Familienrecht Vorlesung 3. Familienrecht



Ähnliche Dokumente
Familienrecht Vorlesung 2. Familienrecht

Familienrecht Vorlesung 2. Familienrecht

Familienrecht Vorlesung 3. Familienrecht

Familienrecht Vorlesung 3. Familienrecht

Familienrecht Vorlesung 6. Familienrecht

Familienrecht Vorlesung 2. Familienrecht

Erbrecht Vorlesung 3. Erbrecht

Familienrecht Vorlesung 8. Familienrecht

Scheidung nach 1566 Abs. 1 BGB

Erbrecht Vorlesung 8. Erbrecht

Erbrecht Vorlesung 5. Erbrecht

Scheidungsfragebogen

DIPL.-JUR. (UNIV.) KATHARINA DEKKER

Die Ehegattenveranlagung im Trennungs- und im Scheidungsjahr

Ehescheidungsformular

Nutzen Sie das Inhaltsmenü: Die Schnellübersicht führt Sie zu Ihrem Thema. Die Kapitelüberschriften führen Sie zur Lösung.

Vorwort Kapitel 1 Getrenntleben und die rechtlichen Folgen

Hier ist der tatsächliche Aufenthaltsort anzugeben, unbeachtlich davon ob der Ehemann dort beim

2. Name und Adresse der Ehefrau: Bitte geben Sie den tatsächlichen Aufenthaltsort an, egal ob die Ehefrau dort gemeldet ist oder nicht.

Auswirkungen der Güterstände auf das Erbrecht eingetragener Lebenspartner

Informationen zum Familienrecht

Scheidungsunterlagen für Seite 1 von 7 Rechtsanwalt Dr. Rudolf Wansleben

EHESCHEIDUNG NACH DEM POLNISCHEN RECHT

Literaturverzeichnis

Bis dass der Richter euch scheidet

Formular zur Vorbereitung einer Scheidung

Rechtliche Informationen zu Hochwild-Hegegemeinschaften. von LJV-Justiziar Rechtsanwalt Klaus Nieding

Vorbemerkung Scheidung online

V ist reicher Erbe und verwaltet das von seinem Vater geerbte Vermögen. Immobilien oder GmbH-Anteile gehören nicht hierzu.

VERERBEN IN ZWEI STUFEN

Ehescheidungsformular

Ehescheidungsformular

Scheidungsformular. 1. Personendaten. 1.1 Welcher Ehepartner stellt den Scheidungsantrag?

a. Grundlagen: Unterscheide Ehegattenunterhalt ( und b) und Verwandtenunterhalt ( 1601 ff. BGB).

U R T E I L S A U S Z U G. In Sachen: Präjudizielle Frage in bezug auf Artikel 307bis des Zivilgesetzbuches, gestellt vom Kassationshof.

Aufhebung einer Lebenspartnerschaft. Vor- und Zuname. Straße und Hausnummer. PLZ und Ort. Staatsangehörigkeit. Geburtsdatum... Telefon.. .

Fachanwalt für Erb-, Steuerund Versicherungsrecht. Erblasser

Inhalt. Einführung in das Gesellschaftsrecht

Rechtsanwaltskanzlei Bümlein Kurfürstendamm Berlin 1

Das gemeinschaftliche Ehegattentestament und das Berliner Testament

Die Scheidungsvoraussetzungen im polnischen und deutschen Recht

Das Scheidungsformular

Statistische Berichte

Hinweise zur Erbengemeinschaft Stand: 1. Januar 2009

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS. vom. 12. Mai in dem Verbraucherinsolvenzverfahren

Hinweise zum gesetzlichen Erbrecht der Ehegatten und eingetragenen Lebenspartner Stand: 1. Januar 2009

Der Auskunftsanspruch des Pflichtteilsberechtigten. Wenn ein Pflichtteilsanspruch besteht, muss dieser auch durchgesetzt werden können.

Vorbemerkung Scheidung online

Statistische Berichte

Der Ehevertrag ein Mittel zum gerechten Interessenausgleich?

Inhalt. Basiswissen Gesellschaftsrecht. I. Grundlagen 7

Die Notare. Reform des Zugewinnausgleichsrechts

Urheberrecht. Ansprüche bei Urheberrechtsverletzungen. Allgemeine Studien Dr. Ulf Müller 6. Vorlesung

Pflichtteilsergänzung

Die Ehescheidung. von Dr. Ludwig Bergschneider Rechtsanwalt und Fachanwalt für Familienrecht. 5., neubearbeitete und erweiterte Auflage

Haftungsrisiken im Ehrenamt

Fragebogen zur Online Scheidung

Familienrecht Vorlesung 4. Familienrecht

Nicht selten legen Kollegen während des Prozesses Ihr Mandat nieder. Dennoch bleiben sie einstweilen Zustellempfänger.

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS. vom. 25. September in dem Rechtsstreit

DNotI. Dokumentnummer: 31wx485_12 letzte Aktualisierung: OLG München, Wx 485/12. BGB 1924 ff.; NEhelG Art.

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL. 6. Oktober 2010 Ermel, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle. in dem Rechtsstreit

DNotI. Dokumentnummer: 12zb526_11 letzte Aktualisierung: BGH, XII ZB 526/11. BGB 1903; FamFG 278, 286, 293

Inhalt. Kapitel 1 Die richtige Nachlassplanung. Kapitel 2 Schenken oder Vererben? Vorwort... 5

Der Ausgleich unter den Gesamtschuldnern Baurechtszirkel

Außerordentliche, hilfsweise ordentliche Kündigung. Stellungnahme zu den Fristen bzw. Fristverkürzung im Beteiligungsverfahren. Jürgen Jendral (HMAV)

Anlage 1 zur Arbeitshilfe zur Hilfe zur Pflege nach 61 SGB XII in Tagespflegeeinrichtungen. Berechnungsbeispiele zu Ziffer Stand

Der Ehename hat im deutschen Recht mit unverändertem Standort 1355 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) eine wechselhafte Geschichte erfahren:

Strafgesetzbuch (StGB)

GPA-Mitteilung Bau 5/2002

Haftung des Telearbeiters gegenüber dem Arbeitgeber

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS. vom. 17. April in dem Rechtsstreit

Scheidungsformular. 1. welcher Ehegatte stellte den Scheidungsantrag und ist daher Antragsteller?

Trennung und Scheidung

Christina Klein. Ihre Rechte als Vater. interna. Ihr persönlicher Experte

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS. vom. 3. Februar in der Abschiebungshaftsache

Rechtliche Grundlagen im WRD

Auswirkung der neuen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts auf Urlaubsund Urlaubsabgeltungsansprüche von Langzeiterkrankten.

A. Anspr. E gegen F aus 433 II BGB (Fernseher)

Die persönliche Haftung des Geschäftsführers im Falle der Verletzung geistigen Eigentums

Vorlesung Gesellschaftsrecht

Beispiel 17. Folie 94. Gesellschaftsrecht Prof. Dr. Florian Jacoby

Gebühren des Rechtsanwalts

DNotI. letzte Aktualisierung: BGH, XII ZB 329/12. BGB 242, 1606 Abs. 3

Lösung Fall 23. Anspruch des G gegen S auf Duldung der Zwangsvollstreckung aus 1147, 1192 Abs.1 BGB

Zur Berechnung eines etwaigen Zugewinnausgleichs Beispiel:

Fachanwältin für Familienrecht Mediatorin

Anlage U für Unterhaltsleistungen an den geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden Ehegatten zum Lohnsteuer-Ermäßigungsantrag

Aufteilung der gesamtschuldnerischen Haftung von Ehegatten im Rahmen der Einkommenssteuer

Prof. Dr. Thomas Rüfner. Materialien im Internet:

Berufungsentscheidung

Prof. Dr. Burkhard Boemke Wintersemester 2011/12. Bürgerliches Recht I. Allgemeiner Teil und Recht der Leistungsstörungen

Rechtsanwältin Birgit Berger

Klausurenkurs ZR. SS 2013 Klausur vom

BÜRGERLICHES GESETZBUCH Scheidung durch Urteil

Haus und Grundstück im Erbrecht 7: Kündigung und Schönheitsreparaturen bei der Mietwohnung im Erbe

Professor Dr. Peter Krebs

Elterliche Sorge gem b BGB.

Transkript:

Familienrecht Vorlesung 2 Ehescheidung Allgemeine Ehewirkungen 13. November 2014 Notar Dr. Christian Kesseler 1

Fallbeispiel Fortführung: Keusch stellt (anwaltlich vertreten, 114 Abs. 1 FamFG) nach einem Jahr der Trennung den Scheidungsantrag beim zuständigen Amtsgericht - Familiengericht - in Trier. Untreu stimmt dem Antrag - zur Vermeidung von Kosten ohne Anwalt ( 114 Abs. 4 Nr. 3 FamFG) - zu. Eine Einigung über den Unterhalt und den Hausrat hat es nicht gegeben. Vor Entscheidung über den Scheidungsantrag kommt Keusch bei einer Bootstour über die Mosel ums Leben, als ihr Boot kentert. Ein Testament der Keusch besteht nicht. Untreu fragt, ob er Erbe geworden ist. 13. November 2014 Notar Dr. Christian Kesseler 2

Falllösung Als Ehegatte wäre Untreu grundsätzlich gesetzlicher Erbe der Keusch nach 1931 BGB. Die Quote richtete sich dabei nach dem Güterstand ( 1931 Abs. 3 und 4 sowie 1371 BGB) und dem Vorhandensein von Verwandten der Keusch ( 1931 Abs. 1 und 2 BGB). Nach 1933 BGB ist das Erbrecht des Ehegatten allerdings dann ausgeschlossen, wenn Der Erblasser die Scheidung beantragt oder dieser zugestimmt hat (hier +) und Die Voraussetzungen der Scheidung der Ehe zum Zeitpunkt des Todes gegeben waren (?) Alternativ: Aufhebungsrecht des Erblassers (hier -) 13. November 2014 Notar Dr. Christian Kesseler 3

Falllösung Voraussetzungen der Scheidung der Ehe: => Scheitern der Ehe, 1565 BGB <= Unwiderlegliche Vermutung nach 1566 Abs. 2 BGB bei 3 Jahren des Getrenntlebens (hier -) Unwiderlegliche Vermutung nach 1566 Abs. 1 BGB bei mindestens einjähriger Trennung und gemeinsamem Antrag oder jedenfalls Zustimmung (hier +) Bei Nachweis der Zerrüttung wäre Scheidung aus dem Grundtatbestand des 1565 Abs. 1 BGB auch ohne Zustimmung des anderen Partners und ohne einjährige Trennungszeit möglich. 630 ZPO ist aufgehoben => Untreu ist nicht Erbe 13. November 2014 Notar Dr. Christian Kesseler 4

Übersicht zur Scheidung wegen Zerrüttung der Ehe Dreijähriges Getrenntleben im Sinne von 1567 BGB Zerrüttung wird nach 1566 Abs. 2 unwiderlegbar vermutet. Einjähriges Getrenntleben im Sinne von 1567 BGB Zerrüttung wird nach 1566 Abs. 1 unwiderlegbar vermutet. Ausschluss: Härtefall nach 1568 BGB Zerrüttung direkt nachweisbar (z.b. dauerhafte Zuwendung eines oder beider Ehegatten zu einem neuen Partner). Scheidung aus dem Grundtatbestand möglich unter Beachtung der Härteklausel in 1565 Abs. 2 13. November 2014 Notar Dr. Christian Kesseler 5

Getrenntleben Getrenntleben nach 1567 BGB Keine häusliche Gemeinschaft und Mangelnder Herstellungswille Besonderheit: Trennung innerhalb der Wohnung, 1567 Abs. 1 S. 2 (Boris) Besonderheit: Versöhnung 1567 Abs. 2 BGB Folgen: Trennungsunterhalt, 1361 BGB Hausrat, 1361a BGB Ehewohnung, 1361b BGB 13. November 2014 Notar Dr. Christian Kesseler 6

Abschnitt 4 Allgemeine Ehewirkungen Die allgemeinen Ehewirkungen: Eheliche Lebensgemeinschaft, 1353 BGB Eheliches Namensrecht, 1355 BGB Haushaltsführung, Erwerbstätigkeit, 1356 BGB Schlüsselgewalt, 1357 BGB Unterhalt, 1360f. BGB Besonderheiten im Trennungsfall, 1361ff. BGB 13. November 2014 Notar Dr. Christian Kesseler 7

Eheliche Lebensgemeinschaft Fall: Untreu ist der Keusch nach kurzer Zeit bereits überdrüssig. Da ihm die der Keusch gehörende Ehewohnung gut gefällt, lässt er die Winzertochter dort bei ihm einziehen. Keusch muss daraufhin in kostenintensive psychologische Behandlung. Sie beginnt nun, den Untreu zu beschimpfen, woraufhin dieser droht, ihr die für Keusch lukrative Zusammenveranlagung bei der Einkommenssteuer zu versagen. Keusch möchte gleichwohl die Wiederherstellung der Lebensgemeinschaft. Alternativ sollen ihre möglichen Ansprüche gegen Untreu und die Winzertochter geprüft werden auf Unterlassung der Ehestörung, Verweisung aus der Wohnung, Unterlassung der Besitzbeeinträchtigung, Schadenersatz und Mitwirkung bei der Steuerveranlagung. 13. November 2014 Notar Dr. Christian Kesseler 8

Die Pflicht zur ehelichen Lebensgemeinschaft Grundlage: 1353 BGB, Pflicht zur Ehelichen Treue Beistand und Rücksicht: Garantenstellung, (Verhinderung von Selbstmord, BGHSt 2, 150, oder strafbaren Handlungen, BGH NJW 1954, 1818) Häuslichen Gemeinschaft nebst Schutz dieses Bereichs Ermöglichung der Mitbenutzung von Wohnung und Hausrat ( 866 BGB) Kooperation in Vermögensangelegenheiten (Steuerveranlagung) Rücksichtnahme bei Geltendmachung von Ansprüchen gegen den Partner, allerdings kein Ausschluss von Schadenersatzansprüchen, Besonderheit Verjährungshemmung nach 207 Abs. 1 S. 1 BGB 13. November 2014 Notar Dr. Christian Kesseler 9

Anspruchsziel 1: Wiederherstellung der Lebensgemeinschaft 1. Kann Keusch den Untreu auf Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft in Anspruch nehmen? Der Anspruch ist zwar in der Theorie klagbar, aber wegen 120 Abs. 3 FamFG nicht vollstreckbar, damit also zahnlos. Allenfalls noch bei 1579 BGB, 1381 BGB und 27 VersAusglG in Ansätzen relevant Um nicht das Vollstreckungsverbot mittelbar auszuhöhlen sind auch entsprechende deliktische Schadenersatzansprüche oder solche aus Leistungsstörungsrecht wegen Verletzung der Treuepflicht etc. ausgeschlossen (BGH FamRZ 1977, 38; 1988, 143) => Anspruch auf Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft ist ebenso wie ein etwaiger Schadenersatz- oder Unterlassungsanspruch wegen Untreue nicht durchsetz- bzw. klagbar. 13. November 2014 Notar Dr. Christian Kesseler 10

Anspruchsziel 2: Abwehr der Ehestörung 2. Kann Keusch den Untreu auf Unterlassung der treuwidrigen Beziehung als Ehestörung in Anspruch nehmen? Einen direkten gesetzlichen Anspruch auf Unterlassung von Ehestörungen durch Untreue etc. gibt es nicht Auch mittelbare Ansprüche wegen Nichterfüllung der (Leistungs-)Treuepflicht sind ausgeschlossen (BGHZ 6, 360, 366), Begründung auch hier 120 Abs. 3 FamFG Herrschend wird der Kernbereich der Ehe selbst nicht als absolutes Recht angesehen, selbst wenn dies aber bejaht wird (Gernhuber/ Coester-Waltjen 17 I 2), wird jedenfalls nur die nicht vollstreckbare Herstellungsklage angenommen 3. Kann Keusch die Winzertochter auf Unterlassung der treuwidrigen Beziehung als Ehestörung in Anspruch nehmen? Auch bei Drittinanspruchnahme gilt vorstehend Gesagtes: Da die Ehe primär relative Pflichten der Ehegatten untereinander begründet, und die Untreue die Mitwirkung mindestens eines Ehegatten bedingt, kommen Ansprüche aus 823 oder 1004 BGB nicht in Betracht 13. November 2014 Notar Dr. Christian Kesseler 11

Anspruchsziel 3: Verweisung aus der Wohnung 1. Kann Keusch den Untreu auf die Unterlassung der Nutzung der ehelichen Wohnung als Liebensnest in Anspruch nehmen? Grundsätzlich hebt die Ehe den Schutz deliktisch geschützter Rechtsgüter eines Ehegatten nicht auf, kann diesen allenfalls beschränken. Nur betrogen zu werden ist aber kein (rechtlich) relevanter Eingriff in das Persönlichkeitsrecht oder Ehrgefühl (BGHZ 6, 360) Die Rechtsprechung hat dem räumlich-gegenständlichen Bereich der Ehe den Charakter eines absoluten Rechts beigemessen (BGHZ 6, 360), das sowohl gegenüber Dritten wie auch dem Ehepartner selbst geschützt ist. Anspruchsgrundlagen sind 823 Abs. 1 BGB und 1004 BGB analog => Keusch kann Untreu auf Entfernung der Winzertochter nach 823 Abs. 1 BGB, 1004 BGB analog in Anspruch nehmen. Eine Inanspruchnahme des Untreu aus 862 BGB kommt nicht in Betracht, da diesem der Mitbesitz aufgrund der Begründung der Lebensgemeinschaft im Sinne des 866 BGB zusteht Beendigung des Mitbesitzes durch 1361b BGB? Nur vorläufige Regelung ohne endgültige Besitzaufgabe 2. Kann Keusch die Winzertochter auf die Unterlassung der Nutzung der ehelichen Wohnung als Liebensnest in Anspruch nehmen? Siehe oben. 13. November 2014 Notar Dr. Christian Kesseler 12

Anspruchsziel 4: Schadenersatz wegen der Kosten der psychologischen Behandlung Kann Keusch den Untreu/die Winzertochter wegen der Kosten der psychologischen Behandlung in Anspruch nehmen? Ein Anspruch gegen Untreu aus der Verletzung seiner ehelichen Pflichten nach 280, 241, 1353 BGB kommt nicht in Betracht. Denkbar wäre ein Anspruch wegen der Verletzung der psychischen Gesundheit der Keusch als absolutem Rechtsgut nach 823 Abs. 1, 248 Abs. 2 BGB Fremdgehen allein kann insoweit keinen Anspruch auslösen, da es sich dabei nicht um ein widerrechtliches Verhalten des Untreu im Sinne des 823 BGB handelt Da das Fremdgehen in der Ehewohung aber widerrechtlich ist, kann insoweit ein Anspruch erwachsen, wenn der Schaden adäquat kausal (vorhersehbar) durch den Ehebruch verursacht ist - Tatfrage. 13. November 2014 Notar Dr. Christian Kesseler 13

Anspruchsziel 5: Gemeinsame Veranlagung Kann Untreu der Keusch die gemeinsame steuerliche Veranlagung bzw. im Trennungsfall die Durchführung des Realsplittings versagen? Aus 1353 BGB ergibt sich mit der Verpflichtung zur ehelichen Lebensgemeinschaft auch die Pflicht, die Vermögensinteressen des jeweils anderen zu beachten und ggfls. zu unterstützen. Namentlich gilt dies für die Erlangung steuerlicher Vorteile in Form der Zustimmung zur gemeinsamen Veranlagung (Splittingtarif) bzw. im Trennungsfall zum Realsplitting jeweils unter Ersatz etwaiger eigener Nachteile (BGH FamRZ 2005, 182, 183). 13. November 2014 Notar Dr. Christian Kesseler 14

Beschränkter Haftungsmaßstab nach 1359 BGB Untreu willigt schließlich doch in die gemeinsame steuerliche Veranlagung ein. Bei der von ihm erstellten Erklärung unterläuft ihm ein Fehler, sodass sowohl für ihn wie auch für Keusch eine Vorsorgeaufwendung nicht anerkannt wird. 1359 schränkt die Haftung der Ehegatten untereinander auf eigenübliche Sorgfalt (siehe auch 346 III [Rücktritt], 357 I [Widerruf], 690 [unentgeltlicher Verwahrer], 708 [Gesellschafter], 1664 [Eltern], 2131 [Vorerben]) ein. Geltung grundsätzlich für alle Ansprüche von Eheleuten untereinander, die im sachlichen und räumlichen Bezug zur Lebensgemeinschaft stehen ( 280 Abs. 1, 823 Abs. 1 etc.) 277 BGB beachten: Kein Ausschluss der Haftung für grobe Fahrlässigkeit Nach der Rechtsprechung keine Anwendung von 1359/277 BGB bei Verkehrsunfällen 13. November 2014 Notar Dr. Christian Kesseler 15

Aufgabenverteilung in der Ehe, 1356 BGB Die Bedeutung der Norm ist praktisch nicht gegeben, sie hat Appellfunktion. Und findet allenfalls im Bereich der so genannten Härteklauseln Anwendung, bspw. in Kombination mit 1360 BGB bei 1579 Nr. 7 BGB. Diskutiert wird inwieweit das Einvernehmen rechtsgeschäftlichen Charakter besitzt - im Ergebnis nicht. Bedeutung hat die Norm damit nur im Hinblick auf 1360 BGB (Unterhalt). 13. November 2014 Notar Dr. Christian Kesseler 16

Familienunterhalt nach 1360ff. BGB 1360 BGB verpflichtet die Ehegatten untereinander zum Familienunterhalt. a) Einsatz von Arbeit 1360 S. 1 - Arbeitsverteilung nach 1356 Sache des Einvernehmens - Haushaltsführung ist Erwerbsarbeit im Zweifel gleichwertig, 1360 S. 2 - bei Erwerbstätigkeit beider grds. auch Hausarbeitsverantwortung beide, Beteiligung dann anteilig nach Leistungsfähigkeit b) Einsatz von Vermögen, 1360 S. 1 BGB - grds. nur Vermögenserträge - Ausnahme im Notfall auch Substanz 13. November 2014 Notar Dr. Christian Kesseler 17

Familienunterhalt - Art und Umfang - a) Unterhalt wird als Naturalunterhalt geschuldet und grenzt sich so von Trennungs- und Scheidungsunterhalt ab. Wie durch die eheliche Lebensgemeinschaft geboten 1360a Abs. 2 BGB - vom Barunterhaltspflichtigen Wirtschaftsgeld b) Umfang richtet sich nach dem Lebensbedarf der Familie, wird also nicht nach dem Einkommen, sondern nach den tatsächlichen Verhältnissen bestimmt (BGHZ 158, 81: Unternehmensberater mit 14.000,-- /Monat netto lebt aus der Altkleidersammlung). c) Prozesskosten, 1360a Abs. 4 BGB d) Taschengeld - Rechtsprechungsschöpfung (siehe BGH FamRZ 1998, 608): Soll dem nicht/geringfügig erwerbstätigen Ehegatten zustehen. Relevanz nur bei Gläubigerpfändung; Umfang 5-7% des Monatseinkommens des Barunterhaltspflichtigen - gesetzliche Mithaft! 13. November 2014 Notar Dr. Christian Kesseler 18

Ansprüche gegen Dritte, 844 BGB Bei Verletzung oder Tötung des Ehepartners stehen dem jeweils anderen ggfls. Ansprüche gegen den Schädiger zu. Haushaltsführer: Ersatz der Kosten einer entsprechenden Haushaltshilfe Erwerbstätiger: Einkommens- bzw. Unterhaltsersatz 13. November 2014 Notar Dr. Christian Kesseler 19