VERFASSUNGSGERICHTSHOF DES SAARLANDES B E S C H L U S S. In dem Verfassungsbeschwerdeverfahren

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Titel: Feststellung der Rechtswidrigkeit nach Einstellung des Betreuungsverfahrens

Transkript:

Lv 8/09 VERFASSUNGSGERICHTSHOF DES SAARLANDES B E S C H L U S S In dem Verfassungsbeschwerdeverfahren des Herrn G. J. Verfassungsbeschwerdeführer, Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwälte Beteiligte: Ministerium der Justiz, vertreten durch den Minister der Justiz, Zähringerstraße 12, 66119 Saarbrücken, Äußerungsberechtigte: Firma E. GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer R. B., Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwältin hat der Verfassungsgerichtshof des Saarlandes unter Mitwirkung des Präsidenten des Verfassungsgerichtshofs Prof. Dr. Roland Rixecker des Vizepräsidenten des Verfassungsgerichtshofs Prof. Dr. Rudolf Wendt des Verfassungsrichters Ulrich André des Verfassungsrichters Prof. Dr. Günter Ellscheid der Verfassungsrichterin Monika Hermanns des Verfassungsrichters Hans-Georg Warken

2 des Verfassungsrichters Prof. Dr. Stephan Weth des Verfassungsrichters Henner Wittling am 9.4.2010 b e s c h l o s s e n : 1. Das dem Beschwerdeführer am 6.10.2009 zugestellte Urteil des Amtsgerichts M. 24 C 251/08 verletzt die Grundrechte des Beschwerdeführers auf ein faires, rechtsstaatliches Verfahren und auf rechtliches Gehör (Art. 1 Satz 1, 2 Satz 1, 12 Abs. 1, 21 Satz 2, 60 Abs. 1, 110 Satz 2 SVerf). 2. Das dem Beschwerdeführer am 6.10.2009 zugestellte Urteil des Amtsgerichts M. sowie der Beschluss des Amtsgerichts M. vom 11.11.2009 24 C 251/08 werden aufgehoben. 3. Der Zivilrechtsstreit wird an eine andere Abteilung des Amtsgerichts M. zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. 4. Die dem Beschwerdeführer in dem Verfassungsbeschwerdeverfahren entstandenen Auslagen sind ihm durch die Landeskasse zu erstatten. 5. Der Gegenstandwert wird auf 575,84 Euro festgesetzt.

3 G r ü n d e : I. Die Äußerungsberechtigte hat den Beschwerdeführer in einem Zivilrechtsstreit vor dem Amtsgericht M. 24 C 251/08 auf Zahlung von Werklohn für eine ingenieurgeologische und bodenmechanische gutachtliche Stellungnahme in Anspruch genommen. Zwischen den Parteien des Zivilrechtsstreit war unter anderem streitig, ob der Beschwerdeführer die ihm in Rechnung gestellten Leistungen in Auftrag gegeben hatte, und ob die seines Erachtens lediglich in Auftrag gegebene Prüfung der durch seinen Statiker angenommenen Werte des Mindestdrucks einer Bodenpressung notwendigerweise die durch die Klägerin in Rechnung gestellten Arbeiten vorausgesetzt hatte. Das Amtsgericht M. hat auf die Anspruchsbegründung hin zunächst Stellungnahmen der Parteien eingefordert und ihnen einen Hinweis gemäß 495 a ZPO Die Parteien werden darauf hingewiesen, dass nach Ablauf der Erwiderungsfrist eine Entscheidung gemäß 495a ZPO, gegebenenfalls ohne mündliche Verhandlung, ergehen kann erteilt. Nach Eingang der Stellungnahmen hat es Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt. In diesem Termin wurden die Parteien angehört und aufgefordert, bestimmte weitere Informationen zu liefern. Das Amtsgericht M. hat ferner mitgeteilt, es werde danach schriftlich ohne erneute mündliche Verhandlung entscheiden, es sei denn, dass eine der Parteien das Gegenteil beantrage. Daraufhin widersprach der Beschwerdeführer einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (Schriftsatz vom 15.9.2008, Bl. 70). Nach Eingang weiterer Stellungnahmen wurden den Parteien durch Beschluss weitere Hinweise erteilt, in denen insbesondere auf die Widersprüchlichkeit der Angaben der Äußerungsberechtigten aufmerksam gemacht wurde. Ferner wurde eine Beweiserhebung durch Vernehmung des Beschwerdeführers als Partei und Einholung eines Sachverständigengutachtens angeordnet sowie Termin zur Beweisaufnahme und Fortsetzung der mündlichen Verhandlung bestimmt. Nach Vernehmung des Beschwerdeführers als

4 Partei wurde ein Sachverständigengutachten eingeholt und auf Einwände des Beschwerdeführers gegen dessen Feststellungen hin eine schriftliche Erläuterung veranlasst, die den Parteien zur Stellungnahme ebenso wie das vorherige Gutachten zugeleitet wurde. Daraufhin vertrat der Beschwerdeführer die Auffassung, die ergänzenden Ausführungen des Sachverständigen bestätigten seine Auffassung. Sodann erließ das Amtsgericht M. schriftlich ein Urteil, das den Beschwerdeführer antragsgemäß zur Zahlung des Werklohns, darauf zu zahlender Zinsen und der nicht anrechenbaren anwaltlichen Vergütung verpflichtete. Die dagegen von dem Beschwerdeführer erhobene Anhörungsrüge, mit der er einwandte, das Amtsgericht M. habe die Höhe der Forderung zu Unrecht als unstreitig behandelt und überraschenderweise ohne erneute mündliche Verhandlung entschieden, wies das Amtsgericht M. mit Beschluss vom 11.11.2009, dem Beschwerdeführer am 20.11.2009 zugestellt, zurück. Dagegen wendet sich der Beschwerdeführer mit seiner am 30.11.2009 eingegangenen Verfassungsbeschwerde, mit der er die Verletzung des Grundrechts auf rechtliches Gehör und auf ein faires und rechtsstaatliches Verfahren rügt. II. Die zulässige Verfassungsbeschwerde ist begründet. Das Urteil des Amtsgerichts M., das dem Beschwerdeführer am 6.10.2009 zugestellt worden ist, verletzt die Grundrechte des Beschwerdeführers auf ein faires rechtsstaatliches Verfahren und auf rechtliches Gehör, die sich nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs aus Art. 1 Satz 1, Art. 2 Satz 1, Art. 12 S. 1, Art. 21 Satz 2, Art. 60 Abs. 1, Art. 110 Satz 2 SVerf ergeben.

5 1. Das Grundrecht auf ein faires, rechtsstaatliches Verfahren kann in einem Zivilrechtsstreit verletzt sein, wenn ein Gericht sein Verfahren nicht so gestaltet, wie die Parteien es auf der Grundlage der maßgeblichen Vorschriften der Verfahrensordnung von ihm erwarten dürfen. Von einem Gericht angekündigte Gestaltungen eines Zivilrechtsstreits, vor allem das Beschreiten bestimmter prozessualer Wege, dürfen zur Gewährleistung des rechtsstaatlichen Vertrauensschutzes nicht ohne vorherige Information der Parteien und ohne Gelegenheit, sich auf eine solche Veränderung einzustellen, abgebrochen oder verändert werden (VerfGH Beschl. v. 5.6.2003, Lv 7/02; BayVerfGH NJW 2005, 3771). Allerdings führt nicht jeder Verfahrensfehler bereits zu einer verfassungswidrigen Verletzung dieses Grundrechts. Das ist vielmehr nur dann der Fall, wenn er spezifisches Verfassungsrecht verletzt, also nicht nur Verfahrensvorschriften des einfachen Rechts missachtet sondern grundlegende, in den Vorschriften der maßgeblichen Verfahrensordnung zum Ausdruck kommende rechtsstaatliche Prinzipien verkannt werden. Das ist dem Amtsgericht M. trotz seines erkennbaren Bemühens, den Sachund Streitstand vollständig zu erfassen und den Parteien Gehör zu schenken unterlaufen. 495 a Satz 1 ZPO lässt zu, dass ein Amtsgericht in bestimmten Zivilrechtsstreitigkeiten mit geringem Streitwert die Streitwertgrenze von 600 Euro war, weil es sich bei dem Anspruch auf Erstattung des nicht anzurechnenden anwaltlichen Honorars um eine Nebenforderung im Sinne des 4 ZPO handelte (BGH FamRZ 2009, 867; VersR 2008, 557) nicht erreicht sein Verfahren nach billigem Ermessen gestaltet. Das erlaubt indessen kein beliebiges Vorgehen. Ob 495 a ZPO erlaubt, ohne die formalen Anforderungen des 128 Abs. 2 ZPO wie hier geschehen schriftlich zu entscheiden, ob 495 a ZPO gestattet, wie hier davon abzusehen, den Parteien nach 279 Abs. 3 ZPO seine vor-

6 läufige Einschätzung der Sach- und Rechtslage nach einer Beweiserhebung mitzuteilen und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme dazu zu geben, und ob ein solches Vorgehen nicht nur zivilprozessrechtlich sondern auch verfassungsrechtlich von Bedeutung wäre, kann dahinstehen. Denn in jedem Fall gehört zu den Erfordernissen eines rechtsstaatlichen, fairen Verfahrens, dass das Antragsrecht des 495a Satz 2 ZPO beachtet wird (BVerfG NJW-RR 1994, 254, 255). Das hat das Amtsgericht M. indessen übersehen. Der Beklagte hat eine mündliche Verhandlung beantragt. Sie hat zu keinem Zeitpunkt stattgefunden. Denn trotz der mehrfachen Anberaumung von Terminen zur mündlichen Verhandlung sind nach den maßgeblichen Niederschriften zu keinem Zeitpunkt Anträge gestellt worden. Erst durch die Stellung der Anträge wird indessen aus einer Erörterung der Sach- und Rechtslage eine mündliche Verhandlung ( 137 Abs. 1 ZPO). Der Beschwerdeführer durfte also bis zur Zustellung des Urteils davon ausgehen, dass eine mündliche Verhandlung auch über die bisherige Beweiserhebung ( 285 Abs. 1 ZPO) seinem Erlass (noch) vorausgehen würde. Auch im Übrigen hätte das Amtsgericht M. den Beschwerdeführer durch Hinweise darüber unterrichten müssen, dass es die durch sein Verfahren zum Ausdruck kommende Einschätzung des Sach- und Streitstandes im Laufe des Verfahrens offenbar verändert hat. Denn aufgrund der ersten Hinweise auf die Widersprüchlichkeit des Vortrags des Äußerungsberechtigten und die Vernehmung des Beklagten als Partei von Amts wegen, die nach der Zivilrechtsprechung zu 448 ZPO nur zulässig ist, wenn für den Vortrag der vernommenen Partei schon eine gewisse Wahrscheinlichkeit spricht (Thomas/Putzo, ZPO, 30. Aufl., 448 Rdn. 2 ff. m.w.n.), durfte der Beschwerdeführer davon ausgehen, dass das Amtsgericht M. seiner Darstellung schon weitgehend zu folgen bereit war. Auf der Verletzung des Grundrechts auf ein faires, rechtsstaatliches Verfahren kann die Entscheidung beruhen, weil sich der Beschwerdeführer in einer mündlichen Verhandlung, in deren Verlauf das Amtsgericht M. seine Auffassung zur Sach- und Rechtslage dargestellt hätte, damit auf der Grundlage seiner in dem angegriffenen Urteil nicht bedachten Verteidigung gegen den erhobenen Anspruch hätte auseinandersetzen können.

7 2. Die Entscheidung des Amtsgerichts M. verletzt ungeachtet der Bescheidung der Anhörungsrüge und ungeachtet des Umstands, dass es sich umfangreich mit den durch den Rechtsstreit aufgeworfenen Fragen befasst hat das Grundrecht auf rechtliches Gehör. Das Grundrecht auf rechtliches Gehör verbürgt seinem Träger zwar nicht, dass seine Argumente geteilt werden, sondern lediglich, dass er vor einer ihn betreffenden gerichtlichen Entscheidung Gelegenheit zur Äußerung hat und seine Äußerungen zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen werden. Das hat das Amtsgericht M. offenbar aufgrund eines substantiellen Missverständnisses nicht beachtet. Dies geht schon aus dem seine Entscheidung tragenden Satz hervor, die Anspruchsgrundlage ergebe sich aus den 631 Abs. 1, 632 Abs. 2 BGB, es also offenbar einen Anspruch der Äußerungsberechtigten auf eine Vergütung für ein vollendetes Werk ( 640, 641, 646 BGB) zugesprochen hat. Dabei geht die gerügte Entscheidung allerdings davon aus, dass die Äußerungsberechtigte unstreitig eine Prüfung des durch seinen Statiker geschätzten Wertes der Bodenpressung vornehmen sollte. Zugleich stellt sie zu Recht fest, dass die durch die Äußerungsberechtigte erbrachte und in Rechnung gestellte Leistung den Wert der Bodenpressung nicht angegeben sondern weitere Maßnahmen zu deren Feststellung für erforderlich gehalten hat. Die Äußerungsberechtigte hat dann aber die vertraglich vereinbarte Leistung (noch) nicht erbracht. Allerdings hat der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 15.9.2007 den erteilten Auftrag zur Bodenpressung der Äußerungsberechtigten gegenüber zurückgezogen. Das Amtsgericht hätte folglich der Frage nachgehen müssen, ob der Äußerungsberechtigten ein Werklohnanspruch nach Kündigung des Werkvertrages ( 649 BGB) zustand, oder ob umgekehrt je nach den aufzuklärenden Umständen der Rechnungserstellung dem Beschwerdeführer ein Recht zum Rücktritt von dem Vertrag oder zur Kündigung aus wichtigem Grund zustand.

8 Das Amtsgericht M. hat ferner zu Unrecht angenommen, der Beschwerdeführer habe die Angemessenheit der von der Äußerungsberechtigten in Rechnung gestellten Vergütung nicht ordnungsgemäß bestritten; die Vergütung sei aber, selbst wenn davon ausgegangen würde, auch angemessen. Es steht außer Frage, dass der Beschwerdeführer was ihm zusteht ( 138 Abs. 4 ZPO) die Angemessenheit der Vergütung bestritten hat. Denn der Beschwerdeführer hat unmissverständlich zuletzt in seinem Schriftsatz vom 10.2.2009 vorgetragen, die in Rechnung gestellten Leistungen seien nicht nur nicht in Auftrag gegeben worden sondern ihre Vornahme für die versprochene Leistung auch völlig außer Verhältnis gewesen. Durch die Aufspaltung des Auftrags in eine vorbereitende Bestandsaufnahme und ingenieurgeologische und bodenmechanische Begutachtung, die Darstellung der Gebäudeaufnahme und die Erstellung einer nicht verabredeten Gründungsberatung hätte sich, wäre der Beschwerdeführer den Vorschlägen der Äußerungsberechtigten zum weiteren Vorgehen gefolgt, ein wesentlich höherer Preis ergeben als der, der bei ordnungsgemäßer und angemessener Auftragsbearbeitung angefallen wäre. Dass dieses Vorbringen nicht einmal fernliegt, folgt nicht zuletzt auch aus der von ihm vorgelegten anderweitigen Vergabe und Bezahlung des Auftrags. Daher liegen die die Entscheidung tragenden Überlegungen des Amtsgerichts M. die auch auf die Anhörungsrüge hin nicht korrigiert worden sind, zu einer lege artis vorgenommenen Bewertung einer Bodenpressung gehörten vorbereitende Baugrunduntersuchungen, neben der Sache. Im Übrigen durfte das Amtsgericht M. auf keinen Fall selbst bei einem Verfahren nach billigem Ermessen nicht die Höhe der für diese Teilleistung berechneten Beträge als angemessen betrachten. Dass das Amtsgericht über die dazu erforderliche eigene Sachkunde verfügt hätte, hat es nicht dargelegt und ist auch nicht erkennbar.

9 Der Verfassungsgerichtshof hebt daher die mit der Verfassungsbeschwerde angegriffene Entscheidung auf und verweist den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht M. zurück. Er macht dabei von seiner Befugnis Gebrauch, eine andere Abteilung des Amtsgerichts M. mit dem Rechtsstreit zu befassen. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung folgt aus 26 VerfGHG. gez. Prof. Dr. Rixecker Prof. Dr. Wendt André Prof. Dr. Ellscheid Hermanns Warken Prof. Dr. Weth Ausgefertigt Wittling (Dörr) Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle