Widerruf der Waffenbesitzkarte bei nachträglichem Verlust der waffenrechtlichen Zuverlässigkeit

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VG Bayreuth, Urteil v. 30.10.2015 B 1 K 15.345 Titel: Widerruf der Waffenbesitzkarte bei nachträglichem Verlust der waffenrechtlichen Zuverlässigkeit Normenketten: WaffG 5 Abs. 1 Nr. 2b, 36 Abs. 1 S. 1, 45 Abs. 2 S. 1 AWaffV 13 Abs. 1-4 Schlagworte: Sorgfältige Verwahrung, Schusswaffe, Zugriff, Familienangehöriger, Waffe, waffenrechtliche Erlaubnis, Waffenschrank, Wiederholungsgefahr, unsachgemäße Aufbewahrung, Tresorschlüssel Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. 3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. 4. Die Berufung wird zugelassen. Tatbestand Die Beteiligten streiten über das Vorliegen der Voraussetzungen zum Widerruf der Waffenbesitzkarte des Klägers. Der Kläger ist Eigentümer einer erlaubnispflichtigen Schusswaffe. Hierfür hatte ihm das Landratsamt C. am 16.09.2009 mit der damaligen Nr. eine Waffenbesitzkarte (jetzige Nr. ) ausgestellt, die ihn zur Ausübung der tatsächlichen Gewalt über eine Schusswaffe, die Pistole, Kal. 9 mm, Brünner CZ 75 Sport II, Nr. AR 850, berechtigt. Durch Mitteilung der Staatsanwaltschaft C. wurde dem Landratsamt folgender Sachverhalt bekannt: Am 24.10.2014 gegen 12:46 Uhr verständigte der Kläger die Polizei und teilte mit, dass seine Ehefrau,, möglicherweise Suizid begehen wolle. Diese habe seine Kurzwaffe und die dazugehörige Munition, die sich normalerweise im Waffenschrank befänden, unberechtigterweise an sich genommen. Frau wurde am 24.10.2014 gegen 18:00 Uhr durch das SEK Nordbayern festgenommen und führte die Polizei zu der von ihr versteckten Pistole mit Munition. Eine Sicherstellung der Schusswaffe erfolgte durch die Staatsanwaltschaft C. Das Ermittlungsverfahren wegen eines Vergehens nach 52 Abs. 3 WaffG gegen den Kläger wurde mit Verfügung der Staatsanwaltschaft C. vom 01.12.2014 gemäß 153 Abs. 1 StPO eingestellt. Mit Schreiben vom 19.01.2015 hörte das Landratsamt Forchheim den Kläger zum beabsichtigten Widerruf seiner Waffenbesitzkarte wegen eines Verstoßes gegen 36 WaffG an. Der Kläger äußerte sich daraufhin mit Schreiben vom 25.01.2015, dass er zum Waffenschrank zwei Schlüssel besitze. Einen Schlüssel bewahre er im Tresor auf, der andere Schlüssel befinde sich an seinem Schlüsselbund, den er mit Ausnahme der Schlafzeiten immer bei sich trage. Er vermute, dass seine Ehefrau heimlich nach dem Schlüssel gesucht und diesen entwendet habe, um ihm zu schaden. Des Weiteren wohne er nicht mehr im davor gemeinsam mit seiner Ehefrau bewohnten Haus und habe an seinem neuen Wohnort den Waffenschrank ordnungsgemäß installiert, so dass eine Wiederholungsgefahr nicht mehr gegeben sei. Bei einer persönlichen Vorsprache im Landratsamt Forchheim am 25.02.2015 ergänzte er sein

Vorbringen dahingehend, dass sich der Schlüsselbund, an dem sich auch der Waffenschrankschlüssel befunden hätte, am 24.10.2014 in seinem Büro in der Aktentasche befunden habe. Das Landratsamt Forchheim widerrief mit Bescheid vom 27.04.2015 die Waffenbesitzkarte des Klägers (Ziffer 1 des Bescheids), gab dem Kläger auf, die Waffenbesitzkarte bis zum 22.05.2015 beim Landratsamt Forchheim abzugeben (Ziffer 2 des Bescheids) und noch vorhandene Munition bis spätestens 22.05.2015 an einen Berechtigten zu überlassen oder dauerhaft unbrauchbar zu machen und dies dem Landratsamt Forchheim nachzuweisen (Ziffer 3 des Bescheids). Der Sofortvollzug der Ziffern 2 und 3 wurde angeordnet (Ziffer 4 des Bescheids). Für den Fall des fruchtlosen Fristablaufes der in Ziffer 3 genannten Frist wurde die Sicherstellung der noch vorhandenen Munition gemäß 46 Abs. 2 S. 2 WaffG angekündigt. Die Einziehung und Verwertung oder Vernichtung gemäß 46 Abs. 5 S. 1 WaffG wurde verfügt (Ziffer 5 des Bescheids) und der Kläger unter Androhung eines Zwangsgeldes in Höhe von 300,00 Euro (Ziffer 6 des Bescheids) aufgefordert, die Waffenbesitzkarte dem Landratsamt Forchheim zurück zu geben. Zur Begründung führte das Landratsamt aus, der Widerruf der Waffenbesitzkarte stütze sich auf 45 Abs. 2 S. 1 WaffG. Danach sei eine waffenrechtliche Erlaubnis zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen einträten, die zur Versagung der Erlaubnis hätten führen müssen. Die Erlaubnis sei dann zu versagen, wenn der Betroffene die erforderliche Zuverlässigkeit i. S. d. 5 WaffG nicht besitze. Durch die unsachgemäße Aufbewahrung des Tresorschlüssels im heimischen Büro in einer Aktentasche, die dazu führte, dass die Ehefrau des Klägers als unberechtigte Dritte Zugriff auf dessen Waffe und Munition gehabt habe, sei dieser nicht mehr im Besitz der waffenrechtlichen Zuverlässigkeit. Diese besäßen Personen nicht, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigten, dass sie mit Waffen und Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen oder diese Gegenstände nicht sorgfältig verwahren werden. Wer Waffen oder Munition besitzt, habe die erforderlichen Vorkehrungen zu treffen, um zu verhindern, dass diese Gegenstände abhandenkommen oder Dritte sie unbefugt an sich nehmen. Gegen diese Vorschriften habe der Kläger grob fahrlässig verstoßen, so dass Unbefugte in den Besitz seiner erlaubnispflichtigen Waffe und Munition gekommen seien. Die Entwendung der Waffe und Munition sei laut deckungsgleicher Aussagen der Eheleute ein Druckmittel gewesen. Der Kläger hätte aufgrund länger andauernder Eheprobleme besonders sensibilisiert sein müssen und deshalb besondere Vorsicht bei der Aufbewahrung seiner Waffe und Munition walten lassen müssen. Auf eine positive Zukunftsprognose, also dass eine Wiederholungsgefahr durch den Auszug des Klägers nicht mehr gegeben sei, käme es dabei nicht an. Der Kläger habe das in ihn gesetzte Vertrauen vielmehr durch seine fahrlässige Handlung verspielt, indem er den Schlüssel des Waffenschrankes trotz bekannter Eheprobleme an einem für seine Frau jederzeit zugänglichen Ort aufbewahrt habe. Durch das Entwenden der Waffe durch die Ehefrau sei die Allgemeinheit in nicht unerheblichem Maße gefährdet gewesen. Auch ein geringes Restrisiko zukünftiger Verstöße sei nicht hinzunehmen, da beim Umgang mit Waffen und Munition die Belange der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu wahren seien. Ein einmaliges Fehlverhalten sei ausreichend. Da die waffenrechtliche Zuverlässigkeit nicht mehr gegeben sei, sei die Waffenbesitzkarte des Klägers zu widerrufen. Werde eine Erlaubnis nach dem Waffengesetz widerrufen bzw. für ungültig erklärt, so habe der Inhaber die Erlaubnisurkunde der zuständigen Behörde unverzüglich zurückzugeben. Es werde darauf hingewiesen, dass ein Verstoß gegen diese Auflage eine Ordnungswidrigkeit darstelle und mit einem Bußgeld von bis zu 10.000,00 geahndet werden könne. Dem Kläger werde eine angemessene Frist eingeräumt, seine noch vorhandene Munition an einen Berechtigten zu überlassen oder dauerhaft unbrauchbar zu machen und dies dem Landratsamt Forchheim schriftlich nachzuweisen. Nach fruchtlosem Ablauf der Frist könne die Munition sichergestellt und verwertet werden. Der Kläger gab daraufhin die Waffenbesitzkarte und noch vorhandene Munition dem Landratsamt Forchheim heraus. Die Prozessbevollmächtigten des Klägers erhoben am 27.05.2015 Klage und beantragten

den Bescheid des Landratsamts Forchheim vom 27.04.2015 aufzuheben. Der Beklagte beantragte mit Schreiben vom 22.07.2015 die Klage abzuweisen. Das Landratsamt führte ergänzend aus, dass der Kläger, entgegen seinen Ausführungen, den Schlüsselbund nicht ständig bei sich gehabt habe, da sonst ein Entwenden des Schlüssels durch die Ehefrau nicht unbemerkt hätte stattfinden können. Der Kläger habe keine entsprechenden Vorkehrungen getroffen, um den Zugriff auf Waffe und Munition durch unbefugte Dritte zu verhindern. Der Kläger sei daher schon unzuverlässig im waffenrechtlichen Sinne, weil er den Schlüssel unbeaufsichtigt in seinem Büro liegen lassen habe. Aufgrund der bestehenden Eheprobleme hätte der Kläger besonders sensibilisiert sein müssen. Der Widerruf beziehe sich auf die absolute Unzuverlässigkeit gemäß 5 Abs. 1 WaffG und nicht auf die Regelunzuverlässigkeit des 5 Abs. 2 WaffG, wie vom Prozessbevollmächtigten des Klägers fälschlicherweise angenommen worden sei. In der mündlichen Verhandlung erklärte der Kläger, dass er mittlerweile wieder in seiner früheren Wohnung mit seiner Frau zusammen wohne. Er schilderte seine Lebensumstände und insbesondere die Art und Weise, wie er den Schlüssel zum Waffenschrank regelmäßig aufbewahrt habe. Er gab an, dass dieser an einem Schlüsselbund gemeinsam mit allen anderen Schlüsseln des Klägers (Haustüre, Büro, Auto etc.) befestigt war, wobei der Schlüssel zum Waffenschrank als Doppelbartschlüssel auffällig gewesen sei. Nach der Rückkehr von der Arbeit deponiere er diesen Schlüsselbund regelmäßig in seinem häuslichen Büro, in dem sich auch private Akten befänden. Dieses Büro werde auch von seiner Ehefrau benutzt, sie habe dort z. B. die Nähmaschine stehen. Während der Nacht befinde sich der Schlüsselbund im Nachtschränkchen neben seinem Bett. Zuletzt bewusst habe er den Waffenschrankschlüssel in der Woche vor dem Vorfall wahrgenommen, weil er am 3. Wochenende jeden Monats üblicherweise beim Schießen sei. Seine Ehefrau habe nie Selbstmordabsichten geäußert, sie habe auch nie einen Bezug zu Waffen gehabt, habe diese z. B. nie in der Hand gehabt. Sie habe auch nie danach gefragt, welcher Schlüssel für den Waffenschrank sei. In den Zeiten, in denen er nicht arbeite, habe er den Schlüssel immer in Sichtweite, wenn er sich Zuhause aufhalte. Die Beteiligten wiederholten die bereits schriftsätzlich gestellten Klageanträge. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen. Entscheidungsgründe Zwischen den Beteiligten herrscht Streit über die Rechtmäßigkeit des Widerrufs der Waffenbesitzkarte des Klägers durch Bescheid des Landratsamtes Forchheim vom 27.04.2015. Die zulässige Anfechtungsklage hat in der Sache keinen Erfolg. Der angefochtene Bescheid vom 27.04.2015 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten ( 113 Abs. 1 S. 1 VwGO). Rechtsgrundlage für den Widerruf der Waffenbesitzkarte ist 45 Abs. 2 Satz 1 des Waffengesetzes (WaffG). Danach ist eine waffenrechtliche Erlaubnis zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur ihrer Versagung hätten führen müssen. Dies ist dann der Fall, wenn die allgemeinen Voraussetzungen für die Erteilung der Erlaubnis nach 4 WaffG nicht mehr gegeben sind, insbesondere wenn gemäß 4 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 1 WaffG die waffenrechtliche Zuverlässigkeit ( 5 WaffG) des Erlaubnisinhabers nachträglich entfallen ist. Die erforderliche Zuverlässigkeit besitzen Personen nach 5 Abs. 1 Nr. 2b WaffG insbesondere dann nicht, wenn Waffen oder Munitionen nicht sorgfältig verwahrt werden. Wer Waffen oder Munition besitzt, hat die erforderlichen Vorkehrungen zu treffen, um zu verhindern, dass unbefugten Dritten ermöglicht wird, Zugriff auf diese Gegenstände nehmen zu können ( 36 Abs. 1 Satz 1 WaffG). Die sichere Aufbewahrung von Waffen und Munition dient nicht nur dazu, unbefugt in der Wohnung befindlichen Personen den Zugriff zu erschweren. Sie soll darüber hinaus nach ständiger obergerichtlicher Rechtsprechung auch sicherstellen,

dass Personen bei rechtmäßigem Aufenthalt in der Wohnung, also Familienangehörige und Besucher, nicht unkontrolliert Zugriff auf Waffen haben (BVerwG, B. v. 03.03.2014-6 B 36/13; BayVGH, B. v. 22.12.2014-21 ZB 14.1512). Das kommt schon im Wortlaut der Vorschrift zum Ausdruck, die beim unbefugten Ansichnehmen durch Dritte nicht nach dem Personenkreis differenziert. Die Gefahren, die mit einer für Nichtberechtigte zugänglichen Verwahrung von Schusswaffen und Munition verbunden sind, bestehen nicht nur bei einer nicht sorgfältigen Unterbringung auf Dauer. Bereits eine nur äußerst kurzfristige Nachlässigkeit im Umgang mit Schusswaffen kann genügen, um diese Gegenstände in die Hände Nichtberechtigter gelangen zu lassen (vgl. BayVGH, B. v. 07.07.2015-21 ZB 14.2690 und B. v. 22.12.2014 a. a. O.; VGH Baden-Württemberg, B. v. 3.8.2011-1 S 1391/11 - NVwZ-RR 2011, 815/816). Auch gilt grundsätzlich, dass bereits ein einmaliges Versagen eines Waffenbesitzers in diesem Sinn allein ein gewichtiges Indiz dafür ist, dass er das in ihn gesetzte Vertrauen nicht mehr verdient. Denn eine dahingehende Lebenserfahrung oder ein entsprechender Rechtssatz, dass erst ab einem weiteren Verstoß eine negative Zukunftsprognose gerechtfertigt ist, besteht nicht (vgl. BayVGH, a. a. O.; OVG für das Land Schleswig-Holstein, B. v. 06.07.2015-4 MB 16/15). Ebenso wenig kommt es darauf an, ob und in welchem Umfang durch den Verstoß im Einzelfall eine konkrete Gefährdung der Allgemeinheit eingetreten ist. Der Schutz der Allgemeinheit vor von Waffen und Munition ausgehenden Gefahren soll gerade durch die geltenden Aufbewahrungsvorschriften erreicht werden. Dementsprechend berührt jeder Verstoß gegen die Aufbewahrungsvorschriften zugleich die Sicherheitsinteressen der Allgemeinheit, jedenfalls im Sinn einer abstrakten Gefährdung (vgl. BayVGH, B. v. 07.07.2015, a. a. O. und B. v. 2.10.2013-21 CS 13.1564; OVG Nordrhein-Westfalen, B. v. 31.5.2010-20 B 782/10 - jeweils juris). Das Maß und der Umfang der insoweit zu beachtenden Vorsicht und Sorgfalt ergibt sich allgemein aus 36 Abs. 1 Satz 1 WaffG und 13 AWaffV. Danach hat, wer Waffen oder Munition besitzt, die erforderlichen Vorkehrungen zu treffen, um zu verhindern, dass diese Gegenstände abhandenkommen oder Dritte sie unbefugt an sich nehmen. Adressaten dieser Pflichten sind alle Waffen- und Munitionsbesitzer. Der Verpflichtete hat die notwendigen Sicherungsvorkehrungen zu treffen. Im vorliegenden Fall ist unstreitig, dass der Waffenschrank, in dem der Kläger Waffe und Munition aufbewahrte, den Anforderungen der 36 WaffG, 13 AWaffV entsprach. Ebenso unstreitig ist, dass auch das Verschlusssystem dieses Schranks, nämlich ein Schloss mit Schlüssel, den gesetzlichen Vorgaben entspricht. Der Gesetzgeber fordert nicht, dass ein Waffenschrank durch ein Schloss mit Zahlenkombination verschlossen wird oder dass der Schlüssel seinerseits in einem Schlüsselsafe mit Zahlenkombination oder auch z. B. in einem Bankschließfach aufbewahrt wird. Diese Fragen bedürfen deshalb keiner weiteren Erörterungen. Damit hat wohl auch der Gesetzgeber eine gewisse Sicherheitslücke akzeptiert, da es in der Praxis nach aller Lebenserfahrung wohl unmöglich sein dürfte, eine absolute, lückenlose Kontrolle über den Schlüssel sicherzustellen. Allerdings stellen die Standards der 36 Absatz 1 und 2 WaffG, 13 Absatz 1 bis 4 AWaffV nur den unter Sicherheitsaspekten erforderlichen Mindeststandard für die Aufbewahrung auf. Dementsprechend kann die zuständige Behörde im konkreten Einzelfall ergänzende Auflagen zur Aufbewahrung von Waffen und Munition setzen (vgl. Nr. 36.2 Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Waffengesetz - WaffVwV - vom 5. März 2012); gegebenenfalls sind vom Waffenbesitzer als Adressaten der Regelung aber auch selbst strengere Maßnahmen zu ergreifen. Im täglichen Leben sind regelmäßig Situationen zu erwarten, die eine absolute Kontrolle ausschließen. Der Kammer ist dabei durchaus bewusst, dass es äußerst schwierig ist, einem Mitbewohner, insbesondere einem engen Familienangehörigen wie der Ehefrau, den Zugriff zu einem Waffenschrankschlüssel absolut lückenlos unmöglich zu machen. Auch ist der Kammer bewusst, dass unter Eheleuten normalerweise ein besonderes Vertrauensverhältnis besteht, so dass Vorsichtsmaßnahmen gegenüber dem Ehegatten eher als unnötig und möglicherweise auch als ungewöhnlich oder sogar als belastend empfunden werden. Damit besteht die Gefahr, dass im Alltag kleinere Nachlässigkeiten in Bezug auf die Kontrolle des Waffenschrankschlüssels auftreten. Doch erfordert die hohe Verantwortung, die mit dem Privileg des Waffenbesitzes verbunden ist, dass ein Waffenbesitzer nach den oben genannten Kriterien alle zumutbaren

Vorsichtsmaßnahmen treffen muss, damit ein Unbefugter keinen Zugriff auf seine Waffen und Munition nehmen kann. Diesen Anforderungen hat die Waffenaufbewahrung des Klägers nicht ausreichend entsprochen. Nach den Darlegungen des Klägers in der mündlichen Verhandlung wurden in dem von ihm geschilderten regelmäßigen Tagesablauf und seinen Gewohnheiten verschiedene Konstellationen deutlich, in denen er keinesfalls eine Kontrolle über den Waffenschrankschlüssel ausüben konnte. So verwahrte er beispielsweise seinen Schlüsselbund regelmäßig in seinem häuslichen Büro, welches er gemeinsam mit seiner Ehefrau benützt und in welchem sowohl die privaten Akten als auch die Nähmaschine der Ehefrau sich befinden. Der Raum wird damit regelmäßig auch von der Ehefrau allein aufgesucht, ohne dass der Kläger dann den Waffenschrankschlüssel aus dem Raum entfernt hat. Auch nachts dürfte es nach allgemeiner Lebenserfahrung für einen Familienangehörigen problemlos möglich sein, den Schlüssel aus dem Nachtschränkchen unbemerkt an sich zu nehmen (um nur zwei denkbare Möglichkeiten herauszugreifen). Obwohl für den Kläger kein erhöhter Grund für Vorsichtsmaßnahmen gegenüber seiner Ehefrau bestand, etwa weil sie in der Vergangenheit nach Angaben des Klägers kein Interesse an seiner Schusswaffe gezeigt hatte, keine Verhaltensauffälligkeiten für den Kläger erkennbar waren oder Selbstmorddrohungen geäußert wurden, hätte er als sorgfältiger Waffenbesitzer dafür Sorge tragen müssen, dass auch diese verhältnismäßig geringen Möglichkeiten, sich in den Besitz von Waffe und Munition zu setzen, ausgeschlossen sind. Nachdem die Ehefrau des Klägers als unbefugte Dritte die Möglichkeit hatte, am 24.10.2014 die Schusswaffe und die Munition an sich zu nehmen, ist die Zuverlässigkeit des Klägers gemäß 5 Abs. 1 Nr. 2a Alt. 2 WaffG nicht mehr gegeben. Das Gericht geht jedoch davon aus, dass der Grad an Unzuverlässigkeit als eher gering einzustufen ist, dem Kläger deshalb eine positive Prognose gestellt werden und er nach verhältnismäßig kurzer Zeit wieder eine Waffenbesitzkarte erhalten kann, ggf. unter der Voraussetzung, dass eine andere Art der Aufbewahrung von Waffe und Munition praktiziert wird (z. B. Waffenschrank mit Zahlenschloss oder Schlüsseltresor mit Zahlenschloss etc.). Die Kostenentscheidung folgt aus 154 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf 167 Abs. 2 und 1 VwGO i. V. m. 708 Nr. 11, 711 S. 1 ZPO. Nach Auffassung des Gerichts kommt der Rechtssache eine grundsätzliche Bedeutung zu, da - soweit ersichtlich - in der Rechtsprechung die Frage nicht geklärt ist, in welchem Umfang Sicherungsmaßnahmen gegenüber engen Familienangehörigen erforderlich sind, bzw. in welchem Umfang über das vorgeschriebene Mindestmaß hinaus der Waffenbesitzer in Eigeninitiative tätig werden muss, auch wenn keine besondere Gefahrenlage erkennbar ist ( 124 Abs. 1, 124a Abs. 1 i. V. m. 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).