Systemtheorie für Informatiker Dr. Ch. Grimm Professur Technische Informatik, Univ. Frankfurt/Main
Vorlesung Systemtheorie Vorlesung: Übung: Veranstalter: Dr. Christoph Grimm Professur Technische Informatik Zimmer 212 EMail: grimm@informatik.uni-frankfurt.de Sprechstunde: Nachmittags 14.00-15.00 1. Vorlesung Systemtheorie 1
Organisatorisches Scheinvergabe Belegschein: Anwesenheitsliste. Leistungsschein: kleine Klausur am Semesterende. Diplomprüfung: Nach Rücksprache bei Prof. Waldschmidt. Skript, Folien, Übungsaufgaben: im Internet unter www.ti.informatik.uni-frankfurt.de/grimm Literatur: R. Unbehauen: Systemtheorie (Ausführlich, eher zum Nachschlagen) O. Mildenberger: System- und Signaltheorie (gute Einführung, Lehrbuch) 1. Vorlesung Systemtheorie 2
Heute: 1. Warum brauchen Informatiker Modelle der Systemtheorie? 2. Systembegriff 3. Das E/A System 1. Vorlesung Systemtheorie 3
Entwicklung der Komplexität Rechner werden billiger und finden immer mehr Anwendungen über das Berechnen hinaus! 1. Vorlesung Systemtheorie 4
Eingebettete Systeme 1. Vorlesung Systemtheorie 5
Eingebettete Systeme Eingebettete Systeme sind Rechner, die in eine feste Umgebung eingebettet sind. Die Funktion eines Eingebetteten Systems ergibt sich erst aus dem Zusammenspiel von Rechner und Umgebung. Die Umgebung ist multidisziplinär, z. B.: Mechanik (z. B. ABS-Controller, Maschinensteuerung) Optik (z. B. Kamera, MPEG 2, Videosignalverarbeitung... ) Akustik (z. B. MP3, Audiosignalverarbeitung)... 1. Vorlesung Systemtheorie 6
Sind die Modelle aus der Informatik ausreichend? Die Modelle der Informatik reichen aus, um Algorithmen zu beschreiben, aber: Signalverarbeitung und Klang von z. B. MP3? ABS, ESP? Zusammenspiel von Bremse, Controller und Auto? Regelkreis? Videosignalverarbeitung? 1. Vorlesung Systemtheorie 7
Wie hilft uns dabei die Systemtheorie? Informatik befasst sich mit Rechnersystemen. Systemtheorie befasst sich mit der Modellierung und Analyse von abstrakten Systemen. Ihre Methoden sind allgemein anwendbar, z. B. auf: Biologische Systeme Soziale Systeme Elektronische, Elektrische Systeme Mechanische Systeme... Die allgemeine Anwendbarkeit setzt eine abstrakte, allgemeine Modellierung voraus. 1. Vorlesung Systemtheorie 8
Inhalte der Vorlesung 1. Vorlesung: Organisation, Begriffe 2. Vorlesung: Systeme, Eigenschaften 3. Vorlesung: Faltungssumme, Faltungsintegral 4. Vorlesung: Beschreibung von Systemen im Frequenzbereich 5. Vorlesung: Laplace-Transformation, einfache Konvergenz- und Stabilitätskriterien 6. Vorlesung: Zeitdiskrete Fourier-Transformation, Z-Transformation 7. Vorlesung: Differenzengleichungen, digitale Filter 8. Vorlesung: Diskrete Signalverarbeitung: Abtastung,Rekonstruktion 9. Vorlesung: Quantisierung, Fehlermodelle, Nichtstationäre Signale 10. Vorlesung: Diskrete Fourier-Transformation, Fast-Fourier-Transformation 11. Vorlesung: Ausblendfenster, STFT, Wavelets 12. Vorlesung: Wavelets, Multimedia-Anwendungen und Mehrdimensionale Systeme 13. Vorlesung: Anwendungen aus dem Multimedia-Bereich: MP3 Audio-Kompression 14. Vorlesung: Grundlagen der Regelungstechnik 15. Vorlesung: Regelungstechnik: P, PI - Regler 1. Vorlesung Systemtheorie 9
Was ist überhaupt ein System? Sehr unterschiedliches Verständnis des Begriffs System in unterschiedlichen Domänen. Der Systembegriff kann durch folgende Eigenschaften charakterisiert werden: Begrenztheit: System ist abgegrenzter Bereich, Wechselwirkung mit Umgebung nur über Schnittstellen. Kompositionalität: System besteht aus Teilen, die zueinander in Wechselwirkung treten. Dynamik: System entwickelt bzw. verändert sich mit der Zeit. 1. Vorlesung Systemtheorie 10
Konvervative/Nichtkonservative Systeme Klassifikation von Systemen: 1. Konservative System 2. Nichtkonservative Systeme Konservative Systeme modellieren physikalische Größen und Gesetze. Beispiel für konservatives System: Elektrisches Netzwerk. K noten gleichung K noten gleichung Maschen gleichung Maschen gleichung 1. Vorlesung Systemtheorie 11
Konservative/Nichtkonservative Systeme (2) Nichtkonservative Systeme modellieren abstrakten, gerichteten Informationsfluss. Beispiel für nichtkonservatives System: CA NB us Drehzahl messer Gierraten Sensor B usinterface CPU B remse 1 B remse 2 B remse 3 B remse 4 R A M 1. Vorlesung Systemtheorie 12
Begriffe/nichtkonservatives Systeme Wir betrachten hier Nichtkonservative Systeme. (System-)Eingänge: auch Eingabe(-signal), (System-)Erregung. (System-)Ausgänge: auch Ausgabe(-signal), (System-)Reaktion. Eingabe (-signal) Umgebung System Ausgabe (-signal) Zeit Teil 1 Teil 2 Zeit Eingang Ausgang 1. Vorlesung Systemtheorie 13
Def: Zeitbasis Systemdynamik: Systeme verändern sich mit der Zeit! Modellierung von Systemen erfordert also Zeitmodell. Je nach System, welches modelliert wird, unterschiedliches Zeitmodell. Definition Zeitbasis (eines Systems, eines Signals): Eine Zeitbasis T ist eine Teilmenge der reellen Zahlen T R, deren vollständig geordnete Elemente Zeitpunkte beschreiben. Beispiele: T = R, T = N. 1. Vorlesung Systemtheorie 14
Def: Signal Signal ist die Darstellung der zeitlichen Veränderung einer Größe. Definition Signal: Ein Signal σ(t) ist eine Abbildung σ : T S, die den zeitlichen Ablauf einer abstrakten oder physikalischen Größe s mit dem Wertebereich S beschreibt, wobei T die Zeitbasis ist. 1. Vorlesung Systemtheorie 15
Zeitkontinuierliche Signale, (Zeit-)Diskrete Signale Zeitkontinuierliches Signal: Zeitbasis ist T = R. s(t) Zeitdiskretes Signal: Zeitbasis ist z. B. T = t c N mit t c R s(t) t Diskrete Signale lassen sich i. A. durch Events bzw. Ereignisse, d. h. Tupel (Signalwert, Zeitpunkt) darstellen. t 1. Vorlesung Systemtheorie 16
Notation von Signalen Ein zeitkontinuierliches Signal f : R F wird als f(t) notiert. Mit f(t) wird nicht der Wert von f zum Zeitpunkt t gemeint, sondern es wird angedeutet, dass f ein zeitkontinuierliches Signal ist. Ein zeitdiskretes Signal f : N F wird als f[n] notiert. Mit f[n] wird nicht der Wert von f zum Zeitpunkt n gemeint, sondern es wird angedeutet, dass f ein zeitdiskretes Signal ist. n kann bei zeitdiskreten Signalen einer zu N isomorphen Zeitbasis T = N t c, t c R als ein Index verstanden werden, mit dem man den tatsächlichen Zeitpunkt t berechnen kann zu: t = t c n 1. Vorlesung Systemtheorie 17
Einfaches, mathematisches Systemmodell: EA-System EA - System, auch: IO - System. Häufig vereinfachende Annahme, System habe nur 1 Eingangssignal und 1 Ausgangssignal (SISO-System MIMO-System). Eingabe: Ausgabe: u y t E/A-System 1. Vorlesung Systemtheorie 18
EA-System, Beispiel Ein Lautsprecher kann als ein EA-System modelliert werden: Eingabe ein Signal u(t), das die anliegende Spannung als Funktion der Zeit beschreibt. Ausgabe ist ein Signal y(t), welches den Schalldruck als Funktion der Zeit beschreibt. τ ist eine Abbildung, die y(t) aus einem gegebenen u(t) berechnet. Eingabe: Strom Ausgabe: Schallwellen Eingabe: Strom Lautsprecher Ausgabe: Schallwellen 1. Vorlesung Systemtheorie 19
Modellierung von Systemen als EA-System: Vorteile, Nachteile Vorteile: Modellierungsprinzip sehr allgemein. Es werden keine Annahmen über den Aufbau des Systems gemacht. Nachteile: Angabe einer Funktion T { } nur für wenige Systeme möglich. Annahmen über Aufbau des Systems können bei Modellierung hilfreich sein. 1. Vorlesung Systemtheorie 20
Zusammenfassung: Eigenschaften von System: Begrenztheit, Dynamik, Kompositionalität. Signal: Abbildung T S (Zeitbasis T, Wertebereich S). E/A-System: Verhalten wird durch Abbildung {u(t)} {y(t)} beschrieben. 1. Vorlesung Systemtheorie 21
Nächste Woche: Modell des allgemeinen, dynamischen Systems (Kalman, Falb, Arbib 68). Eigenschaften von Systemen: Zeitinvarianz Linearität Kombinatorische, Zustandsbehaftete Systeme Stabilität Superpositionsprinzip 1. Vorlesung Systemtheorie 22