Strafbarkeit der Unternehmung Anforderungen an die Compliance aus Sicht der Strafverfolgungsbehörden nach dem Strafbefehl gegen Alstom



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Transkript:

Strafbarkeit der Unternehmung Anforderungen an die Compliance aus Sicht der Strafverfolgungsbehörden nach dem Strafbefehl gegen Alstom

Inhaltsverzeichnis (1) Organisation der Bundesanwaltschaft / Prioritäten / fachliche Unterstützung durch CCWF Internationale Rahmenbedingungen i.s. Korruption Art. 322 septies StGB / Art. 102 StGB Territoriale Anknüpfungspunkte für Art. 102 StGB Auslöser für Strafuntersuchungen gegen Unternehmen Kurzabriss über eine mögliche Fallabwicklung International Guidance zu Best Practice Schweizerische Guidance zu Best Practice 2

Inhaltsverzeichnis (2) Compliance Voraussetzungen für eine funktionierende Compliance Position innerhalb der Unternehmung Personelle Besetzung Anti-Korruptionsprogramm / Anwendungsbereich 3

Inhaltsverzeichnis (3) Einsatz von Agenten Phase 1: Auswahl des Agenten Phase 2: Due Diligence Phase 3: Vertrag Phase 4: Nachweis der erbrachten Leistungen Phase 5: Bezahlung Red Flags 4

Inhaltsverzeichnis (3) Möglichkeiten der Verfahrenserledigung Anklage / abgekürztes Verfahren / Strafbefehl Deal or no deal Einziehung Fragen? 5

Organisation Bundesanwaltschaft Kurzübersicht 6

Bundesanwaltschaft Abteilungen Wirtschaftskriminalität (angedachte Organisation) WiKri I: Sogenannt klassische Wirtschaftskriminalität mit internationalen Dimensionen oder kantonsübergreifend ohne Schwergewicht in einem Kanton neu (voraussichtlich): Börsendelikte WiKri II: Internationale Korruption (Art. 322 septies StGB) und soweit damit im Zusammenhang stehend Geldwäscherei (Art. 305 bis StGB) und Strafbarkeit des Unternehmens (Art. 102 StGB) 7

Bundesanwaltschaft Kernprioritäten (u.a. internationale Korruption) Der Bundesrat hat für die Legislaturperiode 2012-2015 u.a. die Wirtschaftskriminalität mit Bezügen zu internationaler Korruption und damit zusammenhängenden Geldwäschereihandlungen zu den Kernprioritäten gezählt. Die Bundesanwaltschaft hat bei den thematischen Schwerpunkten bei der Wirtschaftskriminalität in erster Linie die Bekämpfung der internationalen Korruption vorgesehen und auch nach aussen kommuniziert. 8

Bundesanwaltschaft Kompetenzzentrum Wirtschaft und Finanzen CCWF (1) Zur fachlichen Unterstützung im Bereich der Wirtschaftskriminalität wurde in der Bundesanwaltschaft ein Kompetenzzentrum Wirtschaft und Finanzen (CCWF) eingerichtet. Das Kompetenzzentrum Wirtschaft und Finanzen (CCWF) unterstützt die operativen Abteilungen und Zweigstellen der Bundesanwaltschaft bei der Führung der Straf- und Rechtshilfeverfahren in Wirtschaftsund Finanzaspekten. 9

Bundesanwaltschaft Kompetenzzentrum Wirtschaft und Finanzen CCWF (2) Das CCWF bietet Fachkompetenz und Erfahrung in den Bereichen: Betriebswirtschaft / Bankwirtschaft (Management- und Betriebsprozesse) Finanzwirtschaft (Finanz-Systeme, Holding Strukturen, Unternehmens- und Projektfinanzierung / Steueroptimierung) Finanz- und Kreditinstrumente Buchhaltung (Internationale Standards USGAAP / IAS / FIR) Forensische Finanz- und Unternehmensanalyse Corporate Governance und Compliance Management 10

Internationale Rahmenbedingungen i.s. Korruption OECD Konvention gegen Bestechung ausländischer Amtsträger (1997), mit zusätzlichen Empfehlungen und Zusätzen aus dem Jahr 2009 Strafrechtsübereinkommen über Korruption des Europarats von 1999 mit Zusatzprotokoll von 2003 UN Konvention gegen Korruption (UNCAC), ratifiziert von der Schweiz 2009 Vgl. dazu Uebersicht: http://www.bj.admin.ch/bj/de/home/themen/kriminalitaet/korruption_gr eco.html 11

Bestechung fremder Amtsträger Art. 322 septies StGB (1 aktive Bestechung) Mit Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren oder Geldstrafe wird bestraft: wer einem Mitglied einer richterlichen oder anderen Behörde, einem Beamten, einem amtlich bestellten Sachverständigen, Übersetzer oder Dolmetscher, einem Schiedsrichter oder einem Angehörigen der Armee, die für einen fremden Staat oder eine internationale Organisation tätig sind, im Zusammenhang mit dessen amtlicher Tätigkeit für eine pflichtwidrige oder eine im Ermessen stehende Handlung oder Unterlassung zu dessen Gunsten oder zu Gunsten eines Dritten einen nicht gebührenden Vorteil anbietet, verspricht oder gewährt, 12

Bestechung fremder Amtsträger Art. 322 septies StGB (2 passive Bestechung) wer als Mitglied einer richterlichen oder anderen Behörde, als Beamter, als amtlich bestellter Sachverständiger, Übersetzer oder Dolmetscher, als Schiedsrichter oder als Angehöriger der Armee eines fremden Staates oder einer internationalen Organisation im Zusammenhang mit seiner amtlichen Tätigkeit für eine pflichtwidrige oder eine im Ermessen stehende Handlung oder Unterlassung für sich oder einen Dritten einen nicht gebührenden Vorteil fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, 13

Strafbarkeit des Unternehmens Art. 102 StGB (1) 1) Wird in einem Unternehmen in Ausübung geschäftlicher Verrichtung im Rahmen des Unternehmenszwecks ein Verbrechen oder Vergehen begangen und kann diese Tat wegen mangelhafter Organisation des Unternehmens keiner bestimmten natürlichen Person zugerechnet werden, so wird das Verbrechen oder Vergehen dem Unternehmen zugerechnet. In diesem Fall wird das Unternehmen mit Busse bis zu 5 Millionen Franken bestraft. 14

Strafbarkeit des Unternehmens Art. 102 StGB (2) 2) Handelt es sich dabei um eine Straftat nach den Artikeln 260 ter, 260 quinquies, 305 bis, 322 ter, 322 quinquies oder 322 septies Absatz 1 oder um eine Straftat nach Artikel 4a Absatz 1 Buchstabe a des Bundesgesetzes vom 19. Dez. 1986 gegen den unlauteren Wettbewerb, so wird das Unternehmen unabhängig von der Strafbarkeit natürlicher Personen bestraft, wenn dem Unternehmen vorzuwerfen ist, dass es nicht alle erforderlichen und zumutbaren organisatorischen Vorkehren getroffen hat, um eine solche Straftat zu verhindern 15

Strafbarkeit des Unternehmens Art. 102 StGB (3) 3) Das Gericht bemisst die Busse insbesondere nach der Schwere der Tat und der Schwere des Organisationsmangels und des angerichteten Schadens sowie nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Unternehmens 16

Strafbarkeit des Unternehmens Art. 102 StGB (4) 4) Als Unternehmen im Sinne dieses Titels gelten: a. juristische Personen des Privatrechts b. juristische Personen des öffentlichen Rechts mit Ausnahme der Gebietskörperschaften c. Gesellschaften d. Einzelfirmen 17

Strafbarkeit des Unternehmens Territorialer Anknüpfungspunkt für die Anwendbarkeit von Art. 102 StGB (1) Handlungsort der Unternehmensstraftat im Sinne von Art. 102 StGB ist Sowohl dort wo die Anlasstat (d.h. aktive Bestechung) begangen worden ist als auch dort, wo das Organisationsverschulden örtlich anzusiedeln ist (d.h. regelmässig an ihrem Sitz) Organisation der Korruptionsverhütung wird als nicht delegierbare Pflicht der obersten Führungsspitze betrachtet als auch dort, wo die konkrete Planung und Implementierung der Korruptionsverhütung gegebenenfalls ausgelagert worden ist 18

Strafbarkeit des Unternehmens Territorialer Anknüpfungspunkt für die Anwendbarkeit von Art. 102 StGB (2) Schweizerische Unternehmen sind für ihre weltweite Geschäftstätigkeit dem schweizerischen Unternehmensstrafrecht unterworfen Ausländische Unternehmen sind dem schweizerischen Unternehmensstrafrecht unterworfen, wenn mit der Korruptionsverhütung betraute Personen der Rechts- oder Complianceabteilung in der Schweiz tätig bzw. untätig sind 19

Strafbarkeit des Unternehmens Territorialer Anknüpfungspunkt für die Anwendbarkeit von Art. 102 StGB (3) Übertragen auf den ALSTOM Fall bedeutete das: Eröffnung eines Strafverfahrens gegen die ALSTOM Network Schweiz AG wegen Verletzung von Art. 102 StGB, weil deren Muttergesellschaft ihr die Compliance Aufgaben im weltweiten Geschäftsbereich Power und Power Services übertragen hatte und sie diese ungenügend ausgeübt hatte; Eröffnung eines Strafverfahrens gegen die ALSTOM SA in Frankreich, weil deren ungenügende Organisation (auch) in der Schweiz bei der ALSTOM Network Schweiz AG aufgetreten ist 20

Auslöser von Strafuntersuchungen gegen Unternehmungen Verdachtsmeldungen der Meldestelle für Geldwäscherei (Bsp. SIEMENS und ALSTOM) Hinweise auf Verfehlungen von weiteren Unternehmungen in laufenden Untersuchungen (Bsp.: Fehlbare Agenten, die für mehrere Unternehmungen tätig sind) Hinweise aus ausländischen Strafuntersuchungen, die mittels einem Vergleich ( deal) abgeschlossen werden. (Bsp. DOJ Deferred Prosecution Agreement) Hinweise in ausländischen Rechtshilfeersuchen, die durch die Bundesanwaltschaft vollzogen werden 21

Fallabwicklung (1) Verdachtsmeldung MROS (bei hinreichendem Verdacht i.d.r. Eröffnung einer Strafuntersuchung gegen Unbekannt oder gegen nat. Person(en) Erste Beweiserhebungen (u.a. Edition und Analyse von Bankunterlagen) Bei verdichteter Verdachtslage: Eröffnung einer Strafuntersuchung gegen das Unternehmen Hausdurchsuchungen in der Schweiz, evtl. Rechtshilfeersuchen ins Ausland Bei dringender Verdachtslage gegen involvierte nat. Personen. Verhaftung und Beantragung von Untersuchungshaft 22

Fallabwicklung (2) Befragung von Beschuldigten (bei Unternehmung zu bestimmender Unternehmensvertreter), Auskunftspersonen und Zeugen Edition von sämtlichen den Compliance Bereich betreffenden Unterlagen Analysebericht CCWF zu möglichem Organisationsverschulden Analyse über die Höhe der illegal (mittels Bestechung) erzielten Gewinne evtl. Gespräche mit den involvierten Anwälten über möglichen Verfahrensabschluss 23

Best Practice International Guidance (1) 1999: ICC Rules of Conduct and Recommendations (revised 2003-2005) http://www.iccwbo.org/policy/society/ 2000: OECD Guidelines for Multinational Enterprises (revised 2011) http://www.oecd.org/dataoecd/43/29/48004323.pdf 2002: TRACE Standard https://secure.traceinternational.org/ 2003: Business Principles for Countering Bribery (second edition 2009, TI) http://www.transparency.org/ 24

Best Practice International Guidance (2) 2003: Fighting Corruption: A Corporate Practices Manual (ICC) 2004: OECD Principles of Corporate Governance http://www.oecd.org/dataoecd/32/18/31557724.pdf 2010: Good Practice Guidance on Internal Controls, Ethics, and Compliance (OECD) http://www.oecd.org/dataoecd/5/51/44884389.pdf 2011: OECD Initiative CleanGovBiz (work in progress) http://www.oecd.org/document/27/0,3746,en_21571361_48474296_4 8935579_1_1_1_1,00.html 25

Best Practice Schweizerische Richtlinien Korruption vermeiden Hinweise für im Ausland tätige Schweizer Unternehmen (SECO) überarbeitet 2008 http://www.seco.admin.ch/themen/00645/00657/index.html?lang=de Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) inkl. der Interdepartementalen Arbeitsgruppe zur Korruptionsbekämpfung (IDAG) http://www.eda.admin.ch/eda/en/home/topics/finec/intcr/corrup.html 26

Voraussetzungen für eine funktionierende Compliance klarer Compliance-Auftrag Unabhängigkeit in der Ausführung ihrer Tätigkeit klare Strukturen, Aufgaben- und Verantwortungsbereiche klare reporting-lines Richtige und genügende Ressourcen 27

Position der Compliance-Abteilung innerhalb der Organisation unabhängige Abteilung kritischer Punkt: Unabhängigkeit von den betrieblichen Tätigkeiten direkter Zugang zu den leitenden Organen ein direktes Reporting an ein Mitglied der Geschäftsleitung eine enge Zusammenarbeit zur Rechts- und Revisionsabteilung 28

Personelle Besetzung der Compliance- Abteilung hängt von der Aufgabenteilung der Rechts- und Compliance- Abteilung ab schwierige Richtmarke: 1 Compliance-Angestellter auf 100-200 Mitarbeiter in multinationalen Unternehmen. Compliance-Aufgaben nur an sehr qualifiziertes Personal erteilen, welches angemessen Auskunft geben kann 29

Anti-Korruptions Programm Verantwortlichkeit der Führungskräfte Risk-based approach klare Aussagen der Führungskräfte: Null-Toleranz Klare Kommunikation der Werte Aufarbeitung und Einbindung der Anti-Korruptions Gesetzen und best-practice -Standards Ethik-Handbuch mit detaillierten Instruktionen Durchsetzung quer durch die ganze Organisation Ausbildung und Training Anlaufstelle für Whistleblower internes Buchprüfungssystem Sanktionen, die auch vollzogen werden Kontrolle 30

Anwendungsbereich Compliance Themen: - Bestechung von Beamten oder Personen in der Privatwirtschaft - Spenden an politische Parteien - Spenden an wohltätige Organisationen sowie Sponsoring - Fördergelder - Geschenke, Einladungen oder Rückvergütungen von Aufwendungen Zielgruppen: - Tochtergesellschaften, joint-ventures, Konsortien - vertragsschliessende Parteien und Lieferanten - Vermittler, Berater, Beauftragte 31

Die wichtigsten Phasen beim Einsatz von Agenten / Consultant Auswahl des Agenten Due Diligence des Agenten Vertrag Nachweis der zu leistenden Arbeit Bezahlung 32

Phase 1: Auswahl des Beauftragten Vorschlag durch Geschäftseinheit Begründung der Notwendigkeit für den Einsatz eines Agenten Dokumentierung der betrieblichen Gründe für die Auswahl der Agenten Dokumentierung der Erfahrungen und der Ressourcen des Agenten 33

Phase 1: Auswahl des Beauftragten Kontrolle: Compliance Bewilligung: Geschäftsleitung 34

Phase 2: Due Diligence des Agenten vor einer geschäftliche Beziehung Fragebogen, welcher durch die Mittelsperson oder das lokale Team ausgefüllt werden muss Kontrolle der due Diligence (Compliance trifft den Endentscheid) durch eine interne oder externe Organisation unabhängig vom Geschäftsbereich due Diligence ist periodisch zu wiederholen 35

Phase 3: Vertrag mit dem Agenten Verpflichtung zur Vermeidung verdächtiger Zahlungen und zur Information des Auftraggebers über sämtliche Zahlungsaufforderungen von öffentlichen Beamten Verpflichtung der Einhaltung der massgeblichen Anti- Korruptionsgesetze und Reglemente Verpflichtung zur Anerkennung des Anti-Korruptionsprogramms des Unternehmens und zur Offenlegung seiner Konten für die Kontrolle durch den Auftraggeber Verbot der Übertragung der Rechte auf Dritte Umschreibung der erwarteten und Pflicht zur Dokumentierung der erbrachten Leistungen 36

Phase 4: Nachweis der geleisteten Arbeit Korrespondenz (E-Mail, Fax, Briefe) Angaben und Beschreibung der erwarteten Leistungen Protokolle über die Anwesenheit des Agenten Protokolle oder Notizen, welche den Beitrag des Agenten festhalten (bsp. bei Abklärungen, bei technischen und geschäftlichen Informationen, Übersetzungen) Dokumentation über Geschäftsreisen und Meetings allgemeine Analysen, Studien, Kommentare Berichte Marktanalysen Angebotsanalysen detaillierte Liste, wie viel Zeit für welche Aktivität aufgewendet wurde Überprüfung durch den Auftraggeber und die Compliance 37

Phase 5: Honorar gemäss den vertraglichen Vereinbarungen Aufpassen auf Red Flags 38

Red Flags Agent ist nicht im gleichen Land wie der Kunde oder das Projekt oder hat keine wesentlichen Geschäftstätigkeiten im Land. Agent arbeitete für Unternehmen mit zweifelhaftem Ruf. Agent verlangt die Zahlung des ganzen Lohns oder Teile davon für eine dritte Partei, auf ein Nummernkonto oder in bar. Agent verlangt die Zahlung des ganzen Lohns oder Teile davon auf ein Konto in einem Land, in welchem er keinen Wohnsitz hat, oder das Projekt nicht realisiert wird oder für seinen Mangel an Banktransparenz bekannt ist. Agent verlangt die Zahlung bereits vor oder unmittelbar nach Vertragsabschluss zwischen ihm und dem Unternehmen. Die Anzahl der Mitarbeiter des Agenten reicht nicht aus, sie sind nicht ausreichend ausgebildet oder geographisch am falschen Ort, um die Anforderungen, die im Vertrag vereinbart wurden, einhalten zu können. 39

Bezahlung keine grundlosen Zahlungen an den Agenten angemessene den angebotenen Leistungen entsprechende Bezahlung herkömmliche Zahlungsmethoden keine Barzahlungen Red Flag: reine Erfolgshonorare 40

Verfahrenserledigung Folgende Erledigungsmöglichkeiten nach StPO: Einstellung des Verfahrens (Art. 319 ff) Anklageerhebung inkl. Hauptverfahren mit Urteil (Art. 324 ff ) anschliessend allenfalls Rechtsmittelverfahren (Art. 379ff) Abgekürztes Verfahren (Art. 358 ff) Strafbefehlsverfahren (Art. 352 ff) 41

Verfahrenserledigung durch abgekürztes Verfahren (Art. 358ff StPO) Voraussetzungen : Antrag des Beschuldigten Geständnis (zumindest in Aussicht stellen) Anerkennung der Zivilansprüche dem Grundsatz nach Nicht mehr als 5 Jahre Freiheitsstrafe in Aussicht Entscheid des Staatsanwalts (keine Begründung und kein Rechtsmittel dagegen) 42

Verfahrenserledigung durch abgekürztes Verfahren (Art. 358ff StPO) Verhandlungen Anwaltliche Vertretung Protokollierungspflicht (Art. 76 StPO) Separate Aktenordnung Inhalt Aushandeln der Art und Anzahl der anzuklagenden Straftaten (Charge bargaining) Aushandlung der Sanktion (Sentence bargaining) Nicht Fakten/Wahrheitsaushandlung (fact bargaining) 43

Verfahrenserledigung durch abgekürztes Verfahren (Art. 358ff StPO) Abschluss: Anklage (Mitteilung an die Parteien) Strafbefehl Einstellung nach 53 StGB Einstellung 44

Verfahrenserledigung durch Strafbefehl Voraussetzungen: Geständnis oder Sachverhalt ist anderweitig ausreichend geklärt Busse (gegenüber einer Unternehmung immer gegeben) 45

Verfahrenserledigung durch Strafbefehl Inhalt des Strafbefehls (Art. 353 StPO): a. die Bezeichnung der verfügenden Behörde; b. die Bezeichnung der beschuldigten Person; c. den Sachverhalt, welcher der beschuldigten Person zur Last gelegt wird; d. die dadurch erfüllten Straftatbestände; e. die Sanktion; f. den kurz begründeten Widerruf einer bedingt ausgesprochenen Sanktion oder einer bedingten Entlassung; g. die Kosten- und Entschädigungsfolgen; h. die Bezeichnung beschlagnahmter Gegenstände und Vermögenswerte, die freigegeben oder eingezogen werden; i. den Hinweis auf die Möglichkeit der Einsprache und die Folgen einer unterbliebenen Einsprache; j. Ort und Datum der Ausstellung; k. die Unterschrift der ausstellenden Person. 46

Verfahrenserledigung durch Strafbefehl Begründung Grundsätzlich keine rechtliche Begründung, aber Interesse der Öffentlichkeit Nachvollziehbarkeit Transparenz der Strafverfolgung Ausführlichere Strafbefehle der BA 47

Verfahrenserledigung durch Strafbefehl Bekanntgabe durch Auflegen des Strafbefehls in Bern bei der BA Internetaufschaltung Zeitlich Begrenzung 48

Einziehung (Art. 70 und 71 StGB) Direkte Einziehung (Art. 70 StGB) Ersatzforderungen (Art. 71 StGB) Netto- / Bruttoprinzip Ermessen des Gerichts bzw. der Staatsanwaltschaft (Art. 70 Abs. 5 StGB) 49

Fragen? 50

Kontakt: Walter Mäder Leitender Staatsanwalt des Bundes Taubenstrasse 16 3003 Bern Tel.: 031 322 06 30 Fax: 031 322 05 03 walter.maeder@ba.admin.ch Stefan Lenz Staatsanwalt des Bundes Taubenstrasse 16 3003 Bern Tel.: 031 322 06 63 Fax: 031 322 05 03 stefan.lenz@ba.admin.ch 51