Platzierung öffentlicher Ladestationen im Raum Basel Eine verhaltensökonomische Untersuchung Februar 2017

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Transkript:

Platzierung öffentlicher Ladestationen im Raum Basel Eine verhaltensökonomische Untersuchung Februar 2017 1

Die vorliegende Studie ist im Rahmen der «2000-Watt-Gesellschaft-Pilotregion Basel» entwickelt und finanziert worden. Auftraggeber Department für Wirtschaft, Soziales und Umwelt des Kanton Basel-Stadt Amt für Umwelt und Energie Koordinationsstelle Umweltschutz/Landwirtschaft Hochbergerstrasse 158 4019 Basel IWB Margarethenstrasse 40 4002 Basel Projektträger und Steuergruppe Dominik Keller, Amt für Umwelt und Energie (AUE) Basel-Stadt Bernd Weinmann, IWB Balthasar Burgenmeister, IWB Christoph Sollberger, IWB Christoph Zeier, Mobility Carsharing Stephan Lienin, Sustainserv GmbH, Koordination Ausgearbeitet durch FehrAdvice & Partners AG, Klausstrasse 20, CH-8008 Zürich www.fehradvice.com / +41 44 256 79 00 Autoren Daniela Eichhorn Luca Geisseler Lukas Schürch Kontakte für Fragen zur Studie Dominik Keller, Amt für Umwelt und Energie, +41 61 639 23 20, dominik.keller@bs.ch Christoph Sollberger, IWB, +41 79 673 68 71, christoph.sollberger@iwb.ch Lukas Schürch, FehrAdvice & Partners, +41 44 256 79 00, lukas.schuerch@fehradvice.com 2

EINFÜHRUNG In der Schweiz ist die Elektromobilität als neue Mobilitätsform auf dem Vormarsch. Um diese Entwicklung zu unterstützen und weiter voranzutreiben, ist die Ausweitung und Optimierung der Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge ein Kernelement. Insbesondere in Ballungsgebieten, wie dem Kanton Basel-Stadt, sollten ausreichend Ladestationen auf öffentlichen Parkplätzen (Allmend) vorhanden sein. Das Bedürfnis nach einer Ausweitung und Optimierung der Ladeinfrastruktur führt zu den folgenden Fragen: Wo sollen die Ladestationen aufgestellt werden und wie müssen sie ausgestaltet sein, um die Bedürfnisse der (zukünftigen) Elektrofahrzeugnutzer zu erfüllen? Das Amt für Umwelt und Energie und IWB haben im Rahmen der «2000-Watt-Gesellschaft- Pilotregion Basel» eine Studie in Auftrag gegeben, um diese Fragestellungen zu untersuchen. Die Studie liefert Erkenntnisse aus einer verhaltensökonomischen Perspektive: Ausschlaggebende Treiber für das Verhalten und die Entscheidungen der (zukünftigen) Elektrofahrzeugnutzer sind nicht nur Zeit und Kostenaspekte, sondern auch weitere Faktoren, wie Gewohnheiten, soziale Aspekte, Präferenzen und Wissen. Zudem müssen mögliche Verzerrungen im Entscheidungsprozess berücksichtigt werden, die dazu führen können, dass Entscheidungen oft nicht rein rational getroffen werden. Diesen verhaltensökonomischen Erkenntnissen sollten bei der Platzierung und Ausgestaltung der Ladestationen im Raum Basel Rechnung getragen werden. Im Rahmen der Studie wurde ein Online- Experiment mit über 350 Teilnehmenden aus der Deutschschweiz durchgeführt. Das Online-Experiment liefert wichtige Erkenntnisse über die Bedürfnisse der Schweizerinnen und Schweizer hinsichtlich der Platzierung der Ladestationen. Zusätzlicher Bestandteil der Studie war die Untersuchung der generellen Bereitschaft der Schweizer Bevölkerung, Elektrofahrzeuge zu nutzen. Was ist Verhaltensökonomie? Im Gegensatz zu standardökonomischen Annahmen treffen Menschen nicht immer rein rationale Entscheidungen oder handeln ausschliesslich im Eigeninteresse. Beispielweise halten sich Menschen nicht an Diäten oder rauchen, obwohl sie die potenziellen negativen Konsequenzen für ihre Gesundheit kennen. Sie geben bekanntlich zu viel Geld für ihren jetzigen Konsum aus und sparen zu wenig für ihre Altersvorsorge in der Zukunft. Auch spenden Menschen für wohltätige Zwecke obwohl sie nichts dafür zurückbekommen. Die Verhaltensökonomie nutzt experimentelle Daten über menschliches Verhalten um Entscheidungen in bestimmten Situationen zu analysieren, zu erklären und zu prognostizieren. Die Erkenntnis daraus erlaubt es, gezielt und evidenzbasiert Massnahmen abzuleiten, die dem menschlichen Verhalten Rechnung tragen. 3

DIE WICHTIGSTE ERGEBNISSE Das Online-Experiment zeigt: Die Bereitschaft der Schweizerinnen und Schweizer, Elektrofahrzeuge zu nutzen, ist sehr hoch. 93% der Teilnehmenden aus der Deutschschweiz könnten sich vorstellen, ein Elektroauto zu nutzen. Tatsächlich fahren jedoch nur 3% der Schweizerinnen und Schweizer ein Elektrofahrzeug ein deutlicher Kontrast. 7% können sich nicht vorstellen, in Zukunft ein Elektroauto zu nutzen Nutzung von Elektroautos in der Deutschschweiz 2016 der Menschen in der 93% Deutschschweiz können sich vorstellen, ein Elektroauto zu nutzen Die Studie zeigt, dass sich die starke Diskrepanz zu einem grossen Teil neben den hohen Anschaffungskosten auf Unsicherheiten bezüglich des Aufladens der Elektrofahrzeuge zurückführen lässt: Ganze 75% der Teilnehmenden sind der Meinung, dass es zu wenige Ladestationen gäbe. 70% der Teilnehmenden wissen gar nicht, wo die nächste Ladestation stationiert ist und 66% haben Angst, dass ihnen unterwegs der Strom ausgeht. Folglich haben viele Teilnehmende Berührungsängste mit Elektromobilität, insbesondere aufgrund von Unwissen und Unsicherheiten bezüglich der Verfügbarkeit von Ladestationen. Die wahrgenommene Verfügbarkeit der Ladestationen ist demnach einer der grössten Hemmfaktoren für ein grösseres Wachstum. Komplementär zur Ausweitung der Ladeinfrastruktur sollte daher diesem Hemmfaktor mit entsprechenden Kommunikationsmassnahmen entgegengewirkt werden. Welche Faktoren geben also konkret bei der Entscheidung über das Aufladen des Elektroautos den Ausschlag? Um dies zu analysieren, muss grundsätzlich zwischen zwei Auflade-Kontexten unterschieden werden: dem alltäglichen, routinemässigen Aufladen und dem spontanen Aufladen des Elektrofahrzeuges. Den «Normalfall» stellt das routinemässige Aufladen des Elektrofahrzeuges dar. Zwischen 80 und 90% der Aufladevorgänge werden durch das regelmässige Aufladen abgedeckt (Routine) 1. Hier zeigt die Studie, dass sich der Aufladevorgang des Elektroautos möglichst gut in den Alltag der Fahrer integrieren sollte (genannt von 84% der Teilnehmenden). In diesem Fall sind die täglichen Gewohnheiten der Nutzer einer der grössten Treiber. Umwege und zusätzlicher Zeitaufwand werden als grosse Belastung wahrgenommen und sollten in der Ausgestaltung der Ladeinfrastruktur berücksichtigt werden. Daraus lässt sich ableiten, dass für einen Grossteil der Elektrofahrzeugnutzer das eigene Zuhause die erstbeste Wahl zum Aufladen des Elektroautos darstellt. Für das Aufladen des Elektroautos Zuhause sprechen Faktoren, wie die lange Standzeit, die häufige Frequentierung, die Praktikabilität und die Preissicherheit. In diesem Fall muss allerdings berücksichtigt werden, dass nur ca. 50% der Teilnehmenden in urbanen Gebieten auch die Möglichkeit haben, ihr Fahrzeug Zuhause aufzuladen und über einen geeigneten Stellplatz mit Stromanschluss verfügen 2. Diejenigen Elektrofahrer, die Zuhause nicht die Möglichkeit haben das Auto aufzuladen, präferieren die Aufladung des Autos in ihrem Wohnquartier. Auch ausserhalb des Zuhauses möchten die Teilnehmenden das routinemässige Aufladen in ihren Alltag integrieren können. 48% der Teilnehmenden nennen hier den Arbeitsplatz als 1 Quelle: Elektromobilität Studie Ladeinfrastruktur Region Basel 4 2 In ländlichen Regionen ist der Anteil der Teilnehmenden, welche das Elektrofahrzeug zuhause aufladen könn(t)en, mit 75% deutlich höher.

bevorzugten Ort, 27% den Einkaufsort und 19% geben an, das Fahrzeug an Tankstellen aufladen zu wollen. Gerade der letzte Punkt ist ein deutlicher Hinweis auf den starken Einfluss der Gewohnheiten der Nutzer bei der Entscheidung über das Aufladen. Bislang hat nur ein verhältnismässig geringer Anteil der Teilnehmenden (6%) Interesse daran, das Elektroautoauto im Sinne von kombinierter Mobilität d.h. mit dem privaten Elektrofahrzeug zum Bahnhof und von dort aus mit dem Zug weiter am Bahnhof aufzuladen. Das spontane Aufladen stellt den zweiten Typ der Aufladevorgänge dar. Diese treten auf, wenn die Nutzer aus bestimmten Gründen ihre Routine verlassen müssen sei es, weil sie eine weitere Strecke zurücklegen als gewöhnlich oder weil beispielsweise das Aufladen vergessen wurde. Der Elektrofahrzeugnutzer muss in diesen Fällen unvorhergesehen eine Ladestation aufsuchen. Gerade diese spontanen Aufladevorgänge stellen oftmals ein negatives Erlebnis dar. An dieser Stelle ist entscheidend, die Bedürfnisse der Elektrofahrzeugnutzer zu verstehen und die Ladeinfrastruktur zu erweitern. Unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Restriktionen gibt es verschiedene Ansätze, die Ladestationen auszugestalten, um die Bedürfnisse zu adressieren und die Ladeinfrastruktur zu optimieren. Wichtige Stellschrauben sind der Preis, die Distanz, die Aufladegeschwindigkeit und die Ausstattung der Ladestationen. Sollte es ein möglichst dichtes Netz geben oder besser weniger Ladestationen, dafür die Möglichkeit zum Schnellladen? Ist ein möglichst dichtes Netz wünschenswert oder vorzugsweise weniger Stationen, welche dafür gut ausgestattet sind? Ist für den Elektrofahrzeugnutzer die Ausstattung wichtiger oder die Aufladegeschwindigkeit? Ist ein tiefer Preis oder die Möglichkeit zum schnellen Aufladen entscheidend? Die Studie hat diese Zusammenhänge untersucht und liefert folgende Ergebnisse: 5 Fokus: Ausstattung der Ladestationen Die Ausstattungsmerkmale, die sich der Grossteil der Teilnehmenden der Studie wünscht, sind bereits an den meisten herkömmlichen Tankstellen verfügbar. 61% 1 der Teilnehmenden wünschen sich 2 3 4 Toiletten, 58% wünschen sich Wifi, 56% wünschen sich eine Einkaufsmöglichkeit und 48% ein Café oder Restaurant. Hier können somit Synergien mit herkömmlichen, bereits ausgebauten Tankstellen genutzt werden. Die Studie zeigt jedoch, dass lediglich kurze Umwege in Kauf genommen werden, um eine gut ausgestattete Ladestation zu erreichen von grösserer Bedeutung ist die Möglichkeit, eine Ladestation schnell zu erreichen. Somit besteht also kaum Notwendigkeit für zusätzliche Investitionen in die Ausstattung der Ladestationen. Fokus: Schnellladestationen An Stelle von «besonderer Ausstattung» besteht die Möglichkeit, den Fokus auf die Aufladegeschwindigkeit zu legen. Sogenannte Schnellladestationen ermöglichen eine wesentliche Zeitersparnis beim Ladevorgang. Allerdings ist das Errichten solcher Stationen kostenintensiver als das Errichten von konventionellen Ladestationen. Die Studie zeigt, dass die Teilnehmenden die Möglichkeit zum schnelleren Laden anderen Ausstattungsmerkmalen vorziehen. Gleichzeitig wird jedoch deutlich, dass nur kurze Umwege für eine schnelle Ladestation in Kauf genommen werden auch bei diesem Vergleich überwiegt der Wunsch, die Ladestation schnell erreichen zu können. Fokus: Preis Viele Teilnehmende sind bereit, für die Möglichkeit zum schnellen Aufladen, einen relativ hohen Preisaufschlag zu bezahlen die Mehrheit ist sogar gewillt, einen Preisaufschlag von 100% zu akzeptieren. Das heisst also: Ist der Elektrofahrzeugnutzer einmal an der

Ladestation angekommen, zeigt er durchaus eine hohe Zahlungsbereitschaft für schnelles Laden. Fokus: Distanz Die Erkenntnisse der Studie zeigen, dass die Elektrofahrzeugnutzer nur begrenzt bereit sind, Umwege für Ladestationen in Kauf zu nehmen selbst wenn diese Ladestationen ein schnelleres Aufladen ermöglichen oder eine gute Ausstattung bieten. Die Stationierung der neuen Ladestationen sollte demzufolge auf möglichst kurze Distanzen ausgelegt sein. FAZIT Auf Basis der Erkenntnisse der Studie können die folgenden Handlungsempfehlungen abgeleitet werden: «Managen der wahrgenommenen Verfügbarkeit von Ladestationen» Viele Teilnehmende haben Berührungsängste mit Elektromobilität, insbesondere aufgrund von Unwissen und Unsicherheiten bezüglich der Verfügbarkeit von Ladestationen. Diese Hürde kann über sogenannte Belief Updates (d.h. aufzeigen, dass die Ängste in der Realität unbegründet sind) und geeignete Kommunikationsmassnahmen genommen werden. Auch hier kommt die Verhaltensökonomie ins Spiel: Menschen tendieren dazu, kleine Wahrscheinlichkeiten zu überschätzen (z.b. mit dem Elektroauto stehenzubleiben). Eine geeignete Kommunikation sollte dieser Verzerrung in der Wahrnehmung der Elektrofahrzeugnutzer Rechnung tragen und gezielt adressieren. «Beachten der Gewohnheiten der (Elektro-) Autofahrer» Die Studie zeigt, dass es den Teilnehmenden sehr wichtig ist, das Aufladen der Elektrofahrzeuge in ihre tägliche Routine integrieren zu können das heisst, das Aufladen ist sehr stark gewohnheitsgetrieben. Die Elektrofahrzeugnutzer möchten keine neuen Wege einplanen und möchten nicht von ihren gewohnten Abläufen abweichen. Das Brechen von Gewohnheiten ist mit Kosten verbunden (Ich 6 muss darüber nachdenken: «wo muss ich jetzt hin?», «wie mache ich das am besten?», «was erwartet mich wohl dort?», etc.). Ladestationen am Wohnort, beim Arbeitgeber oder beim Detailhändler fügen sich gut in die Alltagsroutine der Menschen ein. Die Möglichkeit zur Integration in den Alltag erhöht die Zufriedenheit und damit die Wahrscheinlichkeit einer Ausweitung der Elektromobilität in der Schweizer Bevölkerung. «Fokus auf Distanzen» Weder eine sehr gute Ausstattung, noch die Möglichkeit zum Schnellladen können in den Augen der Teilnehmenden den Wert von kurzen Distanzen übertreffen. Sie sind nur begrenzt bereit, Umwege für Ladestationen in Kauf zu nehmen selbst wenn diese die Möglichkeit zu schnellerem Laden oder eine bessere Ausstattung ermöglichen. Die Platzierung der neuen Ladestationen sollte daher nach möglichst kurzen Distanzen erfolgen. Die Verhaltensökonomie zeigt, dass die wahrgenommene Distanz durch geeignetes Framing (Wortwahl, bspw. «Nur zwei Mal Abbiegen bis zur nächsten Ladestation.») beeinflusst werden kann. «Setze Schnellladestationen gezielt ein: an Tankstellen und Einkaufsmöglichkeiten» Die Erkenntnisse der Studie zeigen, dass ein Grossteil der im Alltag zurückgelegten Strecken unter 15 Minuten Fahrzeit beträgt. Spontansituationen, in denen das Elektrofahrzeug ausserhalb der normalen Routine aufgeladen werden muss, treten also eher bei längeren Strecken und der Nutzung von Landstrassen oder Autobahnen. Hier lohnt sich der gezielte Einsatz von Schnellladestationen an Tankstellen, da gleichzeitig die zusätzlich gewünschte Ausstattung gegeben ist. Die Investition in Schnellladestationen zahlt sich hier mehr aus, als die Investition in zusätzliche Ausstattung. Weiterhin eignen sich Schnellladestationen für den Einsatz an Einkaufsmöglichkeiten. In diesem Fall möchten die Teilnehmenden das Aufladen in die Routine integrieren, die Standzeit wäre aber ohne Schnellladestation nicht lang genug.

«Lenkung durch Preise für ein nachhaltiges Mobilitätskonzept» Im Hinblick auf ein nachhaltiges Mobilitätskonzept also beispielsweise die intelligente Kombination von Privatfahrzeugen und öffentlichem Verkehr kann es wünschenswert sein, das Verhalten der Menschen zu lenken und Ladestationen strategisch zu positionieren. Beispielsweise wären die Menschen zwar sehr zufrieden, wenn es in der Innenstadt viele Ladestationen gäbe, allerdings möchte man aus verschiedenen Gründen (z.b. Parkplatznot) nicht, dass zu viel Autoverkehr in der Innenstadt entsteht. Die Studie zeigt, dass das Aufladeverhalten der Elektroautofahrer durch Preisanreize gelenkt werden kann. Allerdings muss dabei in jedem Fall darauf geachtet werden, dass die Kooperationsbereitschaft der Elektrofahrzeugnutzer nicht aufs Spiel gesetzt wird, das heisst Nutzer durch überhöhte Preise verärgert werden. Dies könnte sich negativ auf die Nutzungsbereitschaft für Elektrofahrzeuge auswirken und sollte damit vermieden werden. APPENDIX Vorgehensweise und Stichprobe Das Online-Experiment wurde im Juni und Juli 2016 von der Beratungsfirma FehrAdvice & Partners mit einem für die Deutschschweiz repräsentativen Sample von 250 Teilnehmenden durchgeführt. Zusätzlich haben ca. 100 Teilnehmende über Newsletter des Gewerbeverband Basel-Stadt und von Mobility am Experiment teilgenommen. 7