Erasmusbericht // ESDAP Deià Disseny Carolin Müller Sommersemester 2016 Barcelona
1 Vorbereitung Für die Bewerbung für ein Semester an der ESDAP war wie bei fast allen anderen Partnerhochschulen Portfolio, Motivationsschreiben, Notenspiegel und ein Sprachzertifikat einzureichen. Die Bewerbung fand online auf der Website der Hochschule statt. Die Gründe für ein Auslandssemester an der Deià Barcelona waren für mich hauptsächlich das Interesse, an einer kleinen, kunstorientierten Hochschule zu studieren wie auch fakultätsübergreifende Projekte in Kooperation mit anderen Gestaltungszweigen, wie zum Beispiel Kommunikationsoder Graphikdesign. Andererseits reizte mich die Metropole Barcelona, in der viele Künstler ihre Spuren hinterließen und die für mich durch die Architektur vieler verschiedener Zeiten eine ganz besondere Atmosphäre hat. Nach der Entscheidung, ein Semester in Barcelona zu absolvieren, belegte ich ab dem zweiten Semester an der HfT Stuttgart spanisch Sprachkurse. Nach Erhalt der Zusage habe ich ein vorläufiges Learning Agreement mit Kursen und Projekten ausgefüllt, das jedoch in den ersten beiden Vorlesungswochen vor Ort noch geändert werden konnte. In der ersten Februarwoche fand dienstags eine Einführungsveranstaltung statt, bei der ich Aufgrund der Prüfungen in Stuttgart jedoch leider nicht teilnehmen konnte. Die Veranstaltung wurde von der übergeordneten Erasmuskoordinatorin Marga Martín organisiert. Marga ist verantwortlich für alle Fakultäten der ESDAP, zu der die Deià, an der ich studiere, gehört.
2 ESDAP - Deià Disseny Die Deià Disseny ist eine Fakultät der ESDAP mit eigenem Standort, etwa eine halbe Stunde vom Stadtzentrum entfernt. Die Hochschule ist ganz klein - in jedem Kurs waren höchstens 30 Studierende und insgesamt waren wir auch nur 3 Erasmusstudenten. Es gibt auch weder eine Cafeteria, noch eine Mensa, dafür aber einen Supermarkt und mehrere Kneipen in der Nähe. Die Atmosphäre an der Hochschule ist sehr persönlich - alle duzen sich und jeder kennt jeden. Die Vorlesungen finden hauptsächlich auf spanisch und katalan statt, von den Professoren und Studenten spricht kaum jemand englisch, es empfielt sich daher mit guten (!) Spanischkenntnissen nach Barcelona zu kommen. Ich persönlich fand es etwas schwierig, mit den Studierenden in Kontakt zu treten, da die Katalanen tendenziell nicht so offen sind und sogar Gruppenarbeiten komplett auf katalan gemacht haben, wodurch ich so gut wie nichts verstanden habe.
31. Projecto Interdisciplinario 6 ECTS Kurse In einer Gruppe von 6 Studierenden setzten wir uns kritisch mit aktuellen gesellschaftlichen Ereignissen oder Gegebenheiten auseinander, woraus später im Verlauf des Semesters aus einer von uns aufgestellten These eine öffentliche Installation entstehen soll. Wir einigten uns darauf, uns mit aufgrund von Kapitalismus leerstehenden Gebäuden in Barcelona zu beschäftigen. Zuerst bedarf es einer kritischen Analyse, wie es zu zahlreichen leerstehenden Gebäuden in einer Großstadt kommen kann, in der es viele Obdachlose und auch immer Bedarf an Gebäude für kulturelle Veranstaltungen gibt. Weiterhin wurden in der Werkstatt Prototypen für eine spätere Installation gebaut, man informierte sich über (Innen-)Architektur- bzw. Designstudios, die sich mit einer ähnlichen Thematik beschäftigen und entwarf Woche für Woche im Team weitere mögliche Installationen. Am Ende machten wir eine interaktive Installation, bei der die Passanten miteinbezogen wurden und bei der wir herausfinden wollten, welche Nutzung die Menschen sich in den jeweiligen leerstehenden Gebäuden wünschen.
2. Ausstellungsdesign 3 ECTS In diesem Kurs geht es allgemein um Ausstellungsdesign und später spezifisch um eine Ausstellungsplanung in der Tapiés Foundation in Barcelona. Die erste Vorlesung fand vor Ort statt, wo wir eine Führung durch die bestehende Ausstellung erhielten und uns mit den räumlichen Gegebenheiten vertraut machen konnten. Weitere Vorlesungen fanden an der Hochschule statt, wo uns verschiedene Aspekte des Ausstellungsdesigns vermittelt wurden. Bei einer Exkursion nach Madrid, bei der wir unter Anderem das bekannte Kunstmuseum Reina Sofiá besuchten, mussten wir zudem als Hausarbeit eine Analyse über die Architektur der temporären Ausstellung der Künstlerin Hito Steyerl schreiben. Für die Endpräsentation plante man in Zweiergruppen ein Projekt, bei dem es darum ging ein in ausgestelltes Bild bzw. die Atmosphäre eines ganzen Raums mit wenigen Mitteln zu verändern.
3. Catalunya Ciutat Workshop 3 ECTS Dieser Workshop wird für alle Erasmusstudenten der ESDAP angeboten. An drei verschiedenen Tagen wird je eine andere Stadt in Katalonien besucht. Der erste Workshoptag wurde von der Hochschule für Gestaltung in Olot organisiert. Wir erhielten einen ausführlichen Vortrag über alle Studiengänge und kleinere Einblicke in die verschiedenen Arbeitsweisen an der Hochschule. Später besuchten wir ein Innenarchitekturbüro und besichtigten anschließend mehrere Projekte, unter anderem ein Restaurant, wo wir zu Mittag gegessen haben und die restliche Zeit verbrachten. In Vierergruppen, die je aus drei Erasmusstudenten und einem Studenten der Hochschule vor Ort bestanden, mussten wir Postkartensets entwerfen. Die Entwürfe sollten angelehnt sein an alles, was wir heute bereits besichtigt hatten, und der Aspekt von verschiedenen Strukturen sollte besonders hervorgehoben werden. Der zweite Workshop fand in Vic statt, wo wir nur mit Stickern verschiedener Farben und Formen Plakate für Musikkonzerte entwerfen sollten. Der dritte Workshop wurde von der Hochschule in Tarrega organisiert. Dort bauten wir mittels Smartphones und Schuhkartons Beamer, mit denen wir kunstvolle Projektionen machten.
4. Keramik 3 ECTS Die beiden Keramikkurse an der Escola Pau Gargallo finden in sehr kleinen Gruppen statt, was einen großen Lerneffekt mit sich bringt. Hinzu kommt, dass sowohl die Professorin, als auch die Studenten sehr um internationale Studierende bemüht sind und bei Sprachproblemen auf Englisch zurückgreifen, um sicher zu gehen, dass alles verstanden wird. Im Kurs der vormittags stattfindet geht es darum, bereits vorhandene Objekte wie Fließen oder Schalen mit verschiedenen Techniken zu bemalen. Zu den Techniken werden ebenfalls Anwendungsbereiche, hauptsächlich in Bezug auf Innenarchitektur, gelehrt. Außerdem gibt es oft Anregungen hinsichtlich Künstlern oder Gestaltungsbüros, die in diesem Tätigkeitsfeld arbeiten Im Kurs nachmittags geht es darum, Keramikobjekte selbst herzustellen. Von der Herstellung des Materials bis zum Herstellen der Objekte mittels verschiedener Techniken wird alles gelehrt.
5. Spanischkurs 3 ECTS Der Kurs umfasst insgesamt 40 Stunden (20 Doppelstunden). Man kann entscheiden, ob man 2 oder 4 Tage die Woche kommen möchte, dementsprechend ist dann eben der Zeitraum des Kurses. Um Sprachbarrieren schnellst möglich so gut es geht zu verhindern besuchte ich den Sprachkurs einen Monat lang jeden Vormittag. In Gruppen von etwa 10 Schülern wurde der Stoff in einer angenehmen Atmosphäre vermittelt. Die Sprachschule liegt sehr zentral und ist für Erasmusstudenten der ESDAP kostenlos.
4 Barcelona Barcelona ist meiner Meinung nach eine unglaublich lebenswerte Stadt. Mit 1,6 Millionen Einwohnern ist sie gerade noch klein genug, um fast alles zu Fuß erreichen, man fühlt sich trotzdem wie in einer Metropole und hat alles, was eine Großstadt braucht, inklusive Meer und wunderschöner Natur drum herum. Ich kann gar nicht beschreiben, wie wunderbar es ist hier zu leben. Besonders im Bereich Kunst und Architektur gibt es viele Möglichkeiten, sich auch außerhalb der Uni weiterzubilden, ausgehen kann man von Montag bis Sonntag und die Lebensunterhaltkosten sind etwa wie in Deutschland.
5 Fazit Barcelona ist der Wahnsinn! Von der Uni hingegen bin ich dagegen etwas enttäuscht. Ich habe nicht den Eindruck, dass irgendwer dort, also weder Studenten noch Professoren, an einem kulturellen Austausch interessiert ist. Außerdem finden viele Vorlesungen auf katalan statt. Auch der Erasmus Koordinator ist eine Katastrophe. Auf Emails antwortet er wenn überhaupt eine Woche später und zu den Zeiten, in denen man ihn an der Uni antreffen müsste weil er Sprechstunde hat, ist er meist nirgends zu finden. So mühsam es manchmal war, so wunderbar und vielseitig ist jedoch auch die Stadt und wer irgendwo etwas lernen möchte, der lernt auch etwas. Ich empfehle Barcelona aber nur Studenten, die offen genug sind, außerhalb der Uni andere kennenzulernen, da die Uni so klein ist, dass wir dieses Semester nur 3 Erasmusstudenten waren und es ziemlich schwer ist, sich mit den Spaniern anzufreunden. Aber alle Schwierigkeiten sind es wert, ein paar Monate in dieser Stadt zu verbringen!