Algenaufwuchs: Bloss stinkende und glitschige Steine oder wertvoller Informationsträger? Cercl eau Tagung 2011: Tagungsthema: Untersuchungen der Fliessgewässer in der Schweiz: Wo geht die Reise hin? Joachim Hürlimann AquaPlus, Zug
Algenaufwuchs - generiert Ersteindruck eines Gewässers Die folgenden Aufnahmen stammen alle von dieser Gewässerstelle.
Algenaufwuchs - generiert Ersteindruck eines Gewässers Veralgtes Gewässer infolge viel Licht und Nährstoffe, wenig Dynamik?
Algenaufwuchs - generiert Ersteindruck eines Gewässers Lokale einseitige Veralgung infolge Vertümpelung, Restwasser, Abwasser?
Algenaufwuchs - generiert Ersteindruck eines Gewässers Verschlammte Gewässersohle mit Algenfäden infolge Deponieabwasser?
Algenaufwuchs - generiert Ersteindruck eines Gewässers Heterotropher Bewuchs mit wenig Fadenalgen infolge Abwassereinleitung?
Algenaufwuchs - generiert Ersteindruck eines Gewässers Seltsamer Bewuchs verursacht durch abgestorbene Algen, Pilze, Neophyt?
Algenaufwuchs - generiert Ersteindruck eines Gewässers Frei von Algen infolge hoher Dynamik, nur periodisch überschwemmt?
Algen - Suchbegriffe im Internet (Google): Algen als Störfaktor im Sommer gehäufte Anfragen (Veralgung) Häufige Suchbegriffe in Google: Aquarium Algen Algen Teich gegen Algen Spirulina Algen bekämpfen Algen entfernen...
Algenaufwuchs - Phytobenthos Als Phytobenthos bezeichnet man die Lebensgemeinschaft von pflanzlichen Organismen, die angeheftet im Gewässerbett wachsen. Rotalge Hildenbrandia rivularis Artenzusammensetzung und Dichte sind stark abhängig von abiotischen und biotischen Faktoren. So z.b.: Goldalge Hydrurus foetidus - Gewässertyp, Geologie - Jahreszeit, Licht, Temperatur - Sohlstabilität, Dynamik - Abflussregime, Wassertiefe - Nähr- und Wuchsstoffe - Schadstoffe, Toxizität - Konkurrenz, Frass
Aufwuchs - Organismengruppen - Taxazahlen bei AquaPlus Thema des Vortrages Algen Kieselalgen: 838 Taxa (n = 5 657 Proben) Restliche Algen*: 67 Taxa (n = 4 332 Stellen) * vor allem makroskopisch erkannte Algen und anschliessend mikroskopisch verifiziert. Moose, inkl. Flechten Moose*, Flechten: * inkl. Lebermoose 22 Arten (4 332 Stellen) Wasserpflanzen Wasserpflanzen*: 60 Arten (4 332 Stellen) * Helophyten, Schwimmblattpflanzen und submerse Pflanzen
Algenaufwuchs - Wuchsformen: Krustenalgen Blaualge Phormidium incrustatum Kieselalgen Bacillariophyceae Rotalge Hildenbrandia rivularis Kalkinkrustierende Algen Bildung ist abhängig vom Kohlensäure-Gleichgewicht Abwasser vermag diese Algen zu verdrängen Kieselalgen fast überall vorhanden hohe Individuendichte Verwendung als Bioindikatoren etliche Pionierarten Rotalge Hildenbrandia rivularis beschattete Standorte lange Generationszeit stabile Sohle geringe Dynamik
Algenaufwuchs - Wuchsformen: Fadenalgen Kieselalgen Bacillariophyceae Gelbgrünalge Vaucheria sp. Grünalge Cladophora glomerata Biomasse Ersteindruck Veralgung grosse Biomasse bildend Einfluss auf Chemismus: Sauerstoff, ph-wert, NH 4 /NH 3 Artenzusammensetzung Standortgerechtigkeit Störzeiger pro Gewässertyp Rote Liste Arten Neophyten / invasive Arten Umweltfaktoren Beschattung, Benetzungsgrad Dynamik, Substrat Sohlstabilität, Wassertiefe Wasserchemismus
Gewässerschutzgesetz / -verordnung Gewässerschutzgesetz GSchG: Art. 1: Zweck - Gesundheit von Menschen, Tieren und Pflanzen - Erhaltung natürlicher Lebensräume für die einheimische Tier- und Pflanzenwelt Art. 33: Erhöhung der Mindestrestwassermenge Art. 37: Verbauung und Korrektion von Fliessgewässern GENERELL KEINE Art. 39a: Schwall und Sunk BEEINTRÄCHTIGUNG Art. 40: Spülung und Entleerung von Stauräumen DER PFLANZENWELT Art 43a: Geschiebehaushalt Gewässerschutzverordnung GSchV: Anhang 1: Ökologische Ziele - naturnahe und standortgerechte Lebensgemeinschaften STANDORT- - sich selbst reproduzieren und regulieren GERECHTIGKEIT - Vielfalt und Häufigkeit typisch für nicht oder nur schwach belastete Gewässer des jeweiligen Gewässertyps. Anhang 2: Anforderungen an die Wasserqualität - keine unnatürlichen Wucherungen von Algen / höheren Wasserpflanzen - Stoffe sich in Pflanzen,... nicht angereichert werden KEINE VERALGUNGEN - Stoffe keine nachteiligen Einwirkungen auf die Lebensgemeinschaften von Pflanzen,... haben - keine unnatürlich hohe Produktion von Biomasse verursachen BIOAKKUMULATION - die biologischen Prozesse zur physiologischen Grundbedürfnisse von Pflanzen..., wie Stoffwechselvorgänge, Fortpflanzung... nicht beeinträchtigen. ÖKOTOXIKOLOGIE
Modul-Stufen-Konzept: Wasserpflanzen Aufwuchs Modul in Bearbeitung siehe Vortrag von Frau Barbara Känel, AWEL ZH
Modul-Stufen-Konzept: Äusserer Aspekt Aufwuchs stabiler Schaum Eisensulfid Heterotropher Bewuchs
Modul-Stufen-Konzept: Äusserer Aspekt - Beeinträchtigungen Auszug Datenbank BIS AquaPlus, Auswertung der Aufnahmen seit 1. Januar 2000 Aufwuchs
Aufwuchs Modul-Stufen-Konzept: Äusserer Aspekt - Bewuchsdichte Taxa mit hoher Dichte: Hydrurus foetidus Cladophora glomerata Vaucheria sp. Ulothrix sp. (oft U. zonata) Prozent [%] Bewertung AquaPlus: Stufe 3 entspricht oft einer Veralgung Dichte keine Stufe 3: Algen: 2 % 9 % Moose: 43 % 4 % WaPfla: 85 % 1 % Quelle: BIS AquaPlus n = 4 354 Feldaufnahmen
Restwasser: Bewuchsdichte reduzieren durch Hochwasserspitzen Aufwuchs - Praxis... nach Hochwasser Reduktion der Veralgung Algenbewuchsdichte vor Hochwasser konkurrenzstark Grünalge Cladophora glomerata Grünalge Gongrosira sp.
Aufwuchs - Praxis Revitalisierung: Bewuchsdichte reduzieren durch Beschattung hohe Beschattung führt oft zu geringerer Algenbewuchsdichte
Aufwuchs - Praxis Temperatur: Vorkommen der Goldalge Hydrurus foetidus Winterform, bevorzugt schnell fliessende und kalte Gewässer der Alpen und Voralpen
Algen als Ziel-/Leitarten: z. B. Rotalge Batrachospermum sp. Aufwuchs - Praxis
Algen als Ziel-/Leitarten: z. B. Rotalge Batrachospermum sp. Aufwuchs - Praxis Nur 2.3 % aller Algenfunde bei AquaPlus sind Rotalgen, 0.5 % sind Batrachospermum sp. (n = 11 979)
Aufwuchs - Praxis Algen als Ziel-/Leitarten: z. B. Rotalge Batrachospermum sp. Batrachospermum sp. ist: - heute (noch/wieder) selten - bevorzugt schattige Stellen - höchstens wenig Belastung - empfindlich gegenüber erhöhtem Gesamt- Phosphorgehalt - indiziert gute ökologische Qualität nach WRRL - anspruchsvoller Lebenszyklus mit drei Phasen Fazit: Ideal als Zielart bei Revitalisierungen, ev. Rote Liste Art Schema aus: LANUV-Arbeitsblatt 9 (www.lanuv.nrw.de)
Überwachung: Neophyten, invasive Arten Aufwuchs - Praxis Situation Neuseeland
Aufwuchs - Praxis Überwachung: Neophyten, invasive Arten in der Schweiz: seit 1999 beobachtet Vorkommen: in wenig dynamischen Gewässern (Seeausflüsse, grosse Flüsse,...) Situation Schweiz
Fazit: Aufwuchs als informativer Feldindikator Aufwuchs - Praxis Je nach Art sind die Lebensraumansprüche sehr unterschiedlich: Wasserqualität, Licht, hydrologische Dynamik, Beschaffenheit des Untergrundes, Frass, Konkurrenz, Temperatur,... sind Beispiele wichtiger Umweltfaktoren, welche den Algenaufwuchs prägen.
Modul-Stufen-Konzept: Kieselalgen - Eichung Kieselalgen
Modul-Stufen-Konzept: Kieselalgen - Präparation Kieselalgen
Modul-Stufen-Konzept: Kieselalgen - Messstellen AquaPlus Stand 8. Juni 2011 ca. 6 000 Erhebungen Kieselalgen Verteilung DI-CH Standortgerechtigkeit
Modul-Stufen-Konzept: Kieselalgen DI-CH-Vergleich vor/nach 2000 Kieselalgen
Modul-Stufen-Konzept: Kieselalgen DI-CH-Entwicklung seit 1990 Kieselalgen Referenzvorstellung?
Modul-Stufen-Konzept: Kieselalgen - Autökologie Fragilaria arcus Kieselalgen
Kieselalgen Modul-Stufen-Konzept: Kieselalgen - Autökologie Fragilaria arcus Mit relativen Häufigkeiten von > 10 % nur im alpinen Raum Die numerischen Anforderungen gemäss Anhang 2 GSchV werden mit grosser Sicherheit erfüllt.
Analogatechnik: Standortgerechtigkeit Kieselalgen weitere Techniken und Möglichkeiten
Analogatechnik: Finden ähnlicher Gewässerstellen Kieselalgen weitere Techniken und Möglichkeiten
Analogatechnik: Abschätzung chemische Wasserqualität Kieselalgen weitere Techniken und Möglichkeiten
Analogatechnik: Finden ähnlicher Lebensgemeinschaften Beispiel: Ähnlichkeit einer Kieselalgenprobe eines Opfers im Vergleich mit Kieselalgenproben der Datenbank BIS von AquaPlus Kieselalgen sehr hohe Individuen übereinstimmung beste Übereinstimmung mit Proben des Tatortes und Kleider des Opfers weitere Techniken und Möglichkeiten sehr hohe Artenübereinstimmung Finden eines Tatortes Kieselalgen eines Opfers im Vergleich mit Gewässerproben Datensatz BIS: 5 999 Zähllisten
Ökotoxikologie: Teratologien bei Kieselalgen Teratologie: Missbildungen der siliziumhaltigen Schalen natürliche Ursachen: starke UV-Strahlung, thermische Schocks, Siliziummangel,... anthropogen bedingte Ursachen: Schwermetalle, Pestizide, Herbizide, Radioaktivität,... Kieselalgen weitere Techniken und Möglichkeiten normale unterschiedlich stark missbildete Schalen von Diatoma vulgaris Schale
Kieselalgen weitere Techniken und Möglichkeiten Ökotoxikologie: Teratologien bei Kieselalgen Teratologien entstanden anlässlich eines Experimentes mit Fluoranthen (PAK, Verbrennungsrückstände) > 1% Anteil an teratologischen Schalen innerhalb einer Zählung von > 400 Schalen scheint ein kritischer Wert zu sein. Es gibt aber auch Stellen im Hochgebirge mit hohem Anteil an Teratologien und ohne anthropogener Ursache (vermutlich UV-Strahlung).
Ökotoxikologie: Lifeforms bei Kieselalgen als Toxizitätsmass? Kieselalgen weitere Techniken und Möglichkeiten Lebensformen mit unterschiedlicher Sensibilität: - mobil, beweglich - benthisch oder planktisch - in Gallertschläuchen lebend - auf Gallertstielen lebend - Kolonien bildend - Pionierarten Zunahme: - Generationszeit - Biovolumens - Sensibilität
Standortgerechtigkeit: Kieselalgen-Lebensgemeinschaften Kieselalgen weitere Techniken und Möglichkeiten
Kieselalgen Historische Algensammlungen Sammlung Meister Sammlung Bachmann weitere Techniken und Möglichkeiten
Kieselalgen weitere Techniken und Möglichkeiten Historische Algensammlungen Sammlung Meister Suhre 1906-1918 (4) Uerke 1918 (3) Limmat 1850, 1911 Bäche Stadt Zürich 1847, 1852 (5) Glatt 1847, 1852 Bäche bei Horgen 1904-1918 (12) Sihl 1847-1918 (6)
Historische Algensammlungen (Sammlung Meister) Kieselalgen weitere Techniken und Möglichkeiten Proben von 1847-1918...... im Vergleich mit 2000-2011... für die Gewässertypen: - Seeausfluss - Fluss - Mittellandbach
Notwendigkeit der Qualitätssicherung und Weiterbildung Qualitätssicherung in Zusammenhang mit dem Messstellennetz TREND Biologie (Koordinierte Beobachtung der Oberflächengewässer), nationales Vorhaben (BAFU und Kantone) Workshop Diatomeen jährlich seit 2002 und Ringtest seit 2008, auf privater Basis Präparate / Referenzsammlung mit bezüglich des DI-CH-Wertes relevanten Kieselalgentaxa, auf privater Basis In Planung: Zertifikatslehrgang / CAS-Kurs Algen/Kieselalgen an der ZHAW in Wädenswil analog zu MakroZooBenthos weitere Techniken und Möglichkeiten Qualitätssicherung
weitere Techniken und Möglichkeiten Qualitätssicherung Fazit Fazit: Wohin geht die Reise...?... in Richtung Algen als Organismen wahrnehmen und nicht bloss als Störfaktor, welcher eliminiert werden muss.... in Richtung Standortgerechtigkeit und damit hin zu Referenzvorstellungen pro Gewässertyp.... Aufwuchs als Indikator / Erfolgskriterium / Ziel-/Leitart hinsichtlich z. B. Dynamisierung von Restwasserstrecken, bei Revitalisierungen,...... Teratologien / Lifeforms bei Kieselalgen als ökotoxikologisches Mass.... Qualitätssicherung bezüglich Probenahme, Bestimmung, Auswertung... in Richtung Datenbanken um übergeordnet einen Mehrwert zu erhalten sowie Trends und Entwicklungen erkennen zu können.
Besten Dank für ihre Aufmerksamkeit Ein ganz herzliches Dankeschön an allen MitarbeiterInnen von AquaPlus sowie an Stefan Rey, rebyte GmbH (Datenbank). Sie sorgen täglich für die vielen Feld- und Laborerhebungen. Fredy Elber, Klemens Niederberger, Lukas Boller, Mathieu Camenzind, Richard Doppmann, Margrit Egloff, Sarah Fässler, Isabella Hegglin, Barbara Imhof, Ute Karaus, Yvonne Keiser, Tino Romer, Tino Stäheli, Lukas Taxboeck, Ernst Roth, Silvia Wyss