HRM2 Harmonisiertes Rechnungslegungsmodell 2 für die Bündner Gemeinden

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Transkript:

Amt für Gemeinden Graubünden Uffizzi da vischnancas dal Grischun Ufficio per i comuni dei Grigioni HRM2 Harmonisiertes Rechnungslegungsmodell 2 für die Bündner Gemeinden Praxisempfehlung Nr. 2 Finanz- und Verwaltungsvermögen Fassung vom 31. März 2014

Inhaltsverzeichnis 1. Gesetzliche Grundlagen...3 2. Das Wichtigste in Kürze...4 3. Unterscheidung zwischen Finanz- und Verwaltungsvermögen...6 3.1 Allgemeines... 6 3.2 Öffentliche Aufgabe... 7 3.3 Ausgabe, Anlage... 9 3.4 Sachen im Gemeingebrauch...10 3.5 Nutzungsvermögen...11 4. Überführungen von Vermögenswerten... 12 4.1 Überführungen ins Verwaltungsvermögen...12 4.2 Überführungen ins Finanzvermögen...12 5. Zuordnung von Vermögenswerten... 13 5.1 Verwaltungsvermögen...13 5.2 Finanzvermögen...13 5.3 Gemischte Nutzung...14 6. Literaturverzeichnis... 15 Herausgeber Amt für Gemeinden Graubünden Grabenstrasse 1 7001 Chur 2

1. Gesetzliche Grundlagen Der Kanton führte auf das Rechnungsjahr 2013 HRM2 ein. Bei den Gemeinden startete die Umsetzung auf 2013 mit Pilotgemeinden. Die flächendeckende Einführung vom HRM2 bei den Bündner Gemeinden erfolgt bis 2018. Das Harmonisierte Rechnungslegungsmodell 2 (HRM2) für die Bündner Gemeinden stützt sich auf folgende Erlasse: Gesetz über den Finanzhaushalt des Kantons Graubünden (Finanzhaushaltsgesetz, FHG; BR 710.100) Finanzhaushaltsverordnung für die Gemeinden (FHVG, BR 710.200) Die Bestimmungen des FHG gelten für die politischen Gemeinden, soweit nicht abweichende kantonale Bestimmungen gelten oder das Gesetz ausdrücklich kantonale Tatbestände regelt. Für die Regional- und Gemeindeverbände sowie die Bürgergemeinden gilt das Gesetz sinngemäss, soweit nicht besondere Bestimmungen gelten. Das Gesetz und die Verordnung traten per 1. Dezember 2012 in Kraft. Bestimmungen über das Eigentum und die Verwaltung des Gemeindevermögens finden sich überdies im kantonalen Gemeindegesetz (GG, BR 175.050; Art. 27 ff.). 3

2. Das Wichtigste in Kürze In der Bilanz werden die Aktiven und die Passiven einander gegenübergestellt. Die Aktiven werden in Finanz- und Verwaltungsvermögen, die Passiven in Fremd- und Eigenkapital gegliedert. Die Definition der Begriffe Finanz- und Verwaltungsvermögen erfährt durch HRM2 keine Änderung. Bei der Umschreibung der beiden Vermögenskategorien knüpft das Finanzhaushaltsgesetz am Begriff der "öffentlichen Aufgabe" an, welche ihrerseits die "öffentlichen Interessen" konkretisieren. Die Zuordnung eines Vermögenswertes entweder zum Verwaltungs- oder zum Finanzvermögen orientiert sich an der Abgrenzung zwischen der Ausgabe und der Anlage. Die Unterscheidung zwischen beiden Vermögensarten ist finanzrechtlich vor allem bei den Zuständigkeiten und den Bestimmungen über die Bilanzierung und Bewertung von Bedeutung. Die Beschaffung von Verwaltungsvermögen hat im finanzrechtlichen Sinne Ausgaben zur Folge. Die Zuständigkeit der kommunalen Organe für die Beschlussfassung von Ausgaben richtet sich dabei in aller Regel nach den Bestimmungen der jeweiligen Gemeindeverfassung. Aufwendungen für das Finanzvermögen stellen finanzrechtlich eine Anlage dar. Ob ein Vermögenswert dem Verwaltungs- oder dem Finanzvermögen zuzuordnen ist, erweist sich im Einzelfall nicht immer einfach. Die Unterscheidung ist gleichbedeutend mit der Abgrenzung zwischen den Begriffen der Ausgabe und der Anlage. Das entscheidende Kriterium ist jenes der Realisierbarkeit. Bei der Ausgabe werden bisher frei verfügbare und realisierbare Vermögenswerte zur Erfüllung einer Verwaltungsaufgabe, die den Rahmen der ausschliesslichen Vermögensverwaltung übersteigt, dauernd an einen öffentlichen Zweck gebunden; es findet eine Umschichtung von Finanzvermögen zu Verwaltungsvermögen statt, d.h. das Vermögen verliert seine Realisierbarkeit. Bei der Anlage wird lediglich die Zusammensetzung realisierbarer Vermögenswerte, nicht jedoch deren Höhe verändert 1. Die Erwirtschaftung einer marktüblichen Rendite, welche teilweise als Merkmal des Finanzvermögens genannt wird, bildet hingegen kein klares Unterscheidungskriterium zwischen Finanz- und Verwaltungsvermögen. Denn es kann unter Umständen möglich sein, auch mit Verwaltungsvermögen eine marktwirtschaftliche Rendite zu erzielen, wenn dies mit einer sinnvollen öffentlichen Aufgabenerfüllung zu vereinbaren ist (z. B. öffentlicher Verkehr). 1 Caviezel, S. 54 ff., 56, Hangartner, S. 43 ff. 4

Mit dem Übergang zum HRM2 ist die Zuteilung der Vermögenswerte zum Finanz- bzw. Verwaltungsvermögen zu überprüfen. In diesem Zusammenhang erforderliche Überführungen von Vermögenswerten vom Finanz- ins Verwaltungsvermögen werden ohne weiteres Ausgabenbewilligungsverfahren über die Bilanz vorgenommen (Art. 52 FHG). Die öffentlichen Sachen im Gemeingebrauch und das spezifisch dem bündnerischen Recht eigene Nutzungsvermögen bilden die beiden weiteren Kategorien der öffentlichen Sachen. Das vorliegende Papier will zudem die wichtigsten Änderungen finanztechnischer Natur im Zusammenhang mit HRM2 überblicksmässig aufzeigen. 5

3. Unterscheidung zwischen Finanz- und Verwaltungsvermögen 3.1 Allgemeines Die beiden Vermögenskategorien Finanzvermögen und Verwaltungsvermögen gehören zu den öffentlichen Sachen im weiteren Sinne, d.h. jenen Sachen, deren sich ein Gemeinwesen zur Erfüllung seiner Aufgaben bedient. Sie können systematisch wie folgt dargestellt werden: Öffentliche Sachen i.w.s. Finanzvermögen Öffentliche Sachen i.e.s. Verwaltungsvermögen Öffentliche Sachen im Gemeingebrauch Das Finanzvermögen umfasst jene Vermögenswerte, die ohne Beeinträchtigung der Erfüllung öffentlicher Aufgaben veräussert werden können (Art. 2 Abs. 1 FHG). Es umfasst diejenigen Vermögenswerte, die das Gemeinwesen nicht wegen ihres Gebrauchs-, sondern wegen ihres Kapital-, Tausch- oder Anlagewertes besitzt (z.b. Wertschriften, Bargeld, Liegenschaften), d.h. das Finanzvermögen setzt sich aus realisierbaren Aktiven zusammen. Die Objekte des Finanzvermögens dienen somit bloss mittelbar bzw. indirekt zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben, indem sie dem Gemeinwesen die finanziellen Mittel zur Führung der öffentlichen Verwaltung liefern. Die entsprechenden Vermögenswerte können folglich auch ohne (direkte) Beeinträchtigung der öffentlichen Aufgabenerfüllung veräussert werden. Die zum Finanzvermögen gehörenden Vermögenswerte unterliegen der Rechtsordnung des Privatrechts. Das Verwaltungsvermögen umfasst jene Vermögenswerte, die unmittelbar und auf längere Zeit der Erfüllung öffentlicher Aufgaben dienen (Art. 2 Abs. 2 FHG). Im Unterschied zum Finanzvermögen sind die zum Verwaltungsvermögen gehörenden Objekte zweckgebunden und infolgedessen nicht frei realisierbar (z. B. Verwaltungsgebäude, Werkhöfe, Schulhäuser, aber auch staatliche Spitäler, Bibliotheken und Museen). 6

3.2 Öffentliche Aufgabe Die Legaldefinitionen des Finanz- und des Verwaltungsvermögens durch das FHG orientieren sich beide am Begriff der "öffentlichen Aufgabe", weshalb dessen Umschreibung zentral für die Einordnung in die eine oder andere Kategorie ist. Der Begriff wird jedoch nicht einheitlich verwendet, weshalb es eine allgemeine Definition nicht gibt. Öffentliche Aufgaben konkretisieren öffentliche Interessen, d.h. jeder öffentlichen Aufgabe muss ein öffentliches Interesse zugrunde liegen. Eine öffentliche Aufgabe darf somit nur solange wahrgenommen werden, als ein öffentliches Interesse daran besteht. Das öffentliche Interesse ist unbestimmt und in zeitlicher und örtlicher Hinsicht wandelbar. Weil es die öffentlichen Aufgaben steuert, sind auch diese dynamisch und entwickeln sich laufend. Das Bundesgericht hat das öffentliche Interesse wie folgt definiert: Welche Massnahmen im öffentlichen Interesse liegen, lässt sich nicht ein für allemal bestimmen, sondern hängt von den jeweils gegebenen Verhältnissen ab. Die Änderung von sozialen, wirtschaftlichen oder politischen Gegebenheiten kann bestimmte staatliche Vorkehrungen, welche bisher durch kein zulässiges Motiv gedeckt gewesen waren, nunmehr als im öffentlichen Interesse liegend erscheinen lassen, während umgekehrt ein bisher gegebenes öffentliches Interesse an einer bestimmten Massnahme im Laufe der Zeit sich abschwächen oder entfallen kann" (BGE vom 2. Juli 1975, ZBl 1976, S. 357 ff., 362). Eine inhaltliche Umschreibung der öffentlichen Aufgaben erweist sich als schwierig. Als Aufgabenbestimmungen gelten Vorschriften darüber, was die einzelnen Organe eines Gemeinwesens in materieller Hinsicht zu tun haben, mit anderen Worten: Bestimmungen, welche dem Gemeinwesen "für bestimmte Aufgabenbereiche inhaltlich umschriebene Verantwortung und Obliegenheiten" zuweisen 2. Das Gemeindegesetz statuiert keine allgemeinen Voraussetzungen für die Übernahme einer Aufgabe durch eine Gemeinde. Art. 3 Abs. 1 1. Satz GG statuiert lediglich, dass die Gemeinden die Aufgaben besorgen, die sich ihnen zum Wohle der Allgemeinheit stellen und die nicht ausschliesslich vom Bund oder vom Kanton erfüllt werden. 2 Friederich, Kommentar zum GG/BE, Vorb. zu Art. 61-69, Rz. 2 m.h. 7

Eine Gemeindeaufgabe muss nicht einer bestimmten inhaltlichen Umschreibung entsprechen. Jede Tätigkeit kann wohl als Gemeindeaufgabe gelten, welche aufgrund eines kommunalen Aktes (Erlass oder Beschluss) zu einer solchen erklärt wird. Ob in einem konkreten Fall eine Gemeindeaufgabe anzunehmen ist oder nicht, hat mitunter weit reichende Konsequenzen, vor allem für den kommunalen Finanzhaushalt. Die unmittelbar der Erfüllung öffentlicher Aufgaben dienenden Vermögenswerte werden zu Verwaltungsvermögen. Dazu zählen nicht nur Sachen, die primär der Verwaltung selbst (in einem engeren Sinne, z.b. Verwaltungsgebäude, Schulgebäude, Werkhof, ARA) dienen, sondern auch solche, die der Allgemeinheit zur Verfügung stehen (sog. Sachen im Gemeingebrauch), wie Strassen, Plätze oder Parkanlagen. Auch die Beteiligung einer Gemeinde an einem Skiliftunternehmen in der Region oder an einer Parkgarage stellt Verwaltungsvermögen dar, wenn das zuständige Organ die Übernahme dieser Aufgabe beschlossen hat 3. Gemeindeaufgaben sind i.d.r. nicht zwingend von dauerhafter Natur. So kann z.b. die Unterstützung eines besonderen kulturellen oder sportlichen Anlasses zur Gemeindeaufgabe erklärt werden. Die Übernahme einer Aufgabe durch eine Gemeinde und damit die Qualifikation als öffentliche Aufgabe führt dazu, dass die der Aufgabenerfüllung unmittelbar dienenden Vermögenswerte zu Verwaltungsvermögen werden. Mit der Beschaffung von Verwaltungsvermögen ist eine finanzrechtliche Ausgabe verbunden (vgl. nachstehend). Das Finanzvermögen dient im Gegensatz zum Verwaltungsvermögen, welches unmittelbar der Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe dient (vgl. Definition in Art. 2 Abs. 2 FHG), diesem Zweck nur mittelbar mit seinem Ertrag oder seinem Wert. Beim Finanzvermögen handelt es sich um realisierbare Aktiven (z.b. Bargeld, Wertschriften, Liegenschaften). Sie können im Gegensatz zum Verwaltungsvermögen, welches weder realisierbar noch pfändbar ist, veräussert, gepfändet und verpfändet werden. Die entsprechenden Aufwendungen werden finanzrechtlich als Anlage bezeichnet (vgl. nachstehend). 3 Friederich, a.a.o., Rz. 12 8

3.3 Ausgabe, Anlage a) Die Unterscheidung zwischen Verwaltungsvermögen und Finanzvermögen hängt eng mit dem Begriffspaar Ausgabe und Anlage zusammen. Mit der Beantwortung der Frage, ob im Einzelfall eine Ausgabe oder eine Anlage vorliegt, wird gleichzeitig die Frage beantwortet, ob die entsprechenden Mittel des Finanzvermögens für die Erfüllung einer (öffentlichen) Aufgabe verwendet und somit (an die entsprechende öffentliche Aufgabe) gebunden werden oder nicht bzw. ob mit der Aufwendung Verwaltungsvermögen (Ausgabe) oder Finanzvermögen (Anlage) beschafft werden soll. Die Abgrenzung Ausgabe/Anlage ist deshalb zentral, weil vor jeder Prüfung von Zuständigkeitsfragen geklärt werden muss, ob überhaupt ein möglicher bewilligungspflichtiger Vorgang vorliegt. Nur wenn diese Frage bejaht werden kann, wird in einer zweiten Phase geprüft, welche Bewilligungen von welchen Instanzen eingeholt werden müssen 4. b) Zur Abgrenzung zwischen Ausgabe und Anlage hat das Bundesgericht im Entscheid BGE 93 I 320 E. 5b u.a. folgendes festgehalten: Ob eine Aufwendung staatlicher Mittel als Ausgabe oder als Anlage zu behandeln ist, entscheidet sich letztlich nach der damit verfolgten Absicht. Worauf diese gerichtet ist, kann naturgemäss nur auf Grund der Umstände des Einzelfalles beurteilt werden. Immerhin ist festzustellen, dass die Absicht des Gemeinwesens, eine Vermögensanlage zu machen, lediglich dann bejaht werden darf, wenn sämtliche Merkmale, insbesondere auch der typische Anlagezweck, gegeben sind. c) Eine Ausgabe im Sinne von Art. 3 Abs. 2 FHG liegt dann vor, wenn zur Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe über die allgemeinen Finanzen verfügt wird. Die Ausgabe bedeutet somit eine Verminderung des Finanzvermögens durch Abgang flüssiger Mittel oder dauernde Widmung realisierbarer Vermögenswerte für einen öffentlichen Zweck mit der Folge, dass der betreffende Vermögenswert nicht mehr realisierbar, d.h. kaufmännisch verwertbar ist 5. Nach ihrem Zweck unterscheidet man Konsumausgaben und Investitionsaufgaben. Während die Konsumausgaben Wertverzehr darstellen, dienen die Investitionsausgaben der Bildung dauernder Vermögenswerte für die Aufgabenerfüllung 6. 4 Saile, S. 41 5 Thalmann, 119, N 1; B, S. 387 6 Thalmann, 119, N 2; Hangartner, S. 44; Caviezel, S. 55 9

Die Höhe der (neuen) Ausgabe bestimmt die Zuständigkeit für deren Bewilligung, wobei sich in der Regel die Ausgabenhöhe und die politische Bedeutung des Geschäfts entsprechen. Das Institut des Ausgabenreferendums hat zum Zweck, dem stimmberechtigten Steuerpflichtigen ein Mitspracherecht einzuräumen bei Aufwendungen des Gemeinwesens, welche geeignet sind, die steuerliche Belastung zu erhöhen 7. d) Als Anlage im Sinne von Art. 3 Abs. 3 FHG wird demgegenüber ein frei realisierbarer Vermögenswert bezeichnet, d.h. dieser kann ohne Beeinträchtigung der Erfüllung öffentlicher Aufgaben veräussert werden. Mit der Anlage wird mit anderen Worten "zum Zwecke der Werterhaltung und zur Sicherung eines angemessenen Ertrages" 8 über allgemeine Staatsmittel verfügt. Im Gegensatz zur Ausgabe unterliegen Anlagegeschäfte nicht dem Finanzreferendum, sie werden von der Exekutive vorgenommen. Als gewichtige Ausnahme von diesem Grundsatz gilt der Erwerb und die Veräusserung von Grundeigentum, die, auch wenn sie nur im Rahmen des Finanzvermögens gekauft oder verkauft werden, dem Bewilligungsverfahren von eigentlichen Ausgaben unterstehen (vgl. Art. 9 lit. e GG). Zwischen der Abgrenzung der Ausgaben von den Anlagen gibt es unzählige Finanzvorfälle, die nicht immer eindeutig der einen oder der anderen Kategorie und damit entweder dem Verwaltungsvermögen oder dem Finanzvermögen zugeordnet werden können. 3.4 Sachen im Gemeingebrauch Zu den öffentlichen Sachen im weiteren Sinne gehören neben dem Verwaltungsvermögen und dem Finanzvermögen (vgl. Art. 27 lit. b und d Gemeindegesetz, GG; BR 175.050) ebenfalls die sogenannten Sachen im Gemeingebrauch (vgl. Art. 27 lit. a GG). Diese stehen der Allgemeinheit zur Benutzung offen. Im Gegensatz zum Finanzvermögen dienen diese Sachen unmittelbar der Erfüllung öffentlicher Aufgaben und sind nicht realisierbar. Gegenüber dem Verwaltungsvermögen unterscheiden sie sich durch den offenen Benutzerkreis. Als öffentliche Sachen im Gemeingebrauch gelten etwa Strassen, Plätze, Seen, Flüsse oder kulturunfähiges Land. 7 Caviezel, S. 54 8 BGE 112 Ia 227 10

3.5 Nutzungsvermögen Als vierte Vermögenskategorie kennt das bündnerische Recht noch das Nutzungsvermögen (vgl. Art. 27 lit. c GG) (Alpen, Weiden, Wälder, evtl. Gemeinlöser, Gemeinatzungsrechte, Beholzungs- und Weiderechte). "Soweit die dazu gehörenden Grundstücke der Versorgung der Einwohner mit Holz und Weide dienen oder soweit Gemeindelöser den anspruchsberechtigten Landwirten zur Bewirtschaftung überlassen werden, weisen sie Begriffselement des Verwaltungsvermögens auf, indem sie ebenfalls der Erfüllung öffentlicher Zwecke dienen. Soweit sie anderseits der Gemeinde einen Ertrag an Zinsen und Taxen oder bei Veräusserungen einen Verkaufserlös abwerfen, können sie auch dem Finanzvermögen zugerechnet werden". 10 Das Nutzungsvermögen ist für den Kanton Graubünden vor allem auch historisch von Bedeutung. Die Auseinandersetzungen zwischen den Anhängern der Bürgergemeinden und der politischen Gemeinden vor Erlass des Gemeindegesetzes im Jahre 1974 drehten sich hauptsächlich um die Frage des Eigentums an dieser Vermögenskategorie. Sie hat denn auch im Gemeindegesetz eine ausführliche Regelung erhalten (vgl. Art. 30 ff. GG). Mit dem Ziel, ungeklärte Eigentumsverhältnisse auf unabsehbare Zeit hinaus zu vermeiden, und nach einem Jahrhundert der Unsicherheit abschliessende Regelungen zu fördern, wurde im Gemeindegesetz im Jahre 1974 in der Übergangsbestimmung Art. 103 eine zehnjährige Frist für notwendige Auseinandersetzungen um das Nutzungsvermögen statuiert. Innert dieser Frist nicht der Bürgergemeinde zuerkanntes Eigentum gehört vermutungsweise der politischen Gemeinde. Wo das Nutzungsvermögen nicht im Verwaltungsvermögen bilanziert ist, ist es im Anhang aufzuführen (Art. 27 FHVG). 10 Raschein/Vital, S. 159 f. 11

4. Überführungen von Vermögenswerten 4.1 Überführungen ins Verwaltungsvermögen Mit dem Ausgabenbeschluss erfolgt die Bindung des Finanzvermögens. Eine Sache wird an einen öffentlichen Zweck gebunden, sie wird gleichsam für ihn reserviert; die Behörde kann über das Geld nicht mehr frei verfügen. Durch die Bindung scheidet der Vermögenswert aus dem Finanzvermögen aus. Als Ausgabe im Sinne des Finanzreferendums ist somit die Bindung zu betrachten. Die Bindung wird ergänzt durch die stillschweigende oder ausdrückliche Widmung. Damit erst wird eine bestimmte Sache dem Verwaltungsrecht zur Verfügung gestellt, d.h. die Zweckbestimmung der öffentlichen Sache und somit auch deren Gemeingebrauch festgelegt 11. Sollen Grundstücke aus vorsorglichem Erwerb (Finanzvermögen) konkret für öffentliche Aufgaben verwendet werden, so hat eine Übertragung in das Verwaltungsvermögen zu erfolgen. Es ist dafür ein Ausgabenbeschluss notwendig. Übertragungen vom Finanz- ins Verwaltungsvermögen erfolgen zum Marktwert (Art. 26 Abs. 3 FHG). 4.2 Überführungen ins Finanzvermögen Soll ein Vermögenswert vom Verwaltungsvermögen ins Finanzvermögen überführt werden, spricht man von Entwidmung. Sie stellt den contrarius actus zur Widmung dar. Weil das FHG für die Gemeinden ebenfalls gilt (vgl. Art. 1 Abs. 3 FHG), obliegt die Befugnis zur Überführung eines Vermögenswertes vom Verwaltungsvermögen ins Finanzvermögen abschliessend dem Gemeindevorstand (Art. 2 Abs. 3 FHG). Übertragungen vom Verwaltungs- ins Finanzvermögen erfolgen zum Buchwert (Art. 27 Abs. 5 FHG). Anschliessend erfolgt eine Neubewertung der Liegenschaft per Bilanzstichtag zum Marktwert. 11 Caviezel, S. 59 f. m.h. auf BGE 95 I 102; Imboden/Rhinow/Krähenmann, Nr. 116 B I m.h. 12

5. Zuordnung von Vermögenswerten Die Zuordnung der Vermögenswerte zum Verwaltungs- und Finanzvermögen ist regelmässig zu überprüfen, da sich die Umstände oder Absichten ändern können. Im Hinblick auf die unterschiedlichen Bewertungsmethoden ist eine korrekte Zuordnung unerlässlich. Erforderliche Überführungen von Vermögenswerten vom Finanz- ins Verwaltungsvermögen beim Übergang zum HRM2 werden ohne weiteres Ausgabenbewilligungsverfahren über die Bilanz vorgenommen (Art. 52 FHG). 5.1 Verwaltungsvermögen Zum Verwaltungsvermögen gehören u.a.: Sachanlagen für die öffentliche Aufgabenerfüllung wie z.b. Verwaltungsgebäude, Schulhäuser, Wasserversorgungen, Strassen, etc. Aktien und Anteilscheine an Unternehmen, welche aus öffentlichem Interesse erworben werden, fallen unter die Anlagekategorie "Beteiligungen" Investitionsbeiträge an Alters- und Pflegeheime, Spitäler, etc. Alpen, Wald, Weiden, Allmenden Wiesen, landwirtschaftliches Land sowie Pachtland gehören i.d.r. ebenfalls zum Verwaltungsvermögen 5.2 Finanzvermögen Zum Finanzvermögen gehören unter anderem: Wertschriften zur Kapitalanlage Grundstücke aus vorsorglichem Erwerb wirtschaftlich nicht nutzbare Immobilien (z. B. Restparzellen) zum Verkauf bestimmte Immobilien Immobilien zur Kapitalanlage 13

5.3 Gemischte Nutzung Umfassen Immobilien sowohl dem Verwaltungs- wie auch dem Finanzvermögen zuordenbare Gebäude und Gebäudeteile, so sind sie entsprechend aufzuteilen und im Verwaltungs- und Finanzvermögen zu bilanzieren. Beispiel Verwaltungsgebäude mit Mietwohnungen Eine Gemeinde baut ein Verwaltungsgebäude mit verschiedenen Büros, Sitzungszimmern, etc. für die Verwaltung. Daneben beinhaltet die Liegenschaft auch noch vier Wohnungen, die an Private vermietet werden. Die Räumlichkeiten für die Verwaltung (Büro, Sitzungszimmer) werden für die öffentliche Aufgabenerfüllung benötigt und stellen Verwaltungsvermögen dar. Die vier Mitwohnungen hingegen stellen hingegen Finanzvermögen dar. 14

6. Literaturverzeichnis ARN et al., Kommentar zum Gemeindegesetz des Kantons Bern, Bern 1999 CAVIEZEL GIERI, Das Finanzreferendum im allgemeinen und unter besonderer Berücksichtigung des Kantons Graubünden, Diss. Freiburg Schweiz 1987 HÄFELIN/MÜLLER/UHLMANN, Allgemeines Verwaltungsrecht, 6. A., Zürich 2010 HANGARTNER YVO (Hrsg.), Ausgewählte Fragen des Finanzreferendums, St. Gallen 1992 IMBODEN/RHINOW/KRÄHENMANN, Verwaltungsrechtsprechung, Basel 1990 MOSER ANDRÉ WERNER, Der öffentliche Grund und seine Benützung, Bern 2011 RASCHEIN ROLF / VITAL ANDRI, Bündnerisches Gemeinderecht, Chur 1991 SAILE PETER, Das Recht der Ausgabenbewilligung der zürcherischen Gemeinden, St. Gallen 1991 15