Winter Jansen Lamsfuß. www.winter-jansen-lamsfuss.de. Dr. Andreas Künne Fachanwalt für Familienrecht und Erbrecht



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Transkript:

Rechtsanwälte Recht Aktuell www.winter-jansen-lamsfuss.de Ausgabe 01 2012 Auf ein Wort Erbrecht unser neues Kompetenzfeld Sehr geehrte Damen und Herren, mehr als 11 Jahre war unsere Kollegin Frau Christiane Jansen als Chefredakteurin verantwortlich für unsere Mandantenzeitschrift Recht Aktuell. Leider kann sie diese Aufgabe aus beruflichen Gründen nun nicht mehr wahrnehmen. Wir freuen uns, Ihnen mitteilen zu können, dass der Vorstand der Rechtsanwaltskammer Köln unserem Kollegen, Herrn Rechtsanwalt Dr. Andreas Künne, der bereits Fachanwalt für Familienrecht ist, am 07.12.2011 gestattet hat, die Bezeichnung Fachanwalt für Erbrecht zu führen. Wir bedanken uns sehr herzlich für die langjährige Zusammenarbeit! Nun übernimmt unser Kollege Herr Rechtsanwalt Oliver Titze die Chefredaktion. Eine ausführliche Rechtsberatung kann und will diese Publikation nicht ersetzen; wenn es uns aber gelingt, die eine oder andere Frage zu beantworten oder Sie einfach für bestehende Probleme zu sensibilisieren, haben wir unser Ziel erreicht. Ihre Anwaltskanzlei Dr. Andreas Künne Fachanwalt für Familienrecht und Erbrecht Im Folgenden möchten wir Ihnen über den Sinn und Zweck von Vorsorgeerklärungen und einer Testamtentserrichtung berichten. Unser Wunsch dabei ist, Ihnen die Wichtigkeit einiger Fragen nahezubringen. Fragen, die in bestimmten Situationen von existentieller Bedeutung sein können: Beispielsweise Wer soll mein Vermögen verwalten?, Wer organisiert eine ambulante Hilfe?, Wer sucht einen Platz im Pflegeheim?, Wer entscheidet bei Operationen?, Wer sorgt dafür, dass meine persönlichen Wünsche und Entscheidungen berücksichtigt werden? oder Welche Vorstellungen habe ich eigentlich von all dem? Wir gratulieren ihm ganz herzlich zu diesem Erfolg! werden. Denn, vergessen wird häufig die Gefahr, durch eine unvorhergesehene Erkrankung oder einen schweren Unfall in die Lage zu kommen, eigene persönliche Angelegenheiten nicht mehr selbst regeln zu können. Lesen Sie weiter auf Seite 2 Diese und viele andere Fragen stellen sich und sollen in Ihrem Sinne gelöst Ausgabe 1 2012 1

Recht Aktuell Vernünftige Zukunftsplanung mehr als nur eine nachhaltige Vermögensbildung Vorsorge fürs Alter. Für viele Menschen ist eine vorausschauende Vorsorge und Einkommenssicherung selbstverständlich. Diese finanzielle Absicherung bleibt dabei leider allzu oft alleine im Fokus. Darüber hinaus ist eine etwas andere Altersvorsorge wichtig. TEXT: Dr. Andreas Künne, Fachanwalt für Familienrecht und Erbrecht Vertretungsmacht, die dann ein Handeln für den Partner oder die Eltern ermöglichen würde. Vielmehr kommt es, wenn nicht rechtzeitig Vorsorge getroffen wird, in solchen Konstellationen, in denen jemand aufgrund körperlicher oder geistiger Beeinträchtigungen nicht zur Regelung seiner rechtlichen Angelegenheiten in der Lage ist, durch das zuständige Gericht zur Anordnung einer Betreuung und Bestellung eines Betreuers. Dieser Betreuer hat dann zwar Wünsche des Betroffenen zu berücksichtigen. Jedoch unterliegt er keinen Weisungen und ist primär nur dem Gericht gegenüber verantwortlich. Eine hilfreiche Stütze im Alter: rechtzeitig eigene Wünsche erklären und vorsorgen. > Vorsorgeerklärungen Die etwas andere Form der Altersvorsorge betrifft nicht die finanzielle Absicherung im Alter, sondern die rechtzeitige Klärung der Frage, wer sich um die rechtlichen Angelegenheiten von einem selbst kümmert, wenn die bisherigen, geordneten Lebensverhältnisse plötzlich gravierend verändert werden. Betreuung durch gesetzlichen Vertreter Die Betreuung ist in den 1896 ff BGB geregelt und greift dann, wenn jemand aufgrund körperlicher oder geistiger Beeinträchtigungen nicht mehr in der Lage ist, sich um seine rechtlichen Angelegenheiten zu kümmern. Die Betreuung wird durch ein Gericht per Beschluss angeordnet. Im Detail ist dann festgelegt, für welchen Eine oft unzutreffende Annahnme Eine weitverbreitete, immer wieder anzutreffende Auffassung ist, dass in solchen Konstellationen automatisch der jeweilige Ehepartner oder die Abkömmlinge für den Ehepartner bzw. den Vater oder die Mutter handeln können. Jedoch gibt es prinzipiell keine automatisch eingreifende gesetzliche Aufgabenkreis welche Person zum Betreuer bestellt wird. Dieser Betreuer vertritt im festgelegten Aufgabengebiet als dessen gesetzlicher Vertreter den Betroffenen. Eine Aufhebung der Betreuung oder Auswechselung der Person des Betreuers ist nur durch das Gericht möglich. Eine Vorsorgevollmacht hilft Ein solcher Zustand lässt sich am besten vermeiden, indem eine sogenannte Vorsorgevollmacht errichtet wird. Das Gesetz fördert sogar die Erteilung einer solchen Vollmacht, da in den Vorschriften über das Betreuungsrecht ausdrücklich geregelt ist, dass es, solange die Angelegenheiten der betroffenen Person auch durch einen Bevollmächtigten wahrgenommen werden können, keiner Betreuung bedarf. Daher sollte eine Vertrauensperson bevollmächtigt werden, sich erforderlichenfalls um die vermögensrechtlichen als auch um die persönlichen Angelegenheiten zu kümmern. Dazu zählen Rechtsgeschäfte jeder Art wie auch notwendige Antragstellungen als auch Fragen der Gesundheitsfürsorge und der Unterbringung. Im Detail sollte schriftlich geregelt werden, ob eine Person alle Angelegenheiten wahrnehmen oder eine Aufteilung erfolgen soll, wer als Ersatzperson in Betracht kommt, ob die Vollmacht 2 Ausgabe 1 2012

Recht Aktuell über den Tod hinaus Gültigkeit haben darf und wie das Verhältnis zwischen Vollmachtgeber und Bevollmächtigten auszusehen hat. Neben dieser Vorsorgevollmacht sollte auch noch Vorsorge durch eine sogenannte Patientenverfügung getroffen werden. Die Fortschritte in der Medizin, gerade durch die sogenannte Apparatemedizin, führen unter Umständen dazu, dass das Leben auf unerträgliche Weise verlängert wird, da Ärzte im Zweifelsfall gehalten sind, alles Erdenkliche zu tun, um das Leben zu erhalten. Mittels der Patientenverfügung kann der eigene Wille bezüglich der Ausgestaltung von medizinischen Maßnahmen für den Fall der eigenen Handlungsunfähigkeit niedergelegt werden. Dabei sollte nicht nur floskelhaft niedergelegt werden, in Würde sterben zu wollen, da dieses jeder anders definiert. Vielmehr ist im Detail darzulegen, welche ärztlichen Maßnahmen eines Tages noch gestattet sind. Das betrifft neben der Schmerz- und Symptombehandlung auch Fragen der künstlichen Ernährung und Flüssigkeitszufuhr, den Aspekt der künstlichen Beatmung als auch die Vergabe von Antibiotika. > Testamentserrichtung Die meisten verschieben die Frage, was im Falle ihres Todes einmal passieren soll, so lange, bis es irgendwann zu spät ist. Während wir vermutlich Weltmeister im Abschluss von Versicherungen sind, von denen wir glücklicherweise viele nie in Anspruch nehmen müssen, werden die Folgen des Versterbens und die Auswirkungen auf die nächsten Angehörigen nicht problematisiert, obwohl das eigene Ableben mit Sicherheit eines Tages eintreten wird! Sofern beispielsweise kein formwirksames Testament existiert, regelt das Gesetz die Folgen, mit zum Teil ungewollten Testament. Eine klare Regelung des Nachlasses beugt einem Streit unter den Erben vor. und für die Hinterbliebenen unter Umständen sehr belastenden Konsequenzen. Erbengemeinschaft per Gesetz Wenn zum Beispiel bei Eheleuten mit zwei gemeinsamen Kindern plötzlich einer verstirbt, gibt es kraft Gesetzes eine Erbengemeinschaft bestehend aus dem überlebenden Ehepartner und den gemeinsamen Kindern. Eine solche Erbengemeinschaft muss eines Tages einmal wie es so schön im Gesetz heißt auseinandergesetzt werden, d. h., die Erben müssen sich über die Aufteilung des vorhandenen Nachlasses verständigen. Solange sich alle Mitglieder der Erbengemeinschaft vertragen, entstehen keine Probleme. Jedoch kommt es viel schneller zu einer Auseinandersetzung im wahrsten Sinne des Wortes, weil häufig die Interessen völlig gegenläufig sind. Dem überlebenden Ehepartner wird es vor allem darauf ankommen, in seiner angestammten Umgebung weiterleben zu können, während die Kinder vielleicht ein Interesse daran haben, eine Aufteilung des Erbes vorzunehmen, um selber an finanzielle Mittel für den Aufbau einer eigenen Altersabsicherung zu gelangen. Vielmehr noch sind es häufig nicht die eigenen Kinder, sondern das Umfeld der eigenen Verwandtschaft, das dazu beiträgt, dass sich ein bislang friedlicher Familienverbund in Lager aufspaltet. Deshalb ist es notwendig, rechtzeitig, beispielsweise durch ein Testament, klar zu regeln, wer was im Falle des eigenen Ablebens erhalten soll. Ein solches Vorgehen empfiehlt sich nicht nur bei schon lange verheirateten Ehepaaren, sondern auch bei den sog. Patchworkfamilien, nicht verheirateten Lebensgemeinschaften oder jungen Familien, um die Absicherung der eigenen, noch jungen Kinder zum Beispiel durch eine Testamentsvollstreckung sicherzustellen. Wichtig ist es, in allen genannten Konstellationen eine Regelung zu treffen, die den individuellen Bedürfnissen entsprechend Rechnung trägt. Wir beraten Sie gern bei der Abfassung und Ausarbeitung sog. Vorsorgeerklärungen und letztwilliger Verfügungen in Gestalt eines Testamentes. Erbengemeinschaft bei mehreren Erben Die Erbengemeinschaft ist in den 2032 ff BGB geregelt. Wenn ein Erblasser mehrere Erben hinterlässt, so wird der Nachlass gemeinschaftliches Vermögen aller Erben. Die Erbquoten stehen kraft Gesetzes fest. Die Verwaltung des Nachlasses hat gemeinschaftlich zu erfolgen. Die Erben müssen sich darüber verständigen, wie der Nachlass aufgeteilt werden soll. Ausgabe 1 2012 3

Recht Aktuell Berufstätige können Pflegezeit nehmen sie darf jedoch nicht gesplittet werden Pflegezeitgesetz. Ist die Aufteilung des maximal sechsmonatigen Pflegezeitanspruchs pro pflegebedürftigen nahen Angehörigen auf mehrere Zeitabschnitte zulässig? Wir geben Antwort. TEXT: Frank Neumann, Fachanwalt für Arbeitsrecht Frank Neumann, Fachanwalt für Arbeitsrecht Der Sachverhalt: Der Kläger hatte der Arbeitgeberin am 12.02.2009 mitgeteilt, dass er im Zeitraum vom 15.06.2009 bis 19.06.2009 seine pflegebedürftige Mutter unter Inanspruchnahme von Pflegezeit in häuslicher Umgebung pflegen wollte. Mit Schreiben vom 09.06.2009 zeigte der Kläger an, er werde seine Mutter auch am 28.12.2009 und 29.12.2009 pflegen. Die Beklagte widersprach dem. Gegen die nicht erfolgte Zulassung der Pflegezeit wandte sich der Kläger mit der Klage. sechs Monaten unterschreitet. Eine mehrmalige Inanspruchnahme der Pflegezeit für denselben Angehörigen sei nicht möglich (BAG, Urteil vom 15.11.2011, Az.: 9 AZR 348/10). RA-Praxis-Tipp: Arbeitnehmern, die Pflegezeit für Angehörige in Anspruch nehmen wollen, ist damit anzuraten, genau zu überlegen, in welchem Umfange und zu welcher Zeit Freistellung von der Arbeitsleistung beantragt werden kann. Nach der Entscheidung des BAG hat der Arbeitnehmer nur einen Freischuss. Die Entscheidung: Nach 3 PflegeZG (Pflegezeitgesetz) hat jeder Beschäftigte in Betrieben mit mehr als 15 Arbeitnehmern Anspruch auf vollständige oder teilweise Freistellung von der Arbeitsleistung, wenn er einen pflegebedürftigen nahen Angehörigen in häuslicher Umgebung pflegen möchte. Das Bundesarbeitsgericht hat jetzt entschieden, dass ein Arbeitnehmer dieses Gestaltungsrecht nur ein Mal in Anspruch nehmen kann, auch dann, wenn die genommene Pflegezeit die Höchstdauer von Menschlich. Eine häusliche Pflege ist oft die Alternative zum Pflegeheim. Vermeintlich gratis, doch teuer im Kleingedruckten. Endlich Anklage gegen Abo-Fallen-Betrüger! Verbraucherschutz. Abo-Fallen heißen im Netz Angebote, die den Eindruck erwecken, sie würden nichts kosten. Zumindest so lange, bis eine hohe Gebührenrechnung oder eine Rechnung für ein Jahresabonnement kommt. TEXT: Dr. Reinhard Göbel, Rechtsanwalt Die Justiz geht hart gegen Abo-Fallen- Betrüger vor. So hat jüngst die Staatsanwaltschaft Dortmund Anklage gegen zwei Brüder sowie deren Inkassoanwalt erhoben. Dabei gelten die angeklagten Brüder als die Miterfinder der Abo-Fallen-Abzocke. RA-Praxis-Tipp: Überprüfen Sie die Rechtmäßigkeit der Forderung bei diesen dubiosen Abkassierern! Zumeist sind diese Forderungen nicht berechtigt, auch wenn ein eingeschalteter Anwalt etwas anderes behauptet. 4 Ausgabe 1 2012

Recht Aktuell Grenzen bei Ansammlung von Urlaubstagen bei längerer Krankheit Europäischer Gerichtshof (EuGH). Die Möglichkeit einer Ansammlung von Ansprüchen auf nicht genommenen bezahlten Jahresurlaub kann zeitlich begrenzt werden. Sören Riebenstahl, Fachanwalt für Arbeitsrecht Der EuGH hat das deutsche Urlaubsrecht im Visier und sorgt mit einem neuen Urteil wieder für Furore und Verwirrung. Der EuGH hatte das deutsche Urlaubsrecht mit Urteil vom 20.01.2009 maßgeblich zum Vorteil der Arbeitnehmer beeinflusst, indem er dauererkrankten Arbeitnehmern ein Ansparen von Urlaubsansprüchen unbegrenzt, über mehrere Jahre, zubilligte. Zum Beispiel kann ein mehrjährig erkrankter Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis endet, nun den Urlaub, den er während der Arbeitsunfähigkeit angespart hat, ausbezahlt verlangen. Das Bundesurlaubsgesetz sieht demgegenüber in 7 Abs. 4 einen Verfall des Anspruchs spätestens am 31.03. des Folgejahres vor und steht damit nach Auffassung des EuGH nicht im Einklang mit der europäischen Arbeitszeitrichtlinie (vgl. Recht Aktuell, 2. Ausgabe 2009). TEXT: Sören Riebenstahl, Fachanwalt für Arbeitsrecht Nun zieht der EuGH so scheint es mit einer Entscheidung vom 22.11.2011 die Notbremse und erklärt, dass durch eine nationale Regelung ( einzelstaatliche Rechtsvorschriften oder Gepflogenheiten wie etwa Tarifverträge ) die Möglichkeit der Ansammlung von Ansprüchen auf nicht genommenen bezahlten Jahresurlaub zeitlich begrenzt werden kann. Im konkreten Fall sah ein Tarifvertrag vor, dass im Falle der Arbeitsunfähigkeit der nicht genommene Jahresurlaub nach Ablauf einer Übertragungsfrist von 15 Monaten erlischt. Der EuGH begründet die Wirksamkeit dieser Begrenzung damit, dass ein unbegrenztes Ansammeln nicht mehr dem Zweck des Urlaubsanspruchs entspreche (Entspannung und Freizeit). Weiterhin müsse der Arbeitgeber vor der Gefahr der Ansammlung von zu langen Abwesenheitszeiten geschützt werden. Der Übertragungszeitraum müsse die Dauer des Bezugszeitraums (1 Jahr) deutlich überschreiten. 15 Monate seien jedenfalls vernünftig. Randnotiz Herausgabepflicht des Dienstwagens nach fristloser Kündigung Ist ein Arbeitsverhältnis fristlos gekündigt, muss der Arbeitnehmer den überlassenen Dienstwagen an den Arbeitgeber zurückgeben. Das gilt auch dann, wenn über die Rechtmäßigkeit der Kündigung noch gestritten wird und der Arbeitnehmer dagegen gerichtlich vorgeht (Arbeitsgericht Stuttgart, Urteil vom 18.05.2010, 16 Ga 50/10). Europäische Ungereimtheiten So weit so gut. Eine Begrenzung ist sicherlich wichtig und sinnvoll. Nur was sind Gepflogenheiten? Was bedeutet deutlich überschreiten in Monaten? Nach meiner Auffassung kann eine solche Begrenzung wohl nur durch Gesetz oder Tarifvertrag erfolgen. Eine gesetzliche Begrenzung gibt es nicht und derartige Regelungen in Tarifverträgen sind (noch) sehr selten. Es bleibt also i. d. R. noch beim unbegrenzten Ansparen, es sei denn, ein deutsches Arbeitsgericht traut sich, die Gepflogenheiten näher zu definieren. Arbeitnehmerfreundlich. Der Urlaubsanspruch verfällt nicht mehr automatisch zum 31.03. des Folgejahres. Dauerhaft kranke Arbeitnehmer können ihren Urlaub künftig über Jahre ansparen. RA-Kommentar: Über die Herausgabe des Dienstwagens bei einer fristlosen oder fristgerechten Kündigung wird gerne und mit erheblicher Vehemenz vor den Gerichten gestritten. Sollte in dem obigen Fall das Arbeitsgericht feststellen, dass die Kündigung unwirksam war, so steht nach der Rechtsprechung des BAG dem Arbeitnehmer ein Schadensersatzanspruch in Höhe des 1 %-Wertes des Kfz zu. Einen höheren Schadensersatz lehnt die Rechtsprechung ab. Ausgabe 1 2012 5

Recht Aktuell Welche Arbeitszeugnis-Formulierungen sind erlaubt? Wir bieten Beratung! Arbeitszeugnis-Code. Die Formulierungen in Arbeitszeugnissen sind nicht so leicht zu durchschauen. Hier finden Sie Beispiele, was einzelne Arbeitszeugnis-Formulierungen tatsächlich bedeuten. TEXT: Frank Neumann, Fachanwalt für Arbeitsrecht Bundesarbeitsgericht: Arbeitszeugnisformulierung als sehr interessierten und hoch motivierten Mitarbeiter kennengelernt ist nicht zu beanstanden. Diese Formulierung erweckt aus Sicht des objektiven Empfängerhorizonts nicht den Eindruck, dem Arbeitnehmer werde in Wahrheit Desinteresse und fehlendes Engagement bescheinigt. Dies hat das Bundesarbeitsgericht nunmehr entschieden (Urteil vom 15.11.2011, Az.: 9 AZR 386/10). Der Arbeitnehmer, der in den Jahren 2004 bis 2007 bei der Firma SAP beschäftigt war, vertrat in allen drei Instanzen die Auffassung, dass diese Formulierung in der Berufswelt überwiegend negativ verstanden werde. Damit bringe der Arbeitgeber verschlüsselt zum Ausdruck, dass gerade das Gegenteil der jeweiligen Aussage zutreffe. Beispiele für Arbeitszeugnis-Formulierungen und ihre negative Bedeutung für Arbeitnehmer Wann ist eine verschlüsselte Negativbewertung anzunehmen? War mit Interesse bei der Sache Seine Auffassungen wusste er intensiv zu vertreten Wir lernten ihn als umgänglichen Kollegen kennen Er hatte alle Arbeiten pflichtbewusst erledigt Er war sehr tüchtig und wusste sich gut zu verkaufen Das Verhalten von Herrn Müller gegenüber Mitarbeitern und Vorgesetzten war stets einwandfrei Hat sich angestrengt, aber nichts geleistet Übersteigertes Selbstbewusstsein Viele Mitarbeiter sahen ihn lieber von hinten als von vorne Er war ein Bürokrat ohne Eigeninitiative Er war ein rechthaberischer Wichtigtuer Er hatte zu seinen Mitarbeitern ein weit besseres Verhältnis als zu seinen Vorgesetzten (richtige Reihenfolge Vorgesetzte und Mitarbeiter ) Grundsatz der Zeugnisklarheit Dieser Auffassung hat das BAG nunmehr eine Abfuhr erteilt. Zwar gelte immer noch der Grundsatz der Zeugnisklarheit, allerdings sei die gerügte Formulierung keine verschlüsselte Botschaft dahingehend, dass die Arbeitgeberin dem Kläger Desinteresse und fehlende Motivation attestieren wolle. Unter die Lupe genommen. Wir liefern Ihnen gerne eine detaillierte Erklärung der Verschlüsselungstechniken. 6 Ausgabe 1 2012

Recht Aktuell Anspruch der Presse auf Grundbuch-Einsicht von Politikergrundstücken Der Fall Wulff. Das Nachrichtenmagazin Der Spiegel erhielt Informationen darüber, dass der Bundespräsident zur Finanzierung des Erwerbs eines Hausgrundstückes in Großburgwedel bei Hannover Vergünstigungen durch einen Osnabrücker Unternehmer erhalten habe. TEXT: Carsten Krug, Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht Im Rahmen der hierauf aufbauenden journalistischen Recherche beantragte die Herausgeberin des Nachrichtenmagazins Der Spiegel beim Amtsgericht Burgwedel die Einsichtnahme in das Grundbuch und in die Grundakten des Hausgrundstückes des Bundespräsidenten. Das Amtsgericht Burgwedel Grundbuchamt wies den Antrag zurück, auf Beschwerde hat das Oberlandesgericht Celle dem Nachrichtenmagazin Der Spiegel mitgeteilt, dass eine Eigentümergrundschuld im Grundbuch eingetragen sei und dass sämtliche in früherer Zeit am Grundstück eingetragenen Grundpfandrechte gelöscht seien. Über die Höhe der Eigentümergrundschuld wurde keine Auskunft erteilt. Gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Celle wurde erfolgreich Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof eingelegt. Volles Einsichtsrecht gestattet Durch Beschluss vom 17.08.2011 hat der Bundesgerichtshof der Herausgeberin des Spiegels das volle Einsichtsrecht in das Grundbuch gestattet. Begründet wurde dies damit, dass das BVerfG bereits entschieden hat, dass ein schutzwürdiges Interesse der Presse besteht, von den für ein bestimmtes Grundstück vorgenommenen Eintragungen Kenntnis zu erlangen, soweit es um die Beschaffung journalistisch verwertbarer Informationen im Zusammenhang mit dem Kauf des Grundstückes geht und das Akteneinsichtsrecht der vom Schutzbereich der Pressefreiheit erfassten publizistischen Vorbereitungstätigkeit zuzuordnen ist. Berechtigtes Informationsinteresse Schutzwürdige Belange des aktuellen Eigentümers sowie der Voreigentümer des Grundstücks stünden dem Einsichtsrecht der Presse nicht entgegen. Der Presse ist die Einsicht zu gestatten, wenn ein berechtigtes Informationsinteresse am Inhalt des Grundbuches und der Grundakten besteht. Dies ist im Fall des Hausgrundstückes des Bundespräsidenten vom Bundesgerichtshof bejaht worden, da ein anzuerkennendes journalistisches Rechercheinteresse vorlag, herauszufinden, ob der Bundespräsident seinen Hauskauf über ein Bankdarlehen mit entsprechender grundbuchlicher Absicherung des Finanzierungsinstitutes gekauft hat oder ob er ein Privatdarlehen ohne dingliche Absicherung des Darlehensgebers im Grundbuch in Anspruch genommen hatte. Das Urteil des BGH ist die Fortführung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Von der Pressefreiheit umfasst ist die journalistische Recherche. Diese wiederum setzt einen umfassenden Zugang zu allen möglichen Informationsquellen voraus und in Fällen wie dem des Hauskaufes durch den Bundespräsidenten eben auch die uneingeschränkte Einsicht in Grundbuch und Grundakte. Der Bundesgerichtshof hat festgehalten, dass die Grundbuchämter bei der Frage der Gewährung von Akteneinsicht nur zu prüfen haben, ob die verlangte Einsicht einen Bezug zur Presserecherche und die Recherche selbst einen Bezug zu einem möglicherweise berichtenswerten Vorgang hat. Die Grundbuchämter bzw. die Gerichte haben hingegen nicht zu prüfen, ob auch Teilinformationen ausreichend sein können oder ob der durch die Presse recherchierte Verdacht durch die Grundbuchinhalte bestätigt oder widerlegt wird. Auch Eheleute Juhnke unter der Lupe Der Fall des Bundespräsidenten ist insoweit nicht einzigartig. Bereits im Jahr 2003 gab es einen ähnlichen Fall bezüglich des Entertainers Harald Juhnke. Auch hier begehrte die Presse mit Erfolg Grundbuchauszug: ein amtliches und gleichwohl öffentliches Schriftstück. Einsicht in das Grundbuch bezüglich der Villa der Familie Juhnke in Berlin. Aus der Grundbucheinsicht ergab sich wiederum, dass Susanne Juhnke, die Ehefrau von Harald Juhnke, ein Darlehen über damals eine Million DM aufgenommen hatte, welches durch eine Grundschuld auf der Immobilie abgesichert worden ist. Darüber hinaus ergab sich aus der Grundbucheinsicht, dass Harald Juhnke das Eigentum an der Villa im Jahre 1998 seiner Ehefrau überschrieben hatte und ihm im Gegenzug ein lebenslanges Wohnrecht eingeräumt worden war. Frau Juhnke wiederum musste offensichtlich das Darlehen aufnehmen, um die Pflegekosten für Harald Juhnke bezahlen zu können. Dieser war vier Monate nach seinem letzten Alkoholabsturz, der ihn in die Altersdemenz führte, in einem Pflegeheim untergebracht worden. In diesem Zusammenhang berichtete die Presse bereits zuvor, dass Susanne Juhnke wegen der hohen Pflegekosten für ihren Ehemann Geldsorgen habe. Ausgabe 1 2012 7

Recht Aktuell Neue Regelungen in Sachen Verkehrssicherheit von Experten angestoßen Verkehrsgerichtstag. Vom 25. bis 27. Januar 2012 fand in Goslar der 50. Deutsche Verkehrsgerichtstag statt. An diesem nahmen 1800 Juristen, Verkehrsmediziner, technische Sachverständige, Polizei- und Verwaltungsbeamte sowie Vertreter von Autoclubs und der Versicherungswirtschaft teil. TEXT: Oliver Titze, Fachanwalt für Steuerrecht und Verkehrsrecht dass sportliche Radfahrer ohne Helm unter Umständen keine volle Entschädigung erhalten, wenn sie mit einem Auto kollidieren. Sogenannte Bierbikes, in denen Gruppen von Partygästen meist unter Alkoholgenuss unterwegs sind, sollen nur noch mit Sondergenehmigungen auf öffentlichen Straßen fahren dürfen. Helmpflicht für besonders schnelle Zeitgenossen unter den Radfahrern. Dabei wurden von den verschiedenen Arbeitskreisen folgende Empfehlungen beschlossen: Ärzte sollen Fahruntüchtige anzeigen Sehr kranke Patienten dürfen von Ärzten bei der Polizei angezeigt werden, wenn sie partout nicht auf das Autofahren verzichten wollen. Das empfiehlt die Mehrheit der Experten in Goslar. Ärzte seien in solchen Extremfällen nicht mehr an ihre Schweigepflicht gebunden. Grund: Schwerkranke, die sich ans Steuer setzen, gefährden das Leben und die Gesundheit der anderen Verkehrsteilnehmer in besonderem Maße. Selbst herzkranke Menschen sind aber nicht automatisch verkehrsuntüchtig. So sollten Herzpatienten laut dem Auto Club Europa mit ihrem Hausarzt besprechen, unter welchen Bedingungen sie noch Autofahren dürfen. Als Basis für die Beurteilung von Herzpatienten kann eine Checkliste dienen, die die deutsche Gesellschaft für Kardiologie veröffentlicht hat. Mit den aktuellen Regeln zu krankheitsbedingter Einschränkung der Fahreignung sind die Goslarer Experten hingegen nicht zufrieden. Die Regeln müssten schneller neusten medizinischen Erkenntnissen angepasst werden. Autofahrer, denen die Fahrtüchtigkeit wegen Krankheit abgesprochen wird, haben unter Umständen gute Chancen, gegen ein Gutachten zu klagen. Die Kosten einer solchen Klage zahlen grundsätzlich die Rechtsschutzversicherungen. Helmpflicht für Speed-E-Bike-Fahrer Schon 600.000 Pedelecs sind in Deutschland unterwegs. Die Fahrräder mit elektrischem Zusatzantrieb erfreuen sich über die Altersgruppen hinweg wachsender Beliebtheit. Künftig soll für die Renn- E-Bikes, die Geschwindigkeiten bis zu 45 km/h auch ohne Pedaleinsatz erreichen können, eine Helmpflicht gelten. Die Hersteller werden aufgefordert, schnell geeignete Helme zu entwickeln. Für die kleinen Pedelecs, die nur bis Tempo 25 km/h unterstützt werden, empfehlen die Goslarer Experten, zum Eigenschutz Fahrradhelme zu tragen und für den Schutz möglicher Opfer eine private Haftpflichtversicherung abzuschließen. Alle Fahrradfahrer sollen grundsätzlich einen Helm tragen. Kay Nehm, Präsident des Verkehrsgerichtstages, wies darauf hin, Ansprüche naher Angehöriger von Unfallopfern Beim Unfalltod naher Angehöriger sollen Hinterbliebene künftig immer ein Schmerzensgeld erhalten. Bisher gilt dies nur, wenn die Hinterbliebenen nachweislich schwer seelisch erkranken. Diese Entschädigung wegen Schockschaden reicht nach Meinung des Verkehrsgerichtstages nicht aus. Die Grenzen sollen etwas weiter gezogen werden, fordert Nehm. Gedacht ist aber eher an eine symbolische Entschä- Fußgänger haben immer Vorrang. Sie sollen besonders in verkehrsberuhigten Zonen geschützt werden. 8 Ausgabe 1 2012

Recht Aktuell digung für das entstandene Leid. Das neue Angehörigen-Schmerzensgeld soll nur für die fremd verursachte Tötung von Ehe-Lebenspartnern sowie Eltern und Kindern gelten. Über die Höhe sollen die Gerichte im Einzelfall entscheiden. Unterhaltszahlungen könnte es künftig auch außerhalb der gesetzlichen Ehe geben, wenn ein Partner getötet wird. Der Gesetzgeber wird aufgefordert zu prüfen, ob das bürgerliche Recht auf Lebensgemeinschaften erweitert werden kann. Kfz-Gutachten oft mangelhaft Der Anteil mangelhafter Gutachten und unqualifizierter Sachverständiger ist nach Erkenntnissen der Goslarer Experten immer noch sehr hoch. Diese Misere, die nach einem Unfall immer wieder zu Streit mit den Versicherungen führt, unter dem unfallgeschädigte Autofahrer leiden müssen, soll künftig durch eine bessere Ausbildung der Kfz- Sachverständigen beendet werden. Vorgeschlagen wird eine ingenieurähnliche Ausbildung. Gleichzeitig soll eine einheitliche Gebührenordnung für mehr Oliver Titze, Fachanwalt für Steuerrecht und Fachanwalt für Verkehrsrecht Rechtssicherheit bei den Honoraren der Sachverständigen sorgen. Hier beklagen Versicherer immer wieder überzogene Rechnungen. Ähnliche Reformvorschläge für Kfz-Sachverständige hatte der Verkehrsgerichtstag bereits 1985 und 2003 gemacht geändert hat sich bisher nichts. Die Regierung ist untätig geblieben. Nicht durchsetzen konnte sich die Forderung, dass Sachverständige, die von Versicherern eingesetzt werden, den Kunden mitteilen müssen, wenn sie überwiegend für die Gegenseite arbeiten. Kunden müssen daher weiterhin Gutachten kritisch prüfen und notfalls ein Gegengutachten erstellen lassen. Die Einschaltung zur Schadenfeststellung ist das gute Recht jedes unverschuldeten Geschädigten im Haftpflichtfall. Die Kosten des Sachverständigen müssen die Versicherer übernehmen. Fußgänger durch verkehrsberuhigte Zonen schützen Fußgänger sollen verstärkt durch verkehrsberuhigte Zonen geschützt werden. Vor allem Geschäftsstraßen, in denen Fußgänger oft die Straße überqueren, sollen verstärkt umgebaut werden, damit Autofahrer hier langsamer fahren müssen. Das Konzept Shared Space, bei dem alle Schilder entfernt werden und nur noch das Rechtsfahrgebot und die Regel rechts vor links gelten, wird von den Experten aus Goslar entschieden abgelehnt. Zonen ohne Schilder, in denen Fußgänger immer Vorrang hätten, dürften nur mit Schrittgeschwindigkeit befahren werden. Das sei in den meisten Städten nicht umsetzbar, so das Goslarer Expertengremium. Die Empfehlungen des Verkehrsgerichtstages werden erfahrungsgemäß zu einem großen Teil in die spätere Gesetzgebung einfließen. Ausgabe 1 2012 9

Recht Aktuell Ab sofort ist es möglich, unbefristet befristet zu werden Brand Aktuell. Der Europäische Gerichtshof hat mit Urteil vom 26.01.2012 nach Vorlage durch das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass eine 13-fache Befristung auch bei ständigem Vertretungsbedarf zulässig sei. TEXT: Sören Riebenstahl, Fachanwalt für Arbeitsrecht Die Klägerin dieses Verfahrens arbeitete 11 Jahre auf der Grundlage von insgesamt 13 befristeten Arbeitsverträgen beim Land NRW als Justizangestellte in der Geschäftsstelle des Amtsgerichts Köln. Diese Arbeitsverträge wurden sämtlich zur Vertretung unbefristet eingestellter Kollegen geschlossen, die sich zeitweilig beurlauben ließen (z. B. wegen Elternzeit). Nach bisheriger Rechtsprechung der Arbeitsgerichte entfällt der Befristungsgrund der Vertretung bei mehrfachen Befristungen, wenn ein ständiger Vertretungsgrund gegeben ist, also von vornherein vorhersehbar ist, dass auch über das vereinbarte Ende hinaus ein Vertretungsbedarf gegeben ist, der auch durch Einstellung einer unbefristeten Kraft gedeckt werden könnte. Der EuGH sieht zwar in dem bloßen Umstand, dass es für einen Arbeitgeber wie hier aufgrund der Zahl der Beschäftigten unvermeidlich ist, wiederholt oder sogar dauerhaft auf befristete Vertretungen zurückzugreifen und diese Vertretungen auch durch unbefristete Verträge erfolgen könnten, noch keinen Missbrauchstatbestand. Er weist aber auch darauf hin, dass die nationalen Behörden bei der Prüfung des vorübergehenden Bedarfs im Rahmen der Befristung alle Umstände des Einzelfalls einschließlich der Zahl und der Gesamtdauer der in der Vergangenheit mit demselben Arbeitgeber geschlossenen befristeten Verträge berücksichtigen müssen. Fazit: Die Kettenbefristung wird dadurch nicht per se zulässig. Eine Missbrauchskontrolle ist nach wie vor möglich und auch erforderlich! Was schuldet der Architekt? Was der Architekt dem Auftraggeber schuldet, ergibt sich aus den vertraglichen Vereinbarungen der Parteien. Welche Leistungsphasen darin enthalten sind, sollte genau definiert werden. TEXT: Mario Jorberg, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht Die Antwort ist grundsätzlich simpel: Der Architekt schuldet die Leistungen, die im Architektenvertrag vereinbart sind. Entsprechend wird regelmäßig in jedem schriftlichen Architektenvertrag für ein Gebäude zu lesen sein, ob der Architekt sämtliche in dem Leistungsbild des 33 HOAI vorgesehenen Leistungsphasen von der Planung über die Objektüberwachung bis zur Objektbetreuung und Dokumentation nach Abschluss der Baumaßnahme (sog. Vollarchitektur ) zu erbringen hat oder etwa nur die Planung oder nur die Objektüberwachung. Erwähnung der HOAI die Vereinbarung eines Pauschalhonorars. Diese Art der Vertragsgestaltung ist für den Architekten gefährlich, seit der Bundesgerichtshof nicht mehr die Meinung vertritt, unabhängig von der Erfüllung einzelner zu den Leistungsphasen in der HOAI aufgeführten Teilleistungen sei bei Eintritt des Erfolgs das komplette Honorar fällig. Vielmehr stellt laut BGH unabhängig vom Erfolg die Nichterfüllung einzelner Teilleistungen einen zur Kürzung des Honorars berechtigenden Mangel dar (etwa BGH, Urteil vom 26.07.2007, VII ZR 42/05). Will der Architekt das vermeiden, muss er auf klare Regelungen zum Leistungsinhalt im Vertrag größten Wert legen. Was konkret von dem Architekten erwartet wird, wird mit Ausnahme des im Anfangsstadium eines denknotwendig nur umrissenen Planungsziels oder der Nennung des zu überwachenden Bauvorhabens meist nicht geregelt, stattdessen erfolgt eine Bezugnahme auf die HOAI, nach deren Vorgaben sich das Honorar richten soll, oder bei gleichzeitiger Planung, Überwachung oder Komplettbetreuung? Eine genaue Regelung ist unabdingbar. 10 Ausgabe 1 2012

Recht Aktuell 11 Jahre Recht Aktuell: die Wandlung zum Schmetterling Unser neuer Kopf bei Recht Aktuell: Oliver Titze, Fachanwalt für Steuerrecht und Fachanwalt für Verkehrsrecht Christiane Jansen hatte im November 2000 unseren Newsletter Recht Aktuell mit aus der Taufe gehoben. Dabei nutzte sie immer die Gelegenheit, ihre eigenen Vorstellungen miteinzubringen. Ihre Anwaltskollegen ließen ihr bei der Gestaltung weitgehend freie Hand, so dass sie heute mit Stolz auf ihre erste Ausgabe von vor über elf Jahren zurückschaut. Nun übernimmt unser Kollege, Herr Rechtsanwalt Oliver Titze, das Ruder, da sich Frau Jansen neuen Aufgaben widmet. Er kann sich auf ein eingespieltes Team freuen, in dem jeder Kollege garantiert weiterhin die vol- le Unterstützung bietet und interessante Beiträge aus allen Fachgebieten schreibt. Frau Jansen bestätigt: Die Kollegen waren immer sehr kreativ, kooperativ und hilfsbereit. Es war jedes Mal ein schönes Erlebnis, wenn eine Idee als kleine Raupe geschlüpft war und dann im Laufe der Zeit zu einem schönen Schmetterling heranwuchs. Es brachte Frau Jansen immer zum Staunen, wie viel kreatives und schriftstellerisches Potenzial in unseren Juristen steckt, nicht zuletzt in ihr selbst, da sie den Feinschliff der Texte verantwortete. Frau Jansen: Ich bin der Kanzlei sehr dankbar dafür, dass ich eine kreative Seite in mir entdecken und ausleben konnte, von der ich vorher gar nicht wusste, dass ich sie habe. Ihr Steckenpferd waren die Karnevalsausgaben von Recht Aktuell. Besondere Aufmerksamkeit brachte sie ebenso neuen und jungen Kollegen entgegen, wenn es darum ging, dass diese sich mit einem Beitrag den Mandanten gegenüber präsentieren und zeigen durften, was in ihnen steckt. Diese Tradition setzt Rechtsanwalt Titze in der Ihnen vorliegenden Ausgabe fort. Wir sagen an dieser Stelle nochmal herzlichst Danke, Frau Jansen! Gestaltungsphasen unseres Newsletters: links = aktuelles Erscheinungsbild mittig = die erste Ausgabe 2000 rechts = erster Relaunch 2005 Ausgabe 1 2012 11

Recht Aktuell Service schreiben wir groß! Was wir unter Service und Dienstleistung verstehen, ist ganz eindeutig zu definieren: kompetente Beratung durch unsere Fachanwaltschaften mit Spezialkompetenz. Unsere Rechtsanwälte und Mitarbeiter sind für Sie erreichbar: Montag bis Donnerstag: 7.30 bis 19.00 Uhr, Freitag: 7.30 bis 17.30 Uhr. Wir gewährleisten, dass Sie Ihren Rechtsanwalt auch vor oder nach Ihrem Arbeitstag noch sprechen und wichtige und eilige Informationen mitteilen können. Sollte Ihr Anwalt einmal nicht zur Verfügung stehen, können Sie unseren Mitarbeiterinnen am Empfang jederzeit eine Nachricht hinterlassen. Ihre Information gelangt auf dem schnellsten Weg zu Ihrem Rechtsanwalt. Nutzen Sie diesen besonderen Service unserer Kanzlei in eilbedürftigen Fällen, wenn Fristabläufe drohen oder sonst schnelle anwaltliche Hilfe vonnöten ist. Telefon: 0 22 02 / 9330-0 E-Mail: kontakt@winter-jansen-lamsfuss.de Internet: www. winter-jansen-lamsfuss.de Impressum Recht Aktuell Newsletter der Rechtsanwaltskanzlei Odenthaler Str. 213 215 51467 Berg. Gladbach Herausgeber: Chefredaktion: Oliver Titze Autoren: Dr. Reinhard Göbel, Mario Jorberg, Dr. Andres Künne, Carsten Krug, Frank Neumann, Sören Riebenstahl, Oliver Titze Lektorat: Lydia M. Behnke, www.lektorat-behnke.de Art Direktion, Bildredaktion, Layout: Monika Schmitt, www.fachwerkdesign.de Druck: dp Druckpartner Moser Druck + Verlag GmbH, 53359 Rheinbach Auflage: 3.000 Bildnachweis: Fotolia (s. S. 1, 2, 3, 4, 5, 6), Photocase (s. S. 4, 8, 9), Photodisc (s. S. 10), Panthermedia (s. S. 11), Wikipedia (s. S. 7) TOM-FOTO Studios GmbH Unsere Rechtsanwälte Falko Winter im Ruhestand Rechtsanwalt a. D. Horst Hermann Jansen Fachanwalt Steuerrecht und vereidigter Buchprüfer Elmar Ernst Lamsfuß bis 02/2010 Wolfgang Bosbach Frank Neumann Fachanwalt Arbeitsrecht Dirk Torsten Keller Fachanwalt Verkehrsrecht und Versicherungsrecht Sören Riebenstahl Fachanwalt Arbeitsrecht Oliver Titze Fachanwalt Steuerrecht und Verkehrsrecht Astrid Conrads-Schneider Fachanwältin Familienrecht Carsten Krug Fachanwalt Miet- und Wohnungseigentumsrecht Dr. Andreas Künne Fachanwalt Familienrecht und Erbrecht Mario Jorberg Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht Stephan Jansen-Hackethal Dr. Hans-Joachim Franke Stadtdirektor a. D. Konrad Heimes Bürgermeister a. D. Michael Heckmann Bürgermeister a. D. Dr. Reinhard Göbel Diethelm Schroeder Vors. Richter am Landesarbeitsgericht a. D. Carsten Schwettmann Oberbürgermeister a. D., Richter am Verwaltungsgericht a. D. Refik I. Kakmaci Rechtsanwalt in Bürogemeinschaft mit 51467 Bergisch Gladbach Odenthaler Straße 213 215 Telefon 0 22 02 / 9330-0 Telefax 0 22 02 / 9330-20 Auch in Overath, Rösrath, Köln und Berlin beraten wir Sie gerne! 51491 Overath 51503 Rösrath Hauptstraße 58 Hauptstraße 23 25 Telefon 0 22 06 / 29 28 Telefon 0 22 05 / 90 87 10 Telefax 0 22 06 / 8 29 75 Telefax 0 22 05 / 90 87 11 50931 Köln Stadtwaldgürtel 10 Telefon 0 221/40 30 36 Telefax 0 221/40 31 20 10405 Berlin Prenzlauer Allee 36 Telefon 030 / 44 01 53-15 Telefax 030 / 44 01 53-20 12 Ausgabe 1 2012