 501-519. 8

Rogée, E. & Lehmann, G. (1994): Großes Mausohr, Myotis myotis (Borkhausen 1797). In: Arbeitsgemeinschaft für Fledermausschutz in Hessen (Hrsg.): Die Fledermäuse Hessens. Remshalden-Buch (Verlag Manfred Hennecke) S. 50-51. Rudolph, B.-U., Hammer, M. & Zahn, A. (2001): Das Forschungsvorhaben Bestandsentwicklung und Schutz der Fledermäuse in Bayern. BayLfU 156: 241-268. Wolz, I. (2002): Beutespektren der Bechsteinfledermaus (Myotis bechsteinii) und des Großen Mausohrs (Myotis myotis) aus dem Schnaittenbacher Forst in Nordbayern. In: Meschede, A., Heller, K.-G. & Boye, P. (Bearb.): Ökologie, Wanderungen und Genetik von Fledermäusen in Wäldern Untersuchungen als Grundlage für den Fledermausschutz. - Münster (Landwirtschaftsverlag) Schriftenreihe für Landschaftspflege und Naturschutz 71: 213-224. 9