ATV Österreich.Trend 18. Welle, Juni 2013 Dr. Peter Hajek Mag. Alexandra Siegl, MSc. Inhaltsverzeichnis Beschreibung der Studie... 2 Sonntags- und Kanzlerfrage... 2 Wahlmotive... 5 Regierungsoptionen nach der Wahl... 8 Zufriedenheit mit der Regierung und Wechselwunsch... 10
Beschreibung der Studie Seit Anfang 2009 publizieren ATV und Peter Hajek gemeinsam den ATV Österreich.Trend, eine quartalsmäßige Umfrage unter wahlberechtigten Österreicher/innen. Diese an den ARD-DeutschlandTrend angelehnte Erhebung gibt ein Abbild der politischen Großwetterlage sowie aktueller Themen im Land. Im Rahmen der 18. Welle des ATV Österreich.Trend wurden von 12. bis 18. Juni 2013 700 Österreicherinnen und Österreicher repräsentativ für die Gesamtbevölkerung ab 16 Jahren zu ihren politischen Einstellungen befragt. Die Schwankungsbreite der Ergebnisse beträgt maximal +/- 3,7 Prozent. Sonntags- und Kanzlerfrage Regierungsparteien setzen sich ab SPÖ und ÖVP konnten in der Wählergunst zuletzt wieder zulegen und kommen auf 27 bzw. 25%. Hintergrund dürfte einerseits die Betriebsamkeit der Regierungsparteien in den letzten Wochen sein, schließlich wurden ja einige Themen noch mediengerecht kurz vor der Wahl behandelt. Andererseits dürften die angelaufenen Wahlkampagnen der Parteien zur stärkeren Profilierung beigetragen haben. Insbesondere beim Thema Wohnen hatten SPÖ und ÖVP die (mediale) Aufmerksamkeit ziemlich für sich alleine, die Oppositionsparteien konnten dem wenig entgegensetzen. Auch die Grünen sind nach mehreren erfolgreich geschlagenen Landtagswahlen und einer Regierungsbeteiligung der Grünen in Kärnten, Tirol und Salzburg im Aufwind und liegen derzeit bei 16%. Nicht zuletzt vor dem Hintergrund dessen, dass eine Zwei-Parteien-Mehrheit und damit eine Neuauflage der rotschwarzen Koalition nach der Nationalratswahl aus heutiger Sicht nicht sicher ist, wittern die Anhänger der Grünen die reale Chance, ihre Partei auch auf Bundesebene einmal in Regierungsverantwortung zu sehen. Mit sich selbst beschäftigt ist weiterhin die FPÖ. Nach enttäuschenden Landtagswahlergebnissen und darauffolgenden internen Streitigkeiten in Landesparteien kam die Partei in den letzten Wochen und Monaten vor allem negativ in den Medien vor. Mit 18% liegt die Partei deutlich unter ihren Werten aus den letzten Monaten, das vielbeschworene Duell Faymann-Strache ist also bis auf weiteres abgesagt. 2
Und auch Frank Stronach war schon besser unterwegs. In den letzten Wochen wurde es etwas stiller um den meist in Kanada residierenden Polit-Newcomer. Es kann aber davon ausgegangen werden, dass Stronach seine Wahlkampfmaschinerie im Herbst wieder gehörig in Schwung bringen wird. Einen konstanten Abwärtstrend vollzieht das BZÖ, die Partei hat mit derzeit einem Prozent Wählerzustimmung ihren Tiefpunkt erreicht. Vor allem das Team Stronach nimmt der Partei Wähler weg, ein Teil wandert aber auch zur FPÖ ab, der der Einzug in den Nationalrat im Gegensatz zum orangen Bündnis sicher ist. Und auch die beiden neuen Parteien NEOS und Piraten liegen mit jeweils einem Prozent derzeit weit von einem Einzug in den Nationalrat entfernt. Hier bleibt abzuwarten, inwieweit die Parteien im Lauf des Wahlkampfs noch Bekanntheit und Profil aufbauen können. Betrachtet man die Kanzlerfrage, zeigt sich ein ähnliches Bild wie im März. Werner Faymann und Michael Spindelegger liegen weiterhin bei 17 bzw. 12%, Strache konstant auf Platz 3 bei 8%. Etwas niedriger als zuletzt liegt Grünen-Chefin Glawischnig, deutlicher sackt Frank Stronach im Einklang mit den Ergebnissen seiner Partei ab. Werner Faymann spricht vor allem ältere Menschen, niedrigere Bildungsgruppen und urbane Wähler an. Michael Spindelegger punktet bei älteren Menschen sowie bei Männern und in ländlichen Regionen. Heinz-Christian Strache kann Männer, jüngere Menschen, niedrigere Bildungsgruppen und urbane Wähler stärker von sich begeistern, Eva Glawischnig spricht vor allem mittlere Altersgruppen, höher Gebildete und urbane Wähler an. Frank Stronach schließlich würden in erster Linie ältere Menschen und niedrigere Bildungsgruppen zum Kanzler wählen. 3
Knapp die Hälfte bei Stimmabgabe noch nicht sicher Von jenen Personen, die bereits eine Parteipräferenz für die Nationalratswahl haben, sind sich 52% ganz sicher, diese Partei im September zu wählen. 48% sind sich bei ihrer Auswahl noch nicht ganz sicher bzw. machen keine Angabe. Höhere Bildungsschichten, Menschen am Land sowie Männer geben eher an, sich in ihrer Auswahl sicherer zu sein. Vergleicht man die Wählerschaften der einzelnen Parteien 1 miteinander, zeigt sich, dass die SPÖ-Wähler sich am sichersten sind, ihrer Partei im Herbst auch wirklich die Stimme zu geben. Immerhin 63% von ihnen antworten hier mit ganz sicher. Ähnliche Werte erreichen die ÖVP mit 60% und die FPÖ mit 59%. Wähler des Team Stronachs und der Grünen sind sich noch etwas weniger sicher. Beim Team Stronach ist das vor allem darauf zurückzuführen, dass die Partei relativ neu ist und die Wähler schwer einschätzen können, wie sich die Partei bis zur Wahl noch präsentieren wird. Die Grünen haben zugelegt und Wähler von anderen Parteien dazugewonnen, die von ihren früheren Parteien nach diversen Skandalen enttäuscht sind. Diese neuen Wähler können ihre Meinung bis zum Herbst aber noch ändern. Zudem gibt es mit NEOS und Piraten zwei neue Parteien, die im Wählerteich der Grünen fischen, also junge, höher gebildete, urbane Menschen ansprechen. Es dürfte also der eine oder andere Grün-Wähler auch mit einer der neuen Parteien liebäugeln. 1 Substichproben von BZÖ, NEOS und Piraten zu gering für eine gesonderte Auswertung. 4
59% wollen ganz sicher wählen 2 An der Nationalratswahl teilnehmen möchten 59% ganz sicher, die restlichen 41% sind noch nicht ganz sicher, ob sie im Herbst tatsächlich ihre Stimmen abgeben werden. An der Wahl teilnehmen möchten in stärkerem Ausmaß Wähler des Teams Stronach, ÖVP- und Grün-Wähler, ältere Menschen, höhere Bildungskohorten und tendenziell Menschen am Land. Wahlmotive 3 SPÖ und ÖVP können sich immer noch stark auf Stammwähler stützen Infolge wurden die Wähler der einzelnen Parteien gefragt, warum sie denn der betreffenden Partei ihre Stimme geben würden. Die Befragte antworteten spontan, die Antwortkategorien waren also nicht vorgegeben. Die SPÖ kann sich sehr stark auf ihre Stammwählerschaft stützen. 24% ihrer Wähler geben an, immer schon SPÖ gewählt zu haben. Erwartungsgemäß sind das vor allem ältere Menschen, jüngere Altersgruppe neigen stärker dazu, auch einmal die Partei zu wechseln. Auf Platz zwei der Wahlmotive für die SPÖ liegen die Themen bzw. das Programm der Partei mit einem Anteil von 12%. Es folgen die Sozialpolitik mit 9% sowie das Thema (soziale) Gerechtigkeit mit 7%. Die Kampagne der Partei zum Thema Gerechtigkeit trägt also Früchte, Soziales und Gerechtigkeit sind die beiden zentralen Themen, weswegen die Partei derzeit gewählt würde. 2 Wahlbeteiligung Nationalratswahl 2008: 78,8% 3 Substichproben von BZÖ, NEOS und Piraten zu gering für eine gesonderte Auswertung. 5
Auch bei der ÖVP sind die Themen bzw. das Programm, sowie Stammwähler die häufigsten Wahlmotive. Inhaltlich kann sich die Partei vor allem als Wirtschaftspartei positionieren, die zugesprochene Wirtschaftskompetenz ist für 10% der ÖVP-Wähler ein Wahlmotiv. Für 8% stehen die traditionellen bzw. christlichen Werte der Partei als Wahlmotiv im Vordergrund. Die im Wahlkampf propagierte Positionierung als Familienpartei ist in der Wählerschaft bislang noch wenig gesickert. Die FPÖ punktet in ihrer Wählerschaft nach wie vor am stärksten mit dem Ausländerthema sowie damit, die richtigen Themen anzusprechen damit dürfte auch zu einem guten Teil das Thema Zuwanderung umschrieben sein. Auch der Spitzenkandidat ist ein starkes Wahlmotiv, immerhin ein Zehntel der Wähler wählt die FPÖ aufgrund von Parteichef Strache. Auf Platz 4 folgt der Protest bzw. die Unzufriedenheit mit den anderen Parteien. Interessant ist, dass das Thema Gerechtigkeit, das erst seit kurzem von der Partei besetzt wurde, bereits bei ein paar Wählern gesickert ist, wenn auch bislang noch auf niedrigem zahlenmäßigen Niveau (3%). Wenig Spuren haben bislang andere propagierte Themen wie Pensionen oder Soziales bzw. leistbares Leben hinterlassen. 6
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Die Grünen punkten bei ihren Wählern vor allem mit ihrem Kernthema Umwelt. Auch das Thema Bio- Lebensmittel und gesunde Ernährung, das in den letzten Monaten verstärkt besetzt wurde, passt gut zur Positionierung. Das zweitwichtigste Asset der Grünen ist vor dem Hintergrund zahlreicher Korruptionsaffären und Finanzskandale der letzten Monate und Jahre der Status als Partei, die in keinerlei Skandale involviert ist und Korruption und Skandale aufklärt beispielsweise in Form von Gabriele Moser im U-Ausschuss auf Bundesebene, Astrid Rössler in Salzburg oder Langzeit-Aufdecker Peter Pilz. Interessant ist auch der Wunsch der Grün-Wählerschaft nach einem Wechsel bzw. danach, ihre Partei in einer Regierung zu sehen. Als dritte Partei in einer möglichen Dreierkoalition werden die Grünen als guter Gegensatz zu Rot-Schwarz bzw. als Kontrollinstanz gesehen, sowie als Partei, die frischen Wind in die österreichische Innenpolitik bringen und neue Akzente setzen kann. Mit frischem Wind kann auch das Team Stronach punkten. 24% der Stronach-Wähler würden der Partei ihre Stimme geben, weil sie sich davon etwas Neues und eine Veränderung erhoffen, ohne diese Veränderung genauer zu konkretisieren. Noch wichtiger ist jedoch Frank Stronach selbst als Wahlmotiv. 28% würden die Partei aus Bewunderung für Stronach wählen, der als erfolgreicher Geschäftsmann gesehen wird, der etwas von der Wirtschaft versteht. Der Protest gegen die bestehenden Parteien bzw. die Politik der Regierung ist mit 20% das drittstärkste Wahlmotiv für das Team Stronach. 8
Unentschlossene noch nicht informiert oder politikverdrossen 32% jener Befragten, die noch unentschlossen sind, welcher Partei sie bei der Nationalratswahl im Herbst ihre Stimme geben möchten, haben sich mit dem Thema bislang noch nicht beschäftigt und geben an, noch zu wenig über die Programme und Vorschläge der einzelnen Parteien zu wissen. Immerhin 22% bezeichnen sich als politikverdrossen, 15% geben an, dass keine der bestehenden Parteien sie anspricht. Regierungsoptionen nach der Wahl Nächste Bundesregierung soll von SPÖ angeführt werden Auf die Frage, ob die nächste Bundesregierung von der SPÖ oder der ÖVP angeführt werden soll, spricht sich mit 34% eine Mehrheit für die SPÖ aus, 18% hätten gerne eine Regierung unter einer ÖVP-Kanzlerschaft. 27% können sich für keine der beiden Varianten erwärmen. Interessant ist, dass sich die Wähler aller Oppositionsparteien ebenfalls mehrheitlich für eine von der SPÖ angeführte Regierung aussprechen, auch Wähler von FPÖ und Team Stronach würden dieses Modell präferieren. 9
Koalitionspräferenzen: Rot-Schwarz oder Rot-Schwarz-Grün Wenn die Große Koalition auch oft kritisiert wird, sie ist immer noch die beliebteste Regierungsform der Österreicher. Jeder Fünfte wünscht sich nach der Wahl wieder eine Neuauflage der rot-schwarzen Koalition. Mit 19% knapp dahinter liegt die Koalition aus SPÖ, ÖVP und Grünen. Skeptischer stehen die Österreicherinnen und Österreicher einer Koalition gegenüber, die auch das Team Stronach einschließt schließlich ist die neue Partei noch schwer einschätzbar. Immerhin jeder Zehnte würde sich eine Koalition aus ÖVP, Grünen und Stronach wünschen, 9% wären für eine Mitte-Rechts-Regierung aus ÖVP, FPÖ und Stronach. Für eine Neuauflage der Großen Koalition sprechen sich vor allem Wähler der Regierungsparteien, sowie tendenziell ältere Menschen, niedrigere Bildungsgruppen und Bewohner des ländlichen Raums aus. Einer rot-schwarz-grünen Koalition stehen SPÖ- und Grün-Wähler, mittlere Altersgruppen sowie höhere Bildungsschichten positiver gegenüber. ÖVP-Wähler würden eine solche Variante jedoch nur in unterdurchschnittlichem Ausmaß präferieren, sie könnten sich eine Koalition aus ÖVP, Grünen und Team Stronach deutlich besser vorstellen. 10
Zufriedenheit mit der Regierung und Wechselwunsch Österreicher mit Regierung wieder zufriedener Die Österreicherinnen und Österreicher sind mit ihrer Regierung wieder deutlich zufriedener als in den letzten Monaten und Jahren. Hintergrund dürfte wohl sein, dass die Regierung kurz vor der Wahl nun noch einige Punkte abarbeitet und zudem bei Wahlkampfthemen, allen voran dem leistbaren Wohnen Arbeitseifer suggeriert. Vor allem junge Menschen sind wieder deutlich zufriedener mit dem Einsatz der Koalitionsparteien. Jeder Zweite wünscht sich politischen Wechsel 53% der Österreicherinnen und Österreicher wünschen sich einen Regierungswechsel nach der Wahl. Dieser Wert ist auf den ersten Blick hoch, Erfahrungen aus anderen Wahlgängen zeigen jedoch, dass mit 53% noch keine klare Wechselstimmung vorhanden ist. Erst ab Werten zwischen 60 und 70% kann von einer echten Wechselstimmung in der Bevölkerung gesprochen werden. Im Vergleich zur letzten Umfragewelle im März 2013 ist die Wechselstimmung relativ konstant. Einen politischen Wechsel wünschen sich erwartungsgemäß vor allem Wähler der Oppositionsparteien sowie mittlere Altersgruppen und tendenziell höhere Bildungsschichten. 11