Bericht Preisgünstiger Wohnraum im Kanton Zug



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Transkript:

Bericht Preisgünstiger Wohnraum im Kanton Zug Auftraggeber: Kanton Zug, Amt für Raumplanung, Aabachstrasse 5, 6300 Zug Auftragnehmerin: Schweizerische Vereinigung für Landesplanung VLP-ASPAN Lukas Bühlmann, Direktor, lic.iur. VLP-ASPAN Heidi Haag, Geografin, MAS-Raumplanung ETH, VLP-ASPAN Barbara Jud, lic. iur., VLP-ASPAN Bern, 24. Oktober 2011 Schweizerische Vereinigung für Landesplanung Sulgenrain 20 CH-3007 Bern Tel. +41 (0)31 380 76 76 Fax +41 (0)31 380 76 77 info@vlp-aspan.ch www.vlp-aspan.ch

2

Inhalt 1. Ausgangslage und Auftragsbeschrieb... 5 1.1 Ausgangslage... 5 1.2 Auftragsbeschrieb... 5 2. Grundlagen... 6 2.1 Rechtliche Grundlagen... 6 2.2 Weitere Grundlagen... 6 3. Preisgünstiger Wohnraum als Richtplaninhalt... 7 3.1 Ausscheidung von Zonen (Gebieten)... 7 3.2 Zielvorgaben und konkrete Anweisungen an Gemeinden... 7 3.2.1 Allgemein formulierte Zielvorgabe zur Förderung des preisgünstigen Wohnraums. 8 3.2.2 Anweisung mit Mindestkontingent... 9 3.2.3 Anweisung für Neueinzonungen... 10 3.2.4 Überprüfung von unüberbautem Bauland... 11 3.2.5 Anweisung für Umzonungen... 12 3.2.6 Anweisung für Aufzonungen... 13 4. Umsetzung in den Gemeinden... 14 4.1 Raumplanerische Massnahmen... 15 4.1.1 Preisgünstiger Wohnraum in Zonen des öffentlichen Interesses... 15 4.1.2 Quotenregelung... 17 4.1.3 Präzisierung von Wohnanteilplänen WAP... 19 4.1.4 Ausschliesslich für den preisgünstigen Wohnraum reservierte Zonen... 20 4.1.5 Anteil an preisgünstigem Wohnraum in Sondernutzungsplänen... 21 4.2 Anreizsysteme und fiskalische Massnahmen... 23 4.2.1 Nutzungsprivilegien für preisgünstigen Wohnraum... 23 4.2.2 Anreize für den Umzug von Gross- in Kleinwohnungen... 25 4.2.3 Steuerung der Entwicklung über die Mehrwertabgabe... 26 4.3 Andere Massnahmen... 28 4.3.1 Selbstverpflichtung der öffentlichen Hand... 28 4.3.2 Abgabe von Bauland an gemeinnützige Wohnbauträger... 29 4.3.3 Unterstützung von gemeinnützigen Wohnbauträgern... 30 3

4.3.4 Kaufrecht der Gemeinden... 32 4.3.5 Wohnraumerhaltung: Bewilligungspflicht für Umbauten... 34 4.3.6 Belegungsrechte Münchner Modell... 35 4.3.7 Luxemburger Modell... 36 Anhang: Der Richtplan als Planungsinstrument 37 4

1. Ausgangslage und Auftragsbeschrieb 1.1 Ausgangslage Die Bevölkerungszunahme zwischen 2000 und 2010 beträgt gesamtschweizerisch im Durchschnitt 9.25% 1. Im Kanton Zug hat die Bevölkerung innerhalb desselben Zeitabschnitts um 14.88% und damit überdurchschnittlich zugenommen 2. Dieses Bevölkerungswachstum hat die Nachfrage nach Wohnraum ansteigen lassen und als Folge davon haben sich die Miet- und Immobilienpreise im Kanton Zug verteuert. Um der Entwicklung entgegenzuwirken und eine breite soziale Durchmischung der Bevölkerung sicherzustellen, hat der Zuger Regierungsrat im Rahmen seiner Strategie 2010-2018 ein entsprechendes Legislaturziel verabschiedet. Unter dem Aspekt «Förderung Qualität Wohn- und Lebensraum» ist unter anderem das Ziel formuliert: «Erhöhung Angebot preisgünstiger Wohnungen: Anpassung Richtplan mit entsprechenden Zonen» 3. 1.2 Auftragsbeschrieb Ausgehend von der Richtplanung, beziehungsweise dem Richtplan sollen in einem Bericht verschiedene Modelle und Massnahmen zur Erreichung der Zielvorstellung aufgezeigt und gegeneinander abgewogen werden. Dabei sollen mit Blick auf den am 16. November 2011 stattfindenden Workshop eine breite Auslegeordnung möglicher Massnahmen vorgenommen und auch Wege zur Förderung des preisgünstigen Wohnungsbaus ausserhalb des Richtplans aufgezeigt werden 4. In Ziffer 3 werden die Möglichkeiten zur Förderung des preisgünstigen Wohnraums im Rahmen des kantonalen Richtplans aufgezeigt. Ziffer 4 enthält die Instrumente und Massnahmen, welche die Gemeinden im Rahmen ihrer Nutzungsplanung und übrigen raumwirksamen Tätigkeit nutzen bzw. ergreifen können, um die richtplanerischen Vorgaben zu erreichen. Die einzelnen Massnahmen werden als Diskussionsgrundlage in kurzer Form dargestellt. Im Anschluss an den Workshop wird der Bericht überarbeitet und einzelne Massnahmen und Förderungsinstrumente, soweit nötig, vertieft. Für Workshopteilnehmende, welche mit dem raumplanerischen Instrumentarium wenig vertraut sind, werden im Anhang zum Bericht Funktion und Verbindlichkeit des Richtplans aufgezeigt und sein Zusammenwirken mit den kommunalen Nutzungsplänen unter Hinweisen auf die kantonalzugerische Gesetzgebung erläutert. 1 Bundesamt für Statistik (BFS), Statistisches Lexikon der Schweiz, ESPOP (bis 2009), STATPOP (ab 2010), Stand am 25.08.2011. 2 Kanton Zug, Direktion des Innern, Einwohnerstatistik 2010, S. 16. 3 Kanton Zug, Strategie des Regierungsrates 2010-2018, Mit Zug einen Schritt voraus. 4 Besprechung zwischen René Hutter, Hannes Wahl und Lukas Bühlmann vom 17. Juni 2011. 5

2. Grundlagen Der Bericht stützt sich insbesondere auf folgende Grundlagen: 2.1 Rechtliche Grundlagen Bundesgesetz über die Raumplanung vom 22. Juni 1979 (Raumplanungsgesetz, RPG) [SR 700] Raumplanungsverordnung vom 28. Juni 2000 (RPV) [SR 700.1] Verfassung des Kantons Zug vom 31. Januar 1894 (KV-ZG) [BGS 111.1] Planungs- und Baugesetz des Kantons Zug vom 26. November 1998 (PBG-ZG) [BGS 721.11] Planungs- und Baugesetz des Kantons Luzern vom 7. März 1989 (PBG-LU) [SRL 735] Raumplanungs- und Baugesetz des Kantons Basel-Landschaft vom 8. Januar 1998 (RBG- BL) [SGS 400] Loi d application de la loi fédérale sur l aménagement du territoire du 4 juin 1987 (LaLAT- GE) [L 1 30] Loi sur les démolitions, transformations et rénovations de maisons d habitation (mesures de soutien en faveur des locataires et de l emploi) du 25 janvier 1996 (LDTR-GE) [L 5 20] Bauordnung der Einwohnergemeinde Baar vom 5. Juni 2005 Bauordnung der Einwohnergemeinde Cham vom 21. Mai 2006 [510.1] Bauordnung der Einwohnergemeinde Hünenberg vom 28. November 2004 Bauordnung der Einwohnergemeinde Menzingen vom 25. Mai 2006 Bauordnung der Einwohnergemeinde Neuheim vom 8. Juni 1993 Bauordnung der Einwohnergemeinde Oberägeri vom 24. September 2006 Bauordnung der Einwohnergemeinde Risch vom 27. November 2005 Bauordnung der Gemeinde Steinhausen vom 28. November 2004 Bauordnung der Gemeinde Unterägeri vom 24. Februar 2008 Bauordnung der Gemeinde Walchwil vom 30. März 2006 Bauordnung der Stadt Zug vom 7. April 2009 Baureglement Bezirk Küssnacht/SZ vom 1. November 2006 Baureglement der Gemeinde Freienbach/SZ vom 28. November 1993 Bau- und Zonenordnung der Stadt Zürich vom 23. Oktober 1991 [AS 700.100] 2.2 Weitere Grundlagen Kantonaler Richtplan des Kantons Zug vom 28. Januar 2004 Kantonaler Richtplan, Richtplantext, Nachgeführte rechtskräftige Beschlüsse bis 25. März 2010 6

Kanton Zug, Strategie des Regierungsrates 2010-2018, Mit Zug einen Schritt voraus, Zug 2010 Zuger Kantonalbank / Kanton Zug, Baudirektion, Fachstelle für Statistik, Der Kanton Zug in Zahlen 2011, Zug 2011 3. Preisgünstiger Wohnraum als Richtplaninhalt 3.1 Ausscheidung von Zonen (Gebieten) Die Legislaturziele des Zuger Regierungsrats beinhalten in Ziffer 4 die Absicht, das Angebot an preisgünstigen Wohnungen zu erhöhen und hierfür im kantonalen Richtplan entsprechende «Zonen» zu definieren 5. Der Begriff Zonen ist dabei etwas unglücklich gewählt, ist die Ausscheidung von (Nutzungs-) Zonen doch primär Aufgabe der Gemeinden 6. Eine parzellenscharfe und grundeigentümerverbindliche Zonenfestlegung durch den Kanton bedürfte einer ausdrücklichen gesetzlichen Grundlage im kantonalen Recht, wie sie beispielsweise für die Zonen für den Abbau und die Rekultivierung oder für Abfallanlagen besteht ( 9 Bst. b PBG-ZG). Richtpläne haben demgegenüber (lediglich) die Funktion, die Grundzüge der räumlichen Entwicklung zu formulieren und die Entwicklung in den Gemeinden mit inhaltlichen Vorgaben zu steuern (Art. 6 und 8 RPG). Im Sinne des Subsidiaritätsprinzips ist den Gemeinden dabei der nötige Ermessensspielraum zu belassen (Art. 2 Abs. 3 RPG) 7. In den Richtplänen sollte daher eher von «Gebieten» anstatt von «Zonen» die Rede sein. 3.2 Zielvorgaben und konkrete Anweisungen an Gemeinden Der kantonale Richtplan kann an die Adresse der Gemeinden sowohl allgemein gehaltene Zielvorgaben als auch konkrete Handlungsanweisungen formulieren. Nachfolgend werden mögliche richtplanerische Vorgaben zur Förderung des preisgünstigen Wohnraums definiert; in Form allgemeiner Zielvorgaben sowie konkreter Handlungsanweisungen: 5 Kanton Zug, Protokoll des Kantonsrates, 8. Sitzung: Donnerstag, 5. Mai 2001, S. 217. 6 Kanton Zug, Protokoll des Kantonsrates, 8. Sitzung: Donnerstag, 5. Mai 2001, S. 217. 7 Vgl. anstelle vieler: BGE 110 Ia 51 E. 3 S. 52 f. (Elsau/ZH) 7

3.2.1 Allgemein formulierte Zielvorgabe zur Förderung des preisgünstigen Wohnraums Bei den allgemein formulierten Zielvorgaben handelt es sich um Planungsgrundsätze, welche die Gemeinden bei sämtlichen raumwirksamen Tätigkeiten und insbesondere im Rahmen der Nutzungsplanung zu berücksichtigen haben. Mögliche Beispiele: Die Gemeinden sorgen in den vom Kanton ausgeschiedenen Gebieten für einen angemessenen Anteil an preisgünstigem Wohnraum. Die Gemeinden ergreifen Massnahmen für den Erhalt oder die Schaffung von preisgünstigem Wohnraum. Vergleichbares Beispiel Förderung der Siedlungsqualität Kanton Zug Richtplan S 1.5.1.1: Die Gemeinden sorgen für eine den Bedürfnissen der Bevölkerung entsprechende Siedlungsqualität ( ). Offen formulierte Grundsätze können sinnvoll sein, wenn sich die Zielgrössen wie beispielsweise bei der Siedlungsqualität nicht klar messen lassen. Ist die Zielgrösse jedoch quantifizierbar, empfehlen sich konkrete Anweisungen. Damit lässt sich überprüfen, inwiefern die Gemeinden den Vorgaben Folge leisten (Monitoring und Controlling). Diese allgemein formulierte Zielvorgabe liesse sich im Richtplan des Kantons Zug, auch in Teil G (Grundzüge der räumlichen Entwicklung) unter Punkt G 1.2 (Ziele zur Siedlung) einfügen. 8

3.2.2 Anweisung mit Mindestkontingent Der Kanton analysiert den Bedarf an preisgünstigem Wohnraum und legt gestützt darauf Mindestkontingente für jede Gemeinde im Richtplan fest. Die Gemeinden setzen innerhalb der vom Kanton vorgegebenen Frist das Kontingent in ihrer Nutzungsplanung um und erlassen die für die Umsetzung erforderlichen ergänzenden Vorschriften. Denkbar ist auch, dass der Kanton die Umsetzung der Anforderung etappiert und vorgibt, welchen Anteil an preiswertem Wohnraum die einzelne Gemeinde bis wann zu realisieren hat. Die Anweisung kann mit Sanktionsmöglichkeiten oder mit dem Vorbehalt einer regierungsrätlichen Ersatzordnung ergänzt werden, falls eine Gemeinde der Aufforderung innerhalb der vorgegebenen Frist nicht oder nur ungenügend nachkommt. Möglich ist bei der Festlegung von Mindestkontingenten auch eine Bezugnahme auf die in der Richtplankarte ausgeschiedenen Teilräume oder anderweitig ausgeschiedene Gebiete. Der Kanton kann beispielsweise lediglich den Gemeinden des Teilraums 1 ein Mindestkontingent vorschreiben (siehe Vorschlag 3.2.3). Vergleichbare Beispiele Zweitwohnungskontingentierung Kanton Graubünden Richtplan 5.3.4 Erst- und Zweitwohnungen sowie touristische Beherbergung: «Die Gemeinden übernehmen das ihnen zugewiesene Kontingent in ihre Ortsplanung und erlassen die für die Umsetzung erforderlichen ergänzenden Vorschriften. ( ).» Fruchtfolgeflächen FFF Bundessachplan Fruchtfolgeflächen: Im Sachplan FFF wird jedem Kanton in Abhängigkeit der Qualität seiner landwirtschaftlich nutzbaren Böden ein Kontingent an Fruchtfolgeflächen zugeteilt (ZH 44'400 ha, ZG 3000 ha). Diesen Anteil weisen die Kantone in ihren Richtplänen aus und formulieren Massnahmen um den Anteil sicherzustellen. Kanton Zug Richtplan L 1.1.2: «Die Gemeinden übernehmen die ausgewiesenen Fruchtfolgeflächen FFF in ihre Nutzungspläne. ( ).» Die Festlegung von Kontingenten bedingt eine sorgfältige Analyse des bestehenden sowie des fehlenden preisgünstigen Wohnraums in den einzelnen Gemeinden, Gebieten oder Teilräumen. Die Kontingente sollten sich zudem an den Möglichkeiten der Bauzonenerweiterungen in den einzelnen Gemeinden orientieren, da die Festlegung von Quoten für den preisgünstigen Wohnraum grundsätzlich nur für Neubaugebiete in Frage kommt (Vorschlag 3.2.3). Die Massnahmen, mit denen sich die Kontingente umsetzen lassen, können den Gemeinden in einem Werkzeugkasten zur Verfügung gestellt werden (siehe Vorschläge Ziffer 4). 9

3.2.3 Anweisung für Neueinzonungen Präzisierung Vorschlag 3.2.1 Der Kanton erlaubt Neueinzonungen nur, wenn auf den entsprechenden Flächen ein bestimmter Anteil an preisgünstigem Wohnraum definiert wird: «Bei der Ausscheidung neuer Wohnzonen haben die Gemeinden aufzuzeigen, dass sie die vom Kanton festgelegten Anforderungen an den preisgünstigen Wohnraum erfüllen.» Ausgestaltungsmöglichkeiten: 1 - Der Kanton gibt bei Neueinzonungen bzw. Siedlungserweiterungen (gemäss Richtplankarte) Mindestanteile an preisgünstigem Wohnraum vor. Er kann dies für sämtliche oder auch nur für gewisse Siedlungserweiterungen tun und dies im Richtplan mit einer speziellen Schraffur kennzeichnen. 2 - Der Kanton legt bei Neueinzonungen bzw. Siedlungserweiterungen (gemäss Richtplankarte) den genauen Anteil an preisgünstigem Wohnraum fest. Auch hier kann dies für sämtliche oder nur für gewisse Siedlungserweiterungen tun und dies im Richtplan mit einer speziellen Schraffur kennzeichnen. Die Festlegung des Anteils an preisgünstigem Wohnraum ist sorgfältig zu prüfen; der Anteil kann bis zu 100% betragen (reine Zonen für preisgünstigen Wohnraum, siehe Themenblatt 4.1.4). Vergleichbares Beispiel Anforderungen an die Ausscheidung neuer Wohnzonen Kanton Zug Richtplan S. 1.2.2: «Die Gemeinden können im Rahmen der Revision der Nutzungsplanung ( ) Wohnzonen ausscheiden. Bevor sie neue Wohnzonen ausscheiden, zeigen die Gemeinden auf: ( ) b) dass die Wohnzonen dem bundesrechtlich festgelegten Bedarf (Art. 15 RPG) entsprechen. ( ).» Das Anliegen, preisgünstigen Wohnraum zu schaffen, ist am einfachsten zu realisieren im Zusammenhang mit Neueinzonungen (siehe Beispiel der Stadt Zug). Das Problem dürfte hier sein, dass im Kanton Zug nur noch wenig Potenzial für Neueinzonungen besteht. Zu prüfen ist, ob Quotenregelungen rückwirkend für bereits eingezonte, aber noch nicht überbaute Flächen erlassen werden können (siehe nachfolgend Ziffer 3.2.4). 10

3.2.4 Überprüfung von unüberbautem Bauland Präzisierung Vorschlag 3.2.1 Der Kanton überprüft alle grösseren, unüberbauten Bauflächen der Wohn-, Misch- und Zentrumszonen sowie alle Reserve-Bauzonen ( 18ff. PBG) und legt nach Möglichkeit und Bedarf einen zu erstellenden Anteil an preisgünstigem Wohnraum fest. Anwendungsbeispiel Gemeinde Baar - 38 Bauordnung Reserve-Bauzone 1. Priorität: Schmidhof, Zone W3, für Preisgünstigen Wohnungsbau Reserve-Bauzone 2. Priorität: Vogelwinkel, Zone W2b, 1. Priorität falls preisgünstiger Wohnungsbau (ebenso Inwil) Möglicherweise gibt es nur noch wenige solcher Flächen. Die Massnahme kann, sofern ein erheblicher Wertverlust damit verbunden ist (Wertverlust von mehr als einem Viertel) Entschädigungen wegen materieller Enteignung nach sich ziehen. Dies muss im Einzelfall geprüft werden. 11

3.2.5 Anweisung für Umzonungen Präzisierung Vorschlag 3.2.1 Der Kanton weist die Gemeinden an, vom Kanton festgelegte Gebiete umzuzonen und für diese Gebiete die vom Kanton bestimmten Mindestkontingente an preisgünstigem Wohnraum in ihren Nutzungsplänen zu übernehmen. Der Kanton kann festlegen, ob die Gemeinden die Umzonung lediglich zu prüfen, oder ob sie diese zwingend vorzunehmen haben. «Der Kanton setzt die Umnutzungsgebiete fest. Die Gemeinden prüfen bei der Revision der Nutzungsplanung, ob diese Gebiete in entsprechende Zonen mit einem zu bestimmenden Anteil an preisgünstigem Wohnraum umzuzonen sind.» «Der Kanton setzt die Umnutzungsgebiete fest. Die Gemeinden zonen diese Gebiete bei der Revision der Nutzungsplanung nach den Vorgaben des Kantons um.» Ausgestaltungsmöglichkeiten In Mischzonen kann der Wohnanteil zugunsten eines Anteils an preisgünstigem Wohnraum erhöht werden. Arbeitszonen können in Misch- oder reinen Wohnzonen mit einem Anteil preisgünstigen Wohnraums umgezont werden. Zonen des öffentlichen Interesses können in Wohn- oder Mischzonen mit einem Anteil an preisgünstigem Wohnraum (bis 100%) umgezont werden. Anwendungsbeispiel Kanton Zug Richtplan Siedlung S 1.5 Umnutzungsgebiete Arbeiten-Wohnen, S 1.5.1: «Der Kanton setzt die Umnutzungsgebiete fest. Die Gemeinden prüfen bei der Revision der Nutzungsplanung, ob diese Gebiete in entsprechende Wohn- respektive Mischzonen umzuzonen sind.» Die Umzonung erfolgt innerhalb bestehender Bauzonen, beispielsweise von Mischzonen, Arbeitszonen oder Zonen des öffentlichen Interesses in eine Bauzone mit speziellen Vorschriften gemäss 22 PBG-ZG (siehe auch Themenblatt 4.1.1). Die Umzonungen setzen voraus, dass für die bestehenden Nutzungen kein Bedarf mehr besteht oder die Prioritäten anders gesetzt werden. Bei der Festlegung von Quoten für den preisgünstigen Wohnraum ist der Bodenpreissituation in den einzelnen Nutzungszonen Rechnung zu tragen, um Entschädigungsfolgen wegen materieller Enteignung zu vermeiden. 12

3.2.6 Anweisung für Aufzonungen Präzisierung Vorschlag 3.2.1 In siedlungsplanerisch geeigneten Gebieten prüfen die Gemeinden eine Aufzonung. Der Kanton erlaubt Aufzonungen nur, wenn für diese Flächen ein bestimmter Anteil an preisgünstigem Wohnraum festgelegt wird. «Bei Aufzonungen haben die Gemeinden aufzuzeigen, dass sie die vom Kanton festgelegten Anforderungen an den preisgünstigen Wohnraum erfüllen.» Anwendungsbeispiel Ziel von Aufzonungen ist ein sparsamer Umgang mit dem Boden (bauliche Verdichtung) und nicht die Schaffung von preisgünstigem Wohnraum. Wird die Aufzonung mit Mindestquoten für den preisgünstigen Wohnraum ergänzt, dürfte das Ziel der Verdichtung unter Umständen nicht erreicht werden, da der wirtschaftliche Anreiz für eine intensivere Grundstücksnutzung verloren geht. 13

4. Umsetzung in den Gemeinden Der Kanton kann es einerseits gänzlich den Gemeinden überlassen, auf welche Weise sie den kantonalen Vorgaben zur Schaffung von preisgünstigem Wohnraum nachkommen wollen. Er kann ihnen aber auch beispielhaft oder abschliessend eine Auswahl von Massnahmen zur Verfügung stellen. Die Massnahmen können zu Handen der Gemeinden in einer Vollzugs- oder Arbeitshilfe bzw. einem Werkzeugkasten umschrieben und erläutert werden. Nachfolgend werden übersichtsmässig mögliche, raumplanerische und nicht raumplanerische Massnahmen zur Förderung des preisgünstigen Wohnungsbaus aufgezeigt. Anschliessend werden die Massnahmen in Themenblättern diskutiert. Übersicht über mögliche Massnahmen zur Schaffung von preisgünstigem Wohnraum auch Kombinationen einzelner Massnahmen sind denkbar 4.1. Planerische Lenkung 4.2 Anreizsysteme und fiskalische Massnahmen 4.1.1 Zonen des öffentlichen Interesses 4.1.2 Quotenregelungen 4.2.2 Anreize für den Umzug von Gross- in Kleinwohnungen 4.1.3 Präzisierung von Wohnanteilplänen 4.1.4 Ausschliesslich für den preisgünstigen Wohnraum reservierte Zonen 4.1.5 Sondernutzungspläne (Bebauungspläne) 4.3 Andere Massnahmen 4.2.1 Nutzungsprivilegien 4.3.1 Selbstverpflichtung der öffentlichen Hand 4.3.2 Abgabe von Bauland 4.2.3 Steuerung der Entwicklung über die Mehrwertabgabe 4.3.3 Unterstützung von gemeinnützigen Wohnbauträgern 4.3.4 Kaufrecht der Gemeinden 4.3.5 Wohnraumerhaltung: Bewilligungspflicht für Umbauten 4.3.6 Belegungsrechte (Münchner Modell) 4.3.7 Luxemburger Modell 14

4.1 Raumplanerische Massnahmen 4.1.1 Preisgünstiger Wohnraum in Zonen des öffentlichen Interesses Zwei Varianten sind denkbar: In den gemeindlichen Zonen des öffentlichen Interesses für Bauten und Anlagen ( 18 Abs. 1 Bst. a PBG-ZG) wird die Erstellung von preisgünstigem Wohnraum zugelassen. Nicht benötigte Flächen in den bestehenden Zonen des öffentlichen Interesses werden in eine Wohnzone mit speziellen Vorschriften zugunsten des preisgünstigen Wohnraums umgezont ( 22 PBG-ZG). Regelungsebene Eine Grundlage für die erste Variante im kantonalen Planungs- und Baugesetz ist vorhanden. Die Formulierung über die Zonen des öffentlichen Interesses ( 26 PBG-ZG) ist offen gehalten und gewährt den Gemeinden einen grossen Ermessensspielraum. Auch private Bauvorhaben sind in der OeIB erlaubt, sofern sie überwiegend den öffentlich-rechtlichen Körperschaften dienen ( 26 Abs. 2 PBG-ZG). Die Errichtung von preisgünstigen Wohnungen liegt nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung im öffentlichen Interesse 8. Im Detail ist die Frage, ob 26 PBG-ZG als Grundlage für die Schaffung von preisgünstigem Wohnraum genügt, jedoch noch zu klären (siehe nachfolgend ). Vergleichbare Beispiele Zonen des öffentlichen Interesses in einzelnen Zuger Gemeinden: Regelung der Stadt Zug Anhang 4 Bauordnung: Zweckbestimmung der Zonen des öffentlichen Interesses «Neustadt: Diese Zone des öffentlichen Interesses für Bauten und Anlagen ist für kirchliche und schulische Bauten, für das Altersheim und Alterswohnungen bestimmt.» «Waldheim: Diese Zone des öffentlichen Interesses für Bauten und Anlagen ist für das Schwerstbehindertenheim und das Altersheim bzw. städtischen Wohnungsbau (preiswerte Kleinwohnungen für Jugendliche etc.) bestimmt.» Zone für öffentliche Zwecke im Kanton Luzern Kantonales Recht 48 Abs. 2 PBG nennt mögliche Nutzungsinhalte in der Zone für öffentliche Zwecke. Zulässig sind dort Bauten, Anlagen und Nutzungen, die überwiegend zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben benötigt werden und die das Bau- und Zonenreglement für die betreffende Zone konkret vorsieht. Stadt Luzern Grundnutzungsplan - Zone für öffentliche Zwecke enthält: «Friedhöfe, Spitäler, Schulen, Kirchen, Verwaltungen, Gerichte, öffentliche Unternehmun- 8 Vgl. HÄNNI PETER, Planungs, Bau- und besonderes Umweltschutzrecht, Bern 2008, S. 41 f. mit Aufstellung der Rechtsprechung. 15

gen, Alterswohn- und Pflegeheime, Sozialbauten, Kulturbauten, ( )» Durch Gerichtsentscheid wurde der Wohnraum für Studierende als zonenkonform in der Zone für öffentliche Zwecke beurteilt 9. Gemeinde Meggen/LU - 11 Absatz 1 Bau- und Zonenreglement vom 13. Juni 2010 «Die Zone für öffentliche Zwecke ist für vorhandene und künftige öffentliche Bauten und Anlagen bestimmt, für die ein voraussehbares Bedürfnis besteht.» Durch Gerichtsentscheid wurde die Erstellung von Alterswohnungen durch eine private Stiftung in der Zone für öffentliche Zwecke als zonenkonform bejaht 10. Preisgünstiger Wohnraum kann unter Umständen in der OeIB zonenkonform sein. Gegen die Zonenkonformität von preisgünstigem Wohnraum in den Zonen für öffentliche Bauten und Anlagen spricht jedoch der Umstand, dass mit diesen Zonen ein Enteignungsrecht verbunden ist, welches mit der Standortgebundenheit der Nutzungen (zentrale Lage) begründet ist. Für Schulen, Altersheime, Gemeindeverwaltungen und ähnliche Nutzungen ist diese Standortgebundenheit gegeben, jedoch kaum für den preisgünstigen Wohnungsbau 11. Diese Problematik kann gelöst werden, wenn das gemeindeeigene Land von der OeIB in eine andere Bauzone umgezont und ein Anteil an preisgünstigem Wohnraum ausgewiesen wird. (Ziffer 3.2.5) 9 Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Luzern vom 13.05.2008, LGVE V 07 326_1 (Wohnraum für Studierende). 10 Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Luzern vom 26.06.2003, LGVE V 03 8, in: LGVE 2003 II Nr. 5. Dieser Entscheid wurde durch das Bundesgericht gestützt: Urteil BGer 1P.452/2003 vom 18. November 2003 (Meggen). 11 Die Ausscheidung von Zonen für öffentliche Bauten ist verbunden mit Einschränkungen der Eigentumsgarantie (Art. 26 Abs. 1 BV) und soll nur unter entsprechend restriktiven Voraussetzungen erfolgen. Es müssen konkrete, ausgewiesene Bedürfnisse des Gemeinwesens vorliegen, damit eine solche Ausscheidung in Frage kommt. GSPONER DANIEL, Die Zone für öffentliche Bauten und Anlagen unter besonderer Berücksichtigung des Luzerner Planungs- und Baurechts, Dissertation Zürich 1999, Zürich 2000, S. 29, 82 mit Hinweisen. 16

4.1.2 Quotenregelung In ausgewählten und geeigneten Zonen werden im Rahmen der Nutzungsplanung Mindestwohnanteile für preisgünstigen Wohnraum festgelegt. Regelungsebene Nach 17 PBG-ZG bestimmen die Gemeinden die in den einzelnen Zonen zulässige Nutzung, die Bauweise und Baudichte ( ). Dabei ist nicht abschliessend geklärt, ob die Gemeinden die in 19 PBG-ZG umschriebene Wohnzone noch näher umschreiben dürfen bzw. in der Wohnzone nach 19 PBG-ZG anteilmässig bestimmte Flächen für den preisgünstigen Wohnraum vorsehen können. Den Gemeinden steht es jedoch frei, Bauzonen mit speziellen Vorschriften zu erlassen ( 22 PBG-ZG) und in diesem Rahmen auch Bauzonen mit bestimmten Anteilen an preisgünstigem Wohnraum vorzusehen. Anwendungsbeispiel Stadt Zug - 37 Absatz 1 Bauordnung «Die Zone für preisgünstigen Wohnungsbau ist einer Wohn- oder Wohn-Arbeitszone überlagert. In dieser überlagernden Zone ist mindestens 50% der anzurechnenden Geschossfläche für den preisgünstigen Wohnungsbau reserviert.» Vergleichbare Beispiele Gemeinde Baar - 10 Bauordnung Kleinwohnungsanteil «Bei Überbauungen mit mehr als 20 Wohneinheiten in Mehrfamilienhäusern, bei Arealbebauungen und bei Bebauungsplänen muss der Anteil von Kleinwohnungen bis 3 ½ Zimmer mindestens 10 % betragen.» Gemeinde Hünenberg - 11 Bauordnung Kleinwohnungen «Bei Überbauungen mit mehr als 20 Wohneinheiten sowie bei Arealbebauungen und bei Bebauungsplänen kann der Gemeinderat einen Anteil an Kleinwohnungen vorschreiben.» Die Quotenregelung kann auf gewisse Zonenarten, beispielsweise reine Wohnzonen mit hoher Ausnutzung oder Mischzonen bzw. auf bestimmte Entwicklungsgebiete (Standorte in der Nähe von Schulen und öffentlichen Einrichtungen) beschränkt werden. Eine solche Regelung ist grundsätzlich sowohl in einem Rahmennutzungsplan (Grundordnung) als auch einem Sondernutzungsplan (Bebauungsplan) möglich 12. Bei einer Regelung im Rahmennutzungsplan ist es auch denkbar, Wohn- oder andere Zonen mit Zonen zugunsten des gemeinnützigen Wohnungsbaus zu überlagern, wie dies in der Stadt Zug vorgesehen ist. Bei Quotenregelungen im Zusammenhang mit Um- und Aufzonungen bestehender 12 SPORI NIKLAUS, BÜHLMANN LUKAS, Förderung des gemeinnützigen Wohnungsbaus, in: VLP-ASPAN, Raum & Umwelt, Januar Nr. 1/10, S. 24. 17

Bauzonen können sich je nach der Schwere des Eigentumseingriffs Entschädigungsfolgen für die Gemeinden ergeben. Dies gilt namentlich für nachträgliche Quotenregelungen in bestehenden Wohnzonen. Die Ausscheidung von Zonen mit Quotenregelungen ist auch unter diesem Gesichtspunkt sorgfältig zu prüfen. 18

4.1.3 Präzisierung von Wohnanteilplänen WAP Wohnanteilpläne dienen dazu, die Wohnnutzung gegenüber der (ertragsstärkeren) Büround Dienstleistungsnutzung zu fördern und zu sichern. Für einzelne Nutzungszonen (oder Teile davon) wird der für die einzelne Liegenschaft zu erbringende minimale Wohnanteil definiert. In Mischzonen (Wohn- und Arbeitszonen), in denen solche minimalen Wohnanteilen bestehen, kann der Wohnanteil zugunsten von preisgünstigem Wohnraum um einen bestimmten Prozentsatz erhöht werden. Regelungsebene Die Massnahme erfordert eine Anpassung der kommunalen Bauordnung und der kommunalen Nutzungspläne. Anwendungsbeispiele Wird der Wohnanteil massiv erhöht und gleichzeitig mit der Verpflichtung zur Schaffung preisgünstigen Wohnraums verbunden, können sich Entschädigungsfolgen aus materieller Enteignung ergeben. In Mischzonen kann unter Umständen, die blosse Einführung eines WAP (ohne Verpflichtung zur Schaffung von preisgünstigem Wohnraum) einen Beitrag zum Ausbau des Wohnraumangebots und zur besseren Durchmischung leisten. 19

4.1.4 Ausschliesslich für den preisgünstigen Wohnraum reservierte Zonen Quotenregelung 100% Bei Neueinzonungen (oder unter Umständen auch bei Umzonungen bestehender Bauzonen) werden reine Zonen für den preisgünstigen Wohnungsbau geschaffen. Regelungsebene Den Gemeinden steht es frei, Bauzonen mit speziellen Vorschriften zu erlassen ( 22 PBG- ZG) und in diesem Rahmen auch Zonen auszuscheiden, die vollständig für den preisgünstigem Wohnraum reserviert sind. Vergleichbares Beispiel Zone für Einheimische in Tourismusorten mit hohem Anteil an Zweitwohnungen Gemeinde Obersaxen/GR Art. 42 bis Baugesetz vom 24. September 1993, Zone für Einheimische «1 In der Zone für Einheimische sind Wohnbauten und nichtstörende Dienstleistungs- und Gewerbebetriebe zulässig. Diese dürfen nur von Personen mit festem Wohnsitz in der Gemeinde erbaut, erworben und genutzt werden. Die Nutzung als Zweitwohnung ist untersagt. 2 (.). 3 Die Zweckbestimmung der Wohnbauten bzw. der Betriebe ist durch Auflagen in der Baubewilligung sicherzustellen.» Gemeinde Falera/GR - Art. 40 bis Baugesetz, Einheimischenbauzone WE «1 Die Einheimischenbauzone ist für die Erstellung von Wohnbauten und nicht störende Betriebe für die ortsansässige Bevölkerung bestimmt. 2 Der Verkauf und die Nutzung von Parzellen in der Einheimischenbauzone richtet sich nach einem von der Gemeindeversammlung zu beschliessenden Verkaufsreglement.» Reine Zonen für den preisgünstigen Wohnungsbau führen zu einer Zweiteilung des Bodenmarktes und können die Gefahr einer Ghettoisierung bergen. Im Kanton Zug dürfte diese Gefahr jedoch nicht bestehen, da die Massnahme nicht primär auf Wohnraum für Bevölkerungsschichten mit tiefem Einkommen (sog. Sozialwohnungen) abzielt, sondern auf Wohnraum für Durchschnittsverdienende. 20

4.1.5 Anteil an preisgünstigem Wohnraum in Sondernutzungsplänen Bebauungspläne In Sondernutzungsplänen (Bebauungsplänen), welche detaillierte Bestimmungen zur Nutzung und baulichen Gestaltung enthalten, ist es denkbar, dass neben den üblichen Flächenzuweisungen für Wohnen, Arbeiten und andere Nutzungen Mindestflächen für gemeinnützige oder weitere öffentliche Nutzungen reserviert werden. Bei Bauvorhaben mit Wohnnutzung, welche nach einem Bebauungsplan (Sondernutzungsplan) gebaut werden, ist (in den vom Richtplan zu bestimmenden Gebieten) zwingend ein bestimmter Anteil an preisgünstigem Wohnraum zu erstellen. Bei Bauvorhaben mit Wohnnutzung, welche nach einem Bebauungsplan (Sondernutzungsplan) gebaut werden, hat die Gemeinde (in den vom Richtplan zu bestimmenden Gebieten) zu prüfen, wie hoch der Anteil an preisgünstigem Wohnraum zu sein hat. Regelungsebene Durch Vereinbarung bei der Realisierung von Bebauungsplänen ( 32 PBG-ZG). Für die Arealbebauungspläne ( 29 PBG-ZG) ist eine entsprechende Anpassung des Anforderungskatalogs in den kommunalen Bauordnungen möglich. Anwendungsbeispiele Kanton Basel-Landschaft - 38 und 40 RBG-BL - Quartierplanung 38 - Quartierplanung «2 Der Quartierplan kann insbesondere enthalten: e. Massnahmen zugunsten des sozialen Wohnungsbaus und der Wohneigentumsförderung. 40 Verhältnis zu den Zonenvorschriften und der Erschliessungsplanung 1 Quartierpläne können von den Zonenvorschriften und der Erschliessungsplanung abweichende Bestimmungen enthalten.» 13 Stadt Zürich Privater Gestaltungsplan HB Zürich-Aussersihl (Europaallee) Über die maximal anrechenbare Ausnützungsfläche von 273 000 m 2 hinaus sind 20 000 m 2 für öffentliche Bildungs-, Kultur- und Gemeinschaftseinrichtungen bereitzustellen. Der Bebauungsplan (Sondernutzungsplan) ist ein Instrument, das den Gemeinden in der Regel einen grossen Handlungsspielraum eröffnet, oft auch verbunden mit vertraglichen Vereinbarungen. Der Handlungsspielraum wird dabei im Rahmen von Aushandlungsprozessen zwischen der Gemeinde und dem Grundeigentümer/Bauherrn wahrgenommen. Die vom kantonalen Recht zugestandene Abweichung von den ordentlichen Bauvorschriften ermöglicht Mehrnutzungen, welche durch die Bereitstellung von preisgünstigem Wohnraum ausgeglichen werden können. 13 Der Begriff sozialer Wohnungsbau wird in BL als preisgünstiger Wohnungsbau interpretiert. Telefonische Auskunft O. Stucki. 21

Die Festlegung eines zwingenden Anteils an preisgünstigem Wohnraum durch den Kanton kann sich in der Praxis als hinderlich erweisen. Sondernutzungspläne zeichnen sich dadurch aus, dass sie den Beteiligten möglichst viel Handlungsspielraum gewähren, um auf konkrete Bedürfnisse im Einzelfall zu reagieren. Zwingende Vorgaben sind deshalb nach Möglichkeit zu vermeiden. 22

4.2 Anreizsysteme und fiskalische Massnahmen 4.2.1 Nutzungsprivilegien für preisgünstigen Wohnraum Es werden Nutzungsprivilegien gewährt für den Bau von preisgünstigen Wohnungen in Form von: Erhöhung der Ausnützung durch Ausnützungsbonus Zuschläge bei Gebäudehöhen, -längen, Geschosszahl Reduktion der Grenz- und Gebäudeabstände Regelungsebene Nutzungsprivilegien für den preisgünstigen Wohnraum sind in der kommunalen Bauordnung festzuhalten. Mittels Bebauungsplan ( 32 PBG-ZG) können Nutzungsprivilegien grundsätzlich auch ohne gesetzliche Grundlage festgelegt werden, sofern sie die gesetzlichen Anforderungen an solche Planungen wie zum Beispiel die gute Siedlungsgestaltung nicht gefährden. Anwendungsbeispiele Stadt Zug - 37 Absatz 2 Bauordnung: «Auf den Anteil des preisgünstigen Wohnungsbaus wird ein Ausnützungszuschlag von 10% gewährt. Bei Arealbebauungen wird der Ausnützungszuschlag zusätzlich zu den Abweichungen gemäss 32 Absatz 1 gewährt.» Steinhausen - 31 Bauordnung «Für energetische und ökologische Zusatzmassnahmen (mind. Minergiestandard) wird in allen Zonen im Rahmen der Einzelbauweise ein Maximalbonus der Ausnützungsziffer von 5% gewährt, nicht aber für Arealbebauungen.» Küssnacht/SZ Artikel 113 Absatz 1 Baureglement - Gestaltungspläne «Die Ausnützungsziffer kann bei Gestaltungsplänen im Rahmen des Baubewilligungsverfahrens in allen Zonen, ausgenommen in der Zone WL und WLB, zusätzlich zum Bonus von 0.05 gemäss Art. 115 Abs. 2 Bst. a um weitere 0,05 erhöht werden, sofern alle Kriterien von Art.114 erfüllt sind und wenn ein Anteil von mindestens 20 % der zu Wohnzwecken bestimmten Bruttogeschossfläche für den preisgünstigen Wohnungsbau reserviert wird.» Freienbach/SZ Artikel 53 Absatz 2 und 3 Baureglement - Gestaltungspläne «2 Vom Gemeinderat können Ausnahmen gewährt werden, wenn ( ) e) preisgünstiger Wohnraum für Familien geschaffen wird oder f) andere im öffentlichen Interesse liegende Mehrleistungen ausgewiesen werden. 3 Für Gestaltungspläne, welche mehrere wesentliche Vorteile gegenüber der Normalbauweise aufweisen, kann der Gemeinderat namentlich folgende Ausnahmen von den Vorschriften bewilligen: a) Erhöhung der Ausnützungsziffer bis zu 10 % in den Zonen W4, W3, W2, WG4 und WG3; b) Vergrösserung der Gebäude- und Firsthöhen sowie der Gebäudelängen; 23

c) Reduktion der internen Grenz- und Gebäudeabstände.» Kanton Basel-Landschaft - 38 Absatz 2 Buchstabe e RBG-BL «Der Quartierplan kann insbesondere enthalten: Massnahmen zugunsten des sozialen Wohnungsbaus und der Wohneigentumsförderung.» 14 Ausnützungsboni können die Ziele von (Sonder-) Nutzungsplanungen bzw. die damit verbunden Absicht einer hohen Siedlungsqualität untergraben. Eine harmonische Quartierentwicklung kann gefährdet werden. Dies gilt umso mehr, wenn es zur Kumulation von Ausnützungsvorteilen kommt (z.b. Boni für preisgünstigen Wohnungsbau und für Minergiebauweise). Im Rahmen von Sondernutzungsplänen ist dies weniger ein Problem, da hier grosser Wert auf eine hohe Siedlungsqualität gelegt wird. Die Möglichkeit einer von der Grundordnung abweichenden Bauweise ist letztlich das Grundmerkmal von Sondernutzungsplänen. 14 Der Begriff sozialer Wohnungsbau wird in BL als preisgünstiger Wohnungsbau interpretiert. Tel. Auskunft O.Stucki. 24

4.2.2 Anreize für den Umzug von Gross- in Kleinwohnungen Mit Anreizen können grössere unterbelegte Wohnungen frei gemacht und für Familien oder andern grösseren Personenkreisen zugänglich gemacht werden. Anreize können über Umzugsprämien geschaffen werden, oder über andere Massnahme wie Unterstützungsangebote bei der Wohnungssuche (im bestehenden Quartier) oder beim eigentlichen Umzug. (siehe dazu auch die Schriftenfolge Nr. 45 der VLP-ASPAN, Ich werde älter: was mache ich mit meinem Haus? ) Regelungsebene Spezialgesetzliche Grundlage oder vertragliche Vereinbarung mit Vermietern Anwendungsbeispiel Stadt Frankfurt a.m. - Frankfurter Programm zum Wohnungstausch Richtlinien für die Gewährung von Umzugsprämien und Erstattung von Umzugs- und Renovierungskosten an Mieterinnen und Mieter zur Freimachung grosser unterbelegter, geförderter Wohnungen (UZP) Stand: 02/2008 Die Massnahme zielt darauf ab, bestehenden Wohnraum sinnvoll zu nutzen. 25

4.2.3 Steuerung der Entwicklung über die Mehrwertabgabe Eine Steuerung über die Mehrwertabgabe zugunsten des preisgünstigen Wohnraums kann auf zwei Arten erfolgen: Bei der Erstellung von preisgünstigem Wohnraum können Grundstücke von der Mehrwertabgabe befreit werden oder es kann ein tieferer Abgabesatz festgelegt werden. Erträge aus der Mehrwertabgabe infolge von Neu-, Um- oder wesentliche Aufzonungen können für den preisgünstigen Wohnraum eingesetzt werden. Regelungsebene Auch hier sind zwei Regelungsmöglichkeiten denkbar: Gesetzliche Mehrwertabgabe: Im PBG wird eine Rechtsgrundlage geschaffen, die planungsbedingte Mehrwerte ab einer gewissen Höhe zwingend einer Abschöpfung unterstellt. Entsprechende Gesetzgebungsprozesse in den Kantonen dürften mit der laufenden Revision des Bundesgesetzes über die Raumplanung beschleunigt werden. Vertragliche Mehrwertabschöpfung: Im PBG kann eine Rechtsgrundlage geschaffen werden, welche die Gemeinden ermächtigt, planungsbedingte Mehrwerte über Verträge abzuschöpfen. In beiden Fällen kann im Gesetz der Verwendungszweck der Erträge festgeschrieben werden. Regelungsbeispiele für den Verwendungszweck der Erträge Kanton Basel-Stadt 120 Bau- und Planungsgesetz (BPG-BS) [SG 730.100] 2 Die auf Grundstücke in der Stadt Basel entfallenden Abgaben sind für die Schaffung neuer oder für die Aufwertung bestehender öffentlicher Grünräume wie Parkanlagen, Stadtwälder, Alleen und Promenaden zu verwenden. Kanton Genf Art. 30D LaLAT-GE - Fonds de compensation 1 Un fonds de compensation recueille le produit des taxes perçues en vertu des articles 30E et suivants. Il finance, dans la mesure de ses disponibilités : a) les équipements communaux, à l'exception des équipements visés à l article 19 de la loi fédérale, en fonction de la capacité financière de la commune concernée; b) le fonds de compensation agricole prévu par la loi sur la promotion de l agriculture, du 21 octobre 2004; c) les indemnités versées en application de l article 30F. 2 La répartition du produit des taxes perçues entre les bénéficiaires définis aux lettres a et b de l alinéa 1 est fixée par voie réglementaire après consultation des milieux concernés. 3 Le fonds de compensation verse à la caisse de l Etat les montants qui, sans la taxation prévue à l article 30J, auraient été perçus au titre de l impôt sur les bénéfices et gains immobiliers. 4 Le Conseil d'etat présente au Grand Conseil, à la fin de chaque législature, un rapport sur l'utilisation du fonds. Kantone BE, GR, GL und OW Gesetzliche Grundlage in den kantonalen Bau- und Planungsgesetzen, welche den Gemeinden die Möglichkeit gibt, Mehrwerte über öffentlich-rechtliche Verträge abzuschöpfen. 26

Potenzial der Erträge: Das Potenzial der Erträge müsste vorgängig abgeschätzt werden. Neueinzonungen werden sich im Kanton Zug in Grenzen halten, Um- und Aufzonungen wird es jedoch durchaus geben. Aufgrund der hohen Bodenpreise sind diese Massnahmen deshalb prüfenswert. Bei geringfügigen Aufzonungen kann die Mehrwertabgabe Nachverdichtungen verhindern, da sie die Rendite der zusätzlichen Nutzung schmälert. Zu den vertraglichen Regelungen: Im Kanton Aargau wird den Gemeinden erlaubt, über öffentlich-rechtliche Verträge den Mehrwert abzuschöpfen, auch wenn hierfür keine explizite gesetzliche Grundlage im kantonalen Baugesetz besteht. Begründung: Öffentlich-rechtliche Verträge sind gemäss Rechtsprechung zulässig, sofern sie geltendem Recht nicht zuwiderlaufen. Bezüglich der Mehrwertabschöpfung stehen solche Verträge dem Bundesrecht nicht nur nicht entgegen, sie sind in Art. 5 RPG sogar ausdrücklich vorgesehen. Der Kanton Luzern lässt hingegen solche Verträge nicht zu. Der Regierungsrat hat sie im Rahmen einer aufsichtsrechtlichen Beschwerde verneint, mit der Begründung, dass sich der kantonale Gesetzgeber - trotz Gesetzgebungsauftrags des Bundes - mehrfach gegen die Einführung der Mehrwertabgabe ausgesprochen hat 15. Die Abschöpfung des Mehrwerts über öffentlich-rechtliche Verträge kann die Rechtsgleichheit unterlaufen, wenn Gemeinden mit Grundeigentümern Verträge unterschiedlichen Inhalts abschliessen 16. Ein kommunales Reglement für die vertragliche Abschöpfung von Mehrwerten ist daher unumgänglich. 15 Regierungsrat des Kantons Luzern, 14.Dezember 2010, Nr. 1371 16 SPORI NIKLAUS, BÜHLMANN LUKAS, Förderung des gemeinnützigen Wohnungsbaus, in: VLP-ASPAN, Raum & Umwelt, Januar Nr. 1/10, S. 22. 27

4.3 Andere Massnahmen 4.3.1 Selbstverpflichtung der öffentlichen Hand Allgemeine Vorgabe: Kanton und Gemeinden verpflichten sich, auf eigenen Grundstücken und in bestehenden Liegenschaften den preisgünstigen Wohnungsbau zu fördern. Sie setzen sich dafür ein, dass auch Bundesbetriebe wie die SBB und armasuisse den preisgünstigen Wohnungsbau auf nicht mehr benötigten Liegenschaften fördern. Konkrete Vorgabe: Kanton und Gemeinden verpflichten sich, auf eigenen Grundstücken und in bestehenden Wohnliegenschaften mindestens xx Prozent der Nutzfläche für den preisgünstigen Wohnungsbau zu reservieren und langfristig zu sichern. Sie setzen sich dafür ein, dass auch Bundesbetriebe wie die SBB und armasuisse den preisgünstigen Wohnungsbau auf nicht mehr benötigten Grundstücken fördern. Vergleichbares Beispiel Klimapolitik Gewisse Städte, Gemeinden und Institutionen verpflichten sich zur Umsetzung der Klimaschutzziele in Bezug auf den eigenen Gebäudebestand. Beispiel: Aktionsplan für öffentliche Gebäude im Kärntner Landesenergiekonzept 2007-2015: Unter Einbindung der relevanten Stellen wird im Sinne der Vorbildwirkung der öffentlichen Hand ein Aktionsplan zur thermischen Sanierung öffentlicher Gebäude entwickelt. Sollte der Mindestanteil an preisgünstigem Wohnraum auf eigenen Liegenschaften flächenmässig definiert werden, sind gewisse Fragen zu klären, zum Beispiel: Ausnahmeregelungen Soll die Quote für jede einzelne Liegenschaft oder den Gebäudebestand insgesamt erbracht werden? 28

4.3.2 Abgabe von Bauland an gemeinnützige Wohnbauträger Der Kanton und/oder Gemeinden übergeben eigenes Bauland im Baurecht an gemeinnützige Wohnbauträger. Kantonseigenes oder gemeindeeigenes Bauland muss sich nicht auf dem eigenen Kantons- oder Gemeindegebiet befinden, sondern es steht dem Kanton und den Gemeinden frei, Bauland in den Nachbarkantonen zu erwerben und gemeinnützigen Wohnbauträgern abzugeben. Regelungsebene Das Baurecht ist in den Artikeln 675 und 779 ff. des Schweizerischen Zivilgesetzbuches ZGB geregelt. Es handelt sich dabei um eine Baurechtsdienstbarkeit, welche erlaubt, auf einem fremden Grundstück eine Baute oder Anlage zu errichten, nutzen oder weiterzugeben 17. Mittels Vertrag kann der gemeinnützige Wohnbauträger als Baurechtsnehmer beispielsweise verpflichtet werden: einen Baurechtszins in einer festzulegenden Höhe zu bezahlen, innert einer bestimmten Frist mit der Erstellung der Baute zu beginnen und die Bauarbeiten zu beendigen, die Gebäude nur an bestimmte Personen zu vermieten, für Wohnungen nur bestimmte Mietzinse zu verlangen, das Bauwerk ordnungsgemäss zu unterhalten und zu erneuern. Anwendungsbeispiele Grössere Städte wie Zürich, Basel und Biel Langjährige Erfahrungen mit gemeinnützigen Wohnbauträgern. Die Massnahme bedingt eine aktive Bodenpolitik der Gemeinde. Die Landbeschaffung wird allerdings durch das bäuerliche Bodenrecht und die hohen Bodenpreise erschwert. Die Gemeinden können selber preisgünstigen Wohnraum schaffen, was jedoch, gerade für Gemeinden mit wenig Erfahrung, einen grossen administrativen Aufwand bedeuten kann. 17 Baurechtsdienstbarkeit wäre eigentlich die genauere Bezeichnung, im ZGB ist jedoch durchgehend von Baurecht die Rede. 29

4.3.3 Unterstützung von gemeinnützigen Wohnbauträgern Der Kanton (oder die Gemeinde) unterstützt gemeinnützige Wohnbauträger wie Wohnbaugenossenschaften und Stiftungen mit folgenden Instrumenten: Unterstützung gemeinnütziger Bauträger durch nicht rückzahlbare Beiträge zur Verbilligung der Mietzinse von neu erstellten, erworbenen, erneuerten oder bestehenden Wohnungen, Darlehen für den Erwerb von Bauland, Liegenschaften, Wohnungen mit Baurechten (diese können auch Gemeinden gewährt werden), zinslose Projektdarlehen als Starthilfe für gemeinnützige Bauträger. Im kleinräumigen Kanton Zug ist es denkbar, gemeinnützige Wohnbauträger in den Nachbarkantonen zu unterstützen (siehe unten Bemerkungen). Regelungsebene 6 ff. WFG-ZG Förderung preisgünstiger Mietwohnungen oder kommunale Reglemente Anwendungsbeispiele Kanton Bern - Gesetz über die Förderung des preisgünstigen Mietwohnungsangebots vom 9. Dezember 2009 (PMG-BE) [BSG 854.15]: Objekthilfe mit Förderungsbeiträgen an gemeinnützige Wohnbauträger Der Kanton Bern hat auch eine Leistungsvereinbarung mit dem Schweizerischen Verband für Wohnungswesen (SVW) zum langfristigen Erhalt von preisgünstigem Wohnraum abgeschlossen 18. Kanton Basel-Landschaft Verordnung über Förderungsbeiträge an Organisationen des gemeinnützigen Wohnungsbaus vom 10. Mai 2011 [SGS 842.15] Grundlage der Verordnung ist das kantonale Gesetz vom 29. Januar 1990 über Wohnbauund Eigentumsförderung. Stadt Zürich - Die Stadt Zürich subventioniert in stadteigenen, aber auch in andern gemeinnützigen Liegenschaften eine bestimmte Anzahl Wohnungen. Sie gewährt hierfür zinslose Darlehen in der gleichen Höhe wie der Kanton. Bei der Unterstützung von gemeinnützen Wohnbauträgern handelt es sich um eine Objekthilfe. Kritisiert wird, dass die Ausrichtung von Förderungsbeiträgen zu Marktverzerrungen führen kann. Die langfristige Sicherung sowie die Bewirtschaftung und die Kontrolle der subventionierten /preiswerten Wohnungen ist eine aufwändige Arbeit. In der Stadt Zürich ist das Büro für Wohnbauförderung für diese Aufgabe zuständig. Die Idee des Kantons Zug, gemeinnützige Wohnbauträger im Nachbarkanton zu unterstützen, wurde seitens der angrenzenden Kantone sehr kritisch beurteilt. Will man die Idee weiterverfolgen, müsste die Kommunikation verbessert werden: So geht es bei- 18 Medienmitteilung des Kantons Bern vom 24.01.2011: «Kanton Bern: Gemeinnützige Wohnbauträger werden neu unterstützt.» 30

spielsweise um die Schaffung von Wohnraum für Durchschnittsverdienende und nicht für Personen, die der Sozialhilfe bedürfen! 31

4.3.4 Kaufrecht der Gemeinden Diese Massnahme lässt sich auf verschiedene Weise verwirklichen: Die Gemeinde erwirbt ein Grundstück oder einen Teil davon im Zeitpunkt der Einzonung und sorgt für die Schaffung von gemeinnützigem Wohnraum (selber oder durch Abgabe des Bodens an Dritte). Die Gemeinde verpflichtet die Grundeigentümer bei Neueinzonungen zur Erstellung von preisgünstigem Wohnraum und räumt ihnen eine Frist zur Realisierung dieses Wohnraums ein. Erstellt der Eigentümer innerhalb dieser Frist, keinen preisgünstigen Wohnraum, kann die Gemeinde das Grundstück erwerben und für die Erstellung preisgünstigen Wohnraums sorgen (Baupflicht mit Sanktionsmöglichkeit). Die Gemeinde zont ausgewählte Grundstücke nur unter der Bedingung ein, dass sie an eine gemeinnützige Wohnbauträgerschaft zu einem günstigen Preis verkauft werden 19. Regelungsebene Kantonales PBG und kommunale Bau- und Zonenordnung. Denkbar sind auch vertragliche Lösungen. Anwendungsbeispiele Gemeinde Oberägeri - Reglement über Wohnbauförderung vom 24.5.1993 Kaufrecht mit Bedingungen: für Flächen ab 4000 m 2 Vertragliche Sicherung eines Kaufsrechts (mindestens 50% des Grundstücks) Anspruchsberechtigte: mindestens 1-Kind-Familien und Ansässige Versch. Realisierungen: EFH und STWE Oberägeri: kein spekulativer Verkauf innerhalb 15 Jahren Erfahrungen Oberägeri bisher nur für Eigentum Baar - bei letzter Nutzungsplanrevision Kanton Obwalden: Der Kanton kennt eine Baupflicht für Grundstücke in der Bauzone mit der Erwerbsmöglichkeit durch die Gemeinden im Fall von Baulandhortungen (Art. 11a BauG-OW) Die Massnahme bedingt eine aktive Bodenpolitik der Gemeinde. Sie ermöglicht einen Ausbau des preisgünstigen Wohnraumangebots unter enger Einbindung der Grundeigentümer. Je nach Ausgestaltung der Massnahme wird die Gemeinde nur subsidiär tätig. 19 SPORI NIKLAUS, BÜHLMANN LUKAS, Förderung des gemeinnützigen Wohnungsbaus, in: VLP-ASPAN, Raum & Umwelt, Januar Nr. 1/10, S. 17 f. 32

Bei der Abgabe des Baulands an Private (an Stelle von gemeinnützigen Wohnungsträgern) entsteht ein erheblicher Verwaltungs- und Kontrollaufwand (langfristige Sicherstellung des preisgünstigen Wohnraums). 33

4.3.5 Wohnraumerhaltung: Bewilligungspflicht für Umbauten Um den bestehenden Wohnraum zu sichern, können Umnutzungen von Wohnungen in Büro- oder Geschäftsräume oder die Unterteilung grosser (Familien-)Wohnungen in Kleinwohnungen einer expliziten Bewilligungspflicht unterstellt werden, auch wenn äusserlich keine Veränderungen am Gebäude vorgenommen werden. Regelungsebene Eine gesetzliche Grundlage kann über die Vorschriften zur Bewilligungspflicht bzw. zum Anzeigeverfahren geschaffen werden ( 44 PBG-ZG). Anwendungsbeispiele Kantone Genf und Waadt - LDTR Gesetze (Loi sur les démolitions, transformations et rénovations de maisons d habitation [mesures de soutien en faveur des locataires et de l emploi]) Die Massnahme ist marktabhängig. Wenn Büro- und Geschäftsräume höhere Erträge abwerfen als Wohnraum, ist die Gefahr von Umnutzungen gross. Dasselbe gilt für das Verhältnis von Gross- und Kleinwohnungen. Lässt sich mit Kleinwohnungen mehr Geld verdienen als mit grossen Wohnungen, ist die Umwandlung grösserer Wohnungen in kleine Wohneinheiten naheliegend. 34

4.3.6 Belegungsrechte Münchner Modell Die Gemeinden beschaffen sich zeitlich befristete Rechte an einzelnen Wohnungen. Regelungsebene Spezialgesetzliche Grundlage um die Möglichkeit zu schaffen, einen öffentlich-rechtlichen Vertrag mit den Wohnungseigentümern abzuschliessen. Anwendungsbeispiele München - Münchner Modell Der Hauseigentümer räumt der Stadt (München) Belegungsrechte an einem Kontingent von Wohnungen für 15, 20 oder 25 Jahre zu festgeschriebenen Mietzinsen ein. Im Gegenzug erhält er einen einmaligen Unterstützungsbeitrag. Die Stadt erhält das Recht, die Wohnungen zu festgelegten Mietpreisen unter Marktniveau mit Wohnberechtigten zu belegen. Frankfurt - Frankfurter Programm zur sozialen Mietwohnungsbauförderung Die Stadt Frankfurt erwirbt das Belegungsrecht an Mietwohnungen mit einer Belegungsund Mietpreisbindung für mindestens 10 und maximal 15 Jahre. In der Schweiz wäre eine Rechtsgrundlage für verwaltungsrechtliche Verträge mit den Grundeigentümern möglicherweise nicht nötig. Für die mit der Massnahme verbundenen Unterstützungsbeiträge bräuchte es wohl aber eine gesetzliche Grundlage. Die Massnahmen erlauben keine nachhaltige Sicherung von preisgünstigem Wohnraum. Die eingeräumten Belegungsrechte sind von relativ kurzer Dauer. Es handelt sich letztlich um eine Subjekthilfe. 35