SKRIPT Teil 1 VERTRAGSMANAGEMENT IM GROSSANLAGENBAU



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SKRIPT Teil 1 ZUR VORLESUNG VERTRAGSMANAGEMENT IM GROSSANLAGENBAU AN DER FAKULTÄT WIRTSCHAFT UND RECHT DER TU DRESDEN WS 2008 / 2009 Dozenten: Norbert Kiene + Dr. Karla Kiene Es gibt viele, die die Meinung vertreten, dass nur die Verträge gut sind, die nach der Unterschrift im Safe landen und die man nie heranziehen muss. Eine solche Meinung ist in heutigen Zeiten bei der Komplexität, welche den Großanlagenbau auszeichnet, sehr riskant, insbesondere dann, wenn man den Vertrag nicht kennt. Wir vertreten die Meinung, dass ein verstandener und ein tagtäglich gelebter Vertrag weitaus besser ist, besonders dann, wenn durch dieses Leben des Vertrages man Differenzen mit dem Kunden ausräumen oder Auseinandersetzungen mit ihm vermeiden kann. Damit sind wir bei der zentralen Botschaft: 1

Jeder, der im Anlagenbau arbeitet, sollte den Vertrag für sein Projekt lesen, analysieren, auswerten, die für sein Fachgebiet relevanten Rechte und Pflichten identifizieren, den Vertrag verstehen und den Vertrag mit als Grundlage seiner Arbeit nehmen. Was ist für den Anlagenbauer von größerem Nutzen, die Prävention, die Pro- Aktion oder die Reaktion? Mit der Prävention im Sinne einer sorgfältigen Angebotsvorbereitung, Kalkulation und Vertragsgestaltung haben wir die besten Voraussetzungen, für das Unternehmen einen soliden finanziellen Beitrag zu generieren und die Risiken in Grenzen zu halten. Mit der Pro-Aktion sollte es unser Bestreben sein, sobald das Projekt in Kraft getreten ist, (1) das im Vertrag samt aller technischen Beilagen komplette Wissen an alle Projektbeteiligte zu transferieren, (2) eine technisch, juristisch und kommerziell voraus schauende und widerspruchsfreie Korrespondenz zu führen und (3) sich stets der Risiken bewusst zu sein und diese periodisch zu analysieren. Und schließlich mit der Reaktion kann man nur versuchen, den Schaden gering zu halten. Dies gelingt nur, wenn man ständig gut informiert ist und schnell reagiert. Nach unserem Dafürhalten ist dies nur mit einem systematischen Herangehen möglich beispielsweise durch die Anwendung einer gezielten Change und Claim Strategie bzw. durch den Einsatz des CCCR-tools, wobei CCR für Contract Change Request steht, und insgesamt durch eine Bewusstseinsschärfung im Sinne eines Increase Claim Awareness. Allerdings glauben wir nicht, dass man mit Claims zusätzliche 2

Gewinne erzielen wird. Mit der erfolgreichen Durchsetzung von Claims können wir nur das einfahren, was uns zusteht und wofür wir in der Regel bereits Aufwendungen hatten. Also Reaktion im Sinne von Schadensbegrenzung. Ziele des Vertragsmanagement Gestaltung und Umsetzung klarer vertraglicher Regelungen Risiken eingrenzen und nicht dem Gesetz oder dem Zufall überlassen Liquidität im Unternehmen durch kopflastige Zahlungsbedingungen sichern, aber auch durch eine verlustfreie Abwicklung der Projekte Durchsetzung eigener Ansprüche / Abwehr von Gegenansprüchen Auftragseingang erreichen und sicherstellen Umsatz erzielen Gestaltung und Umsetzung übersichtlicher und unbürokratischer Abwicklungsrichtlinien Aufgaben des Vertragsmanagement In der Projektierung: Vertragsmanagement im Sinne von Vertragsgestaltung Risikomanagement Kalkulation Bei Bedarf Darstellung der Finanzierung 3

In der Abwicklung: Vertragsmanagement im Sinne von Kontrolle, Überwachen, Steuern von Verträgen insgesamt und von Rechten und Pflichten in den einzelnen Verträgen Forderungsmanagement ( Geld eintreiben ) Risikomanagement Change-/Claim-Management Mitwirkung bei der Erstellung von Pre-Qualifikationsunterlagen: Zusammenstellung von Informationen des Anbieters wie z. B.: Name und Adresse Rechtsform Zahlen (Umsatz, Gewinn, Beschäftigte etc.) Bankverbindungen Patronatserklärungen Referenzen verfügbare Engineering-Ressourcen, freie Kapazitäten (work-load Kurven) Projektmanagement Qualitätsmanagement Sonstige Informationen 4

Mitwirkung bei der Anfragebewertung und Projektbeurteilung Art von Anfragen, Beispiele Selbst initiierte Vorfeldakquisition (business development): Unentgeltliche Beantwortung von Einzelfragen, bezahlte Konzeptstudien Sonderfall: Projektentwicklung mit single sourcing Bedarfs- und Durchführbarkeitsstudien (Feasibility-Study); Finanzierungskonzepte Schätzpreis oder Budgetanfrage offene internationale Ausschreibung / Aufforderung zur Abgabe eines Angebotes mit verbindlichem Festpreis Kommerzielle Beurteilung im Vorfeld zum Angebot Kundenanalyse (Bonität, Erfahrung, Ernsthaftigkeit, sonstige Information) Finanzierbarkeit des Projektes Bonität des Kunden und Machbarkeit des Projektes (Wirtschaftlichkeit, feasibilty) Kreditwürdigkeit des Käuferlandes (Kriterien der Exportversicherung) Exportfähigkeit (BAFA) 5

Ablauforganisation der Angebotsbearbeitung Projekteröffnung EDV-System (Projektnummer und -bezeichnung) Budgetvorgabe Terminvorgabe Analyse der Anfrage durch Projektteam mit Beurteilung folgender Punkte: a) Zweck der Anfrage b) Definition Einsatzstoffe und Produkte (inkl. Einzelheiten) c) Technische und wirtschaftliche Randbedingungen d) Liefer- und Leistungsumfang e) Kaufmännische und vertragliche Bedingungen f) Chancen- und Risikobewertung Angebotsbearbeitung und -abgabe Unsere Angebote bestehen in der Regel aus zwei Teilen: einem technischen und einen kaufmännischen Teil. 6

Technischer Teil: Liefer- und Leistungsumfang eindeutige Definition von: Liefer- und Leistungsumfang Vorsicht: Vollständigkeitsklausel Liefer- und Leistungsausschluss Formel "was nicht ausdrücklich zum Liefer- und Leistungsumfang des Verkäufers gehört, gilt als Ausschluss" Liefer- und Leistungsumfang von Kunden gilt als positiver Liefer- und Leistungsausschluss des Verkäufers, z. B. Prozess, Bodengutachten, utilities, Baugenehmigung Liefergrenzen 7

Kommerzieller Teil des Angebotes (1) Definitionen Begriffe wie z. B. Käufer, Verkäufer, Engineering, Technische Dokumentation, Equipment, Anlage, Liefer- und Leistungsumfang (Verweis auf technisches Angebot), Lieferung, Mechanische Fertigstellung (Zulässigkeit von punch points), Abnahme und Teilabnahme, Inkrafttreten etc. (2) Liefer- und Leistungsumfang (bereits behandelt) (3) Preis EURO-Preis ist zu Grunde zu legen, jedoch bei angefragter Fremdwährung ist eine Konvertierungsklausel im Angebotsstadium einzubauen (Beispiel: Angebotspreis beruht auf dem heutigen Tageskurs, welcher im Falle eines Auftrages zum Umrechnungskurs um 12:00 Uhr am Tag der Unterzeichnung gemäß Internet-Seite der Bank X konvertiert wird <=:> zeitgleicher Abschluss des DTG). Preissplit, wenn aus steuerrechtlichen Gründen erforderlich; Hinweis: keine Take-Out-Preise. Preisarten wie z. B.: a) Schätz-, Budget- oder Richtpreise sind jederzeit unverbindlich b) Einheitspreise oder Pauschalpreise sind verbindlich (Festpreis) c) GMP = garantierter Maximalpreis oder Zielpreis mit Bonus- / Malusregelung d) Reimbursable- (Stundensätze) und Cost-Plus-Fee - Verträge bzw. Einkauf im Namen und Rechnung 8

Preisregelung bei Change-Order-Management (Stundensätze, Einheitspreise, Pauschalierung) Generell gilt: Preis beinhaltet keine Steuern, Zölle, Abgaben oder Gebühren, diese werden zusätzlich berechnet (4) Preisstellung Incoterms 2000 regelt den Gefahrenübergang beim Transport, Leistungspflicht, Erfüllungsort, nicht den Eigentumsübergang Achtung: Einfluss der Ankunftsklauseln auf Verzugshaftung (DDU vs. CIP) (5) Zahlungsbedingungen Anzahlungen Zwischenzahlungen gekoppelt an Fortschritt bzw. Milestones (aufwandsnahe Zahlungen) Schlusszahlung z. B. nach Abnahme Spättestfristen Zahlungsziel Zahlungssicherheiten Zugunsten des Verkäufers wie z. B.: a) Vorauszahlung vom Kunden (inkl. fortschrittsnahe Zwischenzahlung inkl. Stornokosten) b) Akkreditiv auf Brutto-Betrag (bedienbar, unwiderruflich, übertragbar, teilbar) zahlungsauslösende Dokumente sollten in der Hand des Verkäufers liegen, warehouse receipt bei Transportbehinderung 9

c) Zahlungsgarantien (Bankgarantie) unwiderruflich d) Eigentumsvorbehalt (nicht in jedem Rechtskreis möglich) e) Euler-Hermes Kreditversicherung zur Sicherung des Fabrikations-, Ausfuhr- und Kreditrückzahlungsrisikos Zugunsten des Käufers wie z. B.: a) Bietungsgarantie (Bid Bond) b) Konzernbürgschaft oder Vertragserfüllungsgarantie mit Spättestfristen (Performance Bond) c) Anzahlungsbürgschaft mit Inkrafttreten und Minderungsklausel d) Gewährleistungsgarantie (6) Lieferzeit und Termine In der Regel Vereinbarung von Fristen, keine festen Termine; Termine nur, wenn Voraussetzungen erfüllt bzw. fristgemäß erfüllbar, andernfalls "fall-back clause" einbauen. (7) Steuern und Zölle Wunschregel aus Standardvertrag: jede Partei übernimmt die Steuern, Zölle und sonstige Abgaben, die im eigenen Land anfallen Prüfung, ob Quellensteuer anfällt, die Verkäufer zu tragen hat Prüfung auf Doppelbesteuerungsabkommen Anrechenbarkeit der im Ausland zu zahlenden Steuern (Einkommenssteuer, Körperschaftssteuer, Quellensteuer) Gründung einer Betriebsstätte ist zu prüfen; steuerliche Vertretung vor Ort 10

(8) Gewährleistungen und Haftungen Allgemein Der Begriff der "Garantie" ist zu vermeiden, da der Verkäufer nach deutschem Recht mit dieser Terminologie zum Ausdruck bringt, dass er für eine garantierte Eigenschaft der Anlage absolut einsteht. Die Folge davon ist, dass dem Kunden bei Nichterreichen des Garantiewertes leicht ein Kündigungsrecht zukommt bzw. der Verkäufer im Einzelfall im stärkeren Umfang haftet. Beachte außerdem 443, 444 und 639 BGB: keine Haftungsbegrenzung, -ausschluss bei Beschaffenheitsgarantie. Besser ist der Begriff "Gewährleistung" Vorsicht bei Übersetzungen guarantee (d.h. Geltung deutsches Recht mit englischer Sprache). Terminhaftung Möglichst nur für einen Termin und nur bei Verschulden haften Karenzzeit einbauen Verzugshaftung für sich limitieren Engineering Nur Re-Engineering Anteilmäßige Beteiligung an Mehrkosten bei direkten Folgekosten, die Beteiligung beginnt ab einer bestimmten Höhe und ist begrenzt. Leistungs- und Funktionsparameter Haftung aufgrund eines an Abnahme gebundenen Acceptance Test 11

Keine Haftung ohne abschließende Regelung der Konsequenzen Aufrechnung von Mehr- und Minderleistungen Funktionsgarantien bzw. Verfügbarkeitsgarantien sind zu vermeiden Nachbesserung Nachbesserung im engeren Sinne Pauschalierter Schadensersatz Im deutschen Recht besteht ein Unterschied zwischen Vertragsstrafe und pauschaliertem Schadensersatz. Neben der Vertragsstrafe kann ein unlimitierter Schadensersatz, soweit nachgewiesen, geltend gemacht werden. Der pauschalierte Schadensersatz dagegen antizipiert abschließend den für den Kunden zu erwartenden Schaden. Die Bezeichnung im englischen Recht heißt Penalty und Liquidated Damages Penalty existiert kumulativ neben dem Schadensersatzanspruch und verfolgt nicht den Zweck zum Schadensersatz (Einschüchterungscharakter). Liquidated Damages sind ohne Schadensnachweis als abschließende Pauschale fällig. Vorsicht bei Übersetzungen (d.h. Geltung deutsches Recht mit englischer Sprache). 12

Abnahme Klare Regelung für Abnahme mit Spätestfrist und punchpoints-zulässigkeit Abnahme als wichtigstes Ziel wegen Bestätigung der Vertragserfüllung, Umkehr der Beweislast, Endabrechnung und Verumsatzung (Gewinnverbuchung nach HGB) Materialgewährleistung In der Regel 24 Monate nach Abnahme unter der Voraussetzung eines ordnungsgemäßen Betriebes (vom Kunden zu beweisen) Beseitigung von Materialmängeln, die der Verkäufer zu vertreten hat, durch Nachbesserung oder Ersatz nach Wahl des Verkäufers. Freiheit des Werkes von Schutzrechten Dritter process owner sind entweder Kunde, Lizenzgeber oder Verkäufer. Wenn Rechte Dritter verletzt werden, dann soll der Anlagenbauer das Recht haben, die Anlage zu ändern oder die Rechte selber zu erwerben. Keine Alleingänge des Kunden. Gesamthaftunq und Folqeschadenausschluss Kumulierte Maximalhaftung vereinbaren, um Risiko des Verkäufers zu limitieren Folgeschadenausschluss! (9) Kündigungsklausel (Termination) For convenience termination cost mit Stornokosten geltend machen 13

For default (substantielle Vertragsverletzung) nach Möglichkeit nur Teilkündigung (10) Versicherung Transportversicherung Montage- und Inbetriebnahmeversicherung (Erection All Risk lnsurance) oder KDS (Konditionen-Differenzversicherung) Haftpflichtversicherung (Third Party Liability): keine contractual, sondern nur legal liability Generell genauestens abwägen ob man einwilligt in: Regressverzichte, Mitversicherung, cross liability (11) Geheimhaltung Keine Weitergabe von Informationen ohne vorherige Zustimmung des anderen an Dritte, auch nicht innerhalb eines Konzerns. (12) Höhere Gewalt Terrorismusklausel bei turn key bis Abnahme care and custody bei Linde bei Terrorismus im Käuferland Risiko des zufälligen Untergangs kein Versicherungsschutz Risikoabwälzung auf den Kunden, zumindest ab Grenzübertritt der Ware (13) Gerichtsstand und Recht Wichtiger Punkt, der oft vernachlässigt wird, da er in Verhandlungen unterschätzt wird und zuletzt verhandelt wird sollte am Anfang vereinbart werden und dann feststehen. Z.B. Folgeschadenausschluss und Maximalhaftung nützt überhaupt nichts, wenn das zugrunde liegende Recht diese 14

Vereinbarung nicht anerkennt oder die gesamte Klausel als nichtig (rechtsunwirksam) ansieht, so dass der Verkäufer generell nach der nicht gewünschten gesetzlichen Regelung haftet. Schiedsgerichte sind vorteilhaft, da sie nicht öffentlich tagen, Vereinbarung über Sprache und Verhandlungsort möglich sind und Schiedsgerichte in der Regel zügig arbeitet. Die von der jeweiligen Schiedsgerichts-Regelung vorgegebene Musterklausel sollte verwandt werden. Siehe für ICC: www.icc-deutschland.de Siehe für DIS: www.dis-arb.de Siehe für Swiss Rules: www.sccam.org (14) Bindefrist Termin, der den Verkäufer hinsichtlich seiner Zusage aus dem Angebot, wie z. B. Preis, Lieferzeit etc. bindet und nach diesem Zeitpunkt die Möglichkeit eröffnet, seine Zusage anzupassen. (15) Inkrafttreten des Vertrages Vertrag ist ggf. an ein in der Zukunft liegendes objektives Ereignis gebunden, z. B. Unterschrift, behördliche Genehmigung (z. B Ausfuhrgenehmigung, Einfuhrgenehmigung, Deckungszusage von Euler-Hermes etc.) 15

RISIKOANALYSE BEI LINDE-KCA-DRESDEN GmbH Die Bewertung kaufmännischer Risiken bei der Angebotsbearbeitung ist eine der zentralen Aufgaben vom Vertragsmanagement. Dabei sind im Wesentlichen folgende Risiken zu ermitteln und zu analysieren: Kalkulations-, Preis- und Erlösrisiken Risiken aus Kostensteigerungen, Stundensatzeskalationen Risiken aus Kursverlusten, Devisentermingeschäften Transferrisiken Risiken aus Kompensations- und Gegengeschäften Zahlungsrisiken Zinsverlust durch verspätete Zahlungen Verzögerung von Zahlungsereignissen (Abnahme) Abgrenzbarkeit von Nachforderungen (Claim Management) Spätestfristen für Termine zu Teil- und Schlusszahlung bei Finanzierung Beginn der Verzinsung und Rückzahlung Verfügbarkeit ausreichender Zahlungssicherheiten Terminrisiken Verzugsrisiko für Engineering Verzugsrisiko für Anlagenlieferung Verzugsrisiko für mechanische Fertigstellung Verzugsrisiko für Abnahme der Anlage im Hinblick auf Leistungsgarantien Ende der Gewährleistungszeit 16

Pönalien Gewährleistungsrisiken Kapazität Reinheit Verbrauch Material Patente / Rechte Dritter Haftungsrisiken allgemein weitergehende Ansprüche (Schadenersatz / Rücktritt) unbegrenzte Haftung / Haftung für Folgeschäden, wenn nicht Maximalhaftung und Ausschluss von Folgeschäden vereinbart. Risiken sind entweder durch entsprechende Vertragsformulierungen bzw. Vereinbarungen mit dem Kunden zu beschränken oder gar auszuschließen oder im Rahmen der Risikoanalyse im Preis einzukalkulieren, wobei die durch "essentials" abgedeckten Risiken nicht verhandelbar sind. 17

FINANZIERUNG Bei Bedarf erstellt das Vertragsmanagement ein Finanzierungskonzept für die Realisierung des Projektes auf Basis folgender Instrumente: Lieferantenkredit (wird in der Regel vermieden wegen Bilanzverlängerung) Bestellerkredit (unter Einschaltung einer lokalen Bank oder auf corporate risk abgestellt => häufigste Finanzierungsart, Voraussetzung: testierte Bilanzen nach las) strukturierte Finanzierung (für größere Vorhaben u.a. auf Gegengeschäftsbasis, multisourcing, aufwendig: umfängliches und detailliertes Umweltgutachten) Projektfinanzierung (Gründung einer Projekgesellschaft und Risikoabstellung auf zukünftige Erlöse und Wirtschaftlichkeit des Projektes => Feasibility Studie => highly sophisticated, aufwendig: umfängliches und detailliertes Umweltgutachten) 18

AUFGABEN IM VERTRAGSMANAGEMENT BEI DER ABWICKLUNG Auftragseingang Vertragsinformation/Vertragsauslegung Nachverhandlungen mit dem Kunden und anderen Vertragsparteien Change Orders/Claims/Back charges Auftragsbestandsentwicklung Budgetkontrolle Auslieferung Bankabwicklung Exportkreditversicherung Rechnungsstellung Mahnwesen Versicherungsabwicklung Kostenkontrolle Steuerliche Abwicklung Abwicklung Devisentermingeschäfte Verwaltung diverser Währungsanteile Verwaltung von Auslandsanteilen Baustellenabwicklung Berichtswesen & hausinterne administrative Aufgaben 19

MIT WELCHEM HANDWERKSZEUG WIRD IM VERTRAGSMANAGEMENT GEARBEITET? Know how, Qualifikation / Weiterbildung und Erfahrung; organisiertes Vertrags-Know-how, Datenbanken Checklisten, Musterverträge Erlangung einer profunden Kenntnis der vertraglichen Ansprüche und Verpflichtungen (es reicht nicht, den Vertrag und seine Anhänge nur einmal zu lesen ) Tagaktuelle Einhaltung administrativer Regeln und Nutzung administrativer Systeme Übernahme von kaufmännischen Leitungs- und Koordinationsaufgaben (kaufmännische Projektleitung, Claim Management) umfassende Kooperation 20

HAUPTHINDERNISSE / LEISTUNGSSTÖRUNGEN Der Vertrag ist unzulänglich oder ist nicht wirksam - Der Vertrag ist nicht in Kraft - Leistung/Gegenleistung sind nicht genau definiert/geändert - Garantien und Haftungen sind unklar - Abwicklungsmodalitäten sind unklar/nicht durchführbar - wichtige Vertragszusätze werden nicht entschieden Der Vertrag wird nicht beachtet I erfüllt - Spezifikationen werden nicht genau gelesen - Milestones und Liefertermine werden nicht beachtet - Kunde zahlt nicht bzw. nur mit starkem Verzug - Mitwirkung von Kunden/Partnern wird nicht pünktlich erbracht - Leistungsgarantien werden nicht erreicht Wir werden durch Dritte behindert - Import/Export-Behörden verweigern Genehmigungen - Banken machen Schwierigkeiten bei der Auszahlung - Versicherungen zahlen schlecht und erhöhen die Prämien - Nicht vorgerechnete Steuern werden erhoben / die Anrechnung verweigert - Partner machen schlapp oder nehmen ihren Vertrag nicht so genau Wir kämpfen mit selbstgemachten Schwierigkeiten - Wir haben nicht die Arbeitsmittel, die wir brauchen - Wir haben kreative Unordnung und verlieren die Übersicht - Wichtige anstehende Entscheidungen werden nicht getroffen - Der hausinterne Informationsfluss klappt nicht 21

- Die Abläufe im eigenen Hause sind nicht koordiniert - Es wird nicht an einem Strang gezogen. Maßnahmen/Gestaltungsmöglichkeiten Prozessgestaltung, -steuerung und Kontrolle Auftragsstrukturierung Festlegung der Fortschrittsdefinition und -messung Behandlung von Fremdwährungen, Devisentermingeschäfte (DTGs) Avalgeschäft Cash flow Management Kontrolle von Pauschalen/Obergrenzen Change Order / Claims Management / Einsatz des CCR tools Steuerung der Vertragsinformation / -interpretation Auftragsanzeige Vertragsworkshops Vertragsauszüge/ Abwicklungsrichtlinien/Einzelauskünfte (von den FPL) "mit dem Vertrag"-Arbeiten Nachverhandlung einzelner Vertragsbestimmungen Ausfüllen von Vertragslücken Klären von Abwicklungsmodalitäten Schaffung von Voraussetzungen zur Realisierung vertraglicher Ansprüche Behördliche Genehmigungen (Import/Export) 22

Ausfuhrbewertung Expediting und Dokumentation von Milestones Durchsetzung der vertraglichen Ansprüche Rechnungsstellung / Mahnwesen Geltendmachen von Spätestfristen Geltendmachen von Karenzen und Toleranzen Durchsetzung zusätzlicher Ansprüche Change Orders / Claims Management Versicherung / Steuererstattung Pönalien / Schadensersatz von Lieferanten und Partnern Abwehr von Gegenansprüchen Pönalien / Backcharges Organisation eines effizienten Follow-ups Expediting von nötigen Entscheidungen Termineinhaltung 23

CLAIMSMANAGEMENT Was sind Claims? Claims sind Ansprüche, die strittig bleiben, solange sich die Parteien nicht darüber in einer Vertragsänderung geeinigt haben. Was ist Claimsmanagement? Claimsmanagement ist das geplante und kontrollierte Voraussehen, Beobachten, Feststellen, Dokumentieren und Geltendmachen oder Abwehren von nicht ursprünglich zwischen den Parteien geregelten Forderungen, die sich erst aus Abweichungen des tatsächlichen vom geplanten Vertragsverlauf ergeben. Claimsmanagement ist eine Abwicklungstätigkeit, die als Teil des Projektmanagements von Anfang der Bearbeitung an vorbereitet und konsequent während der Abwicklung umgesetzt werden muss. Die Grundlagen für erfolgreiches CM müssen bereits bei der Vertragsgestaltung gelegt werden, z.b. durch genaueste Leistungsbeschreibungen, Vermeidung von Schnittstellenproblemen und die Einführung einer Change Order Procedure in den Vertrag. Claimsmanagement ist keine Hexerei und nicht negativ besetzt: Es ist der durchgehende Soll/Ist-Vergleich zwischen Leistungsversprechen und ausgeführter Leistung in sachlicher und zeitlicher Hinsicht sowie das zeitnahe, konsequente und engagierte Geltendmachen der aus Abweichungen folgenden Ansprüche. 24

Was ist die gemeinsame Grundlage bei Claims- und beim Vertragsmanagement? Wichtigste Grundlage des Claimsmangement ist der zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer geschlossene Vertrag. Er ist die Meßlatte, anhand derer die Beteiligten feststellen können, ob und wie weit eine Abweichung des tatsächlichen vom vorgestellten Vertragsverlauf vorliegt und welche Folgen sich daraus ergeben. Der Vertrag ist also mehr als nur eine juristische Regelung zwischen den Parteien. Jede Nachlässigkeit in der Vertragsgestaltung kann schwerwiegende wirtschaftliche Folgen haben, auch wenn ein juristisches Problem im engeren Sinn nicht vorliegt. Dresden, den 23.10.2008 25