Dr.-Ing. Volker Koschay, Dr. rer. nat. Sebastian Barfüßer

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Transkript:

Sanierung einer betrieblichen Trinkwasserinstallation nach Legionellenbefall Dr.-Ing. Volker Koschay, Dr. rer. nat. Sebastian Barfüßer

Gefährdungslage Legionellen sind Bakterien, die beim Menschen die Legionärskrankheit, eine schwere, potentiell lebensgefährliche Lungenentzündung, auslösen können. Legionellen gedeihen am Besten in warmem Wasser, das kaum ausgetauscht wird, bei Temperaturen zwischen 30 und 45 C. Sie sterben erst bei über 60 C ab. Besonders gefährdet für einen Befall mit Legionellen sind dementsprechend Boiler und andere Anlagen zur Erzeugung und Verteilung von warmem Wasser. Das Risiko steigt mit den Stillstandzeiten. Bei langem Stillstand können sich bereits bei Temperaturen um 20 C Legionellenherde ausbilden. Zu einer Infektion kommt es beim Menschen über die Lunge, wenn mit Legionellen befallenes Wasser eingeatmet wird. Folglich stellen unter anderem Duschen, Klimaanlagen oder Rasensprenger, eine Gefahrenquelle dar. Legionella pneumophila unter dem Elektronenmikroskop Kraftwerk Weisweiler Auch in Deutschland kam es in der Vergangenheit bereits zu einigen größeren Ausbrüchen der Legionärskrankheit. 2014 in Jülich wurden ca. 70 Fälle von Lungenentzündung Legionellen zugeschrieben. Als Quelle der Infektion wurde ein Kühlturm des Kraftwerks Weisweiler vermutet, in dem massiv erhöhte Legionellenwerte nachgewiesen wurden. Die deutsche Trinkwasserverordnung enthält einen Grenzwert für Legionellen; für bestimmte Anlagen besteht eine Untersuchungs- und bei Verstoß Meldepflicht.

Ausgangssituation Bei einer Untersuchung in einem metallverarbeitenden Unternehmen mit ca. 300 Mitarbeitern wurden an mehreren Stellen Legionellen gefunden, in einem Fall über 10 000 koloniebildende Einheiten/100 ml (KbE, mikrobiologisches Maß für die Belastung). Das zuständige Gesundheitsamt wurde informiert. Als unbedenklich gelten Werte unter 100 KbE/100 ml. Die Fachkenntnis von Servitec wurde hinzugezogen, um das Risiko für die Mitarbeiter schnellstmöglich und dauerhaft zu beseitigen. Vorgehensweise Die thermische Desinfektion ist ein wirksames Verfahren zur Befreiung befallener Wasserverteilungssysteme von Legionellen. Es ist in den meisten Fällen ohne großen Zusatzaufwand durchführbar. Da in der Regel Anlagen befallen werden, die der Erzeugung von warmem Wasser dienen, kann der vorhandene Heizkessel o. Ä. auch direkt für die Behandlung genutzt werden. Bei Temperaturen ab 60 C werden Legionellen abgetötet. Für die Desinfektion haben sich mind. 70 C bewährt, weil der Vorgang dadurch deutlich beschleunigt werden kann. Außerdem verfügt man bei 70 C über eine Reserve. Eine sinnvolle Vorsichtsmaßnahme, denn es gibt einige Unwägbarkeiten, die eine umfassende Desinfektion Effekt hoher Temperaturen auf Legionellen erschweren: Hat wirklich der gesamte Inhalt des Heizkessels 70 C, oder gibt es eine kältere Zone weiter weg vom vom Temperaturfühler? Welche Temperaturverlust fällt im Leitungsnetz auf dem Weg zu den Entnahmestellen an? Auch diese müssen desinfiziert werden und auch dort sind deshalb ausreichend hohe Temperaturen erforderlich.

Bestandsaufnahme Die Wasserversorgungsanlage musste desinfiziert werden. Damit war es aber nicht getan. Damit die Maßnahme auch nachhaltig ist, mussten auch die Probleme im Wasserversorgungssystem des Betriebs ermittelt und abgestellt werden. Ansonsten wäre eine rasche Neuverkeimung zu erwarten. Bei der Begutachtung der Wasserinstallationen im Betrieb wurden mehrere Mängel entdeckt, die den Legionellenbefall verursacht oder begünstigt haben können. Über die Jahre war der Betrieb gewachsen. Während die Zahl der Mitarbeiter dadurch stieg, waren die sanitären Anlage unverändert. Der Warmwasserkessel war mittlerweile unterdimensioniert und konnte beim gestiegenen Warmwasserbedarf am Schichtende die Temperatur nicht mehr halten. Außerdem arbeitete die Temperaturüberwachung im Kessel nicht mehr einwandfrei. Aus diesen beiden Gründen verließ das Warmwasser den Kessel mit einer Temperatur von 56 C. Weiter fiel auf, dass offensichtlich der Temperaturverlust (gefunden wurden bis zu 10 C) auf dem Weg vom Kessel bis zu den Entnahmestellen, den Waschbecken und Duschen, bei der ursprünglichen Konzeption nicht bedacht worden war. Damit liegen stellenweise günstige Wachstumsbedingungen für Legionellen vor. Schema der mit Legionellen befallenen Installation

Umrüstung Zur Sanierung der Anlage wurde der Kessel erneuert, der das Wasser von nun an auf über 65 C erwärmen wird. Der Kessel hat das 1,5fache Volumen des alten Kessels; dadurch ist die Verweilzeit im Kessel lange genug, um Legionellen bei dieser Temperatur sicher abzutöten. Am Leitungsnetz wurden einige Umbauten vorgenommen, so dass jetzt eine Ringleitung vorliegt, in der eine Zirkulation möglich ist. Wenn kein Wasser entnommen wird, steht dieses nun nicht mehr in den Leitungen, sondern gelangt periodisch wieder zurück in den Kessel, wo es abermals auf 65 C erwärmt wird. Wenn Warmwasser entnommen wird, erreicht es jetzt die Entnahmestellen mit mindestens 55 C. Diese Temperatur ist hoch genug, so dass sich Legionellen im Leitungsnetz nicht mehr vermehren können. In Kombination mit der Ringleitung und der neuen Temperatur des Kessels ist so ein dauerhaft sicherer Betrieb gewährleistet. Schema der umgerüsteten Anlage

Desinfektion und Abschluss Schließlich wurde die thermische Desinfektion im gesamten Leitungsnetz mit 70 C warmem Wasser über eine Dauer von 10 Minuten durchgeführt. Damit wurde das gesamte Netz von Legionellen befreit. Die Wirksamkeit dieser Maßnahmen wurden durch neue mikrobiologische Analysen auf Legionellen bestätigt. Die Arbeiten wurden erfolgreich abgeschlossen. Als weitere Maßnahmen hatte auch das Gesundheitsamt wiederholte Kontrollen durch ein akkreditiertes Labor vorgeschrieben. Diese gaben seither keinen Anlass mehr zur Beanstandung. Die thermische Desinfektion

Links Trinkwasserverordnung 14 Untersuchungspflicht 16 Anzeigepflicht 24, 25 Strafen und Bußgelder Anlage 3, Teil II Technischer Maßnahmenwert für Legionella Obermühlstraße 70 D-82398 Polling www.servitec-uc.de