Leitungssanierung in der Wohnung durch die WEG verboten?

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Transkript:

21. Pantaenius-Immobilientagung am 17. November 2016 in Hamburg Leitungssanierung in der Wohnung durch die WEG verboten? RA Dr. Jan-Hendrik Schmidt, Hamburg S. 1

Problembeschreibung Versicherungsrechtlich ist das Leitungssystem eine einheitliche Sache. Die wohnungseigentumsrechtliche Unterscheidung zwischen Sondereigentum (SE) und gemeinschaftlichem Eigentum (GE) ist der Gebäudeversicherung (Leitungswasserschaden) fremd. Wohnungseigentumsrechtlich bestehen am Leitungssystem unterschiedliche Eigentumsverhältnisse (SE und GE), es sei denn die Teilungserklärung (TE) weist es insgesamt dem gemeinschaftlichen Eigentum (GE) zu (siehe 5 III WEG) RISIKO: Die unerbetene Einmischung in die Verwaltungshoheit des Sondereigentümers führt zur Beschlussnichtigkeit (BGH 8.7.2011 - V ZR 176/10)! S. 2

Aus BGH 26.10.2012 - V ZR 57/12 Rn. 21: Zum GE gehören Leitungen nicht nur bis zum Eintritt in den räumlichen Bereich des Sondereigentums, sondern jedenfalls bis zur ersten für die Handhabung durch den Sondereigentümer vorgesehenen Absperrmöglichkeit. Je nach Bauweise kann das schon daraus folgen, dass eine - nicht durch Ventile, Eckverbindungen oder ähnliche Zwischenstücke - unterteilte Leitung eine einheitliche Sache ist, an der nur einheitliches Eigentum bestehen kann. In erster Linie ist maßgeblich, dass Wasser- und Heizungsleitungen erst von dem Punkt an ihre Zugehörigkeit zum Gesamtnetz verlieren, an dem sie sich durch eine im räumlichen Bereich des Sondereigentums befindliche Absperrvorrichtung hiervon trennen lassen. S. 3

Der einfache bzw. einfachere Fall Gibt es in der TE eine Bestimmung nach 5 III WEG, d.h. ist ganzes Leitungsnetz GE, liegen Zuständigkeit und Kostentragung bei der Gemeinschaft, es sei denn in der Gemeinschaftsordnung (GO) ist vereinbart, das Zuständigkeit und/ oder Kostentragung für diese Teile des GE beim Sondereigentümer (SEer) liegen Immer TE/GO genau lesen, auslegen, ggf. RA befragen! Wie immer bei Widerstand: Zugang zur Wohnung erzwingen gem. 14 Nr. 4 Halbsatz 1 WEG, ggf. mit gerichtlicher Hilfe rechtzeitig Beschlüsse herbeiführen! S. 4

Fall: Der beschwerliche Weg Hotel- und Ferienwohnungsanlage mit 160 Einheiten an der Ostsee. Laut TE Leitungen ab Abzweigung Hauptstrang SE. Instandhaltung und -setzung von Leitungen laut GO Sache des SEers. Alle 40 Fallstränge müssen erneuert werden, ferner alle Zirkulations- und Anschlussleitungen in den Sondereigentumseinheiten (Baujahr 1974). Viele Wasserschäden, viel Stress mit Versicherer. Frage: Was tun als Verwalter? S. 5

Zunächst gilt: Dieser Weg wird kein leichter sein, dieser Weg wird steinig und schwer. Nicht mit vielen wirst du dir einig sein, doch ( ) (Xavier Naidoo) S. 6

Hilft 10 VI 3 WEG (Ansichziehen)? Fraglich ist, ob die Gemeinschaft die Erfüllung der Pflicht des SEers zur Instandsetzung seiner Leitungen durch Mehrheitsbeschluss an sich zieht (also zwangsweise). Zur Erfüllung öffentlich-rechtlicher Pflichten ist ein solcher zwangsweiser Zugriff zwecks Pflichterfüllung aus einer Hand anerkannt (BGH 8.2.2013 - V ZR 238/11 zu Einbau und Wartung von Rauchwarnmeldern). Bei der Erfüllung zivilrechtlicher Pflichten macht die h.m. diesen Schritt meiner Meinung nach nicht mit. Von diesem Weg ist gegenwärtig abzuraten. S. 7

To Do - Liste für Verwalter: TE/GO lesen und einschlägige Bestimmungen auslegen BGH 26.10.2012 - V ZR 57/12 Rn. 21 berücksichtigen (case law) Eigentümer unterrichten und Beschlüsse herbeiführen über Bestandsaufnahme / Instandsetzungskonzept, Aufforderung des Sondereigentümers zur Instandsetzung. Möglichst frühzeitige Ankündigungen und Aufforderungen in Protokoll und Anschreiben. Sondereigentümern anbieten, dass die WEG seine Leitungen auf seine Kosten mit erneuert, wenn er einwilligt. Ggf. Eventualposition in Angebot /Leistungsverzeichnis vorsehen Beschluss gemäß 14 Nr. 4 Halbsatz 1 WEG herbeiführen. Beschluss zur Klageerhebung bei Nichtsanierung herbeiführen. Auf getrennte Auftragsvergabe, Abrechnung, Zahlung achten. S. 8

BGH 8.7.2011 - V ZR 176/10 Bei der Gesamterneuerung der Zentralheizung muss den Wohnungseigentümern angemessene Zeit zur Umstellung der in ihrem Sondereigentum stehenden Heizkörper und Anschlussleitungen gegeben werden. Danach können sie von der erneuerten Heizungsanlage abgetrennt werden, wenn die alten Geräte mit der neuen Anlage nicht (mehr) kompatibel sind. Das muss der Verwalter den Eigentümern vermitteln! S. 9

Exkurs: Verwalter muss Ex-SEer suchen: 1. Erbringt die Gebäudeversicherung zur Regulierung eines Wasserschadens am SE eine Versicherungsleistung an die WEG, ist diese verpflichtet, das Geld an den auszuzahlen, dem sie nach den versicherungsvertraglichen Regeln zusteht. 2. Wurde eine Eigentumswohnung nach Eintritt des Versicherungsfalls veräußert, steht das Geld grundsätzlich dem Veräußerer und nicht dem Erwerber zu. (BGH, Urteil vom 16.9.2016 - V ZR 29/16) S. 10

Danke für Ihre Aufmerksamkeit! S. 11