bevor es zu spät ist - Klimawandel und Katastrophenvorsorge am 14. Februar 2008 Klimawandel und humanitäre Hilfe aus Sicht des Auswärtigen Amts

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Transkript:

Rede von Ursula Müller, Leiterin Arbeitsstab Humanitäre Hilfe des Auswärtigen Amts anlässlich der Fachtagung Klimawandel und Katastrophenvorsorge von Caritas International und Diakonie Katastrophenhilfe in Bonn bevor es zu spät ist - Klimawandel und Katastrophenvorsorge am 14. Februar 2008 Klimawandel und humanitäre Hilfe aus Sicht des Auswärtigen Amts Sehr geehrte Damen und Herren, vielen Dank für Ihre freundliche Einladung und die Gelegenheit zur Teilnahme an der heutigen Fachtagung. Ich freue mich, dass die beiden großen Nichtregierungsorganisationen Diakonie Katastrophenhilfe und Caritas International sich mit Ihrer langjährigen Expertise der Herausforderung gemeinsam stellen und zum Thema Klimawandel und katastrophenvorsorge diese Konferenz organanisiert haben. Der Klimawandel verändert die gesamte humanitäre Hilfe und ist auch für uns im Auswärtigen Amt, insbesondere für den Arbeitsstab Humanitäre Hilfe von spürbarer Aktualität: Zahl und Ausmaß von Naturkatastrophen sind in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen, auch infolge des Klimawandels. Das Sekretariat der VN für humanitäre Angelegenheiten OCHA hat 2007 als ein Rekordjahr für Geberaufrufe nach großen Naturkatastrophen bezeichnet. Diese Steigerung von Naturkatastrophen betrifft sowohl Industriestaaten als auch Entwicklungsländer. Wir alle erinnern uns an die Bilder von den Waldbränden in Griechenland, Italien und Mazedonien im vergangenen Sommer, die Überschwemmungen in Großbritannien ebenso wie die Bilder der massiven Überschwemmungen in 14 afrikanischen Staaten im Juli letzten Jahres, die Bilder des Erdbebens in Peru und die Bilder der Fluten im November 2007, die vor allem 1

auch in Bangladesch zahlreiche Opfer gefordert und großen Schaden angerichtet haben. Gerade Entwicklungsländer werden in vielen Fällen nicht unerwartet, aber oft ohne ausreichende Vorbereitung auf die zunehmende Zahl und Intensität von Naturkatastrophen getroffen. Diese Auswirkungen des Klimawandels verlangen von uns allen neue Anstrengungen. Insbesondere stellt sich immer dringender die Frage, was wir dazu beitragen können, um im Vorfeld Opfer und Schäden zu vermeiden. Vor diesem Hintergrund nehmen wir im Auswärtigen Amt die Katastrophenvorsorge als einen zentralen Förderschwerpunkt im Rahmen der humanitären Hilfe wahr. Die Dimension und die Risiken des Klimawandels unterstreichen die Notwendigkeit für diese Strategie, die Teil der Lösungsansätze auf globaler und regionaler Ebene ist. Denn natürlich gehen die Auswirkungen des Klimawandels weit über die humanitäre Hilfe hinaus. So weist International Alert schon heute auf Konflikte in Bangladesch und Indien hin, die durch Migration infolge klimatischer Änderungen mit bedingt sind. Dies sind Anzeichen dafür, dass der Klimawandel Gesellschaften herausfordert und auch überfordern kann, wie es der Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU) in seinem Bericht 2007 formuliert hat. Zu den komplexen Herausforderungen, die sich uns im Zusammenhang mit dem Klimawandel stellen, verweisen Wissenschaftler insbesondere auf vier Felder, auf die ich kurz eingehen möchte. Sie betreffen Nahrungsmittel, Wasser, Landverlust und umweltbedingte Migration. Alle Bereiche stehen in Wechselwirkung zueinander, bedingen und verstärken sich zum Teil gegenseitig. 1. Nahrungsmittelmangel durch Klimawandel Weltweit ist zu erwarten, dass die Nahrungsmittelproduktion durch den Klimawandel auf verschiedene Weise betroffen sein wird. Wissenschaftler rechnen mit einem erheblichen Rückgang der Getreideproduktion infolge der Erderwärmung aus. 2

Der größte Anstieg in der Nachfrage nach Nahrungsmitteln geht derzeit vom Indischen Subkontinent und Subsahara Afrika aus, Regionen, die bereits jetzt unter Nahrungsmittelknappheit leiden. In den kommenden Jahrzehnten, werden gerade für diese Regionen ein weiterer Anstieg der Temperaturen und zunehmende Wasserknappheit erwartet. Eine weitere Herausforderung bilden Missernten durch Dürre. In immer kürzeren Zyklen werden zahlreiche Regionen von Dürreperioden betroffen. Auch hier kann der Klimawandel zu einer weiteren Verschlechterung beitragen. Nicht zuletzt ist die Frage des Zugangs zu lebensnotwendigen Gütern, vor allem zu Nahrungsmitteln und Wasser, zentral und in vielen Regionen ein Problem. Durch den Klimawandel könnte die Frage des Zugangs weiter verschärft werden. Zukünftig prognostizieren Wissenschaftler einen Anstieg an Ernährungskrisen. Schon jetzt gelten die Flächenreserven für die Landwirtschaft in Südasien und Nordafrika als aufgebraucht. 2. Wasserknappheit Von der Nahrungsmittelproduktion ist der Faktor Wasser nicht zu trennen. Trinkwasser ist lebensnotwendig, auch unter dem Aspekt der Hygiene und der Bewässerung von Anbauflächen. Bereits heute haben rund eine Milliarde Menschen keinen sicheren Trinkwasserzugang. 40% der Weltbevölkerung bezieht die Hälfte ihres Trinkwassers aus der Sommerschmelze von Gletschern. Veränderungen beim Niederschlag, Schneefall und der Gletscherschmelze haben weit reichende Auswirkungen auf die Frischwasserversorgung. Der Klimawandel betrifft alle diese Bereiche. Bis 2020 wird erwartet, dass bis zu 250 Mio. Afrikaner unter Wasserknappheit leiden. Massive Auswirkungen zeichnen sich aber auch für andere Kontinente ab. Wissenschaftler gehen davon aus, dass unter Anderem Pakistan, weite Teile Indiens und Chinas ebenfalls unter Wasserarmut leiden werden. 3

3. Anstieg des Meeresspiegels, Fluten und andere extreme Naturereignisse Im vergangenen Jahr erlebte Afrika die schwersten Überschwemmungen seit 30 Jahren. Überschwemmungen zählen zu den häufigsten Naturkatastrophen. Sie sind oftmals von Folgeerscheinungen, wie Erdrutschen, begleitet. Welche Auswirkungen die Zunahme schwerer Stürme und Fluten und insbesondere auch der Anstieg des Meeresspiegels infolge des Klimawandels haben kann, zeigen Bangladesch, Nigeria und Mosambik besonders deutlich: Zwei Zyklone im Jahr 2000 haben in Mosambik 500.000 Menschen obdachlos gemacht, 950.000 Menschen bedürften humanitärer Hilfe. Das Niger-Delta nimmt ca. 7,5 % der Fläche Nigerias ein. Dort leben 20 Mio. Menschen. Insgesamt lebt etwa Zweidrittel der Weltbevölkerung in Küstenregionen. Mit dieser hohen Bevölkerungsdichte verbunden ist eine Infrastruktur von Straßen, Industrie- Hafen- und Energieversorgungsanlagen aber auch Ackerland, die für die entsprechenden Regionen zentral sind. Landverlust durch Anstieg des Meeresspiegels, Fluten und andere extreme Naturereignisse bedeutet dabei nicht nur Verlust von Lebensraum, Ackerfläche und Infrastruktur, er bedeutet insbesondere auch hohen Druck zum Ausweichen und zur Umsiedlung großer Bevölkerungsteile. Dies führt unmittelbar über zum vierten Feld. 4. Klimawandel und umweltbedingte Migration Bis 2050 könnte die Zahl der Umweltflüchtlinge, zu denen heute Zahlen von 25 Mio. genannt werden, auf 200 Mio. ansteigen. Entsprechende Migrationsströme können in den Transit- oder Zielgebieten bestehende Krisen weiter verstärken. Dabei gilt ganz allgemein: der Bedarf an humanitärer Hilfe durch Knappheit von Nahrung, Wasser und Lebensraum ist besonders dort akut, wo Regierungen nicht in der Lage sind, auf die veränderten Umweltbedingungen zu reagieren, die 4

Bevölkerung so weit wie möglich zu schützen und eine ausreichende Versorgung sicherzustellen. Dies trifft besonders auf viele Entwicklungsländer und Staaten in fragilen Situationen zu. Sehr geehrte Damen und Herren, um dem Klimawandel und seinen komplexen Auswirkungen begegnen zu können, brauchen wir umfassende Ansätze, Ansätze in den Politikbereichen Klima und Umwelt, Energie, Entwicklung und Migration, Sicherheit und Wirtschaft. Wir benötigen Lösungsansätze auf globaler und regionaler Ebene. Die Bundesregierung stellt sich dieser Verantwortung. Sie hat die internationale Klima- und Energiepolitik ins Zentrum ihrer EU- und G8 Präsidentschaften 2007 gestellt. Von Heiligendamm ging ein starkes politisches Signal aus: Das Ziel, die Treibhausgase zu reduzieren, genauer gesagt bis 2050 mindestens zu halbieren, ist akzeptiert. Und vielleicht noch wichtiger: die G8 wollen den konkreten Verhandlungsprozess unter dem Dach der Vereinten Nationen führen und einen umfassenden Klimaschutz auch für die Zeit nach 2012 (nach dem Kyoto-Prozess) vereinbaren. Dennoch haben die schwierigen Verhandlungen auf Bali gezeigt, dass durchaus nicht sicher ist, ob unsere Anstrengungen gelingen. Es besteht die Möglichkeit, dass angestoßene Prozesse scheitern. Daher bleibt es eine Herausforderung, sich auf die Folgen des Klimawandels einzustellen und damit umzugehen. Genau in diesem Feld setzt die Katastrophenvorsorge an. Katastrophenvorsorge braucht nicht nur politischen Handlungswillen, sondern auch öffentliche Aufmerksamkeit, Bewusstseinsbildung und nicht zuletzt konkrete Maßnahmen. Das Auswärtige Amt setzt hierzu auf verschiedenen Ebenen an: wir nutzen unsere Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen, um den Bereich der Katastrophenvorsorge zu stärken. Der Hyogo Framework of Action und der damit verbundene internationale Dialog zur Katastrophenreduzierung bieten hierfür den 5

konzeptionellen Rahmen. Wir verfolgen eine enge Zusammenarbeit mit der Internationalen Strategie für Katastrophenreduzierung, ISDR, und ihrer separaten Plattform für Frühwarnung in Bonn. Der Arbeitsstab Humanitäre Hilfe hat ferner die Katastrophenvorsorge zu einem Schwerpunktthema unserer EU-Ratspräsidentschaft 2007 gewählt. In enger Zusammenarbeit mit dem Deutschen Komitee für Katastrophenvorsorge und den europäischen Partnern haben wir eine Studie erstellt, die Auskunft über die wichtigsten Grunddaten der Mitgliedstaaten im Bereich der Katastrophenvorsorge gibt. Zudem haben wir ein gemeinsames Positionspapier der Bundesregierung zur Katastrophenvorsorge erreicht. Neben der Stärkung dieser politischen Prozesse verfolgen wir die Realisierung konkreter Maßnahmen. Wir nehmen die Katastrophenvorsorge als einen Förderschwerpunkt unserer humanitären Hilfe wahr und planen dazu jährlich 5 bis 10 % unserer Haushaltsmittel ein. Unsere Zusammenarbeit mit Ihnen als Nichtregierungsorganisationen schätzen wir dabei sehr. Ihre Expertise ist wichtig und ermöglicht uns erst, uns in dieses Feld mit einbringen und Ressourcen stärken und vernetzen zu können. Im Einklang mit dem Positionspapier der Bunderregierung haben wir dazu im vergangenen Jahr Leitlinien zur Förderung von Projekten der Katastrophenvorsorge im Ausland entwickelt. Diese Leitlinien beinhalten unser Profil und geben einen Anhaltspunkt, in welchen Feldern wir Sie unterstützen können. Die Förderung durch das Auswärtige Amt zielt auf Projekte im Ausland, soweit sie nicht als Querschnittsaufgaben im Rahmen der entwicklungspolitischen Zusammenarbeit finanziert werden. Insofern erfassen wir beispielsweise nicht die Bevorratung von humanitären Hilfsgütern, die generelle Verbesserung der Infrastruktur oder der wirtschaftlichen Grundlage oder auch Maßnahmen der allgemeinen Armutsbekämpfung. Wir konzentrieren uns vielmehr auf die Katastrophenfrühwarnung und Pilotprojekte. So haben wir die Einrichtung und den Einsatz von Frühwarnsystemen in der 6

Wetterforschung als Schutz vor drohenden Tropenstürmen und auch in der Seismologie für Erd- und Seebeben unterstützt. Auch die Tsunami-Forschung wird vom Auswärtigen Amt gefördert. Wichtig ist uns zudem die Bildung nationaler und länderübergreifender Netzwerke und Strukturen zur Verhinderung von Katastrophen. Besondere Aufmerksamkeit schenken wir auch der Zusammenarbeit auf regionaler Ebene und der Stärkung von Regionalorganisationen. Unsere Projekte sollen vor allem in besonders gefährdeten Gebieten ärmerer Länder durchgeführt werden, dort wo ein hohes Katastrophenrisiko besteht und die Katastrophenvorsorge und das Management signifikante Lücken aufweisen. Es ist uns wichtig, dass die lokalen Behörden und die Bevölkerung kontinuierlich in die Maßnahmen der Katastrophenvorsorge eingebunden werden. Wir unterstützen nachdrücklich den Ansatz der Vielfalt der Partner. Wir fördern vor allem kurz- und mittelfristige Projekte. Die Projektlaufzeit beläuft sich in der Regel auf eine Dauer von wenigen Monaten bis maximal zwei Jahren. 2008 wollen wir einen besonderen Schwerpunkt auf die Katastrophenvorsorge in gefährdeten Küstenregionen legen. Sturmfluten und Wirbelstürme in Küstennähe bedrohen zunehmend die Lebensgrundlagen und räume von Millionen von Menschen. Nach Schätzungen des World Wildlife Fund for Nature sind 100 Mio. Menschen gefährdet, ihre Heimat in Küstennähe zu verlieren. Die Projektskizzen, die uns für 2008 erreicht haben, greifen dieses Thema mehrheitlich auf. Wir wollen hier einen Akzent setzen und planen Maßnahmen in Asien, Afrika und Lateinamerika. Besonders auch die kleinen Inselstaaten messen der Katastrophenvorsorge in Küstenregionen hohe politische Priorität zu. Wir wollen diese entsprechend einbeziehen. Bei der Umsetzung dieser Vorhaben setzen wir besonders auch auf Ihr Know-how und Ihr Projektengagement, das wir, wo immer möglich, gerne unterstützen. Wir benötigen Ihren Einsatz und Ihre Expertise und bauen auch in Zukunft auf die enge und bewährte Zusammenarbeit mit Ihnen. 7

Meine Damen und Herren, Handeln, bevor es zu spät ist " formuliert zutreffend die Herausforderung der Katastrophenvorsorge und verweist gleichzeitig auf ein gewisses Dilemma: eine Erfolgsbilanz vorzuweisen über nicht eingetretene Schäden und nicht eingetretene Katastrophen, ist stets schwierig. Die Öffentlichkeit und die Medien für Katastrophenvorsorge zu gewinnen und Bewusstseinsbildung voranzubringen, ist daher eine besonders fordernde Aufgabe. Umso mehr gilt es, alle Ressourcen und alle Foren zu nutzen, um dieses Feld zu stärken, denn Katastrophenvorsorge hilft Leben und Lebensgrundlagen zu retten und menschliches Leid zu verhindern. Vielen Dank! 8