Impfen bei Frauen im konzeptionellen Alter Eine aktualisierte Übersicht für die frauenärztlichen Grundversorger

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Transkript:

Impfen bei Frauen im konzeptionellen Alter Eine aktualisierte Übersicht für die frauenärztlichen Grundversorger Aufgrund vergrösserter «Impflücken» in der heutigen Bevölkerung kommt es immer noch zu Gesundheitsrisiken der Neugeborenen, die durch eine ausreichende Impfung der Mutter vermeidbar gewesen wären. Der Autor und Schweizer Impfexperte gibt im Folgenden aktuelle Empfehlungen für wichtige Auffrischund Nachholimpfungen für Frauen im konzeptionellen Alter, insbesondere für Schwangere und Stillende, und erklärt dabei auch Kontraindikationen und wann mit einem Impfschutz gerechnet werden kann. ULRICH HEININGER Impfungen gehören zu den effizientesten und kostengünstigsten Präventivmassnahmen. In der Schweiz sind für alle Personen Impfungen in verschiedenen Kategorien empfohlen: Basisimpfungen (für alle Personen, altersentsprechend) ergänzende Impfungen (zur optimalen individuellen Gesundheitsvorsorge) und Indikationsimpfungen (gemäss besonderen Gesundheitsrisiken). Diese Empfehlungen werden von der Eidgenössischen Kommission für Impffragen (EKIF) für das Bundesamt für Gesundheit (BAG) erarbeitet und mindestens einmal jährlich aktualisiert (1). In aller Regel werden die Kosten für diese Impfungen (Ausnahme: M e r k p u n k t e Jede Frau sollte einen Impfausweis besitzen. Darin sind die altersentsprechend empfohlenen Impfungen dokumentiert. Fehlende Impfungen gegen Masern, Mumps, Röteln, Diphtherie, Tetanus, Pertussis, Poliomyelitis, Hepatitis B und Humane Papillomaviren (HPV) sollen baldmöglichst nachgeholt werden. Bei 2 x gegen Röteln geimpften Frauen ist keine Überprüfung des Impfschutzes vor, in oder nach einer Schwangerschaft empfohlen. Die Schutzwahrscheinlichkeit nach 2 Impfdosen ist höher als die Sensitivität der üblichen serologischen Testverfahren! Fragen Sie jede Patientin im Alter < 40 Jahre einmal, ob sie als Kind Windpocken hatte. Lautet die Antwort «Ich weiss nicht» oder «Nein», impfen Sie sie gegen Varizellen! Die Impfungen gegen Pertussis und Influenza in der Schwangerschaft werden gut vertragen, sind sehr wichtig, und schützen Mutter und Kind vor Komplikationen dieser Krankheiten! Für den optimalen Pertussisschutz des Neugeborenen sollten Schwangere zwischen der 26. und 30. (+6) Schwangerschaftswoche gegen Pertussis geimpft werden! Reiseimpfungen) von den Krankenkassen erstattet. Die aktuell gültigen Basisimpfungen in der Schweiz sind in Tabelle 1 dargestellt. Alle Frauen im konzeptionellen Alter sollten demgemäss über den im Folgenden aufgeführten Impfschutz verfügen. Masern, Mumps und Röteln Zwei dokumentierte Impfungen gegen MMR Damit geht ein sehr guter (> 99%) Schutz gegen Masern und Röteln und ein guter (ca. 85 90%) Schutz gegen Mumps einher. Insbesondere der Schutz vor Röteln ist im Hinblick auf eine eventuelle Schwangerschaft für Frauen im konzeptionellen Alter bedeutsam, da Röteln in der Frühschwangerschaft (1. Trimenon) mit einem Risiko von zirka 50% (!) für eine Rötelnembryopathie einhergeht. Argumente für einen Masernimpfschutz sind die bekannten Komplikationen wie Pneumonien und insbesondere Enzephalitis, welche bei Erwachsenen häufiger vorkommen als im Kindesalter. Die bedeutsamste Komplikation des Mumps ist die Meningitis mit Hörstörung oder Taubheit als häufigstem Gesundheitsschaden (2). Bei zweimal geimpften Frauen ist seit 2006 keine Überprüfung des Rötelnimpfschutzes vor, in oder nach einer Schwangerschaft mehr empfohlen (3). Die Schutzwahrscheinlichkeit nach zwei Impfdosen ist höher als die Sensitivität der üblichen serologischen Testverfahren! Nicht oder nur einmal gegen Masern, Mumps oder Röteln geimpfte, nach 1963 geborene Personen (und somit auch Frauen im konzeptionellen Alter) sollen 1 oder 2 MMR-Impfungen erhalten. Ein Einzelimpfstoff gegen Röteln ist nicht verfügbar, sodass in jedem Fall Nachholimpfungen mit MMR-Kombinationsimpfstoff erfolgen. Wer gegen 1 oder 2 der 3 Viren bereits GYNÄKOLOGIE 4/2015 27

Tabelle 1 Empfohlene Basisimpfungen 2015 Stand 2015 Empfehlungen der Eidgenössischen Kommission für Impffragen und des Bundesamtes für Gesundheit Alter 1) Diphtherie (D / d) 2) Tetanus (T) 3) Pertussis (Pa / pa) Haemophilus influenzae Typ b (Hib) Poliomyelitis (IPV) Masern (M) Mumps (M) Röteln (R) Hepatitis B (HBV) 16) Geburt (HBV) 17) 2 Monate 4) DTPa Hib IPV (HBV) 18) 4 Monate 4) DTPa Hib IPV (HBV) 18) 6 Monate DTPa Hib IPV (HBV) 18) 12 Monate 9) MMR 13) 15 24 Monate DTPa Hib 9) 10) IPV MMR 13) (HBV) 18) 4 7 Jahre DTPa 5) IPV 14) Varizellen (VZV) Humane Papillomaviren (HPV) Influenza 11 14 / 15 Jahre dtpa 5) 6) 7) 11) 14) HBV 18) VZV 20) HPV 22) 25 29 Jahre dtpa 45 Jahre dt 65 Jahre dt 8) 12) 15) 19) 21) 8) 12) 15) 19) 21) 8) 12) 19) 23) 1) Zur Präzisierung des Alters: 4 7 Jahre bedeutet vom 4. Geburtstag bis zum Tag vor dem 8. Geburtstag. Unter 7 Jahre bedeutet bis zum Tag vor dem 7. Geburtstag. Über 7 Jahre bedeutet ab dem 8. Geburtstag. 2) Aufgrund der ausgeprägteren lokalen Reaktionen wird ab dem 8. Geburtstag mit einer geringeren Diphtherie-Antitoxin- (d) und Pertussisdosis (pa) geimpft. 3) Bei Verletzungen siehe Tabelle 9. Es wird immer der kombinierte Impfstoff dt(pa) ( 8 Jahre) / DTPa-IPV (< 8 Jahre) empfohlen anstatt der alleinigen Tetanusimpfung. 4) Ein beschleunigtes Impfschema (Alter 2-3-4, 12 15 Monate) ist für Säuglinge empfohlen, welche absehbar vor dem Alter von 5 Monaten eine Betreuungseinrichtung besuchen werden. 5) Die 5. DTPa-Dosis sollte vorzugsweise spätestens vor Eintritt in die Schule verabreicht werden. Sie kann im Alter von 8 15 Jahren mit dem dtpa-impfstoff nachgeholt werden (vgl. Tabellen 2 und 3). 6) Seit 2013 wird allen Jugendlichen eine pa-auffrischimpfung empfohlen. 7) Nachholimpfungen gegen Pertussis: maximal 1 Dosis bei 11- bis 15-Jährigen oder 2 Dosen bei 8- bis 10-Jährigen (vgl. Tabellen 2 und 3). 8) Auffrischimpfungen sind regulär mit 25 (dtpa), 45 (dt) und 65 (dt) Jahren und danach alle 10 Jahre (dt) empfohlen. Bei Patienten mit einer Immuninsuffizienz sind dt-auffrischimpfungen weiterhin alle 10 Jahre empfohlen. Reisende: Kürzere Intervalle als 20 Jahre (oder 10 Jahre) können je nach Risikosituation indiziert sein (z. B. hochendemische Diphtheriegebiete, begrenzter Zugang zu medizinischer Versorgung). Eine einmalige Pertussisimpfung wird im Alter von 25 29 Jahren empfohlen (mindestens 2 Jahre nach der letzten dt-impfung). 9) Bezüglich Nachholimpfungen siehe Tabellen 2 und 3. 10) Um einen optimalen Schutz zu gewährleisten, wird die Hib-Auffrischimpfung im Alter von 15 18 Monaten empfohlen. 11) Nur Nachholimpfung (vgl. Tabellen 2 und 3). Diese kann mit einem dtpa-ipv-impfstoff erfolgen. 12) Zusätzliche Auffrischimpfungen gegen Poliomyelitis sind bei Personen mit einem erhöhten Expositionsrisiko notwendig. Dies betrifft Reisende in Polio-infizierte Länder und Personen, die mit Polioviren arbeiten. Diese Auffrischimpfung ist erst 10 Jahre nach der letzten Dosis angezeigt. Die WHO hat neue Empfehlungen für Reisende publiziert, welche Polio-infizierte Länder verlassen [24, 25]. 13) Kombinationsimpfung gegen Masern, Mumps und Röteln (2 Dosen). 1. Dosis mit 12 Monaten, 2. Dosis mit 15 24 Monaten, jedoch frühestens 1 Monat nach der 1. Dosis. Die MMR-Impfung sollte vor dem 2. Geburtstag abgeschlossen sein [14]. Die Impfung gegen Masern (MMR) wird empfohlen zwischen 9 und 11 Monaten bei Frühgeborenen, Aufenthalt in Betreuungseinrichtungen, Epidemien oder bei Säuglingen, welche in Regionen mit endemischen Masernvorkommen in dieser Altersgruppe leben. Die 2. Dosis erfolgt zwischen 12 und 15 Monaten. Bei einer Epidemie in der Umgebung oder bei Kontakt mit einem Masernfall wird die Impfung ab 6 Monaten empfohlen. Im Falle einer Masern-/MMR-Impfung zwischen 6 und 8 Monaten sind für einen vollständigen Schutz insgesamt 3 Dosen erforderlich. 14) Nachholimpfung (1 oder 2 Dosen im Abstand von mindestens 1 Monat, je nach Anzahl früher erhaltener Dosen). 15) Nachholimpfung (bis zu 2 Dosen im Abstand von mindestens 1 Monat) für ungeimpfte bzw. nur einmal geimpfte Personen: alle nicht vollständig geimpften (nicht immunen), nach 1963 geborenen Personen, insbesondere Frauen im gebärfähigen Alter oder Wöchnerinnen. Speziell empfohlen ist die Nachholimpfung auch für beruflich exponierte Personen, welche diese Infektionen auf Schwangere und andere Risikopatienten übertragen können (z. B. in Frauenspitälern, Kinderkliniken). Die MMR-Impfung darf bei bekannter Schwangerschaft und bei Immunsuppression nicht verabreicht werden. 16) Die generelle HB-Impfung muss ergänzt werden durch die Impfung der spezifischen Risikogruppen und das pränatale Screening [26]. 17) Neugeborene von HBsAg-positiven Müttern. 1. Dosis bei Geburt zusammen mit HB-Immunglobulin. 2. und 3. Dosis mit 1 resp. 6 Monaten (die 3. Dosis kann als hexavalente DTPa-IPV-Hib-HBV Impfung verabreicht werden). Serologische Kontrolle (HBs-Ak) 1 Monat nach der 3. Dosis [27]. 18) Die Hepatitis-B-Impfung ist prioritär für Jugendliche im Alter von 11 15 Jahren empfohlen, sie kann aber in jedem Alter verabreicht werden. Im Rahmen der generellen Impfung ist keine serologische Erfolgskontrolle notwendig. 19) Nachholimpfung bei Erwachsenen (ab 16 Jahren), ohne Alterslimit, ausser es liegt kein Expositionsrisiko vor (3 Dosen zum Zeitpunkt 0, 1 und 6 Monate) [26]. 20) Die Varizellenimpfung ist empfohlen für 11- bis 15-jährige Jugendliche, welche die Varizellen anamnestisch nicht durchgemacht haben oder die keine IgG-Antikörper aufweisen. Die Impfung erfordert 2 Dosen im Abstand von mindestens 4 Wochen [23]. 21) Nachholimpfung bei jungen Erwachsenen (< 40 Jahren), welche die Varizellen anamnestisch nicht durchgemacht haben, insbesondere bei Frauen mit Kinderwunsch (2 Dosen im Abstand von mindestens 4 Wochen) [23]. Bei negativer oder unsicherer Anamnese können alternativ die VZV-IgG-Antikörper bestimmt werden. 22) Die Impfung gegen HPV richtet sich an weibliche Jugendliche von 11 14 Jahren (vor dem 15. Geburtstag). Sie erfordert zwei Dosen zu den Zeitpunkten 0 und 6 Monate (Minimalintervall 4 Monate) [12]. Ungeimpften jungen Frauen im Alter von 15 bis 19 Jahren (bis zum 20. Geburtstag), sind HPV-Nachholimpfungen mit einem 3-Dosen Impfschema (Zeitpunkt 0, 1 2, 6 Monate) empfohlen [10]. 23) Die Grippeimpfung ist jährlich für alle Erwachsenen ab 65 Jahren empfohlen [28, 29]. Tabelle 1: Basisimpfungen für Erwachsene in der Schweiz (modifiziert nach www.ekif.ch) zweimal geimpft ist, hat durch weitere MMR-Impfungen kein erhöhtes Nebenwirkungsrisiko zu erwarten. Da es sich um einen Lebendimpfstoff handelt, werden die attenuierten Impfviren in ihrer Replikation durch vorbestehende Immunität inhibiert. In der Stillzeit darf die MMR-Impfung verabreicht werden, in der Schwangerschaft sind Lebendimpfstoffe im Allgemeinen aus forensischen Gründen kontraindiziert. Die versehentliche Anwendung ist aber keine Indikation für einen Schwangerschaftsabbruch, da die MMR- Impfung in der Schwangerschaft das Fehlbildungsrisiko für die Neugeborenen nicht erhöht (4). Die Kontraindikation bei bekannter Schwangerschaft schützt also impfende Ärzte und Ärztinnen vor Diskussionen und Anschuldigungen im Falle einer Fehlbildung des Neugeborenen, die durch die Lebendimpfung ausgelöst sein könnte. Wegen der unzureichenden MMR-Durchimpfungsrate in der Schweizer Bevölkerung bestehen auch bei Frauen im konzeptionellen Alter erhebliche MMR- 28 GYNÄKOLOGIE 4/2015

Tabelle 2 Schema für Nachholimpfungen bei Erwachsenen (Stand 2015) Impfstoff Anzahl Primovakzination Erste Auffrischimpfung Weitere Auffrischimpfungen Alter Dosen* (Intervalle, Monate) (Intervalle, Monate) (Alter) dtp a /dt** 16 24 Jahre 3 0 (dt), 2 (dt) 8 (dt) 25 Jahre (dtp a )*** 25 29 Jahre 3 0 (dtp a ) 2 (dt) 8 (dt) 45 Jahre (dt)*** 30 64 Jahre*** 3 0 (dt), 2 (dt) 8 (dt) 65 Jahre (dt)*** > 65 Jahre 3 0 (dt), 2 (dt) 8 (dt) Alle 10 Jahre (dt)*** IPV > 11 Jahre und Erwachsene 3 0,2 8 s.**** MMR + Nach 1963 geborene Erwachsene 2 ++ 0, > 1 Vor 1964 geborene Erwachsene 0 HBV +++ 11 15 Jahre 2 ++++ 0 4 6 > 16 Jahre sowie Erwachsene 3 0, 1 6 Varizellen 11 Jahre bis < 40 Jahre 2 0, > 1 HPV 11 14 Jahre (Mädchen) 2 0 (4 ) 6 15 19 Jahre (junge Frauen) 3 0, 1 2 6 * Anzahl der fu r einen dauerhaften Schutz notwendigen Dosen oder einen Schutz, der durch regelmässige Auffrischimpfungen alle 10 Jahre reaktiviert werden kann. ** Aufgrund ausgeprägterer lokaler Reaktionen wird ab dem 8. Geburtstag mit einer geringeren Diphtherie-Antitoxin- (d) und Pertussisdosis (pa) geimpft. *** Zwischen 25 29 Jahren eine einmalige Impfdosis dtpa (Basis- oder Auffrischimpfung). Weitere dt-auffrischimpfungen alle 20 Jahre bis zum Alter von 65 Jahren und danach alle 10 Jahre. Reisende: Ku rzere Intervalle zwischen dt-impfungen können je nach Risikosituation indiziert sein (z. B. hochendemische Diphtheriegebiete, begrenzter Zugang zu medizinischer Versorgung). **** Zusätzliche Auffrischimpfungen gegen Poliomyelitis sind bei Personen mit einem erhöhten Expositionsrisiko notwendig. Dies betrifft Reisende in Polio-infizierte Länder und Personen, die mit Polioviren arbeiten. Diese Auffrischimpfung ist erst 10 Jahre nach der letzten Dosis angezeigt. Die WHO hat neue Empfehlungen fu r Reisende publiziert, welche Polio-infizierte Länder verlassen [24, 25]. + Die MMR-Impfung umfasst 2 Dosen, die 2. Dosis fruḧestens 1 Monat nach der 1. Dosis. Die MMR-Impfung sollte nach Möglichkeit vor dem Alter von 2 Jahren verabreicht werden. Sie kann aber in jedem Alter nachgeholt werden. ++ Nachholimpfungen sind fu r alle nicht oder unvollständig geimpften Erwachsenen, die nach 1963 geboren wurden, empfohlen. Die Impfung darf bei bekannter Schwangerschaft nicht verabreicht werden. Ein Schwangerschaftstest ist aber nicht notwendig. +++ Die Hepatitis-B-Impfung ist prioritär fu r Jugendliche im Alter von 11 15 Jahren empfohlen; sie kann aber in jedem Alter verabreicht werden (Anzahl Dosen vom Alter und vom verwendeten Impfstoff abhängig). Eine serologische Kontrolle ist im Rahmen der generellen Impfung nicht notwendig. Die Basisimpfung bei Säuglingen und Kleinkindern kann mit einem hexavalenten Impfstoff erfolgen. ++++ Die Impfung von Jugendlichen im Alter von 11 15 Jahren ist mit einem 2-Dosenschema (Intervall 4 6 Monate) möglich, aber nur mit den fu r dieses Schema zugelassenen Impfstoffen. Nachholimpfung fu r Erwachsene in jedem Alter, ausser es liegen keine Risikofaktoren vor. Die Varizellenimpfung ist empfohlen fu r 11- bis 15-jährige Jugendliche, welche die Varizellen anamnestisch nicht durchgemacht haben. Eine Nachholimpfung ist empfohlen bei jungen Erwachsenen (< 40 Jahre), welche die Varizellen anamnestisch nicht durchgemacht haben (insbesondere junge Eltern oder Eltern mit Kinderwunsch). Die Impfung richtet sich mit einem 2-Dosenschema an weibliche Jugendliche von 11 14 Jahren (vor dem 15. Geburtstag). HPV-Nachholimpfungen werden jungen Frauen von 15 19 Jahren (bis zum 20. Geburtstag) empfohlen, welche noch nicht eine vollständige Impfung entsprechend ihrem Alter erhalten haben. Ab dem Alter von 15 Jahren wird mit einem 3-Dosenschema geimpft. Tabelle 2: Nachholimpfungen für Erwachsene mit fehlender Impfdokumentation (modifiziert nach www.ekif.ch) Impflücken und somit akuter Handlungsbedarf für Impfungen zum Beispiel durch Gynäkologen! Diphtherie und Tetanus Eine vollständige Grundimmunisierung ( 3 Dosen) Die letzte Dosis sollte bei Frauen < 25 Jahre im Alter von 11 bis 15 Jahren erfolgt sein bei Frauen im Alter von 25 bis 29 Jahren aktuell stattgefunden haben respektive in diesem Zeitabschnitt verabreicht werden bei Frauen ab dem Alter von 30 Jahren nicht länger als 20 Jahre zurückliegen. Individueller Tetanusimpfschutz ist relevant, weil nahezu jede Verletzung ein Risiko der Einschleppung von Sporen von Clostridium tetani, dem Erreger des Wundstarrkrampfes, birgt. Impfschutz gegen Diphtherie ist sowohl aus Sicht des individuellen als auch des Bevölkerungsschutzes relevant, da anderenfalls bei Wiedereinschleppung toxigener Diphtheriebakterien eine epidemische Ausbreitung der Krankheit jederzeit auch in der Schweiz vorstellbar wäre. Pertussis Mindestens 1 Pertussisimpfung im Alter von 11 bis 15 Jahren und/oder im Alter von 25 bis 29 Jahren. Das aktuelle Impfziel bezüglich Pertussis in der Schweiz ist die Verhinderung schwerer, lebensbedrohlicher Krankheitsfälle. Diese treten nahezu ausschliesslich bei Neugeborenen und jungen Säuglingen auf und sind durch Apnoen, Zyanose und Hypoxie mit der Gefahr von Enzephalopathie, Pneumonien und bedrohlichem Lungenversagen durch Hyperleukozytose charakterisiert. Häufigste Ansteckungsquelle sind Personen aus ihrer nächsten Umgebung (5). Deshalb gelten neben der Basisimpfempfehlung noch folgende zusätzliche Indikationen für die Pertussisimpfung: Alle Erwachsenen, welche aktuell regelmässig Kontakt (privat oder beruflich) zu Säuglingen im Alter von < 6 Monaten haben, sollen baldmöglichst eine Pertussisimpfung erhalten, sofern ihre letzte Pertussisimpfung länger als 10 Jahre zurückliegt (sogenanntes Cocooning). GYNÄKOLOGIE 4/2015 29

Schwangere im 2. oder 3. Trimenon, deren letzte Pertussisimpfung länger als 5 Jahre zurückliegt, sollten diese Impfung erhalten. Wichtig: Da es keine Pertussiseinzelimpfstoffe gibt, erfolgt die Impfung immer in Kombination mit der Diphtherie- und der Tetanusimpfung (ggf. auch mit Polio; Tdap, Boostrix bzw. Tdap-IPV, Boostrix-IPV ). Der Mindestabstand zu einer vorausgegangenen Diphtherie-Tetanus-Impfung ohne Pertussisanteil (dite) beträgt bei diesen Indikationen lediglich vier Wochen (6, 7). Mit der «Cocooning-Strategie» soll das Pertussisexpositionsrisiko der jungen Säuglinge reduziert werden, bis sie selbst durch Primovakzination ab dem Alter von 2 Monaten ihren eigenen Impfschutz aufgebaut und den für Pertussis gefährlichsten Lebensabschnitt unbeschadet überstanden haben. Die Pertussisimpfung in der Schwangerschaft hat sich in den letzten Jahren als die effizienteste Massnahme zum Schutz Neugeborener und junger Säuglinge vor Pertussis erwiesen: Einer Studie aus England zufolge beträgt die Schutzwirkung 93% (8). Das erklärt sich einerseits durch den transplazentaren Transfer der protektiven anti-pertussis-igg-antikörper der Mutter, welche durch die Impfung in der Schwangerschaft eine Boosterung erfahren haben (= direkter Schutz), andererseits auch durch indirekten Schutz (geringeres postnatales Expositionsrisiko dank Impfung der Mütter). Für den optimalen Schutz des Neugeborenen durch Erwerb hochaffiner spezifischer mütterlicher Antikörper ist es empfehlenswert, die Impfung der Schwangeren zirka zwischen der 26. und der 30. (+6) Schwangerschaftswoche zu planen (9). Leider sind beide Indikationsimpfempfehlungen offenbar in weiten Kreisen der Bevölkerung, aber auch bei Fachpersonal bis anhin zu wenig bekannt (10) haben Sie sie vor der Lektüre dieses Beitrags gekannt? Nachholimpfungen Wie für MMR gilt auch für Diphtherie, Tetanus, Pertussis und Poliomyelitis, dass fehlende Impfungen nachgeholt werden sollen. Da viele Erwachsene entweder unzureichend geimpft sind oder gar keine Impfdokumentation besitzen («Ich finde meinen Impfausweis nicht mehr»), besteht erheblicher Handlungsbedarf! Die Tabellen 2 und 3 geben konkrete Empfehlungen zum Nachholen fehlender Impfungen. Varizellen Impfung für junge Erwachsene (< 40 Jahre), welche die Varizellen anamnestisch nicht durchgemacht haben In der Schweiz haben bis zum Alter von 15 Jahren zirka 3 bis 4% aller Kinder Varizellen noch nicht durchgemacht (11). Das ist bedenklich, weil ab der Adoleszenz das Komplikationsrisiko (Pneumonie, Enzephalitis) der Varizellen deutlich zunimmt. Besonders problematisch und daher für Gynäkologen und Geburtshelfer von besonderem Interesse sind Varizellen in der Schwangerschaft respektive um den Geburtstermin. Bei zwischen der 8. und der 20. Schwangerschaftswoche auftretenden mütterlichen Varizellen besteht ein etwa 2%iges Risiko für Abort oder Fehlbildungen des Feten. Erkrankt die Mutter zwischen 5 Tage vor und 2 Tage nach der Geburt, wird das Neugeborene durch die mütterliche Virämie stark exponiert, ohne dass es transplazentar noch ausreichende mütterliche Antikörpermengen bekäme, welche die Folgen der Virämie abschwächen könnten. Diese Kinder erkranken daher zwischen dem 5. und dem 10. Lebenstag schwer an Varizellen (12). Deshalb ist die Varizellenimpfung für alle nicht immunen Frauen im konzeptionellen Alter von besonderer Bedeutung. Bei fraglicher oder negativer Varizellenanamnese kann durch Bestimmung der VZV-IgG-Antikörper im Serum die Immunität untersucht werden und im Falle eines positiven Ergebnisses die Impfung unterbleiben. Dieser Zwischenschritt ist jedoch nicht erforderlich, stattdessen kann sofort gegen Varizellen geimpft werden. Wenn nämlich doch bereits Immunität gegen Varizellen bestehen sollte, werden die attenuierten Impfviren neutralisiert. Als geschützt gilt, wer 2 Dosen im Abstand von mindestens 4 Wochen erhalten hat. In der Schwangerschaft ist die Varizellenimpfung kontraindiziert, in der Stillzeit darf sie verabreicht werden. Eine serologische Kontrolle des Impferfolgs ist im Allgemeinen nicht erforderlich. Hepatitis B Vollständige Grundimmunisierung Die Impfung gegen Hepatitis B ist in der Schweiz seit 1997 allgemein empfohlen, vorzugsweise im Alter von 11 bis 15 Jahren, bevor sexuelle Aktivitäten mit Risikoverhalten als häufigstem bekanntem Übertragungsmechanismus der Hepatitis-B-Viren stattfinden (13). Alternativ kann bereits im Säuglingsalter parallel mit anderen Impfungen auf Wunsch der Eltern ein Hepatitis-B-Impfschutz induziert werden. Die Hepatitis B kann einen chronischen Verlauf nehmen und über Zirrhose zum hepatozellulären Karzinom führen. Zudem sind chronisch Infizierte eine Ansteckungsquelle für Hepatitis B bei ihren sexuellen und anderen engen Kontaktpersonen, beispielsweise im Haushalt oder in Gemeinschaftseinrichtungen. Daher kommt der breiten Impfprävention ein hoher Stellenwert zu. Als geschützt gilt, wer mindestens 3 Dosen Hepatitis-B-Einzelimpfstoff (Mindestabstand zwischen vorletzter und letzter Dosis: 4 Monate) oder 30 GYNÄKOLOGIE 4/2015

Schema für die Nachholimpfungen dt(p a)-ipv bei unvollständig geimpften Erwachsenen oder unbekanntem Impfstatus Stand 2015 Impfung gegen Diphtherie 1), Tetanus (dt) 1), Pertussis (dtpa), Poliomyelitis (-IPV) 2) Impfstatus unbekannt Alter 16 24 Jahre Alter 25 29 Jahre Alter 30 64 Jahre Alter 65 Jahre pa-ipv, (d)t-impfstatus bekannt 4) Alter bei 1. Dosis < 1 Jahr Total < 10 Jahre 10 Jahre < 2 Jahre 2 Jahre** < 20 Jahre 20 Jahre < 10 Jahre 10 Jahre 6 Dosen 0* 0* 0* p a 0* * 0* 2) * 5 Dosen 0* * 0* pa 0* * 0* * 4 Dosen -IPV* pa-ipv pa-ipv, -IPV* -IPV* 3 Dosen 2x dt-ipv* pa-ipv, -IPV 2x dt-ipv* 2x dt-ipv* 0 2 Dosen 3x dt-ipv* pa-ipv, 2x dt-ipv 3x dt-ipv* 3x dt-ipv* 1 6 Jahre Total < 10 Jahre 10 Jahre < 2 Jahre 2 Jahre** < 20 Jahre 20 Jahre < 10 Jahre 10 Jahre 4 Dosen 0* * 0* pa 0* * 0* * 3 Dosen -IPV* pa-ipv -IPV* -IPV * 2 Dosen 2x dt-ipv* pa-ipv, -IPV 2x dt-ipv* 2x dt-ipv * 0 1 Dosis 3x dt-ipv* pa-ipv, 2x dt-ipv 3x dt-ipv* 3x dt-ipv * > 6 Jahre Total < 10 Jahre 10 Jahre < 2 Jahre 2 Jahre ** < 20 Jahre 20 Jahre < 10 Jahre 10 Jahre 3 Dosen 0* * 0* pa 0* * 0* * 2 Dosen -IPV* pa-ipv -IPV* -IPV* 1 Dosis 2x dt-ipv* pa-ipv, -IPV 2x dt-ipv * 2x dt-ipv* 0 Dosen 3x dt-ipv* pa-ipv, 2x dt-ipv 3x dt-ipv * 3x dt-ipv* Nächste Auffrischimpfung 2) Basisimpfung dtpa mit 25 Jahren dt in 10 Jahren falls Auffrischimpfung mit < 25 Jahren dt in 20 Jahren falls Auffrischimpfung mit < 65 Jahren, dt in 20 Jahren falls Auffrischimpfung mit 25 Jahren dt in 10 Jahren falls Auffrischimpfung mit 65 Jahren Bei Verletzungen Niedriges Tetanus-Risiko Hohes Tetanus-Risiko 5) 10 Jahre zurückliegt 5 Jahre zurückliegt dtpa falls letzte Dosis 20 Jahre zurückliegt dtpa falls letzte Dosis 10 Jahre zurückliegt 20 Jahre zurückliegt 10 Jahre zurückliegt dt falls Auffrisch. mit < 65 J. und letzte Dosis vor 20 J., dt falls Auffrisch. mit 65 J. und letzte Dosis vor 10 J. dt falls Auffrisch. mit < 65 J. und letzte Dosis vor 10 J., dt falls Auffrisch. mit 65 J. und letzte Dosis vor 5 J. 1) Intervalle zwischen dt(-ipv) Impfungen: 2 Dosen zum Zeitpunkt 0 und 6 Monate; 3 Dosen zum Zeitpunkt 0, 2, 8 Monate. 2) Die Basisimpfung gegen Poliomyelitis bedarf 3 5 Dosen je nach Alter bei der Impfung. Zusätzliche Auffrischimpfungen gegen Poliomyelitis sind bei Personen mit einem erhöhten Expositionsrisiko notwendig. Dies betrifft Reisende in Polio-infizierte Länder und Personen, die mit Polioviren arbeiten. Diese Auffrischimpfung ist erst 10 Jahre nach der letzten Dosis angezeigt. Die WHO hat neue Empfehlungen für Reisende publiziert, welche Polio-infizierte Länder verlassen [24, 25]. 3) Wenn frühere (d)t-impfungen wahrscheinlich durchgeführt wurden (aber nicht dokumentiert sind), dann Verabreichung 1 Dosis dt(pa) und Kontrolle der Tetanustoxin-Antikörper 4 Wochen nach der Impfung, um das weitere Vorgehen festzulegen (+ 0, 1 oder 2 Dosen). Alternative: als nicht geimpft betrachten (3 Dosen: (pa), 2x dt zum Zeitpunkt 0, 2, 8 Monate). 4) Falls eine unterschiedliche Anzahl von Dosen gegen Tetanus und Diphtherie geimpft wurden, werden die Tetanusdosen für das weitere Impfvorgehen berücksichtigt. 5) Verabreichung von Tetanus-Immunglobulinen (T-IgG) wenn weniger als 3 Dosen eines Tetanusimpfstoffes geimpft wurden oder die Anzahl der Dosen unbekannt ist. * pa (-IPV) bei bestehendem / absehbarem regelmässigem Kontakt mit Säuglingen (< 6 Monate). Ein Abstand von 4 Wochen nach der letzten T-Impfung soll eingehalten werden. ** Abstand von 10 Jahren falls eine dtpa-impfung im Alter von 15 Jahren erfolgte. Tabelle 3: Nachholimpfungen für Erwachsene mit unvollständiger Impfdokumentation (modifiziert nach www.ekif.ch) mindestens 3 Impfdosen Hepatitis B in Kombination mit DTP-IPV/Hib, sogenannter Sechsfach-Impfstoff (Infanrix hexa; Mindestabstand zwischen vorletzter und letzter Dosis: 4 Monate), oder 2 Dosen Hepatitis-A/B-Kombinationsimpfstoff (Twinrix ), wobei die erste Dosis vor dem 15. Geburtstag erfolgte (Mindestabstand zwischen erster und zweiter Dosis: 6 Monate), oder 3 Dosen Hepatitis-A/B-Kombinationsimpfstoff (Twinrix ; Mindestabstand zwischen zweiter und dritter Dosis: 4 Monate) erhalten hat. Eine serologische Erfolgskontrolle ist im Allgemeinen nicht empfohlen (Ausnahme: Personen mit erhöhtem Infektionsrisiko, siehe Impfplan, www.ekif.ch). Ebenso sind nach heutigem Kenntnisstand keine Auffrischimpfungen gegen Hepatitis B erforderlich. Humane Papillomaviren (HPV) Vollständige Grundimmunisierung als Basisimpfempfehlung bis zum Alter von 19 Jahren sowie als ergänzende Impfempfehlung bis zum Alter von 26 Jahren. HPV infiziert die Epithelzellen von Haut und Mukosa im Genitalbereich. Hochrisikogenotypen wie HPV-16 und -18 führen zunächst zu asymptomatischen Infektionen, die bei Persistenz zu Zervix-, Vulva-, Vagina- und Analkarzinomen führen können. Niedrigrisikogenotypen sind die Ursache von anogenitalen «Warzen» (ca. 90% durch HPV-6 und -11); sie können durch Übertragung während der Geburt bei Neugeborenen eine Larynxpapillomatose auslösen. Man GYNÄKOLOGIE 4/2015 31

rechnet in der Schweiz pro Jahr mit etwa 5000 Fällen einer schweren Dysplasie (CIN 2/3, präkanzeröse Läsion) im weiblichen Genitaltrakt und etwa 300 Fällen von HPV-assozierten Zervixkarzinomen (14). Die Impfung gegen HPV ist in der Schweiz seit 2007 allgemein für Mädchen im Alter von 11 bis 14 Jahren empfohlen. Hier gilt analog zur Hepatitis-B-Impfung die Überlegung, dass Schutz induziert werden soll, bevor sexuelle Aktivitäten aufgenommen werden. Nachholimpfungen sind allgemein bis zum Alter von 19 Jahren, als ergänzende Impfung bis zum 26. Lebensjahr empfohlen. Dafür stehen ein bivalenter (HPV-16 und -18, Cervarix ) sowie ein quadrivalenter (HPV-6, -11, -16 und -18, Gardasil ) Impfstoff zur Verfügung. Darüber hinaus können auf der Basis einer individuellen Beratung auch Frauen > 26 Jahre geimpft werden. Das kann sinnvoll sein und erfordert kein generelles vorausgehendes «Screening» auf bereits bestehende, asymptomatische HPV-Infektionen. Als geschützt gilt, wer im Alter von 11 bis 14 Jahren mindestens 2 Impfdosen (Mindestabstand zwischen vorletzter und letzter Dosis: 4 Monate) oder im Alter von >15 Jahren 3 Impfdosen (Mindestabstand zwischen vorletzter und letzter Dosis: 4 Monate) erhalten hat. HPV-Auffrischimpfungen sind nach heutigem Kenntnisstand nicht erforderlich. Impfungen in der Schwangerschaft gegen Pertussis und Influenza Neben diesen Impfungen für Frauen im konzeptionellen Alter sind explizit 2 Impfungen in der Schwangerschaft empfohlen: Die bereits erwähnte, gut verträgliche Impfung gegen Pertussis im 2. oder 3. Trimenon und die Impfung gegen Influenza. Diese Influenzaimpfung ist ebenfalls gut verträglich (inaktivierter Totimpfstoff) und hat zwei Ziele: direkter Schutz der Schwangeren, da diese im Vergleich zu gleichaltrigen, nicht schwangeren Frauen ein deutlich erhöhtes Influenzakomplikations- und Sterberisiko haben Neugeborene und junge Säuglinge vor den Folgen einer Influenza zu schützen, da diese ebenfalls ein erhöhtes Komplikations- und Sterberisiko aufweisen (15). Quellen: 1. www.ekif.ch 2. Heininger U.: Impfratgeber. Impfempfehlungen für Kinder, Jugendliche und Erwachsene (8. Auflage). UNI-MED Verlag, Bremen, 2015. 3. Ders.: Supplement «Impfen in der Schwangerschaft». UNI-MED Verlag, Bremen, 2015. 4. Munoz FM, Englund JA.: Vaccines in pregnancy. Infect Dis Clin North Am 2001; 15: 253 271. 5. Heininger U et al.: Prospective Nationwide Surveillance of Hospitalizations due to Pertussis in Children, 2006 2010. Pediatr Infect Dis J 2014; 33: 147 151. 6. Bundesamt für Gesundheit: Anpassung der Impfempfehlung gegen Pertussis: für Jugendliche, Säuglinge in Betreuungseinrichtungen und schwangere Frauen. BAG Bulletin 9/2013. Internet: http://www.bag.admin.ch/dokumentation/publikationen/01435/13591/index.html?lang=de 7. Bundesamt für Gesundheit: Optimierung der Auffrischimpfungen gegen Diphtherie, Tetanus und Pertussis (dt/dtpa) bei Erwachsenen. BAG Bulletin 11/2011. Internet: http://www.bag.admin.ch/dokumentation/publikationen/01435/11505/index.html?lang=de 8. Dabrera G et al.: A case-control study to estimate the effectiveness of maternal pertussis vaccination in protecting newborn infants in England and Wales, 2012 2013. Clin Infect Dis 2015; 60: 333 337. 9. Abu Raya B et al.: Immunization of pregnant women against pertussis: the effect of timing on antibody avidity. Vaccine 2015; 33: 1948 1952. 10. Urwyler P, Heininger U.: Protecting newborns from pertussis the challenge of complete cocooning. BMC Infect Dis 2014; 14(1): 397. doi: 10.1186/1471-2334-14-397. 11. Heininger U et al.: Seroprevalence of varicella-zoster virus immunoglobulin G antibodies in Swiss adolescents and risk factor analysis for seronegativity. Pediatr Infect Dis J 2001; 20: 775 778. 12. Borte M et al.: Varizellen Zoster. In: Berner R et al. (Hrsg.): Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie: DGPI Handbuch Infektionen bei Kindern und Jugendlichen (6. Auflage). Georg Thieme Verlag, Stuttgart; 2013: 582 588. 13. Bundesamt für Gesundheit: Hepatitis-B-Impfung von Adoleszenten in der Schweiz: Grosser Einfluss auf die Krankheitsinzidenz in dieser Altersgruppe. BAG Bulletin 49/2004 Internet: http://www.bag.admin.ch/dokumentation/publikationen/01435/01798/index.html?lang=de 14. Bundesamt für Gesundheit: Empfehlungen zur Impfung gegen humane Papillomaviren. BAG Bull 25/2007 Internet: http://www.bag.admin.ch/dokumentation/publikationen/01435/03542/index.html?lang=de&sort 15. Neuzil KM et al.: The effect of influenza on hospitalizations, outpatient visits, and courses of antibiotics in children. See comment in PubMed Commons below N Engl J Med 2000; 342: 225 231. Prof. Dr. med. Ulrich Heininger Pädiatrische Infektiologie und Vakzinologie Universitäts-Kinderspital beider Basel (UKBB) 4031 Basel E-Mail: ulrich.heininger@ukbb.ch 32 GYNÄKOLOGIE 4/2015