Die Europäisierung der Bankenaufsicht neue Entwicklungen und Institutionen



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Transkript:

Die Europäisierung der Bankenaufsicht neue Entwicklungen und Institutionen Thomas Volk Grundsatzfragen der internationalen Bankenaufsicht Deutsche Bundesbank Museumsabend, 12. Juni 2013 in Frankfurt

Agenda I. Historie II. Das Europäische System für Finanzaufsicht (ESFS) III. Rolle der Zentralbanken in der Aufsicht IV. Europäische Zentralaufsicht V. Ausblick Thomas Volk, Deutsche Bundesbank 2

I. Historie Grenzüberschreitende Aktivitäten der Finanzinstitute erfordern eine Europäisierung/Internationalisierung auch der Aufsicht u. a. durch Minimumstandards/Angleichung der Aufsichtsregime. Ansonsten drohen Wettbewerbsverzerrungen, Aufsichtslücken/Erkenntnislücken 1972 Groupe de Contact auf EU-Ebene 1974 Baseler Ausschuss auf G 10-Ebene 1997/1999 BSSC/BSC auf EWI/ESZB-Ebene Ab 2001 EU Level 3 Ausschüsse; 2004 CEBS auf EU-EbeneEbene 2011 ESFS mit EBA auf EU-Ebene 2014 SSM für die Eurozone Thomas Volk, Deutsche Bundesbank 3

I. Historie ctd. Schaffung eines einheitlichen Binnenmarktes für Finanzdienstleistungen (marktgetrieben und durch Regulierung gefördert) Meilensteine: EU-Pass 1989; Heimatlandaufsicht über Filialen in Gastländern; konsolidierte Aufsicht über grenzüberschreitende Bankengruppen ( Colleges ) Voraussetzungen: Mindestmaß an harmonisierten Aufsichtsregeln, gegenseitige Anerkennung und Kooperation; Motto: Harmonisierung so weit wie notwendig, gegenseitige Anerkennung so weit wie möglich Weiterer Meilenstein: Errichtung der Level 3 Ausschüsse ab 2001 Ziele der Aufsichtsstrukturen ( ESAs ) seit 1.1.2011: 1 EU Single rule book und Kohärenz der Aufsichtspraktiken. Instrumente: Umsetzung Basel III nicht nur durch Richtlinie, sondern z. T. auch als Verordnung; bindende technische Standards. Thomas Volk, Deutsche Bundesbank 4

II. Das Europäische System für Finanzaufsicht (ESFS) European Systemic Risk Board (ESRB) Makroprudenzielle Überwachung NZB- Gouverneure Lenkungsausschuss (Steering Board) Verwaltungsrat (General Board) Stimmberechtigte Mitglieder Nationale Aufsichtsbehörden EZB- Präsident Vorsitzende EBA,EIOPA ESMA,ATC,ASC EU- Kommission Nicht-stimmberechtigte Mitglieder WFA- Präsident IWF FSB/G 20 European Supervisory Authorities (ESAs) Mikroprudenzielle Aufsicht Europäische Bankenaufsicht (EBA) [CEBS] Gemeinsamer Ausschuss der drei Aufsichtsbehörden Europäische Versicherungsaufsicht (EIOPA) [CEIOPS] Europäische Wertpapieraufsicht (ESMA) [CESR] Nationale Aufsichtsbehörden Nationale Aufsichtsbehörden Nationale Aufsichtsbehörden Thomas Volk, Deutsche Bundesbank 5

II. ESFS: ESRB European Systemic Risk Board (ESRB) NZB- Gouverneure Nationale Aufsichtsbehörden EZB- Präsident Lenkungsausschuss (Steering Board) Verwaltungsrat (General Board) Stimmberechtigte Mitglieder Vorsitzende EBA,EIOPA ESMA, ATC, ASC EU- Kommission Nicht-stimmberechtigte Mitglieder WFA- Präsident IWF FSB Bessere Verknüpfung von mikro- und makroprudenzieller Analyse Abgabe von Risikowarnungen und Empfehlungen für Maßnahmen (einschl. legislativer Schritte) an die EU, die EU-Kommission, die EU-Mitgliedstaaten, die nationalen Aufsichtsbehörden oder an die neuen EU-Aufsichtsbehörden Sicherstellung der Maßnahmenbefolgung durch einen act-or-explain -Mechanismus und Überwachung durch den ESRB (ggf. Information des ECOFIN und der ESAs) Zusammenarbeit mit internationalen Gremien (IWF, FSB) Thomas Volk, Deutsche Bundesbank 6

II.ESFS: ESAs/EBA ESAs: EU-Aufsichtsbehörden für die drei Sektoren Nationale Aufseher verbleiben grundsätzlich zuständig für die laufende Aufsicht EU-Aufsichtsbehörden sollen zu einer einheitlichen Anwendung des Gemeinschaftsrechts beitragen und die Kooperation der nationalen Aufseher fördern Vorsitzender European Banking Authority (EBA) Verwaltungsrat (Management Board) Rat der Aufseher (Board of Supervisors) Beschwerde- ausschuss Exekutiv- direktor Stimmberechtigte t Mitglieder ohne Stimmrechte Mitglieder Beobachter Vertreter ESRB Vertreter EU- Kommission i Nationale Aufsichtsbehörden EZB- Vertreter t Vorsitzender EIOPA ESMA z.b. Dritt- länder NZBen Thomas Volk, Deutsche Bundesbank 7

II. ESFS: Wichtigste Aufgaben der EU- Aufsichtsbehörden Verbindliche technische Regulierungsstandards und technische Durchführungsstandards als Beitrag zu einem einheitlichen EU-Regelwerk (abgeleitete Rechtssetzungskompetenz Rechtssetzungskompetenz gem. Vertrag von Lissabon; Festlegung der Anwendungsbereiche im sektoralen Recht wie der CRD/CRR) Aufgaben im Zusammenhang mit dem Verbraucherschutz; Stärkung der EU Einlagensicherung g Einleitung von Verfahren in Fällen von EU-Rechtsverletzungen durch nationale Aufseher mit bindenden Beschlüssen, ggf. auch direkt gegenüber Instituten Maßnahmen im Notfall und verbindliche Befugnisse gegenüber nationalen Aufsehern und ggf. gegenüber Instituten Bindende Streitschlichtung bei Meinungsverschiedenheiten zwischen den zuständigen nationalen Aufsichtsbehörden in grenzübergreifenden Fällen, ggf. direktes Durchgriffsrecht auf Institute Starke Rolle in den Aufsichtskollegien, insbesondere auch beim Informationsaustausch durch Aufbau einer EU-Datenbank Sicherungsklausel, d.h. wenn ESA-Entscheidung fiskalische Wirkung hat, wird diese nach Anzeige durch nationalen Aufseher in begründeten Fällen aufgehoben Thomas Volk, Deutsche Bundesbank 8

II. ESFS: Technische Regulierungs- und Durchführungsstandards Vor Lissabon: Komitologie. Nach Lissabon: Ministerrat und EP können die KOM ermächtigen, delegierte Rechtsakte gem. Art. 290 AEUV zu erlassen (quasi-legislative Befugnisse). Grundsätzlich MS verantwortlich für Durchführung der EU Gesetzgebung. Gem. Art. 291 AEUV können der KOM Durchführungsbefugnisse übertragen werden. Im Bereich der Bankenaufsicht wurden diese Kompetenzen der KOM zugewiesen. Gem. EBA-Verordnung soll die EBA Entwürfe für technische Standards entwickeln, die der KOM zum Erlass in Form von delegierten Rechtsakten oder Durchführungsrechtsakten vorgelegt werden. Konkretes Verfahren zur Entwicklung der Standards in EBA-Verordnung geregelt: Techn. Regulierungsstandards: EBA legt Entwürfe der KOM vor. Änderungen durch KOM nur in Ausnahmefällen. Nach Annahme durch KOM ein Monat Reaktionszeit für EP und Rat. Techn. Durchführungsstandards: d Änderungen durch KOM leichter möglich. Keine Interventionsmöglichkeit seitens EP und Rat. Beide Arten von Standards werden nach Annahme durch KOM mittels Verordnung oder Beschluss unmittelbar geltendes Recht. Thomas Volk, Deutsche Bundesbank 9

III. Rolle der Zentralbanken in der Aufsicht Kernfragen: Welche Institution soll aufsichtliche Aufgaben übernehmen und mit welcher Reichweite? Also: Aufsicht durch Zentralbank, Aufsichtsbehörde, Finanzministerium? Allfinanzaufsicht oder sektorale Aufsicht? Europäische Gesetzgebung schwieg bislang hierzu. Praxis: in der EU existiert eine breite Palette von Aufsichtsmodellen. Eine ideale Blaupause lässt sich nicht identifizieren, da die spezifischen Gegebenheiten des jeweiligen Finanzsystems zu berücksichtigen sind. EU Gesetzgebung schwieg allerdings auch bislang nicht vollständig. Im Vertrag von Maastricht ist ein Element der Kooperation zwischen Zentralbanken und Aufsichtsbehörden eingeflossen. Artikel 105 (5) des Vertrags von Maastricht forderte: Das ESZB trägt zur reibungslosen Durchführung der von den zuständigen Behörden auf dem Gebiet der Aufsicht über Kreditinstitute und der Stabilität des Finanzsystems ergriffenen Maßnahmen bei. Thomas Volk, Deutsche Bundesbank 10

III. Rolle der Zentralbanken in der Aufsicht: Praxis in der EU Volle Zuständigkeit in der (Finanz-/Banken-) Aufsicht: IE (Allfinanz), CZ (Allfinanz), FR (Solvenzaufsicht via Autorité de Contrôle Prudentiel ), UK (Solvenzaufsicht via Prudential Regulation Authority ), NL (Solvenzaufsicht), IT (z.t. Solvenzaufsicht), PT, GR, ES, SI, BG, CY, LT, RO, SK, BE (Solvenzaufsicht) Substantielle Einbindung: DE, AT Keine formale Einbindung: FI, LU, MT, DK, EE, LV, PL, SE, HU Fazit: 16/2/9 (Eurozone: 11/2/4) Thomas Volk, Deutsche Bundesbank 11

III. Rolle der Zentralbanken in der Aufsicht: rechtliche Grundlagen gem. Vertrag von Lissabon Art. 127 (4) AEUV: Die EZB wird gehört zu allen Vorschlägen für Rechtsakte der Gemeinschaft im Zuständigkeitsbereich der EZB Art. 127 (5) AEUV: Das ESZB trägt zur reibungslosen Durchführung der von den zuständigen Behörden auf dem Gebiet der Aufsicht über Kreditinstitute und der Stabilität des Finanzsystems ergriffenen Maßnahmen bei. Art. 25 (1) ESZB-Statut: Die EZB kann den Rat, die Kommission und die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten in Fragen des Geltungsbereiches und der Anwendung der Rechtsvorschriften der Gemeinschaft hinsichtlich der Aufsicht über Kreditinstitute sowie die Stabilität des Finanzsystems beraten und von diesen konsultiert werden. Art. 127 (6) AEUV: Der Rat kann durch einstimmigen Beschluss auf Vorschlag der Kommission nach Anhörung der EZB und nach Zustimmung des Europäischen Parlaments der EZB besondere Aufgaben im Zusammenhang mit der Aufsicht über Kreditinstitute und sonstige Finanzinstitute mit Ausnahme von Versicherungsunternehmen übertragen. Thomas Volk, Deutsche Bundesbank 12

IV. Europäische Zentralaufsicht: Art. 127 (6) AEUV Gemäß Beschluss des EU-Gipfels am 28./29. Juni 2012 sollte die KOM Vorschläge für einen einheitlichen Aufsichtsmechanismus (unter Einbeziehung der EZB) auf Grundlage des Art. 127 (6) erarbeiten. Vorteil: keine Änderung des Primärrechts notwendig. Art. 127 (6) bedeutet: Kreditinstitute und sonstige Finanzinstitute mit Ausnahme von Versicherungsunternehmen; Maßnahmen der EZB können bindende Wirkung nur gegenüber Instituten in Euro-Staaten entfalten. Art. 127 (6) spricht von der Übertragung besonderer Aufgaben. Intention: Vermeidung von Interessenkonflikten mit der Geldpolitik. Keine generelle Übertragung, sondern lediglich in Teilbereichen. Thomas Volk, Deutsche Bundesbank 13

IV. Europäische Zentralaufsicht: Vorschläge der KOM vom 12. September 2012 Die Veröffentlichung der KOM vom 12. September 2012 umfasste drei Dokumente: Vorschlag einer Verordnung, die der EZB ( SSM-VO ) durchgreifende Befugnisse zur Beaufsichtigung aller Banken im Euroraum überträgt, wobei sich nicht zum Euroraum gehörende Länder auf freiwilliger Basis anschließen können; Vorschlag einer Verordnung ( EBA-VO ) zur Anpassung der bestehenden EBA- Verordnung an die neue Bankenaufsichtsstruktur, um sicherzustellen, dass die Beschlussfassung der EBA ausgewogen bleibt und die EBA auch in Zukunft die Integrität des Binnenmarkts wahrt; Mitteilung, in der die Gesamtvision der Kommission für eine Bankenunion mit einem einheitlichen Regelwerk und dem einheitlichen Aufsichtsmechanismus sowie die nächsten Schritte, insbesondere zur Einführung eines einheitlichen Mechanismus für Bankenabwicklungen und einer europäischen Einlagensicherung dargelegt werden. Einigung auf Ratsebene am 18. April im COREPER (politische Einigung), 22. Mai grundsätzliche Annahme durch EP (bzgl. SSM-VO keine förmliche Annahme seitens EP notwendig); z.z. ZustimmungsG in DE; 9. Juli Beschluss im ECOFIN? Thomas Volk, Deutsche Bundesbank 14

IV. Europäische Zentralaufsicht: Wichtige Elemente SSM besteht aus der EZB und den nationalen Aufsichtsbehörden ( NSAs ); Relevanter Institutskreis: EZB grundsätzlich zuständig für alle Institute des Eurogebiets ( opt-in-option für Outs); Allerdings: in der praktischen Ausgestaltung/Arbeitsteilung zwischen EZB und NSAs Unterscheidung zwischen signifikanten signifikanten und weniger signifikanten Instituten; Schwelle für Signifikanz: Bilanzsumme > 30 Mrd. Euro oder > 20 % des nationalen BIP Zusätzlich: Problembanken (EFSF- oder ESM-Unterstützung) sowie die drei größten Banken jedes Staates unabhängig von ihrer absoluten Größe; Anwendung der Kriterien auf die Gruppe, d.h. bei Überschreiten der Schwelle fallen alle Institute dieser Gruppe unter direkte EZB-Aufsicht. Thomas Volk, Deutsche Bundesbank 15

IV. Europäische Zentralaufsicht: Wichtige Elemente Signifikante Banken: EZB übt aufsichtliche Befugnisse selbst aus und erlässt auch hoheitliche Akte, nationale Aufseher bleiben aber involviert (Sachverhaltsaufklärung = Erhebung von Daten, Analysen; auch Vorbereitung von Entscheidungsentwürfen für die EZB). In der Praxis voraussichtlich: gemischte Teams aus EZB- und nationalen Experten für jede Bank; Für die nicht signifikanten Banken: Nationale Behörden üben Aufsicht aus, einschließlich hoheitlicher Akte; Oberaufsicht der EZB über die Tätigkeit der nationalen Aufseher ( oversight over the functioning of the system ). Keine Einzelfallweisungen durch EZB, aber EZB kann Aufsicht über eine Bank von den nationalen Behörden komplett übernehmen ( Selbsteintrittsrecht ); Sonderregeln gelten für die Erteilung und den Entzug von Banklizenzen: Erfolgt für alle Banken durch EZB, nationale Behörden haben Vorschlagsrecht; Praktische Ausgestaltung der Kooperation ( Aufsichtsrahmen ) derzeit in Arbeit. Thomas Volk, Deutsche Bundesbank 16

V. Europäische Zentralaufsicht: Wichtige Elemente ctd. Sicherung einheitlicher Standards durch Aufsichtsrahmen der EZB EZB Aufsichtsrahmen Gemeinsame Standards für Aufsicht über kleine Banken Keine Einzelfallweisungen Unterstützung der EZB, v.a. durch Sachverhaltsaufklärung (z.b. in gemischten Teams) Nationale Aufseher Wahrnehmung der meisten, auch hoheitlichen, et e Aufgaben 150 größte Banken der EWU Andere, weniger signifikante Banken in der EWU ( 4.500) Seite 17

IV. Europäische Zentralaufsicht: Wichtige Elemente ctd. Oberstes Entscheidungsorgan: EZB-Rat Aufsichtsgremium ( Supervisory Board ): übernimmt Planung und Ausführung der auf die EZB übertragenen Aufgaben; besteht aus vier vom EZB-Rat ernannten Vertretern der EZB; je ein Vertreter der auf nationaler Ebene für die Beaufsichtigung von KI zuständigen Behörde (wenn nicht Zentralbank, kann Aufsichtsbehörde hö einen Vertreter t der Zentralbank mitnehmen, bei Abstimmungen gelten diese als ein Mitglied ); Vorsitzender nicht aus EZB/EZB-Rat, wird vom Rat auf Vorschlag der EZB nach Zustimmung EP ernannt; stellvertretender Vorsitzender aus den Reihen des EZB- Direktoriums. Aber: Supervisory Board bereitet Entscheidungen nur vor, EZB-Rat kann Vorschläge annehmen oder ablehnen; bei Divergenzen zwischen SB und EZB-Rat: Mediation Panel. Thomas Volk, Deutsche Bundesbank 18

IV. Europäische Zentralaufsicht: Wichtige Elemente ctd. Mediation Panel Art. 18 (3b) EZB-VO: Schlichtungsstelle soll die Trennung zwischen den geldpolitischen und aufsichtlichen Aufgaben sicherstellen. Schlichtungsstelle soll Meinungsverschiedenheiten der zuständigen Behörden der betroffenen teilnehmenden Mitgliedstaaten in Bezug auf Einwände des EZB-Rats gegen einen Beschlussentwurf des Aufsichtsgremiums beilegen. Besteht aus einem Mitglied je teilnehmenden Mitgliedstaat, das von jedem Mitgliedstaat unter den Mitgliedern des EZB-Rats und des Aufsichtsgremiums ausgewählt wird, Beschlussfassung mit einfacher Mehrheit, wobei jedes Mitglied über eine Stimme verfügt. Unklar ist, ob das Mediation Panel letztverbindlich, d.h. auch für den EZB-Rat verbindlich, entscheiden kann Thomas Volk, Deutsche Bundesbank 19

Europäische Zentralaufsicht: Wichtige Elemente ctd. EZB-Rat (Gouverneure der NZBs der Eurozone plus die sechs Mitglieder des Direktoriums) No objection -Verfahren Entscheidu ungsentwürfe e Aufsichtliche Entscheidung Schlichtungsstelle Vermittelt zwischen Rat und Aufsichtsgremium; aber Letztentscheidung beim Rat Nationale Aufsichtsbehörden (NSAs) Aufsichtsgremium (Chair; Vice-Chair [aus EZB- Direktorium]; Vertreter der NSAs der SSM-Staaten inkl. opt-ins; EZB-Vertreter) Größtes Problem: Klare Trennung zwischen Geldpolitik und Bankenaufsicht EZB

IV. Europäische Zentralaufsicht: Wichtige Elemente ctd. Rechenschaftspflicht gegenüber EP, EU-Rat, Eurogruppe und KOM (Berichte auch an nationale Parlamente, die kommentieren können/fragerecht); operationelle Unabhängigkeit in Ausübung des Mandats. Finanzierung i der Aufsichtsfunktion f bei der EZB durch Gebühren Änderung EBA-VO: weiterhin TS und GL ( single rulebook ), auch aufsichtliche Konvergenz (Mediation, breach of law ) in enger Kooperation mit, aber auch gegenüber der EZB; Abstimmungsmodalitäten zugunsten Outs geändert. Zu beachten: Vermeidung von Doppelarbeiten zwischen dem Zentralaufseher der Eurozone der der EBA (EU 27) insbes. hinsichtlich Konvergenz von Aufsichtspraktiken/Colleges; bindende Mediation der EBA gegenüber EZB. Thomas Volk, Deutsche Bundesbank 21

4. Europäische Zentralaufsicht: Wichtige Elemente ctd. Europäisches System der Finanzaufseher ( alt ) EBA Single Supervisory Mechanism SSM ( neu ) SSM EBA Thomas Volk, Deutsche Bundesbank Seite 22

V. Ausblick Arbeiten zur Einlagensicherungsrichtlinie Arbeiten zur Sanierungs- und Abwicklungsrichtlinie Arbeiten zur Vollendung des single rule book Vollendung Bankenunion : SRM + SRA, EU Einlagensicherung (?) Thomas Volk, Deutsche Bundesbank 23

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Thomas Volk, Deutsche Bundesbank 24