Aufenthaltserlaubnis, Kindernachzug, Altersgrenze, Volljährigkeit, Familienzusammenführung, italienisches Visum

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Transkript:

VGH München, Beschluss v. 08.12.2014 10 CS 14.2500 und 10 C 14.2501 Titel: Aufenthaltserlaubnis, Kindernachzug, Altersgrenze, Volljährigkeit, Familienzusammenführung, italienisches Visum Normenketten: VwGO 146 IV, 166 ZPO 114 I 1 AufenthG 5 I Nr. 1, 16 V, 25 IV, V, 32 I, II, 36 II 1 RL 2003/86/EG Art. 4 I RL 2003/109/EG Art. 16 AufenthV 39 Nr. 6 Schlagworte: Aufenthaltserlaubnis, Kindernachzug, Altersgrenze, Volljährigkeit, Familienzusammenführung, italienisches Visum Tenor I. Die Verfahren 10 CS 14.2500 und 10 C 14.2501 werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden. II. Die Beschwerden werden zurückgewiesen. III. Der Antragsteller trägt die Kosten der Beschwerdeverfahren. IV. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren 10 CS 14.2500 wird auf 2.500 Euro festgesetzt. Gründe I. 1 Der Antragsteller verfolgt in den Beschwerdeverfahren seine Anträge auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis und auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Klage- und das Antragsverfahren weiter. 2 Der am... Januar 1992 geborene Antragsteller ist ghanaischer Staatsangehöriger. Er reiste am 30. März 2013 zu seinem bereits seit 1. Juli 2011 in der Bundesrepublik lebenden Vater, der ebenfalls ghanaischer Staatsangehöriger ist, ein. Dem Antragsteller war am 26. September 2012 von der italienischen Botschaft in A./Ghana ein nationales italienisches Visum zum Zwecke des Familiennachzugs erteilt worden, das vom 28. September 2012 bis 27. September 2013 gültig war. Mit diesem Visum reiste der Antragsteller am 31. Oktober 2012 zunächst nach Italien und dann später in das Bundesgebiet ein. Der Vater des Antragstellers ist in Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nach 38a AufenthG. Er lebte vor seiner Einreise in die Bundesrepublik in Italien und war dort Inhaber eines Daueraufenthaltsrechts nach der Richtlinie 2003/109/EG (Daueraufenthaltsrichtlinie).

3 Am 18. April 2013 beantragte der Antragsteller bei der Antragsgegnerin die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. Er wolle zu seinem hier lebenden Vater nachziehen. Zudem wolle er eine Ausbildung zum Altenpfleger beginnen und/oder einen Deutschkurs absolvieren. Einer vom Antragsteller zudem beabsichtigten Beschäftigung als Zimmerboy stimmte die Bundesagentur für Arbeit nicht zu. 4 Nachdem die Antragsgegnerin den Antragsteller zur beabsichtigten Ablehnung seines Antrags auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis angehört hatte, beantragte er am 16. Januar 2014 erneut, ihm eine Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug, hilfsweise aus humanitären Gründen, zu erteilen. Er sei mit einem italienischen Visum zum Familiennachzug nach Italien gekommen. Allerdings sei sein Vater zu diesem Zeitpunkt schon in Deutschland gewesen. Der Antragsteller legte im Verwaltungsverfahren eine Bestätigung vom 4. Juni 2014 vor, wonach er am 28. April 2014 an einem Einstufungstest für einen Deutschkurs teilgenommen habe. Er sei auf das Niveau Vorkurs eingestuft worden. 5 Mit Bescheid vom 18. Juli 2014 lehnte die Antragsgegnerin den Antrag vom 18. April 2013 auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug und zum Besuch eines Deutschkurses bzw. zur Absolvierung einer Ausbildung als Altenpfleger ab. Ebenso lehnte sie den Antrag vom 16. Januar 2014 auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug oder aus humanitären Gründen ab. 6 Zur Begründung führte die Antragsgegnerin aus, dass ein Familiennachzug nach 32 Abs. 2a AufenthG i. d. F. vom 1. Juni 2012 (gültig ab 1. August 2012 bis 5. September 2013) nicht in Frage komme, weil die familiäre Lebensgemeinschaft des Antragstellers mit seinem Vater nicht bereits in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union bestanden habe. Der Vater habe sich bereits seit dem 1. Juli 2011 ununterbrochen in M. aufgehalten, während der Antragsteller erst am 31. Oktober 2012 nach Italien eingereist sei. Darüber hinaus sei der Antragsteller, als er in die Bundesrepublik eingereist sei, nicht mehr minderjährig gewesen. Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach 32 Abs. 1 und 2 AufenthG i. d. F. vom 1. Juni 2012 scheitere ebenfalls an der Tatbestandsvoraussetzung der Minderjährigkeit. Dies gelte auch für 32 Abs. 1 und 2 AufenthG i. d. F. vom 29. August 2013, gültig ab 6. September 2013. Eine außergewöhnliche Härte im Sinne des 36 Abs. 2 AufenthG liege nicht vor. Der Antragsteller habe bis zu seinem 20. Lebensjahr in Ghana gelebt und sei erst am 31. Oktober 2012 nach Italien eingereist. Er habe seine Schulbildung in seinem Heimatland absolviert. Eine Aufenthaltserlaubnis zum Besuch eines Sprachkurses gemäß 16 Abs. 5 AufenthG könne nicht erteilt werden, weil die Regelerteilungsvoraussetzung des 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG nicht erfüllt sei. Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach 17 AufenthG habe nicht geprüft werden können, weil der Antragsteller bislang keinen Ausbildungsvertrag vorgelegt habe. 7 Gegen diesen Bescheid erhob der Antragsteller Klage mit dem Antrag, ihm unter Aufhebung des Bescheides vom 18. Juli 2014 einen Aufenthaltstitel zu erteilen. Zugleich beantragte er, die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen und ihm sowohl für das Klageverfahren (M 12 K 14.3639) als auch für das Eilverfahren (M 12 S 14.3636) Prozesskostenhilfe zu bewilligen. 8 Mit Beschluss vom 3. November 2014 lehnte das Bayerische Verwaltungsgericht München den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 18. Juli 2014 ab (Nr. 1). Zugleich lehnte es den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Antragsverfahren und das Klageverfahren ab (Nr. 4 des Beschlusses). Zur Begründung verwies das Verwaltungsgericht im Wesentlichen auf den Bescheid der Antragsgegnerin vom 18. Juli 2014. Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Familiennachzugs seien nach deutschem Recht zu prüfen. Ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach 32 AufenthG scheitere daran, dass der Antragsteller zum Zeitpunkt der Antragstellung am 18. April 2013 bzw. am 16. Januar 2014 das 18. Lebensjahr bereits vollendet gehabt habe und damit nicht minderjährig gewesen sei.

9 Der Antragsteller erhob gegen Nr. 1 und Nr. 4 des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 3. November 2014 Beschwerde (10 CS 14.2500 und 10 C 14.2501). Zur Begründung brachte er vor, dass sein von der italienischen Botschaft in Accra ausgestelltes Visum sämtliche Voraussetzungen des Art. 5 SDÜ erfüllt habe. Zum Zeitpunkt seiner Einreise in das Schengen-Gebiet bzw. bei der Visumerteilung durch die italienische Botschaft zum Familiennachzug habe er das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet gehabt. Da er vor Vollendung des 21. Lebensjahres nach Deutschland eingereist sei, könne ihm nicht entgegengehalten werden, dass er jetzt nach deutschem Recht die Altersgrenze überschritten habe. Im Übrigen hätte auch das Vorliegen einer außergewöhnlichen Härte geprüft werden müssen. Der Antragsteller sei selbstverständlich nach wie vor auf die Unterstützung des Vaters bzw. der Familie angewiesen. 10 Ergänzend wird auf die vorgelegten Behördenakten und die Gerichtsakten verwiesen. II. 11 Die Beschwerden bleiben ohne Erfolg. Die im Beschwerdeverfahren 10 CS 14.2500 dargelegten Gründe, die der Senat ausschließlich prüft ( 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigen keine Abänderung der Nr. 1 des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 3. November 2014 (1.). Die Beschwerde gegen Nr. 4 des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 3. November 2014 (10 C 14.2501) ist ebenfalls unbegründet, weil das Verwaltungsgericht die Anträge auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Klageverfahren M 12 K 14.3639 und für das Antragsverfahren M 12 S 14.3636 zu Recht abgelehnt hat (2.). 12 1. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass die Klage auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Kindernachzug, zum Besuch eines Sprachkurses oder wegen des Vorliegens einer außergewöhnlichen Härte im Sinne des 36 Abs. 2 Satz 1 AufenthG im Hauptsacheverfahren voraussichtlich ohne Erfolg bleiben wird, und den Antrag nach 80 Abs. 5 VwGO zu Recht abgelehnt. 13 Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Kindernachzug nach 32 Abs. 1 und 2 AufenthG hat zur Voraussetzung, dass der Antragsteller das 16. bzw. 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, wenn er die Aufenthaltserlaubnis zum Kindernachzug beantragt. Zum damit maßgeblichen Zeitpunkt der Antragstellung (vgl. Tewocht in Beck scher Online-Kommentar, AuslR, 32 Rn. 6; Dienelt in Renner/Bergmann/Dienelt, AuslR, 10. Aufl. 2013, 32 Rn. 73) am 18. April 2013 bzw. 16. Januar 2014 war der am 1. Januar 1992 geborene Antragsteller 21 Jahre bzw. bereits 22 Jahre alt. Die im jeweiligen Antragszeitpunkt geltenden Fassungen des 32 Abs. 1 und 2 AufenthG setzen jedoch die Minderjährigkeit des Antragstellers voraus, d. h. der Antragsteller darf bei der Stellung des Antrags auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Kindernachzug das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Denn die Volljährigkeit tritt nach deutschem Recht mit der Vollendung des 18. Lebensjahres ein ( 2 BGB). Entgegen dem Vorbringen des Antragstellers ist im Rahmen des 32 AufenthG nicht auf den Zeitpunkt der Erteilung des italienischen Visums bzw. der Antragstellung für das italienische Visum bei der italienischen Botschaft in Ghana abzustellen. Zwar ist für die Einhaltung der Altersgrenze bei der Antragstellung für die Aufenthaltserlaubnis zum Kindernachzug der Zeitpunkt der Antragstellung im Visumverfahren maßgeblich, wenn Erteilungsvoraussetzung für die Aufenthaltserlaubnis die vorherige Einholung eines Visums ist (Marx in Gemeinschaftskommentar zum AufenthG, 32 Rn. 100 m.w.n; BVerwG, U. v. 29.11.2012-10 C 11.12 - juris Leitsatz 4). Da es sich bei der Aufenthaltserlaubnis nach 32 AufenthG jedoch um einen nationalen Aufenthaltstitel handelt, kommt es für die rechtzeitige Antragstellung ausschließlich auf die Antragstellung bei der jeweils zuständigen nationalen Behörde an. Das italienische Visum zur Familienzusammenführung privilegiert den Antragsteller nur insoweit, als Art. 21 SDÜ Drittausländern, die Inhaber eines gültigen, von einem der Mitgliedstaaten ausgestellten Aufenthaltstitels sind, sich aufgrund dieses Dokuments und eines

gültigen Reisedokuments bis zu drei Monate in einem Zeitraum von sechs Monaten frei im Hoheitsgebiet der anderen Mitgliedstaaten bewegen dürfen. Wenn der Antragsteller einen Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels hätte, könnte er sich daher auf 39 Nr. 6 AufenthV berufen und den deutschen Aufenthaltstitel zum Kindernachzug erst im Bundesgebiet einholen. 14 Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Daueraufenthaltsrichtlinie (RL 2003/109/EG) oder der Familienzusammenführungsrichtlinie (RL 2003/86/EG). Nach Art. 4 Abs. 1 Familienzusammenführungsrichtlinie gestatten die Mitgliedstaaten dem Ehegatten des Zusammenführenden und seinen minderjährigen Kindern (vgl. Art. 4 Abs. 1 Buchstabe b) bis d)) die Einreise und den Aufenthalt in ihrem Hoheitsgebiet Die minderjährigen Kinder im Sinne des Art. 4 Familienzusammenführungsrichtlinie dürfen das nach den Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaats geltende Volljährigkeitsalter noch nicht erreicht haben (Art. 4 Abs. 1 Satz 2). Eine Ausnahme für volljährige unverheiratete Kinder sieht die Richtlinie in Art. 4 Abs. 2 Buchstabe b) nur dann vor, wenn das volljährige Kind aufgrund seines Gesundheitszustandes nicht selbst für seinen Lebensunterhalt aufkommen könnte. Die Festlegung der Modalitäten für die Antragstellung und die Antragsprüfung obliegt nach Kapitel III der Familienzusammenführungsrichtlinie dem jeweiligen Mitgliedstaat, in den der Antragsteller die Familienzusammenführung beantragt. Sowohl der Eintritt der Volljährigkeit als auch das Verfahren für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Kindernachzug bestimmen sich somit nach den nationalen Vorschriften des betreffenden Mitgliedstaats. Es ist für die Entscheidung über einen Aufenthaltstitel zum Kindernachzug nach deutschen Recht damit unerheblich, ob die italienischen Behörden dem Antragsteller ein Visum zum Familiennachzug nach Italien ausgestellt hatten und ob die italienischen Regelungen zum Kindernachzug eventuell einen Nachzug auch nach Vollendung des 18. Lebensjahres ermöglichen. 15 Ein Anspruch des Antragstellers auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug ergibt sich auch nicht aus Art. 16 Daueraufenthaltsrichtlinie. Voraussetzung für die Anwendung des Art. 16 Daueraufenthaltsrichtlinie ist u. a., dass die Familie bereits im ersten Mitgliedstaat, hier also in Italien, bestand. Da der Vater des Antragstellers aber bereits im Jahr 2011 dauerhaft seinen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland begründet hat und der Antragsteller erst im Oktober 2012 nach Italien eingereist ist, kann er sich nicht auf diese Regelung berufen, so dass gemäß Art. 16 Abs. 5 Daueraufenthaltsrichtlinie ausschließlich die Familienzusammenführungsrichtlinie Anwendung findet. 16 Im Übrigen hatte der Antragsteller bereits bei der Ausstellung des Visums zur Familienzusammenführung in Ghana im September 2012 das 18. Lebensjahr vollendet, so dass sich selbst dann, wenn man auf den Zeitpunkt der Ausstellung des italienischen Visums abstellen würde, nach den für den Kindernachzug nach Deutschland geltenden Regelungen keine für den Antragsteller günstigere Lösung ergeben würde. 17 Soweit das Verwaltungsgericht ausführt, dass die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach 16 Abs. 5 AufenthG zur Durchführung eines Sprachkurses bereits daran scheitere, dass der Lebensunterhalt des Antragstellers nicht im Sinne von 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG gesichert sei, legt die Beschwerde schon keine Gründe dar, aus denen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts abzuändern oder aufzuheben wäre. Dasselbe gilt für den vom Verwaltungsgericht ebenfalls geprüften Anspruch des Antragstellers nach 36 Abs. 2 Satz 1 AufenthG. Der Antragsteller legt im Beschwerdeverfahren nicht dar, worin in seinem Fall eine außergewöhnliche Härte bestünde, wenn er wieder nach Ghana zurückkehren müsste. Der Antragsteller ist bereits 22 Jahre alt und hat seine gesamte Kindheit in Ghana verbracht (vgl. insoweit auch unter 2.). 18 2. Die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach 166 Abs. 1 VwGO i. V. m. 114 Abs. 1 ZPO liegen weder für das Klageverfahren noch für das Antragsverfahren vor. Prozesskostenhilfe erhält derjenige, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der

Prozessführung nicht aufbringen kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. 19 Insoweit ist das Verwaltungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass die Klage auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis für alle vom Antragsteller genannten Aufenthaltszwecke voraussichtlich ohne Erfolg bleiben wird, und daher auch bei der Interessenabwägung im Antragsverfahren, die anhand der Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren erfolgt, das öffentliche Interesse an der sofortigen Aufenthaltsbeendigung das private Interesse des Antragstellers, bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens im Bundesgebiet verbleiben zu dürfen, überwiegt. Diesbezüglich kann auf die Ausführungen unter 1. verwiesen werden. Im Prozesskostenhilfeverfahren ist der Senat allerdings nicht auf die Prüfung des Beschwerdevorbringens begrenzt. Aber auch aus den vorgelegten Akten oder dem Parteivortrag vor dem Verwaltungsgericht ergibt sich nicht, dass die Annahme des Verwaltungsgerichts, die Regelerteilungsvoraussetzung des 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG liege nicht vor, unzutreffend wäre, oder, dass in der Person des Antragstellers eine außergewöhnliche Härte im Sinne des 36 Abs. 2 Satz 1 AufenthG vorliege. Denn von einer außergewöhnlichen Härte ist nur dann auszugehen, wenn Umstände eintreten, die die Annahme einer besonderen Schutzbedürftigkeit nahelegen, weil sie eine vergleichbare Situation wie die zwischen den Mitgliedern der Kernfamilie kennzeichnen, so dass die Pflicht des Staates die Familie zu schützen, regelmäßig einwanderungspolitische Gesichtspunkte zurückdrängt. Dies dürfte dann der Fall sein, wenn ein Familienmitglied auf die Hilfe des anderen Familienmitglieds angewiesen ist und sich diese Hilfe, weil im Herkunftsland keine zur Beistandsleistung geeigneten Familienangehörigen leben, nur im Bundesgebiet erbringen lässt (Marx, Gemeinschaftskommentar zum Aufenthaltsgesetz, 36 Rn. 45 m. w. N.). In den vorgelegten Akten finden sich jedoch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller auf die Beistandsleistungen seines Vaters angewiesen wäre. Der Antragsteller ist offensichtlich gesund und arbeitsfähig. 20 Ergänzend ist auszuführen, dass auch die Klage auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen, deren Erfolgsaussichten mangels entsprechender Darlegung nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens 10 CS 14.2500 sind, voraussichtlich ohne Erfolg bleiben wird. Insoweit hat das Verwaltungsgericht zutreffend entschieden, dass die Tatbestandsvoraussetzungen des 25 Abs. 4 und 5 AufenthG nicht erfüllt sind. Selbst wenn der Antragsteller in Ghana keine Familienangehörigen mehr hätte, die ihn bei einer Rückkehr unterstützen könnten, ist es ihm auch unter Berücksichtigung von Art. 6 GG und/oder Art. 8 EMRK zumutbar, in sein Heimatland zurückzukehren, in dem er 20 Jahre lang gelebt hat. 21 Die Kostenentscheidung folgt aus 154 Abs. 2 VwGO. 22 Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren 10 CS 14.2500 beruht auf 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 und 52 Abs. 2 GKG. Einer Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren 10 C 14.2501 bedarf es nicht, weil nach Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses (Anlage 1 zu 3 Abs. 2 GKG) eine Festgebühr anfällt. 23 Dieser Beschluss ist unanfechtbar ( 152 Abs. 1 VwGO).