Entscheid des Departements Bau, Verkehr und Umwelt vom 5. Januar 2016 (BVURA ) Aus den Erwägungen

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BESCHLUSS. In der Verwaltungsstreitsache

Transkript:

Lärmimmissionen einer rechtkräftig bewilligten Vogelvoliere Nachträgliche Beurteilung der Lärmimmissionen (Erw. 3.5.2) Reformatio in peius auf Antrag der Beigeladenen (Erw. 3.5.2.2) Entscheid des Departements Bau, Verkehr und Umwelt vom 5. Januar 2016 (BVURA.14.370) Aus den Erwägungen 3.5.2 Beurteilung der Lärmimmissionen 3.5.2.1 Lärmimmissionen von Tieren sind nach der Umweltschutzgesetzgebung des Bundes zu beurteilen. Nachfolgend ist zu prüfen, ob die von der Voliere ausgehenden Emissionen gegen das Umweltschutzgesetz und seine Nebenerlasse verstossen. Das Bundesgesetz über den Umweltschutz vom 7. Oktober 1983 (Umweltschutzgesetz, USG) will, entsprechend dem Verfassungsauftrag (Art. 74 Abs. 1 der Bundesverfassung), den Menschen und seine natürliche Umwelt gegen schädliche und lästige Einwirkungen schützen (Art. 1 Abs. 1 USG). Das USG will dabei kein Verhinderungs-, sondern ein Massnahmengesetz sein, das seinem Konzept nach die Quellen der Umweltbelastung nicht als solche in Frage stellt; die Nachfrage soll nicht untersagt, sondern befriedigt werden, wobei aber gleichzeitig die den Umweltschutzanforderungen entsprechenden Vorkehren getroffen werden sollen (Pra 80/1991, S. 179; BGE 124 II 233). In diesem Sinne sind Einwirkungen, die schädlich oder lästig werden könnten, unabhängig von der bestehenden Umweltbelastung frühzeitig so weit zu begrenzen, als dies technisch und betrieblich möglich und wirtschaftlich tragbar ist (sog. Vorsorgeprinzip gemäss Art. 1 Abs. 2 und Art. 11 Abs. 2 USG; Art. 7 Abs. 1 lit. a und Art. 8 Abs. 1 LSV; siehe BGE 126 II 305 ff. und 118 Ib 238 sowie AGVE 2005, S. 174, je mit Hinweisen). Mit der Postulierung des Vorsorgeprinzips soll die Umweltbelastung präventiv möglichst weit unterhalb der Schädlichkeits- und Lästigkeitsgrenze gehalten werden; im Rahmen des Verhältnismässigkeitsprinzips ist mit Massnahmen bei der Quelle alles technisch-betrieblich Mögliche und wirtschaftlich Zumutbare zu unternehmen, ohne dass in jedem Einzelfall eine konkrete Umweltgefährdung nachgewiesen sein muss (AGVE 2005, S. 174, AGVE 1999, S. 273). Derartige Emissionsbegrenzungen können u.a. baulicher oder betrieblicher Art sein (Art. 12 Abs. 1 lit. b und c USG; AGVE 2005, S. 174 f.). Das Kriterium der wirtschaftlichen Tragbarkeit ist auf Unternehmungen zugeschnitten, die nach marktwirtschaftlichen Prinzipien, d.h. gewinnorientiert, betrieben werden. Gehen die beanstandeten Emissionen von anderen Quellen aus, so fällt das erwähnte Beurteilungskriterium dahin und sind allfällige wirtschaftliche Gesichtspunkte im Rahmen der allgemeinen Verhältnismässigkeitsprüfung zu beachten (vgl. dazu Aargauische Gerichts- und Verwaltungsentscheide [AGVE] 2005, S. 174 ff.; BGE 127 II 318 mit Hinweisen). Nachdem die Voliere 2012 erstellt wurde, gilt sie als neue Anlage im Sinne des USG (Art. 25 Abs. 1 USG i.v.m. Art. 47 Abs. 1 der Lärmschutzverordnung vom 15. Dezember 1986, LSV). Die Voliere muss deshalb hinsichtlich Lärm den Anforderungen von Art. 25 USG und Art. 7 Abs. 1 LSV genügen, das heisst die Vogelhaltung muss mangels unmittelbar anwendbarer Planungswerte ein Immissionsniveau einhalten, bei welchem nach richterlicher Beurteilung höchstens geringfügige Störungen auftreten (St. Gallische Gerichts- und Verwaltungspraxis 2005, Nr. 102, Erw. 5a; AGVE 2005, S. 174 ff., Erw. 3.3.1.). In einem weiteren Schritt ist zu prüfen, ob das störende Vogelgezwitscher gestützt auf das oben beschriebene Vorsorgeprinzip zusätzlich begrenzt werden muss.

3.5.2.2 Ob die Laute der exotischen Vögel im Sinn dieser Bestimmungen die Bevölkerung mehr als geringfügig stören, kann sich nicht allein nach dem Empfinden einzelner Nachbarn richten. Richtschnur ist vielmehr eine objektive Lärmempfindlichkeit. Die Beurteilung einer Störung kann sich nicht nach dem Empfinden einzelner oder allenfalls sogar einer Mehrheit von Nachbarn richten. Eine objektivierte Beurteilung ist in jedem Fall notwendig. Weitere Abklärungen unter Nachbarn wie sie die Beschwerdeführenden (Eigentümerin und Eigentümer der Voliere) in der Begründung ihres Rückweisungsantrags fordern, erscheinen deshalb kaum dazu geeignet, einen zusätzlichen Erkenntnisgewinn zu bringen. Ausserdem sind mit den Beschwerdegegnern und den Beigeladenen 1 (von den Immissionen Betroffene) nun immerhin zwei von vier direkten Anstössern der Parzelle mit der Voliere am Verfahren beteiligt. Eine Rückweisung würde zudem eine weitere Verlängerung des nun schon seit über zwei Jahren dauernden Immissionsschutzverfahrens bedeuten. Auf eine Rückweisung an die Vorinstanz ist demnach zu verzichten. Fehlen wie vorliegend die Voraussetzungen für die Anwendung von Grenzwerten, muss der Richter ohne Rückgriff auf diese im Einzelfall auf Grund richterlicher Erfahrung beurteilen, ob eine unzumutbare Störung vorliegt. Dabei sind der Charakter des Lärms, Zeitpunkt und Häufigkeit seines Auftretens sowie die Lärmempfindlichkeit beziehungsweise Lärmvorbelastung der Zonen, in der Immissionen auftreten, zu berücksichtigen. Schallpegelmessungen können möglicherweise eine gewisse Hilfestellung geben; sie sind jedoch angesichts des Fehlens gesicherter Grenzwerte bloss von untergeordneter Bedeutung. Der Richter hat dabei die konkreten Verhältnisse des Einzelfalls zu beurteilen. Im angefochtenen Entscheid stellt der Gemeinderat auf eine Vollzugshilfe des Bundesamts für Umwelt ab (Beurteilung Alltagslärm, Vollzugshilfe im Umgang mit Alltagslärm, Bern 2014). Zu ihrem rechtlichen Stellenwert äussert sich die Vollzugshilfe selber: "Diese Publikation ist eine Vollzugshilfe des BAFU als Aufsichtsbehörde und richtet sich primär an die Vollzugsbehörden. Sie konkretisiert unbestimmte Rechtsbegriffe von Gesetzen und Verordnungen und soll eine einheitliche Vollzugspraxis fördern. Berücksichtigen die Vollzugsbehörden diese Vollzugshilfe, so können sie davon ausgehen, dass sie das Bundesrecht rechtskonform vollziehen; andere Lösungen sind aber auch zulässig, sofern sie rechtskonform sind. Das BAFU veröffentlicht solche Vollzugshilfen (bisher oft auch als Richtlinien, Wegleitungen, Empfehlungen, Handbücher, Praxishilfen u.ä. bezeichnet) in seiner Reihe 'Umwelt-Vollzug'." Zur Beurteilung der Lärmimmissionen aus privater Vogelhaltung berücksichtig die Vollzugshilfe folgende Faktoren bezüglich der Lärmquelle: Hauptstörungszeitpunkt, Wahrnehmbarkeit, Häufigkeit, Charakter des Lärms. Beim Empfänger der Immissionen werden berücksichtigt: Empfindlichkeitsstufe, sensible Personen, örtliche Gegebenheiten / Lärmvorbelastung. Die Vollzugshilfe stützt sich damit auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung bei Einzelfallbeurteilungen von Lärmimmissionen (vgl. etwa BGE 126 II 366 ff., Erw. 3d sowie die vorstehenden Ausführungen). Für alle genannten Faktoren hält eine Excel-Tabelle eine Reihe von möglichen wählbaren Antworten bereit. Je nach Antwort ergibt sich ein bestimmter Zahlenwert pro Faktor. Die Faktoren wiederum werden nach einer vorgegebenen Formel gewichtet. Als Ergebnis resultiert ein Endwert mit einer Qualifikation des Lärms (höchstens geringfügig störend, störend etc.) und einer Rechtsfolge (vorsorgliche Massnahmen prüfen, Massnahmen prüfen, Massnahmen umsetzen). Die Vollzugshilfe wird damit ihrem Anspruch gerecht, eine auf gesetzlichen Grundlagen und nachvollziehbaren sachlichen Kriterien basierende Richtschnur für die Einzelfallentscheidfindung bei Immissionen von Alltagslärm zu bieten. Sie ist als Entscheidhilfe beizuziehen. 2 von 5

Der Gemeinderat gelangte in Anwendung der in der Vollzugshilfe enthaltenen Beurteilungsmethode zum Schluss, dass eine erhebliche Störung vorliege. Dabei stützte er sich auf die Wahrnehmung aus seiner Augenscheinsverhandlung vom 5. März 2014 und berücksichtigte die Tatsache, dass die Tiere den ganzen Tag, auch während der Ruhezeiten, häufig hörbar sind. Gestützt auf eine Selbstdeklaration der Tierhalter stellte er fest, dass nur wenige Tiere Lärm erzeugten. Er ging aufgrund seiner Feststellungen davon aus, dass sich die Beschwerdegegner insbesondere während der arbeitsfreien Zeit (Dämmerung, nach Feierabend und an den Wochenenden) durch Tiere gestört fühlen, welche häufig bis dauernd (gemäss Vollzugshilfe des BAFU Häufigkeit > 2) gut wahrnehmbare bis sehr laute Geräusche, Intensität > 2) von sich geben. In der Folge verfügte er die Wegsperrung der betreffenden Tiere zu den sensiblen Tageszeiten. Die Beschwerdeführenden halten eine temporäre Wegsperrung derjenigen Tiere für ausreichend, deren Emissionen einen Wert von 3 oder grösser bei der Häufigkeit und 4 für die Intensität betragen. Begründet wird diese Haltung mit der Praktikabilität der Massnahme, da davon nur zwei Tiere statt elf betroffen wären. Mit der Anwendung der Vollzugshilfe des BAFU durch den Gemeinderat setzen sich die Beschwerdeführenden nicht auseinander. Wie vorstehend ausgeführt, ist die Vollzugshilfe des BAFU aber vorliegend als Entscheidhilfe beizuziehen (vgl. dazu auch den Entscheid des BVU vom 3. Mai 2013, BVURA.12.781). Bei der Anwendung der Vollzugshilfe stellen sich vorliegend allerdings verschiedene Probleme: Da es sich um exotische, teilweise seltene Vogelarten in der Voliere handelt, muss zur Beurteilung ihrer Lautäusserungen auf Expertenwissen abgestellt werden. Die Beschwerdegegner halten den Gutachten der Experten und der Wertung der Beschwerdeführenden eigene Recherchen im Internet entgegen. Nach Ansicht des BVU sind Ergebnisse dieser Recherchen als Entscheidhilfe jedoch wenig geeignet. So ist zum einen die Expertenqualität der Urheber der Beiträge nicht ersichtlich und zum andern sind die Lautäusserungen nicht nach einheitlichen Kriterien beurteilt, sondern mit unterschiedlichen Adjektiven umschrieben. Dies verunmöglicht eine einigermassen objektive und vergleichende Bemessung der Lautäusserungen. Die Ergebnisse der Internetrecherchen der Beschwerdegegner können deshalb nicht berücksichtig werden. Auch die Videoaufnahmen mit Ton der Beschwerdegegner lassen keine differenzierte Beurteilung der einzelnen Vogelarten zu. Immerhin liefern sie einen Eindruck davon, wie die Lärmbelastung durch alle Vögel zu unterschiedlichen Tageszeiten, insbesondere auch in den frühen Morgenstunden, ist. Neben den unterschiedlichen Beurteilungen der Lautäusserungen durch Experten und Beschwerdeführende ergibt sich bei der Anwendung der Vollzugshilfe des BAFU im vorliegenden Fall ein weiteres Problem. Es stellt sich die Frage, wie die festgestellten Werte in die für die Beurteilung vorgesehene Exceltabelle der Vollzugshilfe des BAFU einzuspeisen sind. Da die Laute der verschiedenen Vogelarten teilweise erheblich voneinander abweichen, aber alle Vögel zusammen gehalten werden, kann nicht nur der Wert einer bestimmten Art eingegeben werden. Dadurch könnte einzig festgestellt werden, ob eine einzelne Art überhaupt in einer offenen Voliere gehalten werden darf, nicht aber wie die Belastung der verschiedenen Arten zusammen mit je unterschiedlicher Individuenzahl zu beurteilen ist. Bei der Lärmbeurteilung ist vorliegend ausserdem zu berücksichtigen, dass nach übereinstimmender Meinung von Beschwerdeführenden und Beschwerdegegnern wie auch des Experten Dr. Z. eine tägliche Unterbringung mit vorgängigem Einfangen der lautesten Tiere sowohl aus praktischen wie auch Gründen des Tierschutzes nicht möglich ist. Die Störung durch die Vögel ist also in jedem Fall auch in den sensiblen Tageszeiten gegeben. Durch die Vielzahl der Vögel ist der Lärm auch andauernd, d.h. die Laute der Vögel sind bei Tage - kaum durch längere Pausen unterbrochen. Gegeben ist auch die Tonart, welche bei Vogelgezwitscher gemäss Exceltabelle als hochfrequent qualifiziert wird. Ebenfalls gegeben ist die Lärmempfind- 3 von 5

lichkeitsstufe (Stufe II); der Hintergrundpegel entspricht dieser Stufe. Daran ändert auch nichts, dass sich die Voliere in einer ländlichen Wohngegend mit entsprechender Geräuschkulisse befindet. Als einziger noch zu bestimmender Wert verbleibt in der Folge die Wahrnehmbarkeit der Lautäusserungen. Wird unter Berücksichtigung der genannten vorgegebenen Werte in die Tabelle der Vollzugshilfe des BAFU bei der Wahrnehmbarkeit "mittel" (Wert: 1) gewählt, resultiert eine Gesamt-Wertung von 2.0. Die Lärmbelastung liegt gemäss der Tabelle zwischen Immissionsgrenzwert und Alarmwert und ist erheblich störend, Massnahmen zur Lärmreduktion sind umzusetzen. Wird bei der Wahrnehmbarkeit "gering" (Wert: 0) eingegeben, resultiert ein Belastungswert von 1.67. Die Lärmbelastung kommt nun zwischen Planungswert und Immissionsgrenzwert zu liegen und ist noch störend. Es sind Massnahmen zu prüfen oder falls keine Massnahmen umsetzbar sind, Erleichterungen zu gewähren. Damit ist klar, dass beim aktuellen Vogelbestand mit einer Vielzahl von Tieren, deren Lautäusserungen sowohl von den Experten wie den Beschwerdeführern selber als mehr als gering wahrnehmbar eingestuft werden, Massnahmen zur Minderung der Lärmbelastung zu ergreifen sind. Nachdem unbestritten ist, dass tägliches Einfangen und Einsperren eines Teils der Vögel nicht möglich ist, sind entweder bauliche Massnahmen zu ergreifen oder es ist der Bestand zu reduzieren. Für den Lärmschutzexperten des BVU sind Lärmschutzmassnahmen aufgrund der Dimensionen der Voliere nicht vorstellbar. Auch vom Beschwerdeführer wird der mögliche Nutzen einer Lärmschutzwand bestritten. Eine Vollverkleidung der Voliere, wie sie die Beigeladene 2 in ihrem Eventualantrag fordert und nachträglich auch von den Beschwerdegegnern verlangt wird, erscheint von vorneherein ungeeignet. Auch ohne über eine entsprechende Kostenschätzung zu verfügen, ist offensichtlich, dass die Kosten für eine Volleinkleidung ausserordentlich hoch wären. Objektiv betrachtet wäre eine derartige Massnahme unverhältnismässig. Ob diese Beurteilung der subjektiven Haltung der Beschwerdeführenden entspricht, muss offen bleiben; sie haben sich zu den entsprechenden Anträgen nicht geäussert. Demnach verbleibt als einzige Massnahme, den Bestand der Vögel zu reduzieren. Den Beurteilungen der Lautäusserungen durch die Experten und die Beschwerdeführenden ist immerhin gemein, dass sie nur noch Vögel mit geringen oder mittleren Lautäusserungen aufführen. Die Entfernung aller Vögel käme einem Nutzungsverbot gleich, so dass zunächst die Entfernung aller Vögel mit mittleren Lautäusserungen zu prüfen ist. Nachdem die Wertungen der beiden beigezogenen Experten und der Beschwerdeführenden selber nicht immer übereinstimmen, stellt sich die Frage, welche Vögel diesem Kriterium entsprechen. Aufgrund der bei den Expertisen und der Selbstdeklaration geschilderten Ausgangslage scheint es angemessen, diejenigen Vögel als zu laut auszusondern, deren Lautäusserungen in mindestens zwei Wertungen mehr als gering (Wert: > 0) bewertet werden. Betroffen wären damit der Prachtrosella, die Blauwangenhäher, die Rotflügelsittiche, die Pflaumenkopfsittiche, die Loris und die Weisshaubenturakos. Damit müssten die Beschwerdeführenden 18 Tiere entfernen, so dass vom aktuellen Bestand (gemäss Liste vom 6. August 2015) noch 27 Tiere übrig wären, wovon zehn Wellensittiche sind, also eher kleine Tiere mit geringer Wahrnehmbarkeit. Eine solche Reduktion ginge über die Verfügung des Gemeinderats und den ursprünglichen Antrag der Beschwerdegegner hinaus. Nachdem jedoch die Beigeladenen weiter gehende Anträge stellten und im Immissionsklageverfahren jederzeit Klage erhoben werden darf, kann die Entscheidbehörde aus prozessökonomischen Gründen zu Lasten der Beschwerdeführenden über den angefochtenen Entscheid des Gemeinderats hinausgehen. Die angeordneten Massnahmen basieren auf dem Vogelbestand vom 6. August 2015. Sollte sich der Tierbestand inzwischen geändert haben, ist es die Pflicht der Beschwerdeführenden, die sich aus den obigen Erwägungen ergebende notwendige Reduktionen des Bestandes selbständig vorzunehmen. Ein allfälliger Ersatz von zukünftigen Abgängen des Vogelbestands ist zudem den gleichen 4 von 5

Bedingungen unterworfen wie der aktuelle Vogelbestand; das heisst zunächst, dass Abgänge nur durch Tiere mit in der Intensität gering wahrnehmbarer Lautäusserungen ersetzt werden dürfen und insbesondere Wellensittiche als kleinste Art nur durch Artgenossen ersetzt werden dürfen. Zweitens darf der gemäss Entscheid reduzierte Vogelbestand nicht erhöht werden. Den Beschwerdegegnern und allfälligen weiteren Betroffenen ist es ohnehin unbenommen, jederzeit eine neue Immissionsklage anhängig zu machen und so eine Lärmüberprüfung und damit eine Überprüfung des Vogelbestands zu verlangen. 3.5.2.3 Es bleibt zu prüfen, ob allenfalls noch weitere Massnahmen im Sinne des Vorsorgeprinzips zu verfügen sind (Erw. 3.5.2.1 am Ende). Diese liessen sich nur dann rechtfertigen, wenn mit relativ geringem Aufwand eine wesentliche Reduktion der Emissionen erreicht werden könnte (BGE 127 II 318). Der Vogelbestand könnte zwar ohne grossen Aufwand zusätzlich reduziert werden. Eine weitere wesentliche Lärmsenkung wäre allerdings nur bei einer deutlichen zusätzlichen Reduktion des Vogelbestands möglich. Eine weitere Reduktion des Bestands ist deshalb auch aufgrund des Vorsorgeprinzips nicht vorzusehen. Stichwörter: Lärmimmissionen; Reformatio in peius 5 von 5