Einfluss des "baby signing" auf den Spracherwerb

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Technische Universität Dresden Institut für Germanistik Fakultät Sprach-, Literatur- und Kulturwissenschaften Professur für Germanistische Linguistik und Sprachgeschichte Hausarbeit im Seminar: Psycholinguistik Thema: Der Einfluss des baby signing auf den Erstspracherwerb von Kleinkindern

Inhalt 1 Der lange Weg zum ersten Wort... 1 2 Stadien des Erstspracherwerbs von Kleinkindern... 4 2.1 Auf dem Weg zum ersten Wort sprachliche Entwicklungen im ersten Lebensjahr... 4 2.2 Erste Zweiwortäußerungen sprachliche Entwicklungen im zweiten Lebensjahr... 10 2.3 Die Entwicklung einer einfachen, verständlichen Kindersprache sprachliche Entwicklungen im dritten Lebensjahr... 15 3 Die an das Kind gerichtete Sprache (KGS)... 19 4 Theoretische Grundlagen zum baby signing... 23 4.1 Erwerb und Struktur des baby signing... 23 4.2 Forschungsstand zum baby signing... 27 4.2.1 Studie von GOODWYN, ACREDOLO und BROWN (2000)... 27 4.2.2 Studie von MÜLLER (2009)... 28 4.3 Gemeinsamkeiten und Unterschiede zur Deutschen Gebärdensprache... 29 5 Ein Vorsprung durch Baby-Signing?... 31 Abbildungsverzeichnis... 34 Literaturverzeichnis... 37

1 Der lange Weg zum ersten Wort So oder in ähnlicher Form könnte die entscheidendste und wichtigste Entwicklungsaufgabe eines Kleinkindes zusammengefasst werden. Dieser Denkspruch verdeutlicht, durch den Terminus des Weges, zum einen die Prozesshaftigkeit und zum anderen die Dauer des Spracherwerbes, da dieser über mehrere Jahre reicht. Die Bedeutung des Erwerbs von Sprache ist darin begründet, dass Sprache uns tagtäglich in jedweden Situationen umgibt, sei es in verbaler, nonverbaler oder grafischer Form. Um an der Gesellschaft teilzuhaben, muss man die Fähigkeit Sprache zu produzieren, erwerben. Dieser Erwerbsprozess verläuft recht unscheinbar und ist doch zugleich eine der schwierigsten Aufgaben in der Entwicklung eines Kindes. Dies zeigt sich auch daran, dass ein Kind seine Sprache im allgemeinen Recht gut [beherrscht], aber viele Strukturen erst spät gelernt [werden, K.L.]. 1 Dabei muss grundlegend zwischen drei Arten des Spracherwerbes unterschieden werden. Die erste Form, mit welcher sich auch die vorliegende Arbeit beschäftigt, thematisiert den Erstspracherwerb. Dies bedeutet, dass das Kind eine erste Sprache, also seine Muttersprache lernt, ohne bisher anderweitige Sprachen erworben zu haben. 2 Die zweite Form ist der Zweitspracherwerb. Dieser bezeichnet das Erlernen einer zweiten Sprache nach Abschluss des Erstspracherwerbes in einem natürlichen Kontext, beispielsweise durch die Konfrontation mit einer weiteren Sprache in der betreffenden Zielkultur. Die dritte Form thematisiert den Fremdspracherwerb, der sich vom Zweitspracherwerb hinsichtlich der Bedingung des Erlernens der Sprache unterscheidet. Die Fremdsprache kommt hierbei vor allem in gelenkten Situationen, beispielsweise im Schulunterricht, zum Tragen und findet daher meist in der späteren Kindheit losgelöst vom Erstspracherwerb statt. 3 Dieser Erstspracherwerb und im besonderen Maße das erste gesprochene Wort kann von den Eltern eines Kindes kaum erwartet werden. Groß ist die Neugier darüber, welches wohl das erste Wort sein wird. Häufig sind die ersten Wörter Mama, Papa oder die Bezeichnung des Lieblingsstofftieres, beziehungsweise spielzeuges. Mit der Neugier geht aber auch der Wunsch der Eltern einher, endlich die Bedürfnisse ihres Kindes besser verstehen 1 Klein, Wolfgang: Zweitspracherwerb. Eine Einführung. Frankfurt a. M.: Hain 1992, S. 21. 2 Vgl. Klann-Delius, Gisela: Spracherwerb. Stuttgart; Weimar 1999, S. V. 3 Vgl. Klein, Wolfgang: Prozesse des Zweitspracherwerbs. In: Grimm, Hannelore: Enzyklopädie der Psychologie. Band 3. Göttingen: Hogrefe 2000, S. 542. 1