Studiengebühren und Studienbeiträge Eine Modellanalyse

Ähnliche Dokumente
Thorsten Lang. Studiengebühren ein notwendiger Baustein der Hochschulreform? Voraussetzungen, Effekte, internationaler Vergleich

Sozialverträglichkeit und ihre Kosten

HIS- DOKUMENTATION. HIS-Dokumentation zu Studiengebühren/Studienbeiträgen. Teil I. Erwartete Effekte und internationale Erfahrungen.

Informationen aus dem Institut der deutschen Wirtschaft Köln

Informationen zur Studienfinanzierung

Studienfinanzierung. Wolff Wölffing Studentenwerk München Amt für Ausbildungsförderung

STUDIENFINANZIERUNG /2018 bei einem Studium in den Niederlanden. Ein Überblick von Diplom- Volkswirt Robert Marzell

STUDIENFINANZIERUNG /2017 bei einem Studium in den Niederlanden. Ein Überblick von Diplom- Volkswirt Robert Marzell

Gebührenfreie Studienplätze

Das Preisniveau und Inflation

Weit entfernt von sozial offenen Hochschulen

DIE BUSINESS SCHOOL DER ZUKUNFT IN DEUTSCHLAND

Stipendien, Kredite, Auslands- BAföG - Den Master finanzieren. Herzlich Willkommen Florian Manke

HIS-Dokumentation zu Studiengebühren/Studienbeiträgen. Teil II

Soziale Lage der Studierenden

Die ökonomische Wende in der Familienpolitik in Deutschland und Großbritannien

Zuwanderung nach Deutschland: Zahlen Daten Fakten

Evangelische Fachhochschule Reutlingen-Ludwigsburg

Schriftliche Kleine Anfrage

Was sind uns Erzieherinnen und Erzieher wert? Fachkräftemangel: Herausforderungen für Politik und Praxis

Allgemeine bildungsökonomische Rahmenbedingungen in Deutschland

Gesundheitsökonomik II. Welche Besonderheiten weisen Gesundheitsgüter auf (Beispiel: Impfstoff gegen Schweigegrippe, Organtransplantationen)?

Politische Stiftungen in Deutschland

Mit dem SGB III in die Sozialhilfe?

Talent trifft Förderung.

Soziale Lage der Studierenden an den Düsseldorfer Hochschulen und der Hochschule Niederrhein im bundesweiten Vergleich

Studienfinanzierung in Deutschland die KfW als Bildungsfinanzierer

Germany ISSP Social Inequality III Questionnaire

Rahmenvorgaben für die Finanzordnung der Studierendenschaft. 1 Finanzen der Studierendenschaft

Finanzielle Förderung und Beratung aus Sicht der Studentenwerke

Hochschulen und Wirtschaft - Formen der Kooperation. Christiane Konegen-Grenier IHK Köln, Zehn Jahre Bologna-Prozess, 23.

13. Wahlperiode

Studienfinanzierung - Talkrunde -

Stiftung der Deutschen Wirtschaft

...tes Landesgesetz zur Änderung des Abgeordnetengesetzes Rheinland-Pfalz

dein weg in studium und beruf Tipps zur Studienfinanzierung abi.de Mit freundlicher Unterstützung Foto: Anahi Weber

E-Lehrbuch BWL einfach und schnell DER PREIS UND SEINE FUNKTIONEN

Bildung auf einen Blick. Rede der Staatssekretärin Cornelia Quennet-Thielen

4.6 Studiengebühren: Damoklesschwert über Hochschullandschaft und Studierenden

Erst studieren, dann zahlen Ein Plädoyer für nachgelagerte Studiengebühren

Studierendenauswahl an der Charité - Universitätsmedizin Berlin. Burkhard Danz Leiter des Referates für Studienangelegenheiten

Erfahrungen mit dem Bildungsund Teilhabepaket

Ausbildungsfinanzierung

Eine kurze Geschichte der Studiengebühren an deutschen Hochschulen

Studienfinanzierung Welche Möglichkeiten gibt es? Monika Androsch, e-fellows.net Startschuss Abi Gelsenkirchen, 18. Oktober 2008

Highlights der Studie Gebührenkompass 2007

Titel. Hochschul-Informations-System GmbH. Chinese University Leaders Overseas Training Project: Higher Education Management

Bildungsfinanzierung neu gestalten

Selbstständigkeit am Existenzminimum

Länderübergreifender Finanzausgleich statt Studiengebühren

Abteilung Studienförderung Evaluation des Auswahlverfahrens für die Begabtenförderung. Zusammenfassung des Ergebnisberichts

Richtlinien für die Übernahme von Bürgschaften zur Förderung des Wohnungswesens

Begabtenförderung an Hochschulen - Finanzielle Fördermöglichkeiten

Impressum (wird nicht angezeigt)

Finanzierungsmodelle für Universitäten. Hans Pechar Alpen Adria Universität (Standort Wien)

500 Euro für ein besseres Studium

International Center

6. Einheit Wachstum und Verteilung

Auszug aus dem Protokoll des Regierungsrates des Kantons Zürich

Das Deutschlandstipendium eine Bilanz

Überblick zu Nachhaltigkeitsaktivitäten an deutschen Hochschulen ergänzte Version

Beitragsordnung der Freien Interkulturellen Waldorfschule Berlin i.g.

Corporate Citizenship von Unternehmen im Trias Staat Markt Gesellschaft

Verordnung über die Verbürgung von Darlehen zur Finanzierung schweizerischer Hochseeschiffe

Steuerungswirkungen der Hochschulfinanzierung

WACHSTUM UND ENTWICKLUNG Arbeitsauftrag

500 Euro für ein besseres Studium

Grundkurs I Einführung in die Politikwissenschaft 10. Vorlesung 22. Dezember Policy-Analyse 1: Einführung

Übergänge von Jugendlichen mit Migrationshintergrund in Ausbildung

Gesundheitsökonomie. PD Dr. Christian Krauth

Auswirkungen der Bevölkerungsentwicklung auf Immobiliennachfrage und Bautätigkeit Dr. Michael Voigtländer, Forschungsstelle Immobilienökonomik

Wirtschaftliche Betätigung der Gemeinden bei der Windenergienutzung

Der demographische Wandel und die Auswirkungen auf die Kommune Günter Tebbe. Lübeck, 1. Juli 2014

Hand in Hand für Spitzenleistungen

Wirtschaftspolitik. 1 Einführung

STUDIENFINANZIERUNG /2016 bei einem Studium in den Niederlanden. Stand Ein Überblick von Diplom- Volkswirt Robert Marzell

Statistische Berichte

Studienfinanzierung und Studiengebühren in Hamburg. HIS-Workshop Studiengebühren 3. Juli 2006

Dr. Michael Kilchling. Strafvollzugsrecht (3) Michael Kilchling Vorlesung Strafvollzugsrecht WS 2012/2013 1

Wissensreihe gewerblicher Rechtsschutz. Teil 4: Gesetz über Arbeitnehmererfindungen

MUSTER Alle Angaben zu Personen sind fiktiv. VERTRAG ZUR GEWÄHRUNG EINES AUSBILDUNGSDARLEHENS. zwischen. Vorname Nachname Strasse Hausnummer PLZ Ort

Wie kann und soll die zukünftige Mobilität überhaupt noch finanziert werden? Drei Feststellungen und drei Thesen

Anlage zu den Förderrichtlinien zur Vergabe von Saarland-Stipendien an internationale Studierende BEWERBUNG

Kapitel 6 Angebot, Nachfrage und wirtschaftspolitische Maßnahmen Preiskontrollen...124

VORLESUNG AKTUELLE PROBLEME DER WIRTSCHAFTSPOLITIK. Prof. Dr. Thomas Straubhaar. Wintersemester 2009/10

Waldorfschul- und Kindergartenverein Darmstadt e. V. Beitragsordnung. für Schule, Mitgliedsbeitrag, Hort und Nachmittagsbetreuung

Untersuchungen zu Verschuldung und Deflation

Wie kann man regenerative Energie in Zukunft fördern?

VWL A Grundlagen. Kapitel 1. Grundlagen

Selbstständige Migranten in Deutschland: Marktzutrittschancen durch interkulturelles Wissen?

Die Ökosteuer. Wie entwickelt sich die Ökosteuer in Deutschland und welche Wirkung hat sie?

Prüfungsvorbereitung: Aufgabensammlung II

Studiengebühren in Deutschland und Europa 2007/2008

DER WIRTSCHAFTSKREISLAUF UND SEINE TEILNEHMER

Ressourceneffizienz in Kleinstunternehmen und KMU

INSTITUT FÜR XXX. Vergleich der Ausführungsgesetze der einzelnen Bundesländer

Vorstellung der WIWI Fachrichtung

Werte und Grundsätze der Körber-Gruppe

Reglement für den Darlehens- und Stipendienfonds sowie weitere Fonds der Universität St. Gallen [DSR]

Transkript:

Studiengebühren und Studienbeiträge Eine Modellanalyse Thorsten Lang Liberale Bildungsgespräche der Friedrich-Naumann- Stiftung: Hochschul- und Studienfinanzierung Mainz, 12. Mai 2005

Was ist und was macht HIS? HIS Hochschul-Informations-System GmbH mit Sitz in Hannover 1969 gegründet Satzungsaufgabe: Unterstützung der Hochschulen und der zuständigen Verwaltungen bei rationeller und wirtschaftlicher Erfüllung der Hochschulaufgaben Erfüllung der Satzungsaufgaben u.a. durch Untersuchungen und Gutachten zur Schaffung von Entscheidungsgrundlagen und Bereitstellung von Informationen Erforschung und Offenlegung von Ursachen und Zusammenhängen bildungspolitischer Phänomene (z.b. Fragestellungen zur Hochschulfinanzierung)

Was ist Studienfinanzierung? Mittelaufbringung für Lehre Institutionelle Kosten, Lebenshaltungskosten, Opportunitätskosten Studierende, Eltern, Staat, Stiftungen, Unternehmen etc. als mögliche Finanzierungsquellen Studiengebühren/Studienbeiträge als stärkere Beteiligung der Studierenden und Eltern an den institutionellen Kosten

Aktuell Hintergrund: Seit längerer Zeit Diskussion um Einführung von Studiengebühren Urteil des Bundesverfassungsgericht vom 26. Januar 2005: Ländern steht die Einführung von Studiengebühren offen Länder haben den Belangen einkommensschwacher Bevölkerungskreise in angemessener Weise Rechnung zu tragen Mehrere Länder planen Einführung von Studiengebühren (u.a. Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg)

Warum Studiengebühren? In der Diskussion verwendete Argumente zur Rechtfertigung von Studiengebühren: Unterfinanzierung der Hochschulen Individuelle Vorteile aus dem Studium Effizienzsteigerung Möglichkeiten einer sozialverträglichen Ausgestaltung HIS: Darstellung der Argumentationsgrundmuster und Hinweise auf offene Fragen

Unterfinanzierung der Hochschulen Statistisches Bundesamt: Zwischen 1980 und 2001 Rückgang der preisbereinigten Hochschulausgaben je Studierendem um 15 Prozent Aber: Absolute staatliche Hochschulausgaben nominal und real gestiegen staatliche Ausgaben haben mit gestiegener Studiennachfrage nicht Schritt gehalten Im internationalen Vergleich gemessen an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit allenfalls durchschnittliche Hochschulausgaben Studiengebühren können Beitrag zur Beseitigung der Unterfinanzierung leisten

Unterfinanzierung Offene Fragen Vereinnahmt der Staat offen oder verdeckt die Gebühreneinnahmen für den allgemeinen Haushalt? Wie werden die Maßnahmen zur Sicherung der Sozialverträglichkeit von Studiengebühren finanziert? HIS-Verfahren zur Ermittlung der Einnahmepotenziale von Studiengebühren

Individuelle Vorteile des Studiums Studium führt zu gesellschaftlichen und individuellen Vorteilen Individuelle Vorteile: Höhere Einkommen Geringeres Arbeitsmarktrisiko diejenigen, die vom Studium profitieren, sollen auch dafür zahlen Staatliche Finanzierung: Umverteilung von Nichtakademikern zu Akademikern (von unten nach oben) Studiengebühren beseitigen ungerechte Umverteilungswirkungen

Individuelle Vorteile Offene Fragen Werden ungerechte Umverteilungseffekte beseitigt, wenn Studiengebühren vollständig als Drittmittel für die Lehre genutzt werden? Sind die Studierenden nicht bereits durch die private Finanzierung der Lebenshaltungskosten und durch den Verzicht auf Einkommenserzielung während der Studienphase ausreichend an den Studienkosten beteiligt?

Steigerung der Effizienz Falsche Anreizstruktur: Forschung lohnt sich mehr als Lehre Studierende können Veranstaltungen erfolglos abschließen oder wiederholen, ohne zusätzliche Kosten tragen zu müssen Steigerung der Effizienz durch Gebühren: Engagement und erfolgreiche Lehre werden belohnt Wettbewerb der Hochschulen um Studierende als zahlende Nachfrager Sorgfältigerer Umgang mit der Ressource Zeit

Steigerung der Effizienz Offene Fragen Ist der Wettbewerb funktionsfähig? (Ausreichende Anzahl Anbieter für Leistungswettbewerb?) Richten die Studierenden Studienentscheidung an Qualitätsmerkmalen aus? Verhalten sich die Studierenden als souveräne Konsumenten? Übergang vom gebührenfreien zum gebührenpflichtigten Studium lässt Steigerung der Effizienz erwarten Aber: Ob höhere Gebühren zu höherem Maß der Effizienzsteigerung führen, ist bislang empirisch nicht belegt

Sozialverträgliche Studiengebühren Sozialverträgliche Studiengebühren sichern Startchancengleichheit: Leistung, nicht aber die soziale Herkunft entscheidet über Studienaufnahme Mögliche Maßnahmen zur Sicherung des von der sozialen Herkunft unabhängigen Zugangs zum Studium: Bildungsdarlehen Stipendien Freiplätze Ausreichende Darlehensversorgung wird als Voraussetzung für Sozialverträglichkeit von Studiengebühren genannt

Sozialverträglichkeit Bildungsdarlehen Spezifische Risiken von Bildungsinvestitionen verhindern ausreichende Darlehensversorgung und -inanspruchnahme: Darlehensgeber: Zahlungsausfall Darlehensnehmer: Rückzahlungsverpflichtung trotz Misserfolgs Lösung: Staatliche Darlehen mit einkommensabhängiger Rückzahlung Beispiele: Australien, England; aber dort auch Stipendien für Studierende aus den einkommensschwächsten Bevölkerungskreisen

Sozialverträglichkeit Offene Fragen Welchen Einfluss hat der Elternbeitrag zur Studienfinanzierung auf das Studierverhalten? Verzichten Studierende aus einkommensschwachen Bevölkerungskreisen häufiger auf die Studienaufnahme, weil sie nicht von ihren Eltern finanziell unterstützt werden können und sie daher höhere Darlehen aufnehmen müssen? Bestehen in Abhängigkeit von der sozialen Herkunft Unterschiede in der Verschuldungs- oder Risikobereitschaft? Wie teuer sind Bildungsdarlehen?

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!