Weinfelder. Predigt. Gottes Zeit und unsere Zeit. Januar 2017 Nr Petrus 3,

Ähnliche Dokumente
Predigt zu Epheser 1,15-23

Fuß- und Kopfwaschung

Drittletzter Sonntag im Kirchenjahr, 06. November 2016

Gottesdienst zum Jahresthema am 1. Advent 2010

(Pfarrer Dr. Kurt Reuber, 1943) für ein gutes Leben mit Gott. Tipps und Texte für Erwachsene Zusammengestellt von Helge Korell

Weinfelder. Predigt. Auferstehung? Dezember 2013 Nr Markus 12,18-25

1.THESSALONICHER 4,13-18: KLARHEIT, TROST UND HOFFNUNG

Zwischen Himmel und Erde Predigt zu Apg 1, (Himmelfahrt 2016)

Mit Ostern steht und fällt alles. Predigt über 1. Korintherbrief 15,12-20 Ostermontag Er ist wahrhaftig auferstanden! 2016

Nach dem Tod das Leben Predigt zu Joh 5,24-29 (Ewigkeitssonntag 2015)

Zur Erinnerung Predigt zu 1. Korinther 15,1-11 (Ostern 2016) Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserm Vater, und dem Herrn Jesus Christus. Amen.

II. Da stehen die Jünger, schauen Jesus hinterher, wie er verschwindet. Manche Fragen hat er nicht beantwortet, manche Erwartungen nicht erfüllt

32. SONNTAG IM JAHRESKREIS C / EINGANG:

VERHEISSUNGEN BLANKOSCHECKS GOTTES 01

Predigt zum Apostolischen Glaubensbekenntnis 1. Artikel

Wohl dem Volk, dessen Gott der Herr ist Predigt zu Röm 9, (10. So n Trin, )

Text:!! Römer 14,7 13 Lesung:! Römer 13,8 10 Thema:! Was uns verbindet ist stärker als das, was uns trennt.

Von Jesus beten lernen

Jesus verspricht:... Ich bin gekommen, damit sie das Leben und volle Genüge haben sollen.

Petrus und die Kraft des Gebets

Glaube kann man nicht erklären!

Evangelisch-Lutherische Freikirche Zionsgemeinde Hartenstein

Predigt über Jakobus 5, 7 und 8 am 2. Advent, den 6. Dezember 2009 in der Kreuzkirche Reutlingen Pfarrerin Astrid Gilch-Messerer

Versöhnung - die Liebe Christi drängt uns (vgl. 2 Korinther 5,14)

Der 1. Thessalonicherbrief an die Gemeinde in Reinach. Predigtserie und Selbststudium auch für die Ferien.

Paulus sitzt erneut vor einem weißen Blatt Papier.

Petrus und die Kraft des Gebets

Herzlich willkommen in einer Kirche unserer Gemeinden!

Johannistag 2016, Apg.19,1-7. Liebe Gemeinde,

Predigt zu 1. Thess. 5, 14-24

- Römer 1:1-7 - Zuschrift und Gruß: Paulus, der Apostel der Heiden. Paulus, Knecht Jesu Christi, berufener Apostel, für das Evangelium Gottes,

Ü berfließender Segen Predigt ü ber Epheser 1,3-14 1

TAUFE VON MARKUS ENGFER GreifBar plus 307 am 15. April 2012 LIED: IN CHRIST ALONE BEGRÜßUNG WARUM TAUFEN WIR: MT 28,16-20

irdischen Pilgerschaft in die Herrlichkeit der Auferstehung folgen, wo sie nun mit ihm am Herzen des Vaters ruht.

von Mark Hitchcock, dem Autor des von mir empfohlenen Buches Könnte die Entrückung heute stattfinden? - Siehe Buchempfehlungen

34. Sonntag im Jahreskreis - Christkönigssonntag - Lk 23, C - Jesus, denk an mich, wenn du in deiner Macht als König kommst

Predigt des Erzbischofs em. Friedrich Kardinal Wetter zum Fest Maria Himmelfahrt 2014 in Maria Ramersdorf

Predigttext: I Thess 5,23-24

Der Tod ist besiegt! Predigt zu Jes 25,8+9 (Ostern 2013) Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserm Vater, und dem Herrn Jesus Christus. Amen.

Gottesdienst für Dezember 2016 Advent

Jahresmotto: "Lebe übernatürlich"! Gottes Möglichkeiten in meinen Begrenzungen!

Predigt für die Trinitatiszeit (18.)

Predigt über Joh 16,5-15, Pfingstsonntag, den

Leiter- und Arbeitsunterlagen

Wie lese ich die Bibel?

Lernverse für den Konfi-Unterricht

Predigt über Johannes 16, Mai 2015, Kreuzkirche Reutlingen, Pfarrerin Carolin Braun

Liebe Gemeinde, 1. Ermahnungen sind überflüssig. Ermahnungen sind eigentlich überflüssig. Sie bringen sowieso nichts. Oft sind sie nur lästig.

Glauben Geschmack am Leben findet, am wahren Leben, das diesen Namen verdient.

Einführung in das Neue Testament oder: Warum der christliche Glaube. Buchreligion ist.

Leben und Sterben vor Gottes Angesicht Predigt zu Röm 14,7-9 (Drittletzter So n Trin, )

Der Gottesdienst in der Ölberg-Kirche

Der Anruf. Hast du etwas Zeit für mich? Worüber können wir mit Gott reden?

WESEN UND WIRKEN DES HEILIGEN GEISTES

Predigt für Trinitatis

Predigt zu Lukas 1, 67-79

Weinfelder. Predigt. Angst als Realität. September 2014 Nr Johannes 16,33

Phil 4,

Denn der ganze Abschnitt ist ja, wie wir beim Hören gemerkt haben, ein typisch paulinisches Vollkonzentrat.

Predigt zu Johannes 14, 12-31

Die Entstehung der Gemeinde

Römer 14, 7-9 Predigt zum Ewigkeitssonntag, in Landau und Crailsheim

Matthäus 28, Und als sie ihn sahen, fielen sie vor ihm nieder; einige aber zweifelten.

Predigt über Galater 5,22 Treu und zuverlässig werden

Jesaja 43, 1 7 Liebe Gemeinde, da haben wir eben aus dem Mund des Propheten Jesaja das wunderbare verheißungsvolle Wort Gottes gehört: Fürchte dich

Identität als Kinder Gottes Christian Hagen

Foto: Bischöfliches Priesterseminar Mainz BITTET DEN HERRN DER ERNTE. Rosenkranzandacht. im Anliegen der Berufungspastoral

Vollmacht unter Gottes Herrschaft

Bibelstudium. Martin Müller / pixelio.de

2 Wie haben die Apostel es damals geschafft, Menschen für Christus zu gewinnen? Eine erste entscheidende Voraussetzung war ihre tiefe Verbundenheit mi

Thema 17: Bibelstunden ausarbeiten

Thema 6: Loben und Danken

Predigt - 2. Petrus 1, Liebe Schwestern und Brüder im Glauben,

waren, die Türen aus Furcht vor den Juden verschlossen -, da kam Jesus und trat in ihre Mitte, und er sagt zu ihnen: Friede sei mit euch!

Predigt zu 2. Petrus 1, in Großaspach

Ablauf der Tauffeier

ST. ANNA-GEMEINDE ZÜRICH Berufen zur Gemeinschaft mit Jesus Predigt von Pfarrer Luzi Candrian gehalten am 23. August 2015

Sehr geehrte Gottesdienstbesucher!

Fragen, die Jehovas Zeugen bewegen

Sonntäglicher Wortgottesdienst bei kurzfristigem Ausfall des Priesters ohne Kommunionfeier

Liebe Schwestern und Brüder, liebe Gemeinde,

Predigt über Offenbarung 21, 1-7 am in Altdorf (Pfr. Bernd Rexer)

Predigt des Erzbischofs Friedrich Kardinal Wetter beim Pontifikalgottesdienst zum Weihnachtsfest 2007

Predigt des Erzbischofs em. Friedrich Kardinal Wetter beim Gottesdienst zum Fest Mariä Himmelfahrt 2010 in Birkenstein

Ich finde, gut gekleidete Leute sagen etwas aus über sich selbst. Und sie sind hübsch anzusehen. Kleider machen Leute.

HGM Hubert Grass Ministries

Predigt am Sonntag Jubilate (17. April 2016) 2. Korinther 4,16 18 Illustrationen zu Platons Höhlengleichnis!

Was meint Glaube? Vortrag

1.THESSALONICHER 5,1-3: VORBEREITET SEIN

Gott der Dreieine Argumente aus der Bibel

Sic. Entrückung. Entrückung wirklich vor der Zeit der Drangsal? Science Fiction. oder. Hoffnung der Christen

Liturgievorschlag für Neujahr Hochfest der Gottesmutter Maria

Gedanken zur Jahreslosung 2013 zur Erarbeitung von Andachten für Mitarbeiter und Teilnehmer

Predigttext: 1 Johannes 5,11-13 (Predigtreihe IV, Erneuerte Perikopenordnung)

Söhne und Töchter Gottes

Bistum Münster und Bistum Aachen Wortgottesdienst für Januar 2013 Die Hochzeit in Kana (vom 2. Sonntag im Jahreskreis C auch an anderen Tagen möglich)

Seite 1 von 5. PREDIGT zu Jakobus 5, 7-8 von Pfarrerin Katharina Falkenhagen

Wie könnte Paulus also uns schreiben? Ich versuche es einmal:

Lukas 11,1-2. Ein beispielhaftes Gebet Ein Gebetsrahmen

Du bist begabt_teil 2

Transkript:

Weinfelder Januar 2017 Nr. 783 Predigt Gottes Zeit und unsere Zeit 2. Petrus 3,3-4.8-9 von Pfr. Johannes Bodmer gehalten am 1.1. 2017

2. Petrusbrief 3,3-4.8-9 Ihr müsst euch vor allem darüber im klaren sein: In der letzten Zeit werden Menschen auftreten, die nur ihren eigenen selbstsüchtigen Wünschen folgen. Sie werden sich über euch lustig machen und sagen: Er hat doch versprochen wiederzukommen! Wo bleibt er denn? Inzwischen ist die Generation unserer Väter gestorben; aber alles ist noch so, wie es seit der Erschaffung der Welt war! Meine Lieben, eines dürft ihr dabei nicht übersehen: Beim Herrn gilt ein anderes Zeitmass als bei uns Menschen. Ein Tag ist für ihn wie tausend Jahre, und tausend Jahre wie ein einziger Tag. Der Herr erfüllt seine Zusagen nicht zögernd, wie manche meinen. Im Gegenteil: Er hat Geduld mit euch, weil er nicht will, dass einige zugrunde gehen. Er möchte, daß alle Gelegenheit finden, von ihrem falschen Weg umzukehren. Seite 2

Liebe Gemeinde Spötter hat es schon immer gegeben, Spötter gegen die Christen und Spötter gegen Christus. Denken wir nur an den Spott, den Jesus als Gekreuzigter anhören musste: Anderen hat er geholfen; jetzt soll er sich selbst helfen, wenn er wirklich der ist, den uns Gott zum Retter bestimmt hat! (Lk 23,35) Der Spott, der in unserem Text erwähnt wird, macht sowohl die Christen als auch Christus lächerlich: Er hat doch versprochen wiederzukommen! Wo bleibt er denn? Inzwischen ist die Generation unserer Väter gestorben; aber alles ist noch so, wie es seit der Erschaffung der Welt war! Bereits die ersten Gläubigen, die Jesus noch persönlich gekannt hatten, warteten auf seine Wiederkunft. Gemeint ist das endzeitliche, sichtbare Erscheinen von Christus, in Macht und Herrlichkeit und seine bleibende Anwesenheit. Christus wird wieder kommen, um sein Auftrag der Erlösung und das Gericht über das Böse zu vollziehen. Diese Erwartung, die vom Apostel Paulus mehrfach in seinen Briefen aufgenommen wird, geht auf die Verkündigung von Jesus zurück. Jesus hat seinen Jüngern das sichtbare Erscheinen des Menschensohnes vom Himmel her angekündigt (Mk 13,26). Paulus ist der Meinung gewesen: die Wiederkunft von Christus wird sich bald ereignen. Die dann lebenden Christen werden in den Himmel entrückt (1 Thess 4,16). Zweifel an dieser Verheissung kamen in der zweiten christlichen Generation auf. Das zeigt der 2. Petrusbrief, der in der ersten Hälfte des 2. Jahrhunderts entstanden ist: Seite 3

Er hat doch versprochen wiederzukommen! Wo bleibt er denn? Inzwischen ist die Generation unserer Väter gestorben; aber alles ist noch so, wie es seit der Erschaffung der Welt war! Liebe Gemeinde, wie steht es bei Ihnen um die Erwartung, um die zweite Ankunft von Jesus Christus? Seit seiner ersten Ankunft bei seiner Geburt in Bethlehem sind 2000 Jahre vergangen; eine Zeit historischen Ausmasses. Sie übersteigt unseren persönlichen Lebenshorizont bei weitem. Haben Sie sich auch schon Gedanken darüber gemacht, warum Jesus noch nicht wieder gekommen ist? Haben Sie auch schon daran gezweifelt, ob er wirklich wieder kommen wird? Im Petrusbrief werden solche Zweifel formuliert und damit ernst genommen. Es ist tatsächlich so, dass wir uns fragen können, warum weiter so viel Elend auf unserem Planeten geschieht. Warum greift Gott nicht definitiv ein und setzt allem Leid und allem Bösen ein Ende? Wenn wir von einer Generationenfolge von 25 Jahren ausgehen, haben bereits 80 Generationen auf die Wiederkunft Christi gewartet! Wie viele Generationen werden noch warten müssen? Gewiss hat auch der Verfasser des 2. Petrusbriefes im 2. Jahrhundert in der Erwartung der baldigen Wiederkunft Christi gelebt. Darum schreibt er: Ihr müsst euch vor allem darüber im klaren sein: In der letzten Zeit werden Menschen auftreten, die nur ihren eigenen selbstsüchtigen Wünschen folgen. Sie werden sich über euch lustig machen und sagen: Er hat doch versprochen wiederzukommen! Seite 4

Allerdings relativiert er diese Erwartung mit dem Hinweis auf Gottes Dimensionen: Meine Lieben, eines dürft ihr dabei nicht übersehen: Beim Herrn gilt ein anderes Zeitmass als bei uns Menschen. Ein Tag ist für ihn wie tausend Jahre, und tausend Jahre wie ein einziger Tag. Das schreibt er in Kenntnis des Psalmes 90, wo in Vers 4 steht: Für dich sind tausend Jahre wie ein Tag, so wie gestern im Nu vergangen, so kurz wie ein paar Nachtstunden. Für Gott sieht manches anders aus als für uns. Das kann uns neugierig machen, das kann uns aber auch trösten. Wenn wir meinen, Jesus sollte doch möglichst bald wieder kommen, sieht das aus Gottes Sicht anders aus. Er hat seine Gründe dafür. Wie haben Sie es mit dem Warten auf Jesus, liebe Anwesende? Denken Sie oft daran, dass seine Wiederkunft bald sein könnte? Beten Sie sogar manchmal dafür? Oder ist das für Sie kein oder nur ein ganz seltener Gedanke? Ich hoffe für Sie, dass Sie nicht auf die Wiederkunft Christi warten. Denn warten allein nützt weder Ihnen noch jemand anders. Warten ist unangenehm. Sie haben sicher schon auf einen Besuch gewartet, der sich verspätet hat oder überhaupt nicht gekommen ist. Unruhig haben Sie zum Fenster hinaus geschaut, immer wieder die Uhr kontrolliert. Sie haben etwas aufgeräumt und sich gefragt, weshalb sich der Besuch verspätet hat. Wartezeit, als untätig verbrachte Zeit, ist sinnlose, zermürbende Zeit. Warten in diesem Sinn lähmt unsere Aktivität und macht uns unruhig. Statt mit Warten verbringen wir die Zeit lieber mit einer Tätigkeit. Das soll auch für die Gedanken rund um die Wiederkunft von Jesus so sein. Wenn wir jeden Tag denken würden: Ist heute der Tag seiner Ankunft, würde das uns lähmen. Wir haben Seite 5

sowieso keinen Einfluss auf sein Wiederkommen. Gott allein bestimmt, wann die Zeit dafür da ist. Es ist kaum anzunehmen, dass viele Gläubige in den zwei Jahrtausend Christentum auf die zweite Ankunft von Jesus gewartet haben. Im ersten und zweiten Jahrhundert mag das der Fall gewesen sein, wie wir es im heutigen Bibeltext nachlesen. Doch klang diese Erwartung dann ab. Irdische Kategorien sind ungenügend, um über Gott und über seinen Zeitplan mit der Welt detaillierte Aussagen zu machen. Gott hat sicher nicht Verspätung, wie die Spötter im Predigttext andeuten. Was von unserer Seite her aussieht wie zögern oder Verspätung, das ist göttliche Geduld. Wenn wir das Elend der Welt anschauen, haben wir den Eindruck, Gottes Geduld habe lange genug gedauert. Und doch hören wir im Petrusbrief: Gott möchte noch vielen Menschen die Chance geben, den Glauben an ihn und den auferstandenen und wiederkommenden Christus zu finden. Anders gesagt: Gott möchte vielen Menschen das ewige Leben schenken. Auch im Jahr 2017. Amen Seite 6