Bewertung, Sicherung und Gewinnung mineralischer Rohstoffe in Sachsen

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Transkript:

Bewertung, Sicherung und Gewinnung mineralischer Rohstoffe in Sachsen Voraussetzungen, Grenzen und Rahmenbedingungen Prof. Dr. Horst Gerhardt und Prof. Dr. Dieter Slaby, Freiberg* *Prof. Dr. Dieter Slaby, Prof. Dr. Horst Gerhardt, TU Bergakademie Freiberg, Gustav-Zeuner- Straße 1, 09596 Freiberg, Vortrag im Rahmen der Veranstaltung des Geokompetenzzentrum Freiberg e.v. Sächsischer Rohstofftag 2006 am 22.03.2006 in Freiberg. Georohstoffe sind neben den Bio-rohstoffen und der Arbeit eine der drei elementaren Grundlagen unseres Lebens. Oder wie es William Petty bereits 1661 treffend formulierte: Die Arbeit ist der Vater und die Erde die Mutter des Reichtums. Georohstoffe sind darüber hinaus Voraussetzung für Wirtschaftskraft und sozialen Fortschritt. Der Umfang und die Art der Nutzung der Georohstoffe bestimmen die jeweilige Produktionsweise. Sie gaben einzelnen Entwicklungsetappen ihren Namen, z.b. Steinzeit, Bronzezeit, Eisenzeit. Sie bestimmten (und bestimmen) den wissenschaftlich technischen Fortschritt entscheidend mit und auch Sachsens Glanz ist untrennbar mit der Geschichte von ca. 1000 Jahren sys-tematischen Bergbaus in Sachsen verbunden. Heute, bei einem häufig nur auf Konsum-, Dienstleistungs- und Informationsbedürfnisse reduzierten Verständnis der Produktionsund Lebensweise, haben viele Menschen diese nach wie vor auch hierfür erforderliche Voraussetzung, nämlich eine umweltverträgliche, sichere und wirtschaftliche Versorgung mit Georohstoffen, verdrängt. Es sei denn, Störungen der Versorgungssicherheit oder steigende Preise rücken die Rohstoffproblematik (bisher immer nur kurzzeitig) in das gesellschaftliche Interesse und sind Auslöser (auch hier selten nachhaltiger) politischer Aktivitäten. Einzelne Regionen und Wirtschaftsräume sind bezüglich ihrer Entwicklungschancen gegenüber anderen dann bevorteilt, wenn sie überdurchschnittlich gut mit Rohstoffvorkommen ausgestattet sind. Es ist für diese Wirtschaftsräume über die hiermit gegebene Versorgungssicherheit hinaus auch von Vorteil, dass die Rohstoffgewinnung aus eigenen Vorkommen zu einer 2- bis 4-fachen Wertschöpfung und Beschäftigung gegenüber den anderenfalls erforderlichen Versorgungsalternativen (z.b. Importe) führt. Die jeweils wirtschaftlich optimale Strategie der Versorgung mit mineralischen Rohstoffen wird damit auch nicht allein durch die Rohstoffpreise bestimmt. Rohstoffgewinnung und Rohstoffvorkommen in Sachsen Deutschland ist, mit Ausnahme der Metalle und der fluiden Energierohstoffe, auch heute noch eines der führenden Bergbauländer in der Welt: Braunkohle Platz 1, Kaliund Steinsalze sowie Feldspat Platz 3, Kaolin Platz 4 und Bentonit Platz 6 der Weltförderung. Bei den Steine-Erden-Rohstoffen belegt Deutschland Platz 1 in Europa. Der Wert der in Deutschland 2003 produzierten Rohstoffe betrug 10,4 Mrd.. Der Umsatz, den die deutsche Bergbauindustrie mit ca. 190000 direkt im Bergbau Beschäftigten erwirtschaftet, liegt um ein Vielfaches höher (Angaben nach BGR 2005). Innerhalb Deutschlands hat Sachsen hieran einen herausragenden Anteil. Wie aus der Tabelle 1 ersichtlich, wurden 2003 in Sachsen in den Rohstoffarten der Steine-, Erden und Industrieminerale sowie der Energierohstoffe 71,383 Mio. t verwertbares Fördergut gewonnen. Das sind 9,33 % der Gewinnung fester mineralischer Rohstoffe in Deutschland insgesamt (bei einem Bevölkerungsanteil von nur 5,19 %). Die Produktion/Einwohner betrug damit in Sachsen 16,69 t und lag um 7,41t über dem Bundesdurchschnitt: Diese Mengen beinhalten nur die Gewinnung der unter Bergaufsicht fördernden Unternehmen. Auch andere Erfassungen geben die Förderung nur unvollständig wieder; die Unternehmerverbände erfassen nur die in den Verbänden organisierten Unternehmen und die Statistischen Ämter erfassen nur Betriebe mit einer Beschäftigung ab 10 Personen. Grundlage für die Möglichkeit einer noch weit in die Zukunft reichenden wirtschaftlichen Gewinnung dieser Rohstoffe in Sachsen ist die exzellente Ausstattung mit geologischen Vorkommen, insbesondere der Industrieminerale, der Baurohstoffe und der Braunkohlen. Die Vorratssituation für die in Sachsen wichtigsten Rohstoffarten zeigt Tabelle 2. Wird davon ausgegangen, dass nur 20 % der geologisch nachgewiesenen Vorratsmengen der jeweiligen Rohstoffart bauwürdig sind und für eine wirtschaftliche Gewinnung verfügbar gemacht werden können, dann beträgt die (statische) Reichweite (auf der Basis des gegenwärtigen Förderniveaus) in allen hier ausgewiesenen Positionen mehr als 100 Jahre, für die wichtigsten Industrieminerale und Baurohstoffe mehrere Jahrhunderte. Weitere, durch ihre Größe, ihre geologischen Lagerungsbedingungen und durch ihre Qualität, wirtschaftlich interessante Rohstoffkonzentrationen in Sachsen sind Vorkommen der Spate (Flussspat und Schwerspat) und der Leicht- und Buntmetalle (speziell Zinn, Lithium, Zink, Wolfram, Rubidium, Wismut, Beryllium, Molybdän und Kupfer). Diese herausragende Rohstoffsituation in Sachsen sowie unsere und die Erwartungen uns folgender Generationen an die Rohstoffart Deutschland Sachsen in T t in t/ew in T t in T/EW Feste mineralische Rohstoffe insgesamt 765.198 9,28 71.383 16,69 davon Baurohstoffe und Industrieminerale 532.774 6,46 40.034 9,36 davon Fest- und Natursteine 162.129 1,97 22.289 5,21 davon Kiese und Sande 303.500 3,68 14.862 3,47 davon Braunkohle 179.087 2,17 31.349 7,33 Tabelle 1: Gewinnung fester mineralischer Rohstoffe (verwertbare Förderung) im Jahr 2003 Quelle: Errechnet nach Angaben der BGR und des SOBA bergbau 11/2006 509

Rohstoffart Geologische Nicht blockierte Zur Gewinnung Reichweite 1) Vorräte Vorräte genehmigte in a Vorräte 2) 3) in Mio. t in Mio. t in Mio. t Feststeine 220.555 145.929 817 >1000 ~40 Kiese und Sande 35.819 25.729 571 >300 ~40 Kaolin 1.967 1.565 37 >200 ~25 Lehm (Ziegelton) 4.665 2.873 36 >500 ~40 Kalk und Dolomit 770 460 30 >200 ~~60 Spezialton 2.183 1.186 27 >900 ~100 Quarz und Formsand 2.829 884 1 >300 ~2 Braunkohle Geologische Vorräte im Vorräte in Braun- Reichweite1) Vorräte Vorfeld aktiver kohlenpläne in a Tagebaue Eingeordnet 4) 5) in Mio. t in Mio. t in Mio. t 21.333 1.593 1.188 >100 ~40 1) grobe (statische) Orientierung auf der Basis der gegenwärtigen Förderung und von: 2) 20% der nicht blockierten geologischen Vorräte 3) der zur Gewinnung genehmigten Vorräte 4) 20% der geologischen Vorräte 5) der in den Braunkohlenplänen eingeordneten (genehmigten) Vorräte Tabelle 2: Vorräte an ausgewählten mineralischen Rohstoffen in Sachsen Nutzung dieser Vorkommen erfordern politische, rechtliche, wirtschaftliche und planerische Maßnahmen der Sicherung, für oberflächennahe Vorkommen deren Schutz gegenüber konkurrierenden Nutzungsansprüchen. Erste Hinweise auf den gegenwärtigen Stand der Rohstoffvorsorge in Sachsen geben bereits die in Tabelle 2 ausgewiesenen Daten zur Einordnung von Teilmengen der geologischen Vorratsmengen nach dem Planungsstand und der sich hieraus ergebenden Reichweite. Wird davon ausgegangen, dass die in den Regional- und Braunkohleplänen ausgewiesenen Vorratsmengen auch für eine Nutzung verfügbar gemacht werden können, dann beträgt die (rechnerische) Reichweite für die meisten Rohstoffpositionen ca. 40 Jahre. Ziele, Kriterien und Instrumente der Rohstoffsicherung Die Sicherungswürdigkeit von Rohstoffvorkommen wird durch eine Vielzahl von Einflussfaktoren bestimmt. Erste und grundlegende Voraussetzung ist die Möglichkeit ihrer wirtschaftlichen Gewinnung und Verwertung, also deren Bauwürdigkeit. Die Entwicklung von Angebot und Nachfrage und damit die Zahlungsbereitschaft der Verbraucher (die Rohstoffpreise) sowie die Entwicklung der Kosten für die Rohstoffgewinnung führten in der Vergangenheit und werden auch weiterhin zu einer Erweiterung der Bauwürdigkeitsgrenzen, d.h. jedoch nicht in jedem Fall auch zu einer Erweiterung der noch verfügbaren Vorratsmengen, führen, u.a. weil die Verfügbarkeit von Rohstoffvorkommen auch und zunehmend durch politische, ökologische und Kiessandabbau bei Delitzsch (nördlich Leipzig) rechtliche Kriterien, und nicht zuletzt auch durch z.t. fehlendes Rohstoffbewusstsein und fehlende gesellschaftliche Akzeptanz des Bergbaus eingeschränkt ist. Bereits diese wenigen angeführten Zusammenhänge zwischen Bauwürdigkeit, Verfügbarkeit und Sicherungswürdigkeit von Rohstoffvorkommen und die Dynamik der hierauf wirkenden Einflussfaktoren (insbesondere der Preise und Kosten) machen die gesellschaftliche Dimension und die Probleme einer nachhaltigen Rohstoffsicherung deutlich. Schutz und eine möglichst weit vorausschauende Sicherung der Rohstoffvorkommen erfordern globale/ internationale, nationale, aber auch regionale Anstrengungen und natürlich einzelwirtschaftliche und damit unternehmerische Aktivitäten. Trotz des letztlich gleichen Anliegens gibt es bezüglich der jeweiligen Möglichkeiten, der Kriterien und der geeigneten Instrumente Unterschiede, nicht selten auch Interessenkonflikte. Grundsätzlich erfordert die regionale Ungleichverteilung mineralischer Rohstoffvorkommen eine regional übergreifende Rohstoffsicherung, auch unter Zurückstellung politischer und lokaler Interessen. Aus globaler/internationaler Sicht werden vor allem Aussagen über die weltweit vorhandenen bauwürdigen Vorratsmengen erwartet. Im Zentrum stehen hier die auf den Weltmärkten (oder in Weltwirtschaftsregionen) handelbaren Energierohstoffe und die Metallrohstoffe bzw. deren Handelsprodukte. Ein Resultat der internationalen Bemühungen in den letzten Jahren sind die Empfehlungen der Vereinten Nationen in Form der Internationalen Rahmen-Vorratsklassifikation für feste fossile Brennstoffe und mineralische Rohstoffe : Internationale Rahmen-Vorratsklassifikation der Vereinten Nationen für feste fossile Brennstoffe und mineralische Rohstoffe in der Endfassung vom 17.02.1997. Die nationalen Anstrengungen zur Rohstoffsicherung sollten vor allem 2 Ziele verfolgen: Erstens die Schaffung politischer und wirtschaftlicher Voraussetzungen für einen Zugang zu den Rohstoffen, die im eigenen Land nicht oder nicht ausreichend zur Verfügung stehen und demzufolge über internationale Wirtschafts- oder Handelsbeziehungen verfügbar gemacht werden müssen. Diese Aufgabe schließt die Förderung und die wirtschaftliche Unterstützung der auf diesem Sektor tätigen Unternehmen ein, insbesondere auch eine Streuung der hierbei für diese Unternehmen bestehenden speziellen wirtschaftlichen Risiken. Zweitens sind solche Rahmenbedingungen zu schaffen, die eine wirtschaftliche, sichere und umweltverträgliche Rohstoffversorgung aus einheimischen Vorkommen nachhaltig sicherstellen und zu vermeiden sind solche Regelungen und Gesetze, die einem solchen Anliegen entgegen stehen. Diesen Teil der nationalen Verantwortung betreffend sind in Deutschland Defizite offensichtlich. So fehlt, abgesehen von der Rohstoffsicherungsklausel im Bundesberg- Foto: LfUG/H.Kaufmann 510 bergbau 11/2006

Granitsteinbruch im Erzgebirge (im Hintergrund das Schotterwerk, im Mittelgrund links der Pumpensumpf) Foto: LfUG/U.Lehmann gesetz, eine verpflichtende rechtliche Grundlage für eine Fachplanung Rohstoffsicherung. Eine Folge hiervon ist, dass die fachliche Zuständigkeit für diese Aufgabe, trotz ihrer besonderen Fachspezifik, bei den Behörden der Landes- und Regionalplanung liegt. Angesichts der im Gegensatz hierzu weit ausgebauten Rechtsstellung anderer (konkurrierender) Interessen, z.b. des Natur-, Landschafts- und Wasserschutzes, der Grundeigentümer im Fall der Gewinnung oberflächennah gelegener Vorkommen und sich verschärfender Anforderungen, z.b. die Umsetzung der FFH-Richtlinie der Europäischen Union, ist die rechtliche Position für eine nachhaltige Rohstoffsicherung nicht ausreichend gegeben. Auch in der jüngst zwischen dem Bund und den Ländern erfolgten Einigung über die in Vorbereitung befindliche Föderalismusreform wurden zwar Vereinbarungen über einen höheren Stellenwert und eine Vereinheitlichung der Umweltgesetzgebung getroffen; Themen der Rohstoffsicherung waren aber nach unseren Kenntnissen auch hier nicht Gegenstand der Diskussion. Unsicherheiten bei der Rohstoffsicherung für Energierohstoffe, insbesondere für die in Sachsen bedeutsamen Braunkohlen, sind auch auf eine fehlende nationale Energiestrategie zurück zuführen. Die Versuche einzelner Länder, diesem Mangel durch eigene Länderenergieprogramme zu begegnen, sind angesichts der globalen Dimension des Problems wenig hilfreich. Aus regionaler Sicht und Verantwortung sind Motivationen für die Rohstoffsicherung die Stärkung bzw. Aufrechterhaltung der Wirtschaftskraft der Region, und das nicht nur im Bereich der Rohstoffgewinnung selbst, sondern auch in der Zulieferindustrie und Weiterverarbeitung, die Schaffung bzw. der Erhalt von Arbeitsplätzen, die Sicherung des Steueraufkommens sowie der Aufbau bzw. die Weiterentwicklung der Gebietsinfrastruktur. In Übereinstimmung mit den föderalen Strukturen und Verantwortlichkeiten erfolgt in Deutschland die Rohstoffsicherung vor allem für die oberflächennah gelegenen Rohstoffe im Rahmen der Raumordnung und Regionalplanung. Da mit einer jeden (bergbaulichen) Gewinnung von mineralischen Rohstoffen unvermeidbar Eingriffe in die Gestalt und Nutzung der Erdoberfläche verbunden sind, ergeben sich hierbei zwangsläufig Konflikte mit konkurrierenden Nutzungs- und Rechtsansprüchen. Dies gilt, obwohl die Inanspruchnahme der Oberfläche durch den Bergbau in aller Regel nur temporär erfolgt, und ihre anschließende Wiedernutzbarmachung in vielen Fällen sogar eine Steigerung des Nutzwertes bewirkt: Das Flächenäquivalent der jährlich durch den Bergbau beanspruchten Erdoberfläche beträgt ca. 0,008 % der Gesamtfläche Deutschlands und aufgelaufen ca. 0,5 %. Im Vergleich hierzu: Die durch Baumaßnahmen versiegelte Fläche beträgt ca. 13 % und der gegenwärtig tägliche Zuwachs ca. 40 ha (entspricht ca. 0,04 %/a). Häufig wird die Sicherungswürdigkeit der Rohstoffe aus regionaler Sicht abhängig gemacht von einem aktuellen lokalen Bedarf und langfristigen Bedarfsprognosen. Ein solcher Ansatz führt, nicht nur als Folge der Unsicherheiten in den hierfür erforderlichen Vorhersagen, in der Regel zu Schlussfolgerungen, die dem Erhalt nachhaltiger Ent- Werksteingewinnung im Granodiorit (Demitz-Thumitz, Oberlausitz) Foto: LfUG/K.Kleeberg Abbau von hellbrennendem Tertiärton in Wiesa bei Kamenz (Oberlausitz) Foto: LfUG/K.Kleeberg bergbau 11/2006 511

wicklungschancen der Region gegengerichtet sind, häufig sogar zu einem endgültigen Verlust von Vorratsmengen. Aus Sicht der einzelwirtschaftlichen Verantwortung eines Bergbauunternehmens geht es vor allem um die Sicherung der in Abbau stehenden Lagerstätte und um einen für den wirtschaftlichen Betrieb erforderlichen Planungs- und Vorratsvorlauf in Anschlusslagerstätten. Dieser Vorsorgezeitraum wird aus der Sicht der jeweiligen Unternehmen durch die langfristigen Planungsund Investitionszyklen bestimmt und er wird im Fall der (für Sachsen typischen) Baurohstoffe und Industrieminerale ca. 20 Jahre und für die Braunkohlenunternehmen ca. 40 Jahre umfassen. Die hierfür erforderliche Rohstoffsicherung im Rahmen der Landesentwicklungs- und Regionalplanung muss natürlich deutlich über diese Zeiträume hinaus reichen. Wird das übergreifende Ziel in der Sicherung der (eigenen) Rohstoffbasis gesehen, dann lassen sich bei den hierfür anwendbaren politischen Instrumenten 4 Gruppen unterscheiden: Maßnahmen der weiterführenden Suche und Erkundung von Vorkommen und zu deren Erschließung innerhalb des Wirtschaftsraumes Legislative Maßnahmen zur Gewährleistung der Verfügbarkeit und der Zugänglichkeit zu den Lagerstätten, insbesondere auch für die erforderlichen Transportströme Fiskalische Maßnahmen zum Schutz der Wirtschaftlichkeit des Abbaus von bereits in Nutzung stehenden Lagerstätten, z.b. durch (zeitweiligen) Erlass von Förderabgaben und Forschungsförderung mit dem Ziel der Verbesserung der Nutzungsmöglichkeiten und der Wirtschaftlichkeit. Die grundsätzliche Problematik aller dieser politischen Instrumente und Maßnahmen besteht darin, dass hierdurch die Mechanismen einer freien Marktwirtschaft nicht außer Kraft gesetzt werden dürfen. Auf Dauer sind Marktbeeinflussungen, insbesondere durch direkte und indirekte Subventionen, mit gesamtwirtschaftlichen Nachteilen verbunden. Sie sind darüber hinaus auch nur schwer umkehrbar. Andererseits ist zu fordern, dass durch Maßnahmen dieser Art die eigene Mineralrohstoffproduktion nicht unzulässig wirtschaftlich und ideologisch belastet wird. Ein Beispiel hierfür: Auf der Grundlage des Sächsischen Wassergesetzes sind Bergbauunternehmen (mit Ausnahme des Braunkohlenbergbaus) auch dann zur Zahlung von Wasserentnahmeabgaben verpflichtet, wenn diese Wassermengen ausschließlich mit dem Ziel der Entwässerung der Lagerstätte gehoben und dem Wasserhaushalt der Region wieder zugeführt werden. Weiße Quarzsande von Hohenbocka (Brandenburg, an der Grenze zu Sachsen), lokal durch Huminsären braungefärbte (und stärker verfestigte) Bereiche, die jedoch ohne Auswirkung auf die Qualität der Sande sind. Verwendung als Glassande Foto: LfUG/G. Standke Aktivitäten, Stand und Probleme der Rohstoffsicherung in Sachsen Die Aufgabenstellung für eine planerische Rohstoffsicherung ist im Raumordnungsgesetz der Bundesrepublik vom 18.08.1997 mit den Zielen der vorsorgenden Sicherung, der geordneten Aufsuchung und Gewinnung sowie mit der Schaffung der hierfür erforderlichen räumlichen Voraussetzungen vorgegeben. Hieran anschließend werden auf der Grundlage des Sächsischen Landesplanungsgesetzes vom 14.12.2001 im Landesentwicklungsplan 2003 konkrete Aussagen zur Rohstoffsicherung getroffen; speziell zu den Kriterien der Sicherungswürdigkeit, zur geologisch-wirtschaftlichen Bewertung der Vorkommen, zu den Arten der vorrangig zu sichernden Rohstoffe, zu den landesweit besonders bedeutsamen Vorkommen und zur Reichweite der Rohstoffsicherung. Die flächenhafte Ausweisung von Vorrang- und Vorbehaltsflächen: Vorrangflächen sind Rohstoffflächen, in denen aus regionalplanerischer Sicht andere Ansprüche an die Flächennutzung gegenüber der bergbaulichen Gewinnung zurücktreten müssen. Die Rohstoffgewinnung hat Vorrang und ist sicherzustellen. Eine solche Entscheidung sollte auch dazu führen, dass ein Raumordnungsverfahren im Gesamtprozeß der Genehmigungsverfahren nicht mehr erforderlich ist. Vorbehaltsflächen sind Rohstoffflächen, in denen, auch nach Abwägung mit konkurrierenden Nutzungsansprüchen, der Rohstoffgewinnung ein besonderes Gewicht beizumessen ist. Der Umgang mit diesen Flächen muss die Option einer späteren bergbaulichen Nutzung offen halten. In dem hier erforderlichen Abwägungsprozess sollte dem sogenannten Positivkonzept der Regionalplanung gefolgt werden, d.h. es wird von den rohstoffhöffigen Flächen ausgegangen und diese werden im Ergebnis eines Bewertungsund Abwägungsprozesses schrittweise reduziert. Für die Rohstoffgewinnung erfolgt dies jedoch nicht im Landesentwicklungsplan sondern in den Regionalplänen der jeweiligen Planungsregionen (in Sachsen 5). Diese Regionalpläne müssen nach den Vorgaben des Landesentwicklungsplanes fortgeschrieben werden und befinden sich gegenwärtig in den hierfür zuständigen Planungsregionen in der Phase des Vorentwurfes. In Sachsen haben die raum- und sachorientierten Teilregionalpläne für Gebiete mit Braunkohlenvorkommen (die Braunkohlenpläne der Region) eine besondere Bedeutung. Flussspat aus Schönbrunn (Vogtland) Foto: LfUG/E. Kuschka 512 bergbau 11/2006

Eine Beurteilung des gegenwärtigen Standes der Rohstoffsicherung in Sachsen weist diesen, im Vergleich zu allen anderen Bundesländern, als überdurchschnittlich gut aus. (Siehe hierzu N. Schröder (2004)). Voraussetzungen hierfür wurden vor allem durch Arbeiten des LfUG, speziell des Geologischen Dienstes des Freistaates Sachsen in Zusammenarbeit mit einschlägigen Ingenieurkapazitäten auf dem Geosektor (z.b. Beak Consultans), geschaffen. Im Jahr 1998 wurden Arbeiten mit dem Ziel einer möglichst kompletten digitalen Erfassung der rohstoffhöffigen Flächen und Daten für Vorkommen der Braunkohlen und der Steine-Erden-Rohstoffe durchgeführt. Die Daten wurden in einem digitalen Lagerstättenkataster Braunkohle und in Karten oberflächennaher Rohstoffe im Maßstab 1:50000 (KOR 50) dargestellt. Im Jahr 1999 erfolgte, in Weiterführung von Untersuchungen der TU Bergakademie Freiberg im Rahmen einer Kiesstudie Dresden, eine geologisch-wirtschaftliche Bewertung der Kies-Sand-Lagerstätten im Großraum Dresden. Im gleichen Jahr wurde eine Methodik zur Bestimmung der Sicherungswürdigkeit von Rohstoffvorkommen entwickelt, die jetzt auch in anderen Bundesländern zur Anwendung kommt. In den Jahren 2001/2002 wurden im Auftrag des SMWA Arbeiten zur Bewertung oberflächennah gelegener Rohstoffvorkommen und zur Ausweisung von Rohstoffsicherungsflächen im Rahmen der Landesund Regionalplanung durchgeführt. Die Bewertung und die hierauf beruhende Klassifizierung der Vorkommen erfolgte, in Übereinstimmung mit der entwickelten Methodik, nach den Kriterien der Bauwürdigkeit und nach den Rechtsverhältnissen in Klassen der Bauwürdigkeit und in hiervon abhängige Klassen (jeweils 4) der Sicherungswürdigkeit. Objekte der Bewertung waren die Rohstoffgruppen der Hartgesteine, der Karbonatgesteine, der Kiese und Kiessande, der Sande, der Tone und Bentonite, Lehm und Mergel und der Industrieminerale. Im Landesentwicklungsplan 2003 wird das so bewertete Rohstoffpotenzial für die genannten Rohstoffarten, ergänzt durch die in den Braunkohleplänen der Regionen für eine Nutzung dargestellten Braunkohlefelder, ausgewiesen. Hierbei werden auch Aussagen hinsichtlich des Zeitpunktes einer voraussichtlichen Nutzung dieser Vorkommen, in den Kategorien bis 20 Jahre, 20 bis 40 Jahre und größer als 40 Jahre, getroffen. Grundlage hierfür sind Prognosen über die Bedarfsentwicklung für den jeweiligen Rohstoff. Mit diesen Daten und Bewertungen wurden gute Voraussetzungen für eine auch auf die Rohstoffsicherung gerichtete Regionalplanung geschaffen. Trotz dieses vergleichsweise positiven Standes müssen einige Defizite und noch zu lösende Probleme angesprochen werden, insbesondere: Vorkommen der Metalle und Spate sind bisher in Sachsen noch nicht Gegenstand von gezielten Maßnahmen der Rohstoffsicherung. Für diese Rohstoffe sollten Arbeiten zur Aufarbeitung und Zusammenfassung der bereits zu DDR-Zeiten gewonnenen Erkundungsergebnisse zu Verbreitung und Zusammensetzung der Vorkommen, und hierauf aufbauend zu den Chancen einer wirtschaftlichen Nutzung, in Auftrag gegeben werden. Angesichts der aktuellen Markt- und Preisentwicklung sind gegenwärtig die Spate von besonderem wirtschaftlichen Interesse. Die geologischen Vorräte in Sachsen werden mit ca. 3,2 Mio. t Flussspat und ca. 2,7 Mio. t Schwerspat ausgewiesen. Das sind jeweils ca. 1,5 % der gegenwärtig weltweit erfassten Vorratsmengen. Die Durchführung einer Prefeasibilitystudie zu den Möglichkeiten der wirtschaftlichen Nutzung dieser Vorkommen wird empfohlen. Speziell für die Steine-Erden-Rohstoffe bleiben bezüglich ihrer Eignung für eine wirtschaftliche Nutzung und der sich hieraus ergebenden Sicherungswürdigkeit im Rahmen der Regionalplanung Auswirkungen des Standortes, insbesondere die Möglichkeiten bzw. die Voraussetzungen für den Transport der Rohstoffe zu den Bedarfsträgern, weitgehend unberücksichtigt. In bestimmten Fällen führt dann die fehlende Bereitschaft zur Schaffung hierfür erforderlicher Voraussetzungen zu einer Be- und Verhinderung der Nutzung von Vorkommen: Ein Beispiel hierfür: Die Sächsischen Quarzporphyr-Werke GmbH (SQW) betreiben nordöstlich von Leipzig gelegen an 4 Standorten Betriebe zur Gewinnung von Hartgestein zur Produktion von Zuschlags- und Straßenbaustoffen. Der Transport erfolgt überwiegend (für ca. 500 T t/a) per Bahn über die Strecke Eilenburg- Lüptitz. Die DB hat angesichts erforderlicher Erhaltungsinvestitionen für diese Strecke (insgesamt ca. 2 Mio. ) ein Stillegungsverfahren eingeleitet und die SQW hat die Strecke als Anschlußbahn übernommen. Ein Antrag der SQW an das SMWA auf Mitfinanzierung für erforderliche Investitionen wurde bisher nicht positiv entschieden. Damit sind der wirtschaftliche Fortbestand der bestehenden Betriebe (mit 120 Beschäftigten) und von SQW geplante Anschlußinvestitionen gefährdet. Die Bindung von planerischen Entscheidungen der Rohstoffsicherung an einen voraussichtlichen und meist lokalen (und mit großen Unsicherheiten behafteten) Bedarf ist zumindest problematisch. Zu empfehlen ist vielmehr eine Orientierung an den bereits genannten typischen Investitions- und Planungszyklen der Bergbauindustrie. Hierbei sollte eine hohe Verbindlichkeit der Rohstoffsicherung in der Regionalplanung über wenigstens 2 dieser Investitionszyklen erreicht werden, d.h. für Baurohstoffe und Industrieminerale über ca. 40 Jahre und für Braunkohlen über ca. 80 Jahre. Die Verbindlichkeit der in den Rahmen- Mitteldeutsches Braunkohlenrevier Lausitzer Braunkohlenrevier Braukohlenlagerstätten in Sachsen Grafik: SOBA bergbau 11/2006 513

betriebs-, Regional- und Braunkohleplänen ausgewiesenen Vorratsmengen für deren Gewinnung ist zu gering. Die meist noch anstehenden weiteren Genehmigungsverfahren führen häufig zu erheblichen, in Einzelfällen zu dramatischen (weil die Wirtschaftlichkeit grundsätzlich gefährdenden) Reduzierungen der jeweiligen Vorratsmengen und damit zu Planungsrisiken insbesondere für die Bergbauindustrie: Aktuelle Beispiele hierfür sind der Rechtsstreit über die Eingemeindung und Umsiedlung der im Vorfeld des Tagebaus Schleenhain gelegenen Ortschaft Heuersdorf und noch ausstehende Genehmigungen für die ab 2026/29 durch den Tagebau Nochten zur Gewinnung vorgesehenen Vorräte im Vorranggebiet Nochten. Die in der Tabelle 2 ausgewiesenen Reichweiten für die in der Regionalplanung ausgewiesenen Vorratsmengen sind damit auch aus dieser Sicht für das Bergbauunternehmen selten realistisch und die Beurteilung des Standes der Vorratsvorsorge erfordert eine differenziertere Betrachtung. Für die in Sachsen bedeutsamen Rohstoffe der Steine, Erden und Industrieminerale ist die Rohstoffsicherung durch die Regionalplanung für die Mehrzahl der Rohstoffe mit rechnerischen Reichweiten von ca. 40 Jahren (vgl. hierzu Tabelle 2) und unter Berücksichtigung der für diese Bergbauzweige typischen Investitions- und Planungszyklen von nicht größer als 20 Jahre auf einem den Erfordernissen und Möglichkeiten entsprechenden Stand. Für die nach Tabelle 2 kritischen Positionen Kaolin, Quarz und Formsand geben ausreichend vorhandene geologische Vorräte die Möglichkeit für eine Erweiterung der ausgewiesenen (rechnerischen) Reichweiten. Die Strategie der im Bereich der Steine, Aktive Tagebaue Rekultivierte Tagebaue Lausitzer Revier (Sächsischer Teil) Reserven Geplante Reichweite Tagebaue/Vorkommen (Ressourcen) Förderung in Mio. t in Mio. t/a bis Mitteldeutsches Revier Aktive Tagebaue Vereinigtes Schleenhein 380 11-12 2040 Profen - Anteil Sachsen 16 3-4 2010 - Anteil Sachsen-Anhalt (ab 2006) 215 8-9 2030/2035 (Schwerzau/Domsen/Großgrimma) Mögliche Folgefelder Breitenfeld (Restfeld) (517) ~13 ~40 a Espenhein/Störmthal (772) 18-20 ~40 a Lausitzer Revier Aktive Tagebaue Nochten 438 17-19 2026/29 Vorranggebiet Nochten (ab 2026/29) 300 17-19 2045/50 Reichwalde (ab 2010) 366 ~10 2045/50 Mögliche Folgefelder Pechern (310) ~20 ~16 a Weißwasser (246) ~20 ~12 a Tabelle 3: Tagebaue und Braunkohlevorkommen in Sachsen (Planungsstand 01/2006) Genehmigte Felder Folgefelder Quelle: DEBRIV (bearbeitet) Erden und Industrieminerale tätigen Unternehmen wird deshalb aus wirtschaftlichen Gründen darauf gerichtet sein, die durch Gewinnung bedingten Abschreibungen an Vorratsmengen durch einen Zuwachs aus fortschreitender geologischer Erkundung und Genehmigung auszugleichen. So wurde z.b. durch die Erzgebirgische Kalkwerke GmbH (Geomin) in den Jahren 1995 bis 2005 durch 375 Erkundungsbohrungen mit ca. 14000 Kernmetern in den Grubenbetrieben Hermsdorf und Lengefeld ein quantitativer Vorratszuwachs von mehr als 1,3 Mio. t Marmor erreicht. Die aktuelle Jahresgewinnung aus diesen Gruben beträgt ca. 170 T t verwertbare Förderung. Die Ergebnisse einer solchen vorausschauenden Detailerkundung sind auch Voraussetzung für eine qualitätsgerechte (selektive) Gewinnung und Weiterverarbeitung der Rohförderung, hier in Feinsande, Grobmehle, Füllstoffe, Straßenfüller und Düngemittel. Mit der Lagerstätte Schlösselweg in Hammerunterwiesenthal wird von Geomin eine weitere (Reserve) Lagerstätte vorgehalten. Diese für die Steine, Erden und Industrieminerale insgesamt positive Beurteilung der Vorratssicherung im Rahmen der Regionalplanung kann für die Braunkohlenvorkommen so nicht getroffen werden. Hier ist, auch unter Berücksichtigung der engen kapazitiven, technologischen und wirtschaftlichen Zusammenhänge zwischen Gewinnung und Verstromung der Braunkohle, von Investitions- und Planungszyklen von ca. 40 Jahre auszugehen. Erforderliche Planungssicherheit für die Braunkohlenunternehmen setzt, wie bereits genannt, Reichweiten der Rohstoffsicherung in der Regionalplanung von mindestens noch einmal einen Zyklus (also von ca. 80 Jahren) voraus. Angesichts der hier großflächigen und zum Teil nachhaltigen Eingriffe in die Natur und Raumordnung betroffener Regionen auch darüber hinaus reichende Zeiträume. Wie aus der Tabelle 3 ersichtlich, wird mit dem gegenwärtigen Planungsstand gerade ein Vorlauf von ca. 40 Jahren erreicht. Diese Aussage kann für beide in Sachsen gelegenen Braunkohlenreviere, das Mitteldeutsche- und das Lausitzer Revier, getroffen werden. Das Mitteldeutsche Braunkohlenrevier erstreckt sich über die Bundesländer Sachsen und Sachsen-Anhalt und ist vor allem (in Sachsen ausschließlich) Vorratsbasis für die MIBRAG mbh. Für die in Sachsen gelegenen aktiven Tagebaue Vereinigtes Schleenhain und Profen (länderübergreifend) sind die ausgewiesenen Vorratsmengen in Form von Vorranggebieten für eine Gewinnung genehmigt und in den Braunkohleplänen gesichert, was aber noch keine Garantie für die Möglichkeit der vollständigen Nutzung dieser Mengen gibt. Für dieses Revier sind im Regionalplan Westsachsen 2003 noch keine weiteren Vorranggebiete vorgesehen, obwohl geologische Vorkommen in den Feldern Breitenfeld und Espenhain/Störmthal 514 bergbau 11/2006

Mitteldeutsches Revier (Sächsischer Teil) mit Vorräten in Höhe von mehr als 1 Mrd. t nachgewiesen sind. Jedes dieser Felder könnte Grundlage für den Lebenszyklus eines Kraftwerkes (ca. 40 Jahre) mit einer Leistung von ca. 2000 MW sein. Weitere für das Unternehmen MIBRAG interessante Vorkommen sind mit geologischen Vorräten in Höhe von ca. 2 Mrd. t in Sachsen-Anhalt gelegen. In den Privatisierungsverträgen hat sich das Unternehmen MIBRAG Rechte der Vorverfügbarkeit über insbesondere diese Vorkommen (z.b. Egelner Mulde mit ca. 1,1 Mrd. t geologischer Vorräte) gesichert. Es wird empfohlen, die Möglichkeit der Nutzung dieser Vorkommen mit anderen Nutzungs(Nutzer)interessen abzuwägen und in Abhängigkeit vom Ergebnis dieser Untersuchung eine Entscheidung über die Sicherungswürdigkeit der Flächen und Vorräte herbeizuführen. Das Lausitzer Braunkohlenrevier erstreckt sich über die Länder Sachsen und Brandenburg. Für die in Sachsen von der Vattenfall Europe Mining AG betriebenen aktiven Tagebaue Nochten und Reichwalde wurde in den Rahmenbetriebsplänen und im regionalen Braunkohlenplan ein Vorratsvorlauf in Höhe von ca. 1,1 Mrd. t, d.h. bis ca. 2045/50 und damit wiederum über ca. 40 Jahre gesichert; vorausgesetzt die in der Tabelle 3 unter der Position Vorranggebiet Nochten ausgewiesenen Vorräte werden in den hierzu noch ausstehenden weiteren Genehmigungsverfahren für eine Gewinnung verfügbar gemacht. Als mögliche Reservebzw. Folgefelder sind darüber hinaus in Sachsen die Vorkommen Pechern und Weißwasser mit geologischen Vorräten in Höhe von ca. 550 Mio. t in die Regionalplanung eingeordnet. Abgesehen von einigen Restfeldern in Sachsen (Bärwalde und Zeißholz) sind die für eine Langfristplanung der Vattenfall Europe Mining AG wirtschaftlich interessanten Vorkommen mit mehr als 10 Mrd. t im Bundesland Brandenburg gelegen. Schlussfolgerungen und Empfehlungen Sachsen hat alle Voraussetzungen, eines der führenden Bundesländer auf dem Sektor Rohstoffversorgung zu bleiben. Das betrifft speziell die Rohstoffarten der Steine und Erden, Industrieminerale, die Spate, in Abhängigkeit von der weiteren weltwirtschaftlichen Entwicklung auch ausgewählte Leicht- und Buntmetalle und vor allem die Braunkohle. Die Braunkohlenvorkommen in Sachsen haben eine überregionale Bedeutung und Sachsen kann noch viele Jahrzehnte einen nennenswerten Beitrag zu einer wirtschaftlichen, sicheren und umweltverträglichen Versorgung Deutschlands mit Elektroenergie und Wärme leisten. Voraussetzung hierfür sind über den gegenwärtigen Stand hinausgehende Anstrengungen und Ergebnisse einer nachhaltigen Rohstoffsicherung und vor allem ein hierfür erforderliches stärkeres Rohstoffbewusstsein. Für die Unterstützung und Hilfe durch die Beistellung von Daten, Fotos und Fachinformationen danken die Autoren Frau Dipl.-Ing. Katrin Kleeberg sowie den Herren Prof.Dr. Wolfgang Schilka und Dr. Steffen Wiedenfeld. Literatur: Der Bergbau in der Bundesrepublik Deutschland 2004. Dokumentation des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie, 56. Jahrgang (2005). Der Bergbau in Sachsen. Berichte des Sächsischen Oberbergamts für die Jahre 2003 und 2004. Geostandpunkt Rohstoffe (2005). Dokumentation des Geozentrum Hannover, Stand Juni 2005. Gesetz zur Raumordnung und Landesplanung des Freistaates Sachsen vom 14.12.2001 und Landesentwicklungsplan Sachsen 2003. Energieprogramm Sachsen 2004. Speziell Expertise Nr. 5: Energiereserven und Energieressourcen sowie Energiepreisentwicklung. Internationale Rahmen-Vorratsklassifikation der Vereinten Nationen für feste fossile Brennstoffe und mineralische Rohstoffe in der Endfassung vom 17.02.1997. Thesen des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit zur Rohstoffpolitik vom 09.02.2005. Beak Consultants GmbH und Sächsisches Landesamt für Umwelt und Geologie (2000): Rangierung von Rohstoffvorkommen nach Bauwürdigkeit und Sicherungswürdigkeit. N. Schröder: Planerische Rohstoffsicherung. Zeitschrift Die Naturstein-Industrie, Heft 8/2004. D. Slaby und F. L. Wilke: Bergwirtschaftslehre Teil 1 Wirtschaftslehre der mineralischen Rohstoffe und der Lagerstätten. Verlag der TU Bergakademie Freiberg 2005. Fakten und Daten des Aufsatzes beruhen auch auf Informationen und Auskünften der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe, des Staatlichen Geologischen Dienstes des Freistaates Sachsen, des Sächsischen Oberbergamtes, des Bundesverbandes Braunkohle (DEBRIV), des Unternehmerverbandes Mineralische Baustoffe e.v. und von in Sachsen ansässigen Unternehmen der Braunkohlen- und Baustoffindustrie. Schätze der Erde Kristalle und Kulturen Peter Paulitsch: Schätze der Erde. Kristalle und Kulturen. 252 Seiten, 32 Abb., 29 x 32 cm. Verlag G. Preuß, Darmstadt, 2004. ISBN 3-928746-19-7. Preis 99,-. Ein sehr persönliches Buch ist erschienen von einem unserer ersten angewandten Mineralogen der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts. Peter Paulitsch (Jahrgang 1922) fasziniert viele Freunde der Mineralogie, wenn er erzählt von der Freude am Sammeln, der Lust am Reisen, der Bedeutung des Reisens, was Kristalle uns erzählen. Unterwegs zu Kristallen und Kulturen in Europa, Asien und Afrika berichtet Peter Paulitsch über Minerale und vieles mehr in 31 Ländern aus eigener Erfahrung und eigenem Erleben. Ja, der Verfasser erlebt Minerale, Erze und Gesteine als Teile der Kultur einzelner Länder und der Menschheit. Fachmineralogisches ist eng verwoben mit kulturhistorischem und persönlich Reflektiertem in bester humanistischer Tradition, doch verpflichtet dem naturwissenschaftlichem Fortschritt. Es ist ein Buch, das man irgendwo aufschlägt und sogleich versetzt ist in ein fernes oder nahes, bekanntes oder unbekanntes Land, und doch sich zu Hause fühlt durch bekannte Minerale in neuer Umgebung. Über beides erfährt und lernt man leicht lesend interessantes und wissenswertes Neues, oder auch Bekanntes in neuen Verknüpfungen. Der Verfasser muss seit Jahrzehnten auf unzähligen Reisen eigene Beobachtungen und Gedanken stets höchst diszipliniert notiert haben und nun im 8. Lebensjahrzehnt noch ausgearbeitet haben. Eine ganz beachtliche Leistung, vielen Jüngeren ein Maßstab und Vorbild. Ein unvergleichliches, seltenes Buch hat uns der Verfasser geschenkt, ein wahres Geschenk für wahre Freunde der Kristalle und Kulturen, Schätze der Erde und der eigenen Bibliothek. Henning von Philipsborn, Regensburg Informationen: Prof. Dr. Peter Paulitsch, Landskronstr. 79, 64285 Darmstadt bergbau 11/2006 515