Richtlinien zur substitutionsgestützten Behandlung bei Opiatabhängigkeit im Kanton Graubünden

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Transkript:

Richtlinien zur substitutionsgestützten Behandlung bei Opiatabhängigkeit im Kanton Graubünden Kantonsarzt 1. Juli 2014

Richtlinien zur substitutionsgestützten Behandlung bei Opiatabhängigkeit im Kanton Graubünden Inhalt 1 Allgemeines:... 3 2 Grundlagen:... 3 2.1 Gesetzliche Grundlagen... 3 2.1.1 Geltungsbereich... 3 2.2 Fachliche Grundlagen... 3 3 Zielsetzungen... 3 4 Grundsätze... 4 4.1 Grundsätze betreffend die Bewilligung:... 4 4.2 Grundsätze betreffend Ärzte:... 4 4.3 Grundsätze betreffend Patienten... 4 4.4 In Frage kommende Substanzen... 4 4.4.1 Methadon... 4 4.4.2 Buprenorphin... 4 4.4.3 Morphin... 4 4.4.4 Diaphin (Heroin )... 4 4.4.5 Übrige Opioide... 5 4.4.6 Zusätzliche Medikation... 5 5 Substitution mit Opioiden, speziell mit Methadon, Buprenorphin oder Morphin... 5 5.1 Indikationsstellung... 5 5.1.1 Langzeittherapie... 6 5.1.2 Therapie im Strafvollzug (Überbrückungstherapie)... 6 5.1.3 Spitalaufenthalte... 6 5.2 Vertrag... 6 5.3 Bewilligung... 6 5.4 Administration... 6 5.5 Abgabemodalitäten... 7 5.5.1 Abgebende Stelle... 7 5.5.2 Darreichungsformen... 7 5.5.3 Ferienabwesenheit des Arztes/Apothekers... 7 5.5.4 Ferienabwesenheit des Patienten... 7 5.5.5 Fahreignung... 7 5.6 Suchtberatungsstellen... 8 5.7 Berichte... 8 5.8 Behandlungsende... 8 6 Substitution mit Diaphin (Heroin)... 8 6.1 Allgemeines... 8 6.2 Gesetzliche Grundlagen... 8 6.3 Berechtigte Stellen... 8 6.4 Ablauf des Bewilligungsverfahrens... 8 7 Übergangsbestimmungen... 8 8 Verteiler... 8 9 Adressen... 9 10 Ablaufschema Methadon / Buprenorphin...10 Seite 2 / 10

1 Allgemeines Die heute gültigen Richtlinien zur Behandlung Drogenabhängiger stammen aus dem Jahr 2009. Durch die umfassende Revision des Bundesgesetzes über die Betäubungsmittel und psychotropen Stoffe (SR 812.121, BetmG), der zugehörigen Verordnungen sowie Änderungen in den einschlägigen Empfehlungen in der medizinischen Fachliteratur ist eine Überarbeitung nötig geworden. In der Folge wird jeweils die männliche Form benutzt. Es sind jedoch immer beide Geschlechter gemeint. 2 Grundlagen 2.1 Gesetzliche Grundlagen Art. 3e Abs. 1BetmG besagt: Für die Verschreibung, die Abgabe und die Verabreichung von Betäubungsmitteln zur Behandlung von betäubungsmittelabhängigen Personen braucht es eine Bewilligung. Die Bewilligung wird von den Kantonen erteilt. http://www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/19981989/index.html Art. 8 und 9 der Verordnung über Betäubungsmittelsucht und andere suchtbedingte Störungen (SR 812.121.6, BetmSV) regeln dazu die Einzelheiten. http://www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/20081102/index.html Die Rechtsgrundlage für das kantonale Bewilligungsverfahren bilden Art. 2,3 und 7 der kantonalen Vollziehungsverordnung zum Betäubungsmittelgesetz (BR 504.300). http://www.gr-lex.gr.ch/frontend/versions/1676 Die vorliegenden Richtlinien sollen die kantonsinternen Abläufe zur Erteilung der Bewilligungen festlegen sowie auf die wichtigsten medizinischen Grundlagen hinweisen, auf die sich diese Richtlinien stützen. Art. 3e Abs. 3 BetmG überträgt die Zuständigkeit für die Bewilligung der heroingestützten Behandlung dem Bund. Einzelheiten regeln Art. 10-25 BetmSV (SR 812.121.6). Diese Behandlungsform wird in den vorliegenden Richtlinien nur am Rande behandelt. 2.1.1 Geltungsbereich Das revidierte Betäubungsmittelgesetz unterstellt neben den Opiaten neu Benzodiazepine und verwandte Substanzen ebenfalls einer kantonalen Bewilligungspflicht (Art. 2b BetmG). 2.2 Fachliche Grundlagen Für den medizinischen Bereich stützen sich diese Richtlinien auf die Medizinischen Empfehlungen für substitutionsgestützte Behandlungen bei Opioidabhängigkeit der Schweizerischen Gesellschaft für Suchtmedizin SSAM vom 5. März 2013. Diese Richtlinien enthalten neben klar formulierten Empfehlungen auch einen umfassenden Quellennachweis. http://www.ssam.ch/ssam/sites/default/files/empfehlungen%20sgb_2012_final_05%200 3%202013.pdf Das Bundesamt für Gesundheit BAG seinerseits hat im Juli 2013 die vorliegenden medizinischen Empfehlungen in einem eigenen Papier zusammengefasst. http://www.bag.admin.ch/themen/drogen/00042/00629/00798/index.html?lang=de Eine weitere wichtige Grundlage ist die Homepage des Forums für Suchtmedizin der Ostschweiz FOSUMOS (www.fosumos.ch). 3 Zielsetzungen Die vorliegenden Richtlinien sollen die heute gültige Rechtslage sowie die gelebte Realität abbilden und gleichzeitig oft gestellte Fragen beantworten. Weiter soll im Kanton eine einheitliche Handhabung der Abläufe erreicht werden und die ausgezeichnete heute zur Verfügung stehende Literatur berücksichtigt werden. Seite 3 / 10

4 Grundsätze 4.1 Grundsätze betreffend die Bewilligung Die Bewilligung wird auf den behandelnden Arzt ausgestellt. Sie umfasst die Personalien des Patienten / der Patientin nach Art. 9 BetmSV, die bewilligten Substanzen und deren Darreichungsform, den Abgabeort, den Behandlungsbeginn sowie, falls anwendbar, das Behandlungsende. 4.2 Grundsätze betreffend Ärzte Es können alle Ärzte, die mit einer gültigen Berufsausübungsbewilligung im Kanton Graubünden in freier Praxis tätig sind, im Rahmen einer Substitutionsbehandlung Betäubungsmittel mit Ausnahme von Heroin abgeben. Die Substitutionsbehandlung mit Opioiden durch die niedergelassenen Ärzte ist vom Kanton ausdrücklich erwünscht. Bei schwierigen Patienten besteht die Möglichkeit, die Behandlung teilweise oder ganz im Ambulatorium Neumühle der Psychiatrischen Dienste in Chur vorzunehmen. In diesem Fall wird die Bewilligung dem ärztlichen Leiter / der ärztlichen Leiterin des Ambulatoriums ausgestellt. 4.3 Grundsätze betreffend Patienten Einziges medizinisches Kriterium zur Indikationsstellung ist die Opiatabhängigkeit. Es gelten die Kriterien nach ICD 10. Alter oder Dauer der Abhängigkeit sind keine relevanten Kriterien. In den Richtlinien der SSAM sind Einzelheiten ausführlich wiedergegeben. Der Patient / die Patientin muss nicht im Kanton Graubünden wohnhaft sein. Die Behandlung ist kassenpflichtig. In den versicherten Leistungen sind unter anderem inbegriffen: ärztliche Eintrittsuntersuchung inkl. ausführliche Suchtanamnese, Einleiten des Bewilligungsverfahrens (Formular zuhanden der Indikationsstelle). Die massgebende Rechtsquelle ist Kapitel 8 des Anhangs 1 zur Verordnung des EDI über Leistungen in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung KLV (SR 832.112.31) ( http://www.admin.ch/ch/d/sr/832_112_31/app1.html ) 4.4 In Frage kommende Substanzen 4.4.1 Methadon Methadon ist ein klassisches Opioid mit dem typischen Muster an erwünschten und unerwünschten Wirkungen. In der Schweiz ist es in verschiedenen galenischen Formen erhältlich (Trink- und Injektionslösung, Suppositorien, Tabletten). Für die Substitutionstherapie kommt vor allem die Trinklösung in Frage. 4.4.2 Buprenorphin Buprenorphin ist ein partieller Agonist/Antagonist mit einer starken Bindung an Opiatrezeptoren. Eine Kombination klassischer Opioide mit Buprenorphin ist pharmakologisch nicht sinnvoll. Buprenorphin wird in der Regel sublingual abgegeben. Aufgrund eines starken First Passage Effect ist eine orale Gabe weitgehend wirkungslos. 4.4.3 Morphin Morphin ist ein klassisches Opioid und wird in der Substitutionstherapie gelegentlich in Form von Retard-Kapseln verwendet (Sevre-Long ). Andere Morphinpräparate sind für Substitutionstherapien von Swissmedic nicht zugelassen. 4.4.4 Diaphin (Heroin) Heroin ist das Suchtmittel aus der Klasse der Opioide schlechthin. Heroin ist wie Methadon oder Morphin ein typischer Vertreter mit dem typischen Wirkungsprofil. Es kann sowohl enteral als auch parenteral verabreicht werden. Die Verwendung in der Substitutionstherapie unterliegt speziellen gesetzlichen Grundlagen. Seite 4 / 10

4.4.5 Übrige Opioide Andere Stoffe spielen in der Substitutionstherapie eine untergeordnete Rolle. Die Anwendung ist dennoch möglich. Die administrativen Abläufe sind die gleichen wie bei den häufig benutzten Substanzen. 4.4.6 Zusätzliche Medikation Eine evtl. benötigte Zusatzmedikation mit Benzodiazepinen oder den sogenannten Z- Substanzen (Zolpidem: Stilnox ; Zopiclon: Imovane ) im Rahmen einer Substitutionstherapie ist bewilligungspflichtig. In der Regel werden nur langwirksame Präparate zugelassen. Kurzwirksame Substanzen und die sogenannten Z-Substanzen können nur ausnahmsweise und aufgrund eines detaillierten Arztberichts bewilligt werden. Langwirksame Substanzen Substanzname Handelsname CAS-Nummer Diazepam Valium ; Paceum ; Stesolid ; Diazepam 439-14-5 Flurazepam Dalmadorm 17617-23-1 Ketazolam Solatran 27223-49-1 Prazepam Demetrin 2955-38-6 Clobazam Urbanyl 22316-47-8 Clonazepam Rivotril 1622-61-3 Kurzwirksame Substanzen inkl. Z-Substanzen Substanzname Handelsname CAS-Nummer Flunitrazepam Rohypnol 1622-62-4 Midazolam Dormicum 59467-70-8 Lorazepam Temesta ; Sedazin ; Lorasifar 846-49-1 Oxazepam Seresta ; Anxiolit 604-75-1 Alprazolam Xanax 20981-97-7 Temazepam Normison 846-50-4 Triazolam Halcion 28911-01-5 Zolpidem Stilnox ; Zolpidem Streuli 82626-48-0 Zopiclon Imovane ; Zopiclone 43200-80-2 Quelle: Modifiziert nach: Europäische Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht: http://www.emcdda.europa.eu/publications/drug-profiles/benzodiazepine/de 5 Substitution mit Opioiden, speziell mit Methadon, Buprenorphin oder Morphin 5.1 Indikationsstellung Die klinische Indikationsstellung erfolgt durch den behandelnden Arzt, in den meisten Fällen durch den Hausarzt. Erläuterungen dazu findet man im Kapitel II der SSAM- Richtlinien und im Kapitel 4.2 dieser Richtlinien. Der behandelnde Arzt füllt das Anmeldeformular zuhanden der Indikationsstelle aus. Dieses findet man auf der Webseite der PDGR: Seite 5 / 10

http://www.pdgr.ch/fileadmin/user_upload/customers/pdgr/01_dokumente/5_rest/antrag _Substitutionstherapie.pdf Die Behandlung kann gleichzeitig mit dem Einleiten des Bewilligungsverfahrens begonnen werden. Eine formelle Indikationsüberprüfung durch die kantonale Indikationsstelle der Psychiatrischen Dienste Graubünden (PDGR), Ambulatorium Neumühle, ist in ausnahmslos allen Fällen notwendig. Grundlage dieser Prüfung ist in der Regel das ausgefüllte Anmeldeformular. Die Indikationsstelle kann medizinische Zusatzinformationen beim Antrag stellenden Arzt einholen. Die Indikationsstelle holt die Bewilligung beim Kantonsarzt ein. 5.1.1 Langzeittherapie Langzeittherapie ist der Regelfall. Die Behandlung und Bewilligung sind üblicherweise zeitlich nicht beschränkt. 5.1.2 Therapie im Strafvollzug (Überbrückungstherapie) Überbrückungstherapie spielt praktisch nur im Zusammenhang mit Gefängnisaufenthalten eine Rolle. Bestehende Behandlungen sind weiterzuführen. Ab einer Haftdauer von 30 Tagen muss durch den Arzt der Justizvollzugsanstalt eine Überbrückungsbewilligung beantragt werden. Eine allenfalls bestehende Langzeitbewilligung bleibt bestehen und kann nach dem Strafvollzug formlos weitergeführt werden. 5.1.3 Spitalaufenthalte Bei Spitalaufenthalten kann die Therapie formlos durch die behandelnden Spitalärzte weitergeführt werden. 5.2 Vertrag Bestandteil jedes Indikationsverfahrens ist ein Vertrag zwischen dem Patienten und dem behandelnden Arzt. Einen Mustertext findet man beim Anmeldeformular. 5.3 Bewilligung Auf Antrag der Indikationsstelle stellt der Kantonsarzt eine Bewilligung entsprechend den oben aufgeführten Grundsätzen aus. Je ein Exemplar geht im Original an den behandelnden Arzt, die Indikationsstelle, die Abgabestelle (falls nicht identisch mit dem behandelnden Arzt) und allenfalls an die Suchtberatungsstelle. Jedem Patienten wird eine Laufnummer zugeteilt. Bei einer späteren Wiederaufnahme der Bewilligung wird die gleiche Nummer erneut verwendet. Wechselt der behandelnde Arzt oder die Abgabestelle, muss eine neue Bewilligung ausgestellt werden. Der administrative Ablauf ist derselbe wie bei einer neuen Bewilligung. 5.4 Administration Die Indikationsstelle ist zuständig für die Administration und Archivierung der Bewilligungen, Antragsformulare, Zwischen- und Abschlussberichte und der Korrespondenz. Sie benützt dazu das elektronische Hilfsmittel, das das Bundesamt für Gesundheit zur Verfügung stellt. Seite 6 / 10

5.5 Abgabemodalitäten 5.5.1 Abgebende Stelle Als Abgabestellen kommen die Praxis des behandelnden Arztes, eine Apotheke, das Ambulatorium Neumühle, Strafanstalten oder soziale Institutionen mit geeignetem Betreuungspersonal in Frage. Massgeblich ist Art. 8 Abs. 2 BetmSV. Die Verantwortung liegt in jedem Fall beim behandelnden Arzt. Die Abgabe erfolgt immer und ohne Ausnahme persönlich an den Patienten. Bis zur Stabilisierung der allgemeinen Situation des Patienten erfolgt die Abgabe täglich. Die Einnahme geschieht kontrolliert. Mitgeben des Medikaments für das Wochenende ist von Beginn weg erlaubt. Mitgegebene Medikamente müssen ordnungsgemäss verpackt und beschriftet sein. Medikamente in gelöster Form müssen in Behältnissen mit einem kindersicheren Verschluss abgefüllt sein. Bei zuverlässigen Patienten kann höchstens der Bedarf von drei Wochen mitgegeben werden. Die Ab- und Mitgabe muss entsprechend den gesetzlichen Vorgaben dokumentiert werden. 5.5.2 Darreichungsformen Methadon muss grundsätzlich in Form einer Lösung, die von Swissmedic zugelassen ist, verwendet werden. Tabletten kommen nur ausnahmsweise in Frage. Es besteht ein höheres Missbrauchspotential und sie sind, wenn sie injiziert werden, gefährlich. Suppositorien sind eine valable Alternative. Buprenorphin wird in der sublingual applizierbaren Form abgegeben. 5.5.3 Ferienabwesenheit des Arztes/Apothekers Stabile Patienten erhalten den Bedarf für die ganze Abwesenheit des Arztes/Apothekers ausgehändigt, sofern diese nicht länger als drei Wochen dauert. Bei instabilen Patienten muss eine kurzfristige Stellvertretung durch einen andern Arzt / Apotheker eingerichtet werden. In diesem Fall beauftragt der üblicherweise abgebende Arzt / Apotheker seinen Stellvertreter schriftlich. Eine Meldung an den Kantonsarzt ist nicht notwendig. 5.5.4 Ferienabwesenheit des Patienten Bei stabilen Patienten ist die Mitgabe des Medikaments bis zu 30 Tage möglich und nach Schweizer Recht erlaubt. Bei Auslandreisen sind die Ein- und Ausfuhrvorschriften der betreffenden Staaten vorgängig durch den Patienten abzuklären und einzuhalten. Auf der Homepage von Swissmedic findet sich ein Formular, das der behandelnde Arzt ausfüllen muss. https://www.swissmedic.ch/bewilligungen/00155/00242/00243/00427/00431/index.html?l ang=de Es wird dringend empfohlen, sich bei der Vertretung des jeweiligen Landes über die Vorschriften zu erkundigen. Bei instabilen Patienten soll eine lokale Stellvertretung (Verfahren analog zu 5.5.3) beauftragt werden. Die Gesetzgebung im Zielland muss unbedingt beachtet werden. 5.5.5 Fahreignung Ist die Substitutionsbehandlung stabil etabliert (nach einigen Wochen), liegt kein Nebenkonsum vor (Urinproben, Klinik) und sprechen keine Persönlichkeitsfaktoren dagegen, so ist eine grundsätzliche Ablehnung der Fahrfähigkeit nicht angebracht. Es müssen in jedem Fall individuelle Abklärungen (psychomotorische Fähigkeiten, Persönlichkeitsfaktoren) vorgenommen werden. Seite 7 / 10

5.6 Suchtberatungsstellen Patienten mit psychosozialen Schwierigkeiten sollen durch die behandelnden Ärzte auf jeden Fall den zuständigen Suchtberatungsstellen gemeldet werden. Es soll eine enge Zusammenarbeit zwischen Arzt und Suchtberatung gesucht werden. 5.7 Berichte Nach einem Jahr, bei Behandlungsabschluss und jedes Mal auf Verlangen der Indikationsstelle ist durch den behandelnden Arzt ein Verlaufsbericht zuhanden der Indikationsstelle zu erstellen. Diese stellt jeweils die Unterlagen rechtzeitig zu. 5.8 Behandlungsende Der Behandlungsabschluss muss der Indikationsstelle umgehend gemeldet werden. Diese überprüft jährlich die Aktualität der laufenden Bewilligungen. Generell erstellt sie zuhanden des Kantonsarztes eine Abschlussmeldung. 6 Substitution mit Diaphin (Heroin) 6.1 Allgemeines Für Substitutionsbehandlungen mit Diaphin (Heroin) sind praktisch alle Bewilligungskompetenzen beim Bund angesiedelt. Die verantwortliche Bundesstelle ist das Sekretariat HeGeBe im Bundesamt für Gesundheit BAG. 6.2 Gesetzliche Grundlagen Die wichtigsten Grundlagen sind Artikel 3e Abs. 3 BetmG sowie die Artikel 10-25 der Verordnung über Betäubungsmittelsucht und andere suchtbedingte Störungen (SR 812.121.6) http://www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/20081102/index.html 6.3 Berechtigte Stellen Im Kanton Graubünden sind die berechtigten Stellen: Ambulatorium Neumühle der Psychiatrischen Dienste Graubünden in Chur sowie die Justizvollzugsanstalt Realta in Cazis. 6.4 Ablauf des Bewilligungsverfahrens Die berechtigten Stellen beantragen die Bewilligung beim Bundesamt für Gesundheit. Sie holen vorgängig das notwendige Visum des Kantonsarztes ein. 7 Übergangsbestimmungen Diese Richtlinien treten am 1. Juli 2014 in Kraft. Die zu diesem Zeitpunkt gültigen Bewilligungen werden stillschweigend weitergeführt und um die Erlaubnis, langwirksame Benzodiazepine gemäss Punkt 4.4.5 dieser Richtlinien anzuwenden, erweitert. Es sind keine besonderen Formalitäten notwendig. Kurzwirksame Benzodiazepine und die sogenannten Z-Substanzen müssen auf diesen Zeitpunkt neu bei der Indikationsstelle beantragt und vom Kantonsarzt bewilligt werden. In allen Bewilligungen, die nach diesem Zeitpunkt erteilt werden, müssen neben dem eingesetzten Opioid auch allfällige Zusatzmedikationen explizit erwähnt sein. Die Indikationsstelle passt die Antragsformulare an. 8 Verteiler Ärztinnen / Ärzte, die aktiv Substitutionstherapien durchführen: brieflich und elektronisch Seite 8 / 10

Übrige Ärztinnen / Ärzte, alle Apotheken, Suchtberatungsstellen, Spitäler, Amtsstellen, Justizvollzugsanstalten elektronisch 9 Adressen Kantonsarzt: Dr. Martin Mani Gesundheitsamt Planaterrastr. 16 7000 Chur Telefon: 081 257 26 44 Fax: 081 257 21 74 e-mail martin.mani@san.gr.ch Internet: http://www.gesundheitsamt.gr.ch Indikationsstelle: Indikationsstelle für Betäubungsmittelsubstitution im Kanton Graubünden Psychiatrische Dienste Graubünden Ambulatorium Neumühle Gürtelstr. 89 7000 Chur Telefon: 058 225 23 50 Fax: 058 225 23 55 e-mail neumuehle@pdgr.ch Internet: http://www.pdgr.ch/ambulatorium-neumuehle-chur.771.0.html Seite 9 / 10

Bewilligung im Original Bewilligung im Original 10 Ablaufschema Methadon / Buprenorphin Behandelnder Arzt Stellt medizinische Indikation Leitet Bewilligungsverfahren ein (Anmeldeformular) Beginnt Behandlung Indikationsstelle Überprüft Indikation Beantragt Bewilligung beim Kantonsarzt Kantonsarzt Erteilt formelle Bewilligung Bewilligung (kein Versand) Patient/Patientin Seite 10 / 10