Mobbing - Prävention und Intervention

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Transkript:

Mobbing - Prävention und Intervention Teil 1: Johann Haffner Hilfsmöglichkeiten für stark Betroffene, Bedeutung und Auswirkungen von Mobbing anhand wissenschaftlicher Daten und klinischer Fallbeispiele Teil 2: Vanessa Jantzer Handlungsmöglichkeiten im Kontext Schule Dr. Johann Haffner und Dipl. Psych. Vanessa Jantzer Universitätsklinikum Heidelberg Zentrum für Psychosoziale Medizin Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie

Fragen zu Mobbing Was ist Mobbing? (Definition / Beschreibung anhand von Fallbeispielen) Auswirkungen im klinischen Einzelfall Hilfsmöglichkeiten in der KJP Heidelberg Wie häufig kommt Mobbing in Schulen vor? Auswirkungen von Mobbing anhand empirischer Studien

Auswirkungen von Mobbing im Einzelfall - Schulische Mobbingopfer zeigen vielfältige und teils sehr schwerwiegende Symptome (Traurigkeit, negatives Selbstwertgefühl, auffälliges Sozialverhalten, sozialer Rückzug, Schulabsentismus, soziale und allgemeine Ängste, selbstverletzendes Verhalten, Suizidversuche, PC-Sucht, psychosomatische Beschwerden ect.), - Bei vielen Patient/innen der KJP spielt Mobbing in der Entstehung und im Verlauf psychischer Störungen eine bedeutsame Rolle. - Die KJP Heidelberg bietet Hilfe zur Behandlung der psychischen Symptomatik im Einzelfall an, kann aber die Ursachen der Problematik (schulisches Mobbing) oft nur wenig beeinflussen. - Wir benötigen langfristig nicht mehr Behandlungsplätze für Mobbingopfer, sondern eine bessere Prävention von Mobbing in der Schule.

Hilfsmöglichkeiten in der KJP Heidelberg? - Spezifische Behandlung der Symptomatik (ambulant, teilstationär oder stationär) - Eltern- und Einzelgespräche über Schwierigkeiten in verschiedenen Lebensbereichen (zu Hause, Schule, Freizeit etc.) - Stärkung von Selbstwert und sozialen Kompetenzen über multimodale Behandlungsangebote - Besuch der Klinikschule - Gespräche mit beteiligten Institutionen (Schule, Jugendamt, Schulsozialarbeiter, ambulante Therapeuten etc.)

Was ist Mobbing? Definition von Olweus 1991: Schüler/in wird gemobbt, wenn Er/Sie: wiederholt und über eine längere Zeit durch einen oder mehrere Schüler/innen negativen Handlungen ausgesetzt wird Schlagen, stoßen, treten... Verbal/Gesten Nichtbeachten, Ausschluss Kräfteverhältnis asymmetrisch

Was ist Mobbing? Mobben ist eine besondere Form von Gewalt (Misshandlung / Hilflosigkeit des Opfers) Sichere, gewaltfreie Schule (Kindergarten) ist ein Grundrecht für alle Kinder Handlungs- Verantwortung liegt bei den Erwachsenen

Mobbing im Internet Cybermobbing Jemanden in Internetforen (chat room, Schüler VZ, facebook usw.) beschimpfen, lächerlich machen, verleumden Peinliche oder unschöne Fotos, Videos ins Netz stellen Aufrufe zur Ausgrenzung, hetzen, lästern, durch unwahre Behauptungen Streit und Hass provozieren usw. Mobbing per Handy (Sms oder Bilder/Videos)

Häufigkeit von Mobbing Wie häufig kommt Mobbing in Schulen vor? Welche Rolle spielen: Alter, Geschlecht und Schulart?

Eigene Studien: Häufigkeit von Mobbing Ergebnisse epidemiologischer Studien Jugendstudie 2005 im Rhein-Neckar-Kreis (repräsentative Stichprobe N=5832, 14-16 Jahre): 19% sind selten, 2% oft ein Opfer von Mobbing Begleitstudie Schulsozialarbeit 2010 in Heidelberg (5. und 7. Klasse HS/RS N=303, 10-14 Jahre): 21% bezeichnen sich als Opfer von Mobbing (mind. 2-3 mal im Monat) Internationale repräsentative Studien: ca. 20% bis 30% der Schüler sind als Opfer und/ oder Täter von Mobbing betroffen

Opfer von Mobbing / Aktuelle Daten (2010) 5. und 7. Klasse Heidelberger Haupt- und Realschulen Nie/selten* Regelmäßig** Mehrmals Spezifische Mobbingitems pro Woche Beschimpft, gehänselt 88% 7.3% 5.0% Nicht mitmachen lassen, ausgeschlossen, nicht beachtet 94% 4.0% 1.7% Geschlagen, getreten, rumgeschubst oder eingesperrt 95% 3.3% 1.7% Lügen und Gerüchte über mich verbreitet 91% 6.0% 3.3% Geld geklaut, Sachen weggenommen oder beschädigt 98% 1.3% 0.3% Bedroht oder zu Dingen gezwungen, die ich nicht wollte 98% 1.0% 0.7% Wegen Hautfarbe oder Nationalität beschimpft 98% 2.0% 0.3% Namen, Bemerkungen oder Gesten mit sexuellem Inhalt 97% 2.0% 1.0% Verletzende Nachrichten/Anrufe/Fotos über Handy/Internet 99% 1.0% 0.0% *Max. ein oder zwei Mal in den letzten Monaten ** Zwei bis drei mal pro Monat bis einmal pro Woche v.a. verbales und soziales Mobbing 10

Geschlechtsunterschiede Mobbing bei Jungen häufiger körperlich, offen aggressiv, direkt nach außen sichtbar Mobben von Mädchen ist weniger sichtbar, über typische Formen des Mobbens bei Mädchen ist weniger bekannt Mädchen die mobben verwenden eher versteckte (verbale) Formen wie: üble Nachrede, verbreiten von Gerüchten, einem Mädchen die Freundin ausspannen, Ausgrenzung, hetzen, lästern usw.

Auswirkung von Mobbing Ergebnisse empirischer Studien : Opfer: emotionale Störungen: 5x höheres Risiko für Angst/ Depression, 3x höheres Risiko für Suizidalität und Selbstverletzung; weitere Folgen: vermehrte somatische Beschwerden, sozialer Rückzug, niedrigerer Selbstwert Täter: Verhaltensauffälligkeiten, antisoziale oder delinquente Tendenzen im Erwachsenenalter Schule: verminderter Schulerfolg auf Opfer- und Täterseite, Bildungschancen und Lernerfolge werden verhindert, Unterrichtszeit geht verloren, erhöhte Fehlzeiten

Bedeutung und Auswirkungen von Mobbing in der Schule Mobbing betrifft mindestens 20% der Schüler/innen Die Häufigkeit von Mobbing hängt vom sozialen Klima in der Schule ab Auswirkung von Mobbing: Opferseite: schwere emotionale Belastungen bis hin zu Suizidversuchen, negative Auswirkungen auf schulische und Persönlichkeitsentwicklung Täterseite: enge Zusammenhänge mit späterer Delinquenz Mobbing (Gewalt) verschlechtert das soziale Klima und emotionale Befinden der Schüler Durch Mobbing verursachte sozio-emotionale Belastungen verschlechtern den Lernerfolg