Vorschlag der EU Kommission für eine zentrale Bankenaufsicht

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Transkript:

Die Bevollmächtigte der Freien Hansestadt Bremen 17.09.2012 beim Bund und für Europa EU Abt. Sitzung des Ausschusses für Integration, Bundes und Europaangelegenheiten, internationale Kontakte und Entwicklungszusammenarbeit der Bremischen Bürgerschaft am 25.09.2012 TOP 5: Vorschlag der EU Kommission für eine zentrale Bankenaufsicht Bericht I. Vorbemerkung Auf die Wirtschafts und Finanzkrise hat die Europäische Union in den vergangenen Jahren mit Beschlüssen zu einer vertieften wirtschaftlichen, fiskalen und institutionellen Integration geantwortet. Ein Bestandteil dieser Zielsetzung ist die Schaffung einer europäischen Bankenunion, die aus mehreren Säulen besteht. Die zentrale Bankenaufsicht durch die Europäische Zentralbank (EZB) stellt eine dieser Säulen dar. Dieses Vorhaben wurde von Kommissionspräsident Barroso bereits auf dem informellen Treffen des Europäischen Rates im Mai 2012 vorgebracht und mit der Gipfelerklärung der Staats und Regierungschefs vom 28./ 29. Juni 2012 gestützt. Rechtsgrundlage ist Art. 127, Abs. 6, des Vertrages von Lissabon, nach dem der EZB vom Rat durch einstimmigen Beschluss zentrale Aufgaben bei der Aufsicht von Kreditinstituten übertragen werden können. Auf dem Gipfel hatten die Mitglieder der Eurozone bereits eine entsprechende Absichtserklärung abgegeben, mit dem Hinweis einen diesbezüglichen Vorschlag bis Ende 2012 prüfen zu wollen. An den einheitlichen Aufsichtsmechanismus knüpften sie die Möglichkeit, Banken direkt mit dem Europäischen Stabilitätsmechanismus ESM zu rekapitalisieren. II. Vorschlag der Kommission für eine zentrale Bankenaufsicht Mit dem am 12. September 2012 vorgeschlagenen Gesetzgebungspaket kommt die Kommission der Aufforderung des Rates nach einer stärkeren monetären Integration nach. Sie schlägt einen weiteren wichtigen Schritt auf dem Weg zu einer Bankenunion vor, die im Wesentlichen aus drei Säulen bestehen soll: 1. Einheitliche Aufsicht 2. Gemeinsamer Abwicklungsmechanismus für angeschlagene Banken 3. Gemeinsamer Einlagensicherungsmechanismus Der nun vorliegende Vorschlag der Kommission stellt die erste Säule der Bankenunion dar und besteht aus (1) zwei Verordnungsvorschlägen zu den Aufsichtsbefugnissen der EZB und zur Anpassung der europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA) an die neue Struktur sowie (2) einer Mitteilung zur Bankenunion.

1. Verordnungsvorschlag für einen einheitlichen Aufsichtsmechanismus für Kreditinstitute im Euroraum Seit 2008 wurde eine Vielzahl von Maßnahmen zur Regulierung der Finanzdienstleistungen unternommen, um die Finanzkrise zu bekämpfen. Es hat sich jedoch gezeigt, dass insbesondere in der Eurozone eine alleinige Koordinierung der nationalen Bankenaufsichtsbehörden unzureichend ist. Darüber hinaus soll ein Mechanismus geschaffen werden, der die Negativspirale zwischen Bankenverschuldung und Staatsverschuldung durchbrechen kann, indem hochverschuldete Banken direkt aus dem ESM gestützt werden können. Aufgaben Mit dem Verordnungsvorschlag des Rates 1 soll der EZB die ausschließliche Zuständigkeit für zentrale Aufsichtstätigkeiten über sämtliche Banken übertragen werden, die im Euroraum zugelassen sind. Es handelt sich um Aufgaben, die für die Erkennung von Risiken, welche die Existenz von Banken bedrohen können, unverzichtbar sind. In diesem Rahmen soll die EZB insbesondere folgende Aufgaben wahrnehmen: Erteilung von Zulassungen und Lizenzen für Banken, bzw. deren Entzug, Überwachung der Einhaltung der Unionsvorschriften hinsichtlich der Eigenkapitalausstattung, der Liquidität, der Kapitalpuffer, der Beschränkung von Großkrediten und des Verschuldungsgrades, Durchführung von Stresstests, die der Überprüfung dienen Beaufsichtigung von Finanzagglomeraten (einzelne Versicherungsunternehmen unterliegen weiterhin der nationalen Aufsicht), Frühzeitige Intervention Sanktionen, Geldbußen Aufgabenabgrenzung zu den europäischen und nationalen Aufsichtsbehörden Die EZB soll ihre Aufgaben in Zusammenarbeit mit den Europäischen Aufsichtsbehörden wahrnehmen. Im Januar 2011 wurden bereits drei Europäische Finanzaufsichtsbehörden (ESA) geschaffen, die auch weiterhin bestehen bleiben sollen: die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA), die Europäische Wertpapier und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) und die Europäische Aufsichtsbehörde über das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung (EIOPA). Die drei Organe der ESA sind für alle 27 Mitgliedstaaten zuständig. Ihre Aufgabe ist es, die Stabilität des Finanzsystems im Binnenmarkt zu erhalten und für eine ordnungsgemäße Funktionsweise des Binnenmarktes für Finanzdienstleistungen zu sorgen. Den drei ESA kommen jeweils spezifische Aufgaben zu, so führen die EBA und die EIOPA Stresstests in ihrem jeweiligen Sektor durch, von der EBA wird auch die Rekapitalisierung der Banken in der Union überwacht. 1 Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Übertragung besonderer Aufgaben im Zusammenhang mit der Aufsicht über Kreditinstitute auf die Europäische Zentralbank COM (2012)511 final http://ec.europa.eu/internal_market/finances/docs/committees/reform/20120912 com 2012 511_de.pdf 2

Dennoch sind ihren Befugnissen Grenzen gesetzt und die meisten Bankaufsichtsbefugnisse verbleiben bei den nationalen Aufsichtsbehörden. Um die Schnittstelle und die Wechselwirkungen zwischen der EBA und der EZB als Aufsichtsbehörde zu definieren, wurde im Rahmen des Gesetzgebungspaketes ein Verordnungsvorschlag 2 vorgelegt, der die bestehende EBA Verordnung aus dem Jahr 2010 anpassen soll. Insbesondere geht es darum, ein Verfahren für etwaige Meinungsverschieden zwischen der EBA und der EZB in einem Krisenfall vorzuhalten. Käme die EZB in einem solchen Fall einer Aufforderung der EBA zur Durchsetzung bestimmter Maßnahmen nicht nach (was als unwahrscheinlich angesehen wird) könnte die EBA in dem Fall die erforderlichen Maßnahmen direkt bei dem betroffenen Finanzinstitut adressieren und durchsetzen. Die nationalen Aufsichtsbehörden sind nach dem Vorschlag weiterhin für den Verbraucherschutz, die Bekämpfung der Geldwäsche und für die Beaufsichtigung von Bankenzweigstellen aus Drittländern zuständig. Das Konzept des einheitlichen Aufsichtsmechanismus soll für die EZB und die nationalen Aufsichtsbehörden gelten. Die nationalen Behörden sollen Vorbereitungs, Unterstützungs und Durchführungsmaßnahmen nach den Maßgaben und auf Anweisung der EZB durchführen. Beispielsweise kann dies die Prüfung der Einhaltung von nationalen Zulassungsbedingungen sein, wenn eine neue Bank eine Zulassung beantragt. Der EZB würde dann die Zulassung der Bank von den nationalen Behörden vorgeschlagen. Auch könnten die nationalen Behörden die laufenden Prüfungen vor Ort vornehmen und Anträge der Banken zu internen Risikomodellen entgegen nehmen und prüfen. Die Verhängung von Sanktionen ist auch weiterhin von nationalen Behörden möglich. Organisation und Rechenschaft Innerhalb der EZB sollen die Bereiche Geldpolitik und Aufsicht organisatorisch voneinander getrennt sein. Das Aufsichtsgremium soll aus insgesamt sechs Vertretern der EZB (vier EZB Vertreter plus Vorsitz und stellvertretender Vorsitz aus dem EZB Rat) und jeweils einem Vertreter der nationalen Aufsichtsbehörden bestehen. Darunter soll es einen kleineren Lenkungsausschuss geben, der aus Vertretern des Aufsichtsgremiums besteht und vorbereitende Arbeiten tätigt. Einmal jährlich soll dem Europäischen Parlament (EP), dem Rat und der Kommission ein Rechenschaftsbericht vorgelegt werden. Der Vorsitzende des Aufsichtsgremiums der EZB soll dem EP und der Eurogruppe jährlich berichten, er kann darüber hinaus in den zuständigen Ausschüssen des EP angehört werden. Außerdem soll die EZB zur Beantwortung von Fragen aus dem EP oder der Eurogruppe verpflichtet werden. Inkrafttreten Die Kommission sieht für das Inkrafttreten der Verordnung eine phasenweise Umsetzung vor: 2 Vorschlag des Europäischen Parlamentes und des Rates zur Änderung der Verordnung (EU) 1093/2010 zur Errichtung einer Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Bankenaufsichtsbehörde) hinsichtlich ihrer Wechselwirkung mit der VO (EU) / des Rates zu Übertragung besonderer Aufgaben im Zusammenhang mit der Aufsicht über Kreditinstitute auf die Europäische Zentralbank, COM (2012) 512 final 3

Ab dem 01. Januar 2013 soll die EZB die zentrale Kontrolle über die Banken und Finanzinstitute bekommen, die bereits öffentliche finanzielle Unterstützung erhalten oder beantragt haben. Vom 01. Juli 2013 an soll die Verordnung für die großen systemrelevanten Finanzinstitute gelten. Diese decken bereits mindestens die Hälfte des Bankensektors der Eurozone ab. Eine Liste der betroffenen Institute soll am 01. Mai 2013 veröffentlicht werden. Spätestens zum 01. Januar 2014 soll die Verordnung vollständig in Kraft treten und für alle Finanzinstitute der Eurozone gelten, was nach eigenen Angaben der Kommission die Kontrolle über mehr als 6000 Kreditinstitute umfassen würde. Zum 01. Januar 2016 verpflichtet sich die Kommission, ihren ersten Evaluierungsbericht zur Umsetzung vorzulegen. 2. Fahrplan für eine Bankenunion In ihrer Mitteilung 3 Fahrplan für eine Bankenunion fasst die Kommission noch einmal die Kernelemente der angestrebten Bankenunion zusammen und mahnt zu einer zügigen Einigung der Gesetzgebungsorgane über die folgenden Vorschläge: Eigenkapitalausstattung: Gesetzgebungspaket (Richtlinie und Verordnung) zu erhöhten Eigenkapitalanforderungen (CRD IV, Umsetzung Basel III), in dem neue globale Standards für die Eigenkapital und Liquiditätsausstattung von Banken festgelegt werden. Einlagensicherung: Die Deckungssumme der nationalen Einlagensicherungssysteme wurde bereits zum 31. 12. 2010 auf 100.000 pro Institut und Anleger erhöht 4. Die Kommission hat im Juli 2012 einen weitergehenden Vorschlag vorgelegt, der eine grundlegende Überarbeitung und Harmonisierung des Einlagensicherungssystems für die Europäische Union zum Ziel hat. Hiernach soll es bei der höheren Deckung bleiben, die Verfahren für den Verbraucher sollen vereinfacht und die Auszahlung deutlich beschleunigt werden. Die Finanzierung der Sicherungssysteme soll durch die Banken erfolgen, allerdings nach einem Bemessungssystem, welches auch dem individuellen Risiko der einzelnen Banken Rechnung trägt. Außerdem soll es möglich sein, dass die jeweiligen Einlagensicherungssysteme sich gegenseitig in Notfällen Kredite vergeben können. Bankenrestrukturierung/ abwicklung: Der Vorschlag vom Juni 2012 zu Sanierungsund Abwicklungsinstrumenten für Krisenbanken zielt darauf ab, gezielter in das Management kriselnder Banken einzugreifen und die Finanzwirtschaft in angemessenem Umfang an etwaigen Bankenrettungsmaßnahmen zu beteiligen. Der Vorschlag sieht Mechanismen für die nationalen Behörden vor, um Banken erforderlichenfalls auf geordnete Weise abzuwickeln. Darüber hinaus sieht der Vorschlag die Einrichtung nationaler Abwicklungsfonds vor, die aus Beiträgen der nationalen Banken finanziert werden. 3 Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat Fahrplan für eine Bankenunion COM (2012) 510 final, http://ec.europa.eu/internal_market/finances/docs/committees/reform/20120912 com 2012 510_de.pdf 4 RICHTLINIE 2009/14/EG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 11. März 200 zur Änderung der Richtlinie 94/19/EG über Einlagensicherungssysteme im Hinblick auf die Deckungssumme und die Auszahlungsfrist 4

Zentrale Bankenaufsicht durch EZB: Zusammen mit dem aktuell vorliegenden Verordnungsvorschlag einer zentralen Bankenaufsicht durch die EZB (s.o.) sind dieses insgesamt vier weitreichende und umfängliche Gesetzgebungsvorhaben, die bis zum Jahresende verhandelt werden sollen. Einheitlicher Abwicklungsmechanismus: Als Ausblick stellt die Kommission in Aussicht, dass sie nach Einigung über die oben genannten Maßnahmen die Schaffung eines einheitlichen Abwicklungsmechanismus vorschlagen will, was auch einen gemeinsamen Restrukturierungsfonds beinhalten wird. III. Reaktionen auf den Kommissionsvorschlag Von Bundeskanzlerin Merkel und Finanzminister Schäuble gab es in ersten Äußerungen insbesondere Kritik an dem Zeitplan und dem Umfang der Überwachung, aber auch bei der Governance Struktur wird Nachbesserungsbedarf gesehen. Den von der Kommission vorgelegten Zeitplan zur stufenweisen Aufgabenübertragung bis 2014 lehnt das Finanzministerium als unrealistisch und nicht praktikabel ab. Es fürchtet, damit Erwartungen zu wecken, die operativ nicht eingehalten werden können. Nach Auffassung von Merkel und Schäuble sollen zunächst nur die systemrelevanten Banken von der EZB überwacht werden, während die nichtsystemrelevanten Banken weiterhin der Aufsicht der nationalen Behörden unterliegen sollen. Hinsichtlich der organisatorischen Trennung von Geldpolitik und Bankenaufsicht wird neben dem EZB Rat ein eigenes Gremium gefordert, dem zu Fragen der Bankenaufsicht die Letztentscheidungskompetenz zukommt. Auch erscheint das Verhältnis zwischen der bestehenden europäischen Bankenaufsicht EBA und der neuen Aufsicht EZB unzureichend ausdifferenziert und lässt nach Auffassung des Finanzministeriums viele Fragen ungeklärt. Hinsichtlich der Verhandlungen zu den bereits vorliegenden Gesetzgebungsvorschlägen zur Harmonisierung der Einlagensicherung, der Umsetzung von Basel III und der Abwicklung von Kreditinstituten schließt sich das Finanzministerium der Forderung nach einem zügigen Abschluss der Verhandlungen an, wobei es betont, dass ein grenzüberschreitender Lastenausgleich von deutscher Seite abgelehnt wird. In der Finanzbranche Deutschlands sorgt der Vorschlag für kontroverse Diskussionen: während die Privatbanken eine Überwachung aus einer Hand befürworten, laufen insbesondere die Sparkassen und Genossenschaftsbanken Sturm gegen eine Bankenunion für alle Finanzinstitute. Diese sei nur für die großen, systemrelevanten Banken vonnöten. Kleinere Regionalbanken sollten weiterhin unter der Aufsicht nationaler Behörden bleiben. Darüber hinaus lehnen sie eine gemeinsame europäische Einlagensicherung ab. Die Sparkassen und Genossenschaftsbanken garantieren ihren Kunden ihre Spareinlagen vollumfänglich, da die Finanzinstitute verpflichtet sind, sich im jeweiligen Verbund gegenseitig zu stützen. Bestünde darüber hinaus die Verpflichtung, Beiträge in einen europäischen Einlagenfonds einzahlen zu müssen, würde dieses zu Mehrkosten führen. Die gemeinsame europäische Einlagensicherung ist zwar angekündigt, aber nicht Gegenstand des jetzt vorliegenden Gesetzgebungspakets. Das Europäische Parlament stellt grundsätzlich die Forderung nach einer vollumfänglichen Einbeziehung des Europäischen Parlaments als Mitgesetzgeber bei den Vorschlägen zur Bankenunion (dieses ist für den VO Vorschlag zur Aufgabenübertragung auf die EZB nicht vorgesehen) und nach einer demokratischen Kontrolle durch das Parlament. Bislang sieht der 5

Vorschlag lediglich eine jährliche Information des EP durch die EZB vor. Inhaltlich bestehen im Europäischen Parlament ebenfalls Differenzen hinsichtlich der Frage, ob die EZB nur die großen systemrelevanten oder alle Banken beaufsichtigen soll. IV. Bewertung Der von der Kommission vorgelegte Vorschlag zu einer zentralen Bankenaufsicht durch die EZB lässt eine Vielzahl von Fragen offen, die angesichts des ambitionierten Zeitplanes bis zum vorgesehenen Inkrafttreten schwerlich alle ausgeräumt werden können. Unausgegoren erscheint insbesondere das Zusammenspiel der EZB mit den europäischen (insbesondere EBA) und den nationalen Aufsichtsbehörden. Hier bleibt der Verordnungsvorschlag an einigen Stellen (bewusst?) unklar, was aber in der Praxis zu ineffektivem Handeln und für die betroffenen Banken zu Unsicherheit hinsichtlich der Kompetenzen und Befugnisse der jeweiligen sie beaufsichtigen Institution führen dürfte. In der Zielsetzung einer europäischen Bankenunion, die sich auf alle 27 Mitgliedstaaten bezieht, stellt die zentrale Bankenaufsicht durch die EZB für die Banken des Euroraumes einen Fremdkörper dar. Zwar ist eine Schnittstelle zu den Mitgliedstaaten außerhalb des Euroraumes angelegt (ihnen steht eine vereinbarte Zusammenarbeit zwischen ihren nationalen Behörden und der EZB offen), gleichwohl ist noch unklar, wie sich die Umsetzung aller beabsichtigten Maßnahmen der Bankenunion auf die Aufsichtsfunktion der EZB auswirken wird. Die Frage, ob alle oder nur die systemrelevanten Banken beaufsichtigt werden sollen, könnte zunächst offen bleiben. Durch Verlängerung der Einführungsphase (zunächst nur systemrelevante Banken) und einem damit verbundenen längeren Erprobungszeitraum könnte sie zu einem späteren Zeitpunkt beantwortet werden. 6