Preis runter Fahrgastzahlen rauf? Auswirkungen von Tarifmodellen

Ähnliche Dokumente
BERICHTE DER MODERATOREN AUS DEN VORTRÄGEN. Vorträge Marketing/Tarife. Moderatorin: Dr. Helgard Berger Vorstand Freiburger Verkehrs AG

Bürgerticket konkret: Experiment und Studie in Wuppertal

Tarife für Busse und Bahnen - vom Nutzungshindernis zum Erfolgsfaktor

Sozialticket im VRN. Machbarkeit und wirtschaftliche Auswirkungen

Parkraummanagement und Mobilitätsmanagement für lebenswerte Städte: zwei Seiten einer Medaille!?!

Schülerticket Hessen ein Beitrag zur Stabilisierung des ÖPNV im Ländlichen Raum. Dr. Klaus Dapp Referatsleiter Referat V3 ÖPNV, Nahmobilität

Möglichkeiten und Grenzen nutzerfinanzierter Tarifstrategien

Faktenblatt. Mainzer Initiative gegen HARTZ IV. Das Bündnis im Detail:

Faktenblatt. Mainzer Initiative gegen HARTZ IV. Das Bündnis im Detail:

Umsetzung des ÖPNV-Plans des Landes Sachsen-Anhalt. Konkrete Reaktionen bei der ÖPNV- Gestaltung auf den demografischen Wandel

Fachdialog Verkehr & Mobilität ÖPNV und Radverkehr

Das Wiener Modell Konzept und Auswirkungen

Finanzierung des öffentlichen Verkehrs - Ansätze aus Deutschland

Wiener Modell: Welche Wirkungen hatte die Einführung kostengünstiger Zeitkarten?

Beförderung für Alle!

JobTicket BW: Der Kunde als Innovationstreiber?

Entwicklungsplanung 19. Juni Stadtverkehr im Wandel

Landestarif für Sachsen: Was will der Markt?

Mobilität als Handlungsfeld einer integrierten Zentrenentwicklung

Klimafreundliche Mobilität in der Stadtregion von morgen

Mobilität heute und morgen, oder wie bewegen wir uns zukünftig?

Haushaltsbefragung zur Modal-Split-Erhebung in Minden

Städte für selbstfahrende Autos? Städte für Menschen? Oder Beides: Auswirkungen und Handlungsansätze für die kommunale Verkehrsplanung

7. Deutscher Nahverkehrstag Mainz

Ländertarife: Modethema oder nachhaltiger Trend?

Stadt und Sportentwicklung im demografischen Wandel

Preissenkungen in Frankfurt, Wiesbaden und Mainz und niedrigste Tariferhöhung seit Verbundgründung

Die Zukunft des ÖPNV in Mainfranken

Das Ticket, das mit Ihnen umsteigt.

Bürgerinformation Donnerstag

Grundlagen Drittnutzerfinanzierung

11. DEUTSCHER NAHVERKEHRSTAG Juni 2016 DAS PROGRAMM. Die Entdeckung des Fahrgastes!

I N T E R F A C E. Was Carsharing bewirkt: Auswirkungen auf das Mobilitätsverhalten, den Energieverbrauch und die C0 2 -Bilanz

Erkenntnisse für die Verkehrsplanung

Erfolgsfaktoren für Mobilität im ländlichen Raum

Netz 25+: Wir stellen die Weichen für die Zukunft Fachgespräch und Podiumsdiskussion am im Landtag. Klar zur Verkehrswende!

Wem nützt der landesweite Nahverkehrstarif?

Mehr Nahverkehr. nachhaltige Mobilität auch im Flächenland. LVS Schleswig-Holstein, 8. Mai Schleswig-Holstein.

2. Nationales Ressourcen-Forum Nutzen statt Besitzen - neue Ansätze für eine Collaborative Economy

2. Workshop der VMV Einheitliches Tarifsystem für Mecklenburg-Vorpommern. Argumente aus Sicht des Fahrgastverbandes PRO BAHN

Mehr Chancen des Öffentlichen Personennahverkehrs als Dienstleister für Mobilität insgesamt

Verkehr. im Zusammenhang mit den Grundfunktionen des Daseins. Wohnen. Freizeit. Ver-/Entsorgung. Verkehr. Kommunikation. In Gemeinschaft leben

Arbeitswege mit der Bahn Eine Verbindung mit Zukunft!

Kommunen sind Wirtschaftsstandorte im Wettbewerb -

Klimaschutz und Mobilität

Verkehrskonzept^Jn europäischen Staaten

«ÖV in der Schweiz muss auch in Zukunft attraktiv bleiben» Bern, 14. August 2018 Jeannine Pilloud, Präsidentin ch-direct

Presseinformation. 30. Juli Neue Fahrpreise und neue Angebote im VBB

Umweltverbund in Münster heute und morgen

Mobilität ist Teilhabe

FÜR EINEN EURO QUER DURCH LEIPZIG

Bürgerbeteiligung Kastanienallee - Rosenthal und die Kastanienallee im neuen Stadtentwicklungsplan -

SA 7: Fahrscheinfrei mobil. Umsetzung und Potential eines Bürgertickets bei der ÖPNV-Finanzierung. Gregor Waluga und Jan Niko Kirschbaum

Vom Deutschlandtakt zum Sachsentakt

Der ÖPNV auf dem Weg zum umfassenden Mobilitäts-Dienstleister:

Pressekonferenz. Zur Einführung des verbundweit gültigen Tarif-Angebots für Auszubildende und Schüler

Nachhaltige Mobilität und Mobilitätsmanagement in Baden-Württemberg

Regionalverkehrsplan Region Stuttgart autozentriert oder zukunftsfähig?

Der Personenverkehr der Deutschen Bahn AG

Vom MobiTick zum Schülerticket Hessen

WIRKUNGSANALYSE DES NULLTARIFS IM ÖPNV AM BEISPIEL DER STADT DARMSTADT SEITE 2

Herzlich Willkommen!

Autonomer Öffentlicher Nahverkehr im ländlichen Raum (Landkreis Ostprignitz- Ruppin) (AutoNV_OPR)

Mobilität und ÖPNV für die junge Generation

Ein leistungsfähiges Verkehrsangebot als Grundlage für den Tourismus in Schleswig-Holstein

Umfrage zu Mobilitätsthemen mit Zukunftsbezug ADAC Markt- und Meinungsforschung komma Forschungs- und Beratungsgesellschaft mbh

Gesellschaft Mobilität Technik: Global unterwegs Zürich, 22. Juni 2016 Autonomes Fahren Mobilitätskonzept der Zukunft?

1. wie sich die Verkaufszahlen des Jobticket BW seit seiner Einführung im Januar 2016 entwickelt haben;

Pressekonferenz. Tarifanpassung VBB-Tarif zum 1. August 2013

Nachhaltige Mobilität in Koblenz

Ist kostenloser Öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV) eine Utopie?

Univ.-Prof. Dr.-Ing. Ulrike Reutter. Univ.-Prof. Dr.-Ing. Ulrike Reutter

Öffentlicher Nahverkehr in der Metropolregion Berlin-Brandenburg

Trends in der Mobilität

Presse-Information. 1. März 2016

Beeinflussung der Zeitwahl im ÖPNV

Das Mobilitätskonzept der TU Darmstadt

Öffentlicher Verkehr als Teil der Grünen Mobilitätskette 3. Querschnittsworkshop zur Neuaufstellung des ÖPNV-Plans am 23. Februar 2016 in Dessau

Die CityBahn: Eine Chance für die Region

Der Volkswirtschaftliche Nutzen des ÖPNV oder wieso PT x 2 eine sinnvolle Formel ist

Vorstellung der Erhebungsergebnisse und der Überlegungen zur Konzeption des ruhenden Verkehrs in der Innenstadt von Ludwigshafen am Rhein

Gemeinsam fahren gemeinsam sparen Pendlerportal SH und Vieles mehr! Mobilität jenseits des ÖPNV. Dr.-Ing. Rainer Hamann. 2. Oktober 2010, Bordesholm

Stellungnahme zur öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Bauen und Verkehr zum Thema Sozialticket am 21. April 2009

Aktuelle Trends im Mobilitätsverhalten Welche Rolle kann das Fahrrad spielen?

Inter- und Multimodalität aktuelle Befunde und Einflussmöglichkeiten PD Dr. Tilman Schenk

Nachhaltige Verkehrsinfrastruktur RUHR 2050

WIRKUNGSWEISE EINER CO 2 -STEUER IM STROMMARKT

Fachkräftesicherung in Südhessen

Der fahrscheinfreie ÖPNV

Forschungsprojekt Elektromobiles Thüringen in der Fläche (EMOTIF) Erfurt, 4. Juli 2014 Prof. Dr. Matthias Gather

24-Stunden-Betagtenbetreuung in Privathaushalten

Schleswig-Holstein. Der echte Norden

Mobilität findet Stadt Das Beispiel Berlin. Nicolas Zimmer I

Integriertes Modell Ruhrgebiet 2050

VVS verbessert Tarifangebote für Berufstätige und Senioren

Neu Ulm, Petrus Saal Verkehrsverbund DING. ÖPNV Forum Neu Ulm Regionalverkehr

Wir machen Mitarbeiter mobil Betriebliches Mobilitätsmanagement Südhessen

Finanzieren sich attraktive Tarife selber? Fallstudien zu offensiven Tarifstrategien

Transkript:

Preis runter Fahrgastzahlen rauf? Auswirkungen von Tarifmodellen Vortrag bei der VCD-Fachtagung Stadtverkehr heute morgen 2050 24. November 2016 Fachforum ÖV Dr. Jürgen Gies Deutsches Institut für Urbanistik

2 Agenda Bestandsaufnahme ÖPNV- Tariflandschaft Tariflandschaft in Bewegung: Entwicklungen im In- und Ausland ÖPNV-Tarife in der Diskussion Fazit (Quelle: J. Gies)

3 ÖV-Tariflandschaft eine kurze Bestandsaufnahme fast flächendeckend Verkehrs- und Tarifverbünde Ausdifferenzierung der Verbundtarife Semesterticket Jobticket Seniorenticket Veranstaltungsticket (Sport, Kultur) Touristentickets Verbundübergreifende Tarife Ländertickets Ländertarife (NRW, Schleswig-Holstein) City-Ticket und BC 100 hohe / sehr hohe Komplexität der ÖPNV- Tarife! Vereinfachung des Zugangs durch Digitalisierung (Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/verkehrsverbund#/media/file:karte_der_verkehrsver b%c3%bcnde_und_tarifverb%c3%bcnde_in_deutschland.png)

(Quelle: Studie Angebot und Preise des öv Schweiz im internationalen Vergleich, abrufbar unter: http://www.litra.ch/de/publikationen/die-gelbe-serie) 4 ÖV-Preise im internationalen Vergleich

5 Tarifdiskussion in Bewegung frühe Ansätze 1984 Ausgangslage in den frühen 1980er Jahren: sinkende oder stagnierende Fahrgastzahlen auch im großstädtischen ÖPNV Einführung von Umweltkarten 1984 zunächst in Basel ( U-Abo ), dann in Freiburg Basel: erfolgreich und Vorbild Freiburg: Steigerung der Nachfrage aufgrund der Preissenkung; Verringerung des Defizits bei den Verkehrsbetrieben (Quelle: J. Gies)

6 Wien: 365 EUR- Jahreskarte Einführung 2012 Boom beim Verkauf der Jahreskarte! (Quellen: https://www.wienerstadtwerke.at/ media/files/2016/wl_fahrgastzahl en-2015_173756.pdf [oben], https://www.wienerstadtwerke.at/ media/files/2016/wl_jahreskarten _2015_173757.pdf [unten])

7 Nulltarif für die Einwohnerinnen und Einwohner Erfahrungen aus Tallinn Start im Januar 2013 Vorher-Nachher-Analyse: Nachfrageanstieg um 3% 1,2%: Tarif 1,8%: Angebot Sozialpolitisch positive Wirkungen Unklarheit bezüglich Verlagerungseffekte Durchschnittliche Länge der Wege mit öffentlichen Verkehrsmitteln hat sich über 11% verringert Reduktion des MIV kaum erkennbar (Quellen: http://www.tallinn.ee/gal_pildid/54171.png [oben], J. Gies [unten], http://www.tallinn.ee/eng/freepublictransport/g13168s70247 [Inhalte])

8 Frankfurt am Main: Steigende Nachfrage bei relativ hohen Preisen (Quellen: https://www.traffiq.de/fm/20/traffiq_2016-018_fg-zahlen-uebersicht.224351.pdf, https://www.traffiq.de/fm/20/traffiq_2016-018_fg-zahlen_foto-1.jpg, https://www.vcd.org/vorort/fileadmin/user_upload/frankfurtmaintaunus/redaktion/material/fahrpreisvergleich/vcd-verbuende-fahrpreisvergleich-2012_01.pdf)

9 ÖPNV-Tarif in der Diskussion Vorbemerkung: Nachfrage ist nur teilweise vom Preis abhängig (Bedeutung der Qualität des Angebots) Tarifphilosophie / Tarifgerechtigkeit Einfache Tarifgestaltung, u.a. Einheitspreise vs. Preisdifferenzierung (Flatrate in vielen Bereichen) Wahrnehmung der ÖPNV-Tarife (teilw. sehr günstige Angebote mit großer Spanne zu Normalpreisen, Vergleich mit Autokosten) Wettbewerbsfähigkeit des ÖPNV zum Auto durch günstige Tarife ( Umweltkarten ) (Quellen: J. Gies [oben], http://www.handys-blog.de/wp-content/uploads/flatrate_handy_fotolia.jpg [unten])

10 ÖPNV-Tarif in der Diskussion das Bürgerticket Pro Gewährleistung von Mobilität ÖPNV-Flatrate bereits heute verbreitet Abbau tariflicher Zugangsbarriere Niedrigere Vertriebskosten Impuls für Verbesserung des ÖPNV Contra Umstieg Radfahrender und Zufußgehender Überschätzung des Tarifs Pendlerproblematik Verdrängung einer Finanzierungssäule (Nutzerfinanzierung) Schwierigkeit der Finanzierung (Beitrag, Steuer)

12 Preisentwicklung bei ÖV und IV (Quelle: http://blog.mobilite.de/wp-content/uploads/2015/01/2014-12_preiseivc3b6v.png)

13 Möglichkeiten zur Verbesserung der ÖPNV- Attraktivität die fünf wichtigsten Ansatzpunkte (Quelle: Middelberg, Ulf (2016): Das Umsteigen beginnt im Kopf der harte Wettbewerb mit dem Pkw. In: Der Nahverkehr, Heft 11/2016, S. 19 [Daten aus der VDV-Befragung: Der ÖPNV im Urteil der Bevölkerung 2016])

14 Fazit Hinweise zur Weiterentwicklung der ÖPNV- Tarife Nutzerfinanzierung als Säule der ÖPNV-Finanzierung sollte nicht aufgegeben werden Verkehrsaufwand muss ein Preisschild haben! (verkehrspolitische Forderung) Weiterentwicklung der Tarife Wettbewerbsfähigkeit des ÖPNV-Tarifs Akzeptanz im Blick behalten (u.a. bei Preisdifferenzierungen) Vereinfachung (auch wenn Tarif unsichtbar wird) Möglichkeiten der Digitalisierung nutzen Relations- statt Zonentarife Einfache Nutzeroberfläche

15 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Dr. phil. Jürgen Gies Deutsches Institut für Urbanistik ggmbh Zimmerstraße 13-15 10969 Berlin Kontakt: gies@difu.de