Konzept zur Gewaltprävention und zum Umgang mit Gewalt

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Transkript:

Konzept zur Gewaltprävention und zum Umgang mit Gewalt Familiehuus Steckborn Rodelstrasse 41 CH 8266 Steckborn T 052 534 3708 info@familiehuus.ch familiehuus.ch Stand 10/16

Inhalt 1. Grundlage 2. Defnition von Gewalt 3. Formen von Gewalt 3.1 Physische Gewalt 3.2 Psychische Gewalt 3.3 Sexuelle Gewalt 3.4 Strukturelle Gewalt 4. Prävention 4.1 Ebene Leitung 4.2 Ebene Mitarbeitende 4.3 Ebene Kinder 5. Massnahmen und Interventionen 5.1 Gewalt von Mitarbeitenden gegenüber den Kindern 5.2 Gewalt von Kindern gegenüber den Mitarbeitern 5.3 Gewalt von Kindern gegenüber Kindern 6. Meldepficht 7. Umsetzung 8. Anlaufstellen Einleitung Aggression und Gewalt sind allgegenwärtig. Sie gehören zu unserem Leben und sind seit jeher ein menschliches Phänomen. Kommt es zu Konfikten und Gewalt, benötigt dies ein bewusstes und professionelles Handeln.

1. Grundlage Das Familiehuus lehnt jegliche Art von Gewalt ab und fördert eine gewaltfreie Betreuung der Kinder. Dies erfordert eine Grundhaltung aller betreuenden Personen, die von Respekt und Wertschätzung geprägt ist. Die Kinderrechtskonvention ist im alltäglichen Umgang mit den Kindern präsent. Das Wohl des Kindes steht in der Betreuung der Kinder immer im Vordergrund. Artikel 19 (Schutz vor Misshandlung) und Artikel 32-36 (Schutz vor jeglicher Art der Ausbeutung) der Kinderrechtskonvention dienen als Grundlage dieses Konzeptes. Ziele dieses Konzeptes sind: Sensibilisierung der Mitarbeitenden Präventive Massnahmen und Tätigkeiten sind festgehalten und bekannt Das Vorgehen bei Gewaltvorfällen ist festgelegt Angebote von Anlaufstellen für Kinder und Mitarbeitende sind bekannt 2. Defnition von Gewalt Gewalt ist jede Verletzung der physischen und psychischen Integrität eines Menschen. 3. Formen von Gewalt In einem Heim können verschiedene Formen von Gewalt auftreten. 3.1 Physische Gewalt Physische Gewalt umfasst alle körperlichen Angrife, von (wiederholten) Tätlichkeiten bis zur Tötung. Dazu gehören Tätlichkeiten wie schlagen, stossen, schütteln und packen. Fühlt sich ein Mensch in seiner ganzheitlichen Integrität durch die Einwirkung einer Drittperson verletzt, wurde physische Gewalt ausgeübt. Die physische Gewalt ist verglichen mit anderen Gewaltformen in der Regel leichter nachweisbar. Sie tritt jedoch häufg kombiniert mit anderen Gewaltformen auf. 3.2 Psychische Gewalt Psychische Gewalt umfasst Handlungen wie Drohung, Mobbing, Missachtung, Demütigung, Blossstellen, etc. Sie hat oft grosse Auswirkungen auf das Selbstwertgefühl und die Gesundheit der Betrofenen. Auch indirekte Gewalterfahrungen zählen zur psychischen Gewalt. Dies kann beispielsweise die Tierquälerei des Haustieres des Opfers sein. 3.3 Sexuelle Gewalt Sexuelle Gewalt umfasst jede nicht gebilligte, nicht gewünschte oder nicht geduldete Sexualpraktik. Sie reicht vom unerwünschten Herstellen einer sexualisierten Atmosphäre über sexistisches

Blossstellen bis hin zum Zwang zu sexuellen Handlungen oder Vergewaltigungen. Sexuelle Ausbeutung von Kindern und Jugendlichen meint alle Formen von sexuellen Handlungen an diesen, unabhängig davon, ob sie von Erwachsenen oder Minderjährigen ausgeübt werden. 3.4 Strukturelle Gewalt Eine strukturelle Gewalt entsteht dann, wenn Strukturen und Regeln einer Institution so starr und unfexibel sind, dass sie die Bedürfnisse und Autonomie der Betrofenen einschränken. Hier können folgende Beispiele genannt werden: Essenszeiten müssen so strikt eingehalten werden, dass Kinder ihrer Freizeitbeschäftigung nicht nachgehen können. Mitsprache- und Mitentscheidungsrecht werden den Kindern nicht gewährt. Informationen, welche die Kinder betrefen, werden ihnen vorenthalten. 4. Prävention Um ein solches Konzept erfolgreich umsetzten zu können, obliegt allen Ebenen eine Handlungskompetenz. 4.1 Ebene Leitung Enttabuisierung des Themas Gewalt durch Einführung und Umsetzung dieses Konzeptes. Erstellen von Richtlinien für Notfälle Meldepficht bei Übergrifen Thema immer wieder ins Team einbringen 4.2 Ebene Mitarbeitende Grundhaltung: Respektvoller Umgang und Aufbau einer vertrauensvollen Beziehung mit den Kindern Konzept kennen und umsetzen Überforderungen ansprechen Auf Grenzüberschreitungen achten Meldepficht einhalten Partizipatives Arbeiten 4.3 Ebene Kinder Respektvollen Umgang untereinander und mit den Mitarbeitenden Respektieren der Grenzen des Gegenübers Haben angemessenes Mitspracherecht Wissen an wen oder wo sie sich bei Problemen melden können.

5. Massnahmen und Interventionen Trotz präventiver Massnahmen sind Vorfälle in denen Gewalt ausgeübt wird nicht auszuschliessen. Gewalt kann seitens Mitarbeiter ausgeübt werden und/oder seitens Kinder. Sollte ein solcher Vorfall eintreten, muss dieser professionell bearbeitet werden und transparent gemacht werden. 5.1 Gewalt von Mitarbeitenden gegenüber den Kindern Übt ein Mitarbeitender gegenüber einem Kind physische oder sexuelle Gewalt aus, muss unmittelbar gehandelt und sanktioniert werden. Folgendes Vorgehen ist angebracht: Sofortige Freistellung bis zur Abklärung des Geschehens Bei Bestätigung der Vorfälle: Fristlose Kündigung Rechtliche Schritte müssen eingeleitet werden. Das Opfer und deren Schutz sollen im Vordergrund stehen. Das Familiehuus verpfichtet sich zu bedingungsloser Transparenz gegenüber der Betrofenen, ihren gesetzlichen Vertretern und gegenüber den einweisenden Stellen. Sollte ein Mitarbeiter strukturelle oder psychische Gewalt anwenden, muss auch dies umgehend einer vorgesetzten Person gemeldet werden. Übt der Mitarbeiter diese Gewalt aufgrund einer Grundhaltung aus, kann das Arbeitsverhältnis nicht weitergeführt werden. 5.2 Gewalt von Kindern gegenüber den Mitarbeitern Ein Mitarbeiter soll sofort deeskalierend auf das Kind einwirken. Reicht dies nicht aus, um eine drohende Gefahr abzuwenden, ist es unerlässlich sich zu schützen und Hilfe zu holen. Wird Gewalt von Kindern ausgeübt, werden die Vorgesetzten darüber in Kenntnis gesetzt und Akteneinträge über den genauen Vorfall geführt. Im Team wird das weitere Vorgehen und Verhalten der Mitarbeitenden besprochen. Je nach Schweregrad des Vorfalls können weitere Konsequenzen von Entschuldigung bis Sanktionen reichen. Zusätzlich soll ein solcher Vorfall an einer Teamsitzung analysiert werden um gegebenenfalls zu eruieren, was Frühwarnzeichen sein könnten. 5.3 Gewalt von Kindern gegenüber Kindern Auch hier sollen die Mitarbeiter deeskalierend auf das Geschehen einwirken. In erster Linie sollen die Betrofenen räumlich getrennt werden. Anschliessend soll ein klärendes Gespräch nach den Grundzügen der Mediation mit den Betrofenen geführt werden. Auch hier ist je nach Schweregrad zu sanktionieren. Auch solche Vorfälle sollen von den Mitarbeitern dokumentiert werden und den Vorgesetzten gemeldet werden. Gemeinsam im Team werden Massnahmen besprochen.

6. Meldepficht Jeder Mitarbeiter ist verpfichtet, jegliche Art von Gewalt der Geschäftsleitung mitzuteilen. Die Kinder haben die Möglichkeit sich an ihre Vertrauensperson zu wenden, wenn sie sich belästigt oder ungerecht behandelt fühlen oder Opfer von Übergrifen sind. Es gilt: berechtigte Vermutungen und bestätigte Gewalt können nicht vertraulich behandelt werden. Werden absichtlich falsche Verdächtigungen gemacht, muss dies sanktioniert werden. 7. Umsetzung Neue Mitarbeiter werden bereits im Anstellungsverfahren auf die Haltung des Familiehuus aufmerksam gemacht und verpfichten sich, das Konzept Gewaltprävention und Umgang mit Gewalt zu lesen. Vor jeder Einstellung, wird ein Strafregisterauszug verlangt. Damit dieses Thema aktuell bleibt, wird das Konzept in regelmässigen Abständen an der Teamsitzung überprüft. Es kann überlegt werden, ob als Weiterentwicklung des Konzepts ein Übergrifsprotokoll erstellt wird. 8. Anlaufstellen Mitarbeitende und Leitung des Familiehuus Steckborn Opferhilfe Thurgau Nummer für Kinder: 052 723 48 23 Nummer für Mitarbeiter: 052 723 48 26 Vertrauensperson Kinder Sorgentelefon für Kinder Nummer: 147