ista Verwalterseminar 19. Oktober 2017

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Transkript:

ista Verwalterseminar 19. Oktober 2017 Wir drehen an der Kostenschraube Rechtsanwalt Rüdiger Fritsch Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht 1

Kostenschrauben im WEG 16 Abs. 2 WEG Grundsatz der gemeinschaftlichen Kostentragung nach MEA Vereinbarung - Regelung der Kostenlast - Regelung der Verteilung - Öffnungsklausel - Anspruch auf Änderung Beschluss - 16 Abs. 3 WEG - 16 Abs. 4 WEG - 21 Abs. 7 WEG 2

Auslegung der Gemeinschaftsordnung Darf einer Terrasse langweilig sein? Der Einheit des Eigentümers E ist das Sondernutzungsrecht an der vor seiner Wohnung im Erdgeschoss gelegenen Terrassenfläche zugeordnet. Die Terrassenfläche ist altersbedingt erneuerungsbedürftig. Die Gemeinschaftsordnung regelt: Der jeweilige Sondernutzungsberechtigte ist verpflichtet, die dem Sondernutzungsrecht unterliegenden Flächen bestimmungsgemäß zu nutzen sowie diese zu pflegen und zu unterhalten. 3

Auslegung der Gemeinschaftsordnung BayObLG, Beschl. v. 4.12.2003-2Z BR 214/03, ZMR 2004, 256 Von gesetzlichen Regelungen abweichende Vereinbarungen der Wohnungseigentümer in einer Gemeinschaftsordnung müssen eindeutig gefasst sein. Kann ihnen kein klarer Regelungsgehalt entnommen werden oder sind sie nicht umsetzbar, sind sie nichtig, d.h. rechtsunwirksam. BGH, Beschl. v. 25.09.2003 - V ZB 21/03, ZMR 2003, 937 Der Inhalt unklarer Vereinbarungen kann aber im Wege der Auslegung zu ermitteln sein. 4

Auslegung der Gemeinschaftsordnung BGH, Beschl. v. 25.09.2003 - V ZB 21/03, ZMR 2003, 937 Entgegen schuldrechtlichen Vereinbarungen, bei deren Unklarheit oder Widersprüchlichkeit gem. 133, 157 BGB der Wille der Vertragsschließenden zu ermitteln und der Auslegung der Vereinbarung zugrunde zu legen ist, gelten für Vereinbarungen im Sinne des 10 Abs. 3 WEG allerdings die strengeren Auslegungsgrundsätze für Grundbucheintragungen. Maßstab der Auslegung ist demnach allein der Wortlaut der Regelung, wie er sich für einen unbefangenen Dritten unter Außerachtlassung subjektiver Wertungsumstände darstellt. 5

Auslegung der Gemeinschaftsordnung BGH, Urt. v. 22.11.2013 V ZR 46/13, ZWE 2014, 125 OLG Hamburg, Beschl. v. 25.2.2002-2 Wx 103/01, ZMR 2002, 453 Durch Vereinbarung können die Wohnungseigentümer für die Instandhaltung und Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums sowohl einen von den gesetzlichen Regelungen der 21 Abs. 3, Abs. 5 Nr. 2, 16 Abs. 2 WEG abweichenden Kostenverteilerschlüssel zu Lasten einzelner Sondereigentümer bestimmen, als auch die Pflicht zur Durchführung der Instandhaltung und Instandsetzung selbst einzelnen Sondereigentümern auferlegen. BGH, Urt. v. 28.10.2016 V ZR 91/16, ZMR 2017, 256 Wird einem Sondereigentümer in der Gemeinschaftsordnung eine Pflicht zur Instandhaltung oder Instandsetzung übertragen, so hat er im Zweifel auch ohne ausdrückliche Regelung die ihm dadurch entstehenden Kosten zu tragen. 6

Auslegung der Gemeinschaftsordnung KG, Beschl. v. 25.2.2009, 24 W 362/08, ZMR 2009, 625 Die Bestimmung einer Gemeinschaftsordnung, die es dem jeweiligen Sondernutzungsberechtigten auferlegt, bestimmte Flächen bestimmungsgemäß zu nutzen, zu pflegen und zu erhalten, umfasst es als nächstliegende Bedeutung für einen unbefangenen Betrachter nicht, dass über die Instandhaltung und deren Kosten hinaus weitergehend auch die Instandsetzung auf den Sondernutzungsberechtigten allein abgewälzt werden sollen. 7

Auslegung der Gemeinschaftsordnung LG München I, Urt. v. 1.12.2014-1 S 2016/14 WEG, IMR 2015, 113 Da erfahrungsgemäß die Begriffe Instandhaltung und Instandsetzung bei der Errichtung der Gemeinschaftsordnungen von Wohnungseigentümergemeinschaften nicht trennscharf unterschieden werden, umfasst der Begriff Instandhaltung regelmäßig auch die Instandsetzung. 8

Auslegung der Gemeinschaftsordnung BGH, Urt. v. 9.12.2016 V ZR 124/16, ZMR 2017, 415 Unterscheidet die Gemeinschaftsordnung in der Gesamtheit ihrer einschlägigen Regelungen auch an anderer Stelle begrifflich zwischen der Instandhaltung und der Instandsetzung von Bauteilen, die zum Gemeinschaftseigentum gehören, und weist sie einzelnen Sondereigentümern nur die Pflicht zu deren Instandhaltung zu, so ist die Instandsetzung im Zweifel Sache der Gemeinschaft. 9

Auslegung der Gemeinschaftsordnung Die kastrierte Gemeinschaft In der Gemeinschaftsordnung heißt es: Jeder Sondereigentümer hat die Instandhaltung und Instandstandsetzung des im Bereich seiner Wohnung befindlichen Balkons inklusive aller konstruktiv tragenden Bauteile auf eigene Kosten selbst vorzunehmen. Die Abdichtung des zur Wohnung des Eigentümers E gehörigen Balkons ist mangelhaft und muss erneuert werden, da Feuchtigkeitsschäden in den darunter befindlichen Wohnungen drohen. Da E sich nicht um die Instandsetzung kümmert, beschließt die Eigentümerversammlung, die Sanierung durchzuführen. 10

Auslegung der Gemeinschaftsordnung LG Hamburg, Urt. v. 9.4.2014 318 S 133/13, ZMR 2014, 661 LG Itzehoe, Urt. v. 26.11.2013, 11 S 83/12, ZMR 2014, 240 LG München I, Urt. v. 25.11.2013, 1 S 1911/13, ZMR 2014, 399 Wird durch die Gemeinschaftsordnung dem einzelnen Eigentümer nicht nur die Pflicht zur Kostentragung, sondern auch die Ausführungspflicht hinsichtlich der Instandhaltung und Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums übertragen, so geht damit auch die Entscheidungsbefugnis auf den Eigentümer über. Eine Beschlusskompetenz der Gemeinschaft besteht dann nicht mehr, gleichwohl gefasste Beschlüsse sind mangels Beschlusskompetenz nichtig. 11

Auslegung der Gemeinschaftsordnung Umstritten ist, ob die Auferlegung der Instandsetzungslast auf den einzelnen Eigentümer dazu führt, dass hierin auch die Verpflichtung zur erstmaligen ordnungsmäßigen Herstellung des Gemeinschaftseigentums fällt. LG Köln, Urt. v. 22.12.2016 29 S 145/16, ZMR 2017, 262 LG Koblenz, Urt. v. 3.7.2014 2 S 36/14, ZMR 2015, 57 LG München I, Urt. v. 27.6.2011-1 S 1062/11, ZMR 2012, 44 OLG München, Beschl. v. 23.5.2007-32 Wx 030/07, NJW 2007, 2418 Die Übertragung der Instandsetzungslast soll den Eigentümer nur mit der Behebung alterungs- oder gebrauchsbedingter Instandsetzung belasten; das Risiko der erstmaligen mangelfreien Herstellung des Gemeinschaftseigentums soll er dabei nicht tragen. a.a.: OLG München, Beschl. v. 30.1.2007-34 Wx 116/06, ZMR 2007, 304 BayObLG, Beschl. v. 20.11.2002-2 Z BR 45/02, ZMR 2003, 366 Hügel/Elzer, WEG, 1. Aufl. 2015, 21 Rn. 90 12

Auslegung der Gemeinschaftsordnung Rätselraten Die Gemeinschaftsordnung enthält folgende Regelung: Einrichtungen, Anlagen und Gebäudeteile, die nach ihrer Beschaffenheit oder dem Zweck des Bauwerks oder gemäß dieser Gemeinschaftsordnung zum ausschließlichen Gebrauch durch einen Wohnungseigentümer bestimmt sind, sind von diesem auf seine Kosten instand zu halten und instand zu setzen. Die Abdichtung des zur Wohnung des Eigentümers E gehörigen Balkons ist mangelhaft und muss erneuert werden, da Feuchtigkeitsschäden in den darunter befindlichen Wohnungen drohen. 13

Auslegung der Gemeinschaftsordnung BGH, Urt. v. 16.11.2012 V ZR 9/12, ZMR 2013, 290 Eine in der Teilungserklärung getroffene Regelung, wonach Balkone, die zum ausschließlichen Gebrauch durch einen Wohnungseigentümer bestimmt sind, auf dessen Kosten instand zu halten und instand zu setzen sind, ist nicht einschränkend dahingehend auszulegen, dass hiervon Kosten ausgenommen sind, die die im Gemeinschaftseigentum stehenden Balkonteile betreffen. 14

Auslegung der Gemeinschaftsordnung Rätselraten II Die Gemeinschaftsordnung enthält folgende Regelung: Zum Sondereigentum an den Wohnungen gehören die Balkone. Alle Instandsetzungen sind vom Wohnungs- und Teileigentümer im räumlichen Bereich seines Sondereigentums, auch wenn sie zum gemeinschaftlichen Eigentum gehören, und ohne Rücksicht auf die Ursache des Schadens, auf seine Kosten zu tragen. Die Abdichtung des zur Wohnung des Eigentümers E gehörigen Balkons ist mangelhaft und muss erneuert werden, da Feuchtigkeitsschäden in den darunter befindlichen Wohnungen drohen. 15

Auslegung der Gemeinschaftsordnung BGH, Urt. v. 22.11.2013 V ZR 46/13, ZWE 2014, 125 Durch Vereinbarung können die Wohnungseigentümer abweichend von 21 Abs. 5 Nr. 2, 16 Abs. 2 WEG die Pflicht zur Instandhaltung und Instandsetzung von Teilen der gemeinschaftlichen Eigentums und zur Tragung der damit verbundenen Kosten einzelnen Sondereigentümern auferlegen. Die Regelung der Gemeinschaftsordnung ist nicht dahingehend auszulegen, dass sich die Instandsetzungslast auf den sondereigentumsfähigen Luftraum beschränkt, sondern bezieht sich auch auf konstruktiv tragende Teile. 16

Auslegung der Gemeinschaftsordnung Rätselraten III Die Gemeinschaftsordnung enthält folgende Regelung: Der jeweilige Sondereigentümer ist zur Instandhaltung und Instandsetzung der im Bereich seines Sondereigentums befindlichen Fenster samt Rahmen und Rollläden verpflichtet; mit Ausnahme des Außenanstrichs, der zwecks Wahrung der Einheitlichkeit des Erscheinungsbilds der Anlage Sache der Gemeinschaft ist. Die Fenster in der Wohnung des Eigentümers E sind irreparabel defekt und müssten ausgetauscht werden. 17

Auslegung der Gemeinschaftsordnung BGH, Urt. v. 2.3.2012 V ZR 174/11, ZMR 2012, 641 Weist die Gemeinschaftsordnung die Pflicht zur Instandhaltung und Instandsetzung der Fenster im räumlichen Bereich des Sondereigentums den einzelnen Wohnungseigentümern zu und nimmt dabei den Außenanstrich aus Gründen der Einheitlichkeit des optischen Erscheinungsbilds der Anlage aus, ist eine vollständige Erneuerung der Fenster im Zweifel Sache der Gemeinschaft. Sonstige Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen sind Sache des betreffenden Sondereigentümers. 18

Auslegung der Gemeinschaftsordnung Kollateralschaden Eigentümer E hat nach der Gemeinschaftsordnung die im räumlichen Bereich seines Sondereigentums befindlichen Fenster selbst und auf eigene Kosten instand zu halten und instand zu setzen. E muss sämtliche Fenster austauschen und verlangt nun von der Eigentümergemeinschaft Ersatz für die dabei aufgetretenen Schäden an seinem Sondereigentum (Wandfliesen, Verputz und Tapete). Schließlich müsse die Gemeinschaft solche Nachteile gem. 14 Nr. 4 WEG i.v.m. 16 Abs. 7 WEG ersetzen. 19

Auslegung der Gemeinschaftsordnung 14 Nr. 4 WEG Jeder Wohnungseigentümer ist verpflichtet, 4. das Betreten und die Benutzung der im Sondereigentum stehenden Gebäudeteile zu gestatten, soweit dies zur Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums erforderlich ist; der hierdurch entstehende Schaden ist zu ersetzen. 16 Abs. 7 WEG Zu den Kosten der Verwaltung im Sinne des Absatzes 2 gehören insbesondere Kosten eines Rechtsstreits gemäß 18 und der Ersatz des Schadens im Falle des 14 Nr. 4. 20

Auslegung der Gemeinschaftsordnung BGH, Urt. v. 9.12.2016 V ZR 124/16, ZMR 2017, 412 Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, WEG, 11. Aufl. 2015, 14 Rn. 58 Die Regelung des 14 Nr. 4 Hs. 2 WEG ist nicht auf den Fall anwendbar, dass einzelne Eigentümer vereinbarungsgemäß Teile des Gemeinschaftseigentums selbst instand zu setzen haben. Zu den vereinbarungsgemäß zu aufzuwendenden Kosten der Instandsetzung gehören auch die Kosten, die dadurch anfallen, dass im Zusammenhang mit der Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums das eigene Sondereigentum nachteilig betroffen wird. 21

Auslegung der Gemeinschaftsordnung Knüppel aus dem Sack Die im Sondernutzungsrecht des E stehende Terrasse ist altersbedingt erneuerungsbedürftig. Die Gemeinschaftsordnung besagt: Die Vereinbarungen dieser Gemeinschaftsordnung können durch Beschluss mit 2/3-Mehrheit geändert werden. Die Wohnungseigentümer beschließen mit der erforderlichen Mehrheit: Ab sofort sind die jeweiligen Sondernutzungsberechtigten auf eigene Kosten für die Instandhaltung und Instandsetzung der Sondernutzungsrechten unterliegenden Flächen, Räume und Bauteile selbst verantwortlich. 22

Auslegung der Gemeinschaftsordnung BGH, Urt. v. 10.10.2014 - V ZR 315/13, IMR 2015, 26 Die durch eine sog. Öffnungsklausel eingeräumte Beschlusskompetenz gestattet es nicht, einzelnen Wohnungseigentümern neue Leistungspflichten aufzuerlegen, da zum Kernbereich des Wohnungseigentums gehörende Rechte nicht betroffen werden dürfen. Zum unantastbaren Kernbereich des Wohnungseigentums gehört auch das Belastungsverbot. Der auf der Grundlage einer sog. Öffnungsklausel gefasste Beschluss über die Auferlegung neuer Leistungspflichten zu Lasten eines einzelnen Wohnungseigentümers ist indes lediglich schwebend unwirksam, d.h. er kann wirksam werden, sofern der nachteilig betroffene Eigentümer zustimmt. 23

Auslegung der Gemeinschaftsordnung Gerechtigkeit Die Gemeinschaftsordnung der WEG regelt deren Aufteilung in sog. Wirtschaftseinheiten. Dabei soll eine differenzierte Kostentrennung erfolgen. Hierzu regelt die Gemeinschaftsordnung u.a.: Bei Zweifeln hinsichtlich der Kostenzuordnung ist der Verwalter ermächtigt, den Verteilerschlüssel festzulegen, wenn es der Angemessenheit und der Einfachheit dient, wobei in der Wohnungswirtschaft übliche und geeignete Umlageververfahren anzuwenden sind. Da die Eigentümer über eine besonders krude Kostentragungsregelung streiten, soll Verwalter V nun tätig werden und den Verteilerschlüssel für die Jahresabrechnung festlegen. 24

Auslegung der Gemeinschaftsordnung AG Pinneberg, Urt. v. 21.2.2017-60 C 61/16, ZMR 2017, 346 BayObLG, Beschl. v. 30.10.2003-2 Z BR 132/03, ZMR 2004, 211 Hügel/Elzer, WEG, 1. Aufl. 2015, 16 Rn. 36 Räumt die Teilungserklärung dem Verwalter das Recht zur Bestimmung von Verteilerschlüsseln ein, handelt es sich um eine wirksame Öffnungsklausel, die nur dem Willkürverbot unterliegt. AG Hannover, Urt. v. 2.12.2003-71 II 196/03, ZMR 2005, 154 Bärmann/Suilmann, WEG, 13. Aufl. 2015, 10 Rn. 99 Jennißen, WEG, 5. Aufl. 2017, 16 Rn. 21 a Räumt die Teilungserklärung dem Verwalter das Recht zur Bestimmung von Verteilerschlüsseln ein, ist diese Regelung wegen Eingriffs in den Kernbereich des Wohnungsseigentums nichtig. 25

Kostenverteilung im WEG Kostenschrauben im WEG 16 Abs. 2 WEG Grundsatz der gemeinschaftlichen Kostentragung nach MEA Vereinbarung - Regelung der Kostenlast - Regelung der Verteilung - Öffnungsklausel - Anspruch auf Änderung Beschluss - 16 Abs. 3 WEG - 16 Abs. 4 WEG - 21 Abs. 7 WEG 26

Mietrecht oder WEG? Die Eigentümerversammlung beschließt, den Verteilerschlüssel für die Kosten der gemeinschaftlichen Aufzugsanlage mit Wirkung ab dem 1.1.2018 von Miteigentumsanteilen auf die Anzahl der Einheiten zu ändern. Eigentümer Q, der jetzt mehr zahlen muss, ficht die Beschlüsse an. Die Gemeinschaft habe einen Wartungsvertrag in Ansehung des Aufzugs abgeschlossen und die hierfür anfallenden Kosten seien insoweit keine Betriebs-, sondern Instandhaltungskosten. 27

16 Abs. 3 WEG Die Wohnungseigentümer können abweichend von Absatz 2 durch Stimmenmehrheit beschliessen, dass die Betriebskosten des gemeinschaftlichen Eigentums oder des Sondereigentums im Sinne des 556 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches, die nicht unmittelbar gegenüber Dritten abgerechnet werden, und die Kosten der Verwaltung nach Verbrauch oder Verursachung erfasst und nach diesem oder nach einem anderen Maßstab verteilt werden, soweit dies ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht. 28

BGH, Urt. v. 9.7.2010 - V ZR 202/09, ZMR 2010, 775 Sind im jeweiligen Kostenbegriff des Mietrechts gem. 556 Abs. 1 BGB i.v.m. 2 BetriebskostenV auch Kosten enthalten, die wohnungseigentumsrechtlich zu den laufenden Kosten der Instandhaltung und Instandsetzung gerechnet werden können, unterliegen diese gleichwohl der Beschlusskompetenz des 16 Abs. 3 WEG. Bärmann/Becker, WEG, 13. Aufl. 2015, 16 Rn. 92 Spielbauer/Then, WEG, 2. Aufl. 2012, 16 Rn. 24 Anderes gilt für die insbesondere in Vollwartungsverträgen enthaltenen Kosten für größere, nicht laufende Maßnahmen der Instandhaltung und Instandsetzung. Diese unterliegen der Beschlusskompetenz des 16 Abs. 3 WEG nicht. Hier sind die Beschlüsse zu trennen. 29

Da liegt vieles im Argen Die Eigentümerversammlung beschließt, den Verteilerschlüssel für die Kosten der gemeinschaftlichen Kabel-TV-Versorgung mit Wirkung ab dem 1.1.2018 von Miteigentumsanteilen auf die Anzahl der versorgten Einheiten zu ändern. Eigentümer Q, der jetzt mehr zahlen muss, ficht die Beschlüsse an. Schließlich sei der Kostenverteilerschlüssel in der Gemeinschaftsordnung vereinbart; zudem handele es sich um Kosten des Sonder- und nicht des Gemeinschaftseigentums. 30

16 Abs. 3 WEG Die Wohnungseigentümer können abweichend von Absatz 2 durch Stimmenmehrheit beschliessen, dass die Betriebskosten des gemeinschaftlichen Eigentums oder des Sondereigentums im Sinne des 556 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches, die nicht unmittelbar gegenüber Dritten abgerechnet werden, und die Kosten der Verwaltung nach Verbrauch oder Verursachung erfasst und nach diesem oder nach einem anderen Maßstab verteilt werden, soweit dies ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht. 31

16 Abs. 5 WEG Die Befugnisse im Sinne der Absätze 3 und 4 können durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer nicht eingeschränkt oder ausgeschlossen werden. 32

BGH, Urt. v. 9.7.2010 - V ZR 202/09, ZMR 2010, 775 Entgegen dem missverständlichen Wortlaut der Bestimmung des 16 Abs. 3 WEG besteht Beschlusskompetenz sowohl für eine Änderung des gesetzlichen Verteilerschlüssels gem. 16 Abs. 2 WEG als auch zur zur Änderung einer Vereinbarung ( 16 Abs. 5 WEG), und zwar sowohl im Einzelfall, als auch generell! Zudem gilt hier das sog. Rosinenprinzip. Enthält die Vereinbarung strengere Voraussetzungen für eine Änderung der Kostenverteilung, gilt die Beschlusskompetenz aus 16 Abs. 3 WEG, enthält die Vereinbarung demgegenüber leichter zu erfüllende Voraussetzungen, gilt die Vereinbarung. 33

BGH, Beschl. v. 27.9.2007 - V ZB 83/07, ZMR 2007, 975 Entgegen dem missverständlichen Wortlaut der Bestimmung des 16 Abs. 3 WEG besteht Beschlusskompetenz nicht nur für die Kosten des Gemeinschaftseigentums, sondern ebenso für diejenigen Kosten des Sondereigentums (z.b. Kaltwasserverbrauch, Abwassergebühren, Kabelfernsehgebühren), welche im Außenverhältnis über das Gemeinschaftsvermögen abgewickelt werden. 34

16 Abs. 3 WEG Die Wohnungseigentümer können abweichend von Absatz 2 durch Stimmenmehrheit beschliessen, dass die Betriebskosten des gemeinschaftlichen Eigentums oder des Sondereigentums im Sinne des 556 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches, die nicht unmittelbar gegenüber Dritten abgerechnet werden, und die Kosten der Verwaltung nach Verbrauch oder Verursachung erfasst und nach diesem oder nach einem anderen Maßstab verteilt werden, soweit dies ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht. 35

BGH, Urt. v. 16.9.2011 - V ZR 3/11, ZMR 2012, 116 Entgegen dem missverständlichen Wortlaut der Bestimmung des 16 Abs. 3 WEG bedarf es für die Ausübung der Beschlusskompetenz keines besonderen sachlichen Grundes für eine Änderung. Es besteht vielmehr im Rahmen der Grundsätze ordnungsmäßiger Verwaltung ein weiter Ermessensspielraum der Eigentümer. Dabei liegt in der (denknotwendigen) Kostenmehrbelastung einzelner Eigentümer kein zwingender Verstoß; anders bei reiner Kostenverschiebungsabsicht. 36

AG Nürnberg, Urt. v. 20.9.2013 16 C 5504/12, ZMR 2014, 156 Eine Umstellung des Kostenverteilungsschlüssels für Hausreinigung und Winterdienst von MEA auf Anzahl der Einheiten wird nicht dem Umstand gerecht, dass üblicherweise größere Wohnungen auch von mehr Personen bewohnt werden, was wiederum in der Regel zu größerem Aufwand führt. LG Nürnberg-Fürth v. 25.3.2009-14 S 7627/08, ZMR 2009, 638 AG Aachen, Urt. v. 4.5.2011 119 C 88/10, ZMR 2012, 222 Die Verteilung der Kosten des Betriebs der gemeinschaftlichen Aufzugsanlage kann nach einem prozentualen, sich an der jeweiligen Stockwerkshöhe der Wohnung orientierenden Kostenverteilungsschlüssel erfolgen. 37

AG Heilbad Heiligenstadt v. 20.12.2013-3 C 331/13, ZMR 2014, 490 Die Verteilung der Kosten der nach TrinkwV vorgeschriebenen turnusmäßigen Legionellenbeprobung nur auf die vermietenden Eigentümer ist systemwidrig und daher rechtswidrig, denn die Beprobung dient der Sicherheit der gesamten Warmwasserversorgungsanlage des Objekts und somit der Wohnungseigentümergemeinschaft insgesamt. LG Saarbrücken, Urt. v. 18.12.2015-5 S 17/15, ZWE 2016, 187 Für die nach der TrinkwV erforderliche Überprüfung der Trinkwasseranlage der WEG sind nicht die vermietenden Eigentümer verantwortlich, dies ist die Wohnungseigentümergemeinschaft als rechtsfähiger Verband. Ein Mehrheitsbeschluss, die anfallenden Kosten nicht nur auf die vermietenden Eigentümer, sondern nach Anzahl der Wohnungen auf alle Wohnungseigentümer umzulegen, ist nicht ermessensfehlerhaft. 38

Der Schrei nach Gerechtigkeit BGH, Beschl. v. 27.9.2007 - V ZB 83/07, NZM 2007, 886 Soweit Kosten nicht aufgrund von Messeinrichtungen, wie Wasser- oder Wärmeverbrauchszähler, individuell erfasst werden, kommen als Kriterien der Umlage u.a. die Anzahl der Wohnungen, die Anzahl der Nutzungsstellen, die Anzahl der Bewohner oder die Miteigentumsanteile an dem Grundstück in Betracht. Jeder dieser Schlüssel hat Vor- und Nachteile und kann zu einer Verteilung führen, die den tatsächlichen Vorteilen der Nutzung oder der Kostenverursachung innerhalb der Gemeinschaft nicht entspricht. Im Hinblick hierauf ist eine Regelung der Verteilung nach Miteigentumsanteilen sachgerecht. Das Beteiligungsverhältnis an dem Grundstück bildet den natürlichen Maßstab für den Kostenausgleich unter den Miteigentümern, der für das Innenverhältnis der Wohnungseigentümer grundsätzlich maßgebend ist. 39

Ist doch logisch, oder? Die Eigentümerversammlung beschließt am 8.9.2017 die Jahresabrechnung für 2016. Aus der Abrechnung ist ersichtlich, dass, wie in der Versammlung besprochen, auf Wunsch des Beirats der Verteilungsschlüssel für die Kosten des Hauswarts auf die Anzahl der Einheiten geändert wurde. Die Abrechnung wird, da dies allseits so gewünscht wird, mit großer Mehrheit genehmigt. Eigentümer Q ficht den Beschluss über die Genehmigung des Wirtschaftsplans an. 40

BGH, Urt. v. 9.7.2010 - V ZR 202/09, ZMR 2010, 775 LG Düsseldorf, Urt. v. 23.9.2015-25 S 18/15, ZMR 2016, 126 Bärmann/Becker, WEG, 13. Aufl. 2015, 16 Rn. 115 Die Festlegung eines abweichenden Kostenverteilerschlüssels erfolgt nicht stillschweigend durch den Beschluss über die in den Einzelwirtschaftsplänen enthaltenen Verteilerschlüssel. Da hier nur die Höhe der jeweiligen Beitragszahlungen festgelegt werden soll, lässt sich dem Beschluss regelmäßig ein Rechtsfolgewillen zur Änderung der Kostenverteilung nicht entnehmen. Erforderlich ist in der Regel ein ausdrücklicher Vorschaltbeschluss. a.a. LG Köln, Urt. v. 19.1.2012 29 S 190/11, MietRB 2012, 78 OLG Hamm, Beschl. v. 4.5.2004-15 W 142/03, ZMR 2004, 774 41

Das war hier immer so V wird zum WEG-Verwalter bestellt; auch der von ihm vorgelegte Verwaltervertrag wird beschlossen, in dem es heißt: Die Grundvergütung des Verwalters beträgt 35,00 EUR je Wohnungseigentumseinheit, je Tiefgaragenstellplatz 15,00 EUR pro Monat zzgl. gesetzlicher Mehrwertsteuer. Im Rahmen der Jahresabrechnung wird daher die Verwaltervergütung, wie seit Jahren üblich, nach der Anzahl der Einheiten / Stellplätze umgelegt. Der neu in die Gemeinschaft eingetretene Eigentümer Q verlangt eine Kostenverteilung nach MEA. 42

KG, Beschl. v. 28.09.2009-14 U 74/08, ZMR 2010, 136 LG Lüneburg, Urt. v. 19.03.2009-9 S 67/08, ZMR 2009, 554 Riecke/Schmid/Abramenko, WEG, 4. Aufl. 2015, 26 Rn. 48, 61 Die gesetzliche Regelung zur Verteilung der Verwalterkosten gem. 16 Abs. 2 WEG bzw. eine Vereinbarung in der Gemeinschaftsordnung kann nicht dadurch ausgehebelt werden, dass im Verwaltervertrag eine abweichende Kostenverteilung vorgesehen ist. In den Beschluss über den Verwaltervertrag kann kein an sich zulässiger Änderungsbeschluss hineininterpretiert werden, da der Verwaltervertrag ausschließlich die Rechtsbeziehung zwischen Verwalter und Verband regelt. Für die Änderung der Verteilung der Verwalterkosten ist ein ausdrücklicher Beschluss gem. 16 Abs. 2 WEG notnotwendig. 43

Sünden der Vergangenheit Die WEG Knauserweg besteht aus drei Gebäuden, wobei die Gemeinschaftsordnung ausdrücklich regelt, dass die separierbaren Kosten nur von den Eigentümern der jeweiligen Wirtschaftseinheit alleine zu tragen sind. Die Gemeinschaft beschloss daraufhin, dass drei getrennte Rücklagen für jede Wirtschaftseinheit gebildet werden. Als bei Haus 1 eine kostspielige Dachsanierung ansteht, vertritt Eigentümer Q die Auffassung, dass die Bildung getrennter Rücklagen nichtig war. 44

16 Abs. 4 WEG Die Wohnungseigentümer können im Einzelfall zur Instandhaltung oder Instandsetzung im Sinne des 21 Abs. 5 Nr. 2 oder zu baulichen Veränderungen oder Aufwendungen im Sinne des 22 Abs. 1 und 2 durch Beschluss die Kostenverteilung abweichend von Absatz 2 regeln, wenn der abweichende Maßstab dem Gebrauch oder der Möglichkeit des Gebrauchs durch die Wohnungseigentümer Rechnung trägt. Der Beschluss zur Regelung der Kostenverteilung nach Satz 1 bedarf einer Mehrheit von mehr als drei Viertel aller stimmberechtigten Wohnungseigentümer im Sinne des 25 Abs. 2 und mehr als der Hälfte aller Miteigentumsanteile. 45

BGH, Urt. v. 9.7.2010 - V ZR 202/09, ZMR 2010, 775 Beschlusskompetenz für eine generelle Änderung der Kostentragung für Maßnahmen der Instandhaltung und Instandsetzung besteht gem. 16 Abs. 4 WEG nur im Einzelfall; dies betrifft auch den Verteilerschlüssel für die Zuführung zur Instandhaltungsrückstellung; ein Verstoß führt zur Nichtigkeit. 46

BGH v. 17.4.2015 V ZR 12/14, ZMR 2015, 726 Ist die Bildung getrennter Rücklagen bei einer in Wirtschaftseinheiten aufgeteilten Wohnungseigentümergemeinschaft nicht ausdrücklich angeordnet, ergibt sich die Beschlusskompetenz über die Bildung getrennter Rücklagen nur aus einer Öffnungsklausel in der Gemeinschaftsordnung. Kommentar: Hier vertretener Auffassung nach ist die Vereinbarung getrennter Kostentragung in solchen Fällen mangels praktischer Durchführbarkeit nichtig. 47

Sünden der Vergangenheit II Die WEG Knauserweg besteht aus 2 Wohngebäuden sowie aus 1 Tiefgaragenanlage. Sog. Wirtschaftseinheiten sind in der Gemeinschaftsordnung nicht gebildet worden. Gleichwohl wurden auf der Grundlage eines 1998 gefassten Beschlusses drei gesonderte Rücklagen gebildet, die unterschiedlich angespart wurden. Die WEG beschließt, die Rücklagen nun wieder zusammen zu führen. Q ficht den Beschluss mit der Begründung an, dass er nun erheblich benachteiligt sei, weil er verhältnismäßig mehr in seine Rücklage angespart hat, als die Eigentümer der anderen Gebäude. 48

LG Düsseldorf v. 16.4.2014-25 S 141/13, ZMR 2014, 818 Der Beschluss über die Zusammenführung der gebildeten Rücklagen ist rechtmäßig, denn er entspricht der Gemeinschaftsordnung, die keine separaten Rücklagen anordnet. Durch die Zusammenführung der Rücklagen ohne Berücksichtigung der unterschiedlichen Beitragszahlungen wird der einzelne Eigentümer auch nicht benachteiligt, da die jeweils erfolgten Zahlungen auf jeweils rechtswidrigen, aber als Einzelfallbeschlüsse bestandskräftigen Wirtschaftsplänen und Jahresabrechnungen beruhen. 49

Nachgekartet Kreative Kostenbeschlüsse Eigentümer E beantragt die Genehmigung einer von ihm gewünschten baulichen Veränderung. Daraufhin meinen die anderen Eigentümer, dass sie an sich nichts dagegen hätten, sofern E nicht nur die Kosten des Einbaus, sondern auch die später einmal anfallenden Kosten der Instandhaltung und Instandsetzung übernehmen wolle. Eigentümer E erklärt sich damit ausdrücklich einverstanden. 50

16 Abs. 6 WEG Ein Wohnungseigentümer, der einer Maßnahme nach 22 Abs. 1 nicht zugestimmt hat, ist nicht berechtigt, einen Anteil an Nutzungen, die auf einer solchen Maßnahme beruhen, zu beanspruchen; er ist nicht verpflichtet, Kosten, die durch eine solche Maßnahme verursacht sind, zu tragen. Satz 1 ist bei einer Kostenverteilung gemäß Absatz 4 nicht anzuwenden. 51

16 Abs. 4 WEG Die Wohnungseigentümer können im Einzelfall zur Instandhaltung oder Instandsetzung im Sinne des 21 Abs. 5 Nr. 2 oder zu baulichen Veränderungen oder Aufwendungen im Sinne des 22 Abs. 1 und 2 durch Beschluss die Kostenverteilung abweichend von Absatz 2 regeln, wenn der abweichende Maßstab dem Gebrauch oder der Möglichkeit des Gebrauchs durch die Wohnungseigentümer Rechnung trägt. Der Beschluss zur Regelung der Kostenverteilung nach Satz 1 bedarf einer Mehrheit von mehr als drei Viertel aller stimmberechtigten Wohnungseigentümer im Sinne des 25 Abs. 2 und mehr als der Hälfte aller Miteigentumsanteile. 52

LG München I, Urt. v. 23.6.2014-1 S 13821/13 WEG, IMR 2014, 429 Zur Änderung der Kostenverteilung bei baulichen Veränderungen ist gem. 16 Abs. 4 WEG ein doppeltqualifizierter Mehrheitsbeschluss nötig. Da sich die dortige Beschlusskompetenz aber auf die Regelung eines Einzelfalles beschränkt, können nur die Kosten der konkreten Maßnahme selbst mit doppeltqualifizierter Mehrheit geregelt werden, nicht aber die zukünftig anfallenden Kosten einer späteren Instandhaltung und Instandsetzung. Ein solcher Beschluss ist mangels Beschlusskompetenz nichtig. 53

Rechtstheoretische Lösungen des Problems: Der die bauliche Veränderung begehrende Eigentümer veranlasst die übrigen Wohnungseigentümer, einer Änderung der Gemeinschaftsordnung nebst Eintragung der Rechtsänderung in die Grundbücher zuzustimmen (LG München I, IMR 2014, 429). Zustimmung zur Durchführung unter auflösender Bedingung der Folgekostentragung (Häublein, ZWE 2008, 368). Eintragung einer Reallast im Grundbuch des Begünstigten betreffend Kostentragung (Sommer, vhw 2015). 54

Praktische Lösung des Problems: Der die bauliche Veränderung begehrende Eigentümer stimmt mit JA, während sich alle übrigen Eigentümer der Stimme enthalten. Dadurch kann ein einstimmiger Beschluss in Bestandskraft erwachsen, wodurch der zustimmende Eigentümer kraft Gesetzes sämtliche, auch die zukünftigen Kosten der Instandhaltung und Instandsetzung zu tragen hat (womit er von vornherein einverstanden ist), während die sich der Stimme enthaltenden (also nicht zustimmenden) Eigentümer kraft Gesetzes von sämtlichen Kosten der Maßnahme freigestellt sind ( 16 Abs. 6 WEG). 55

Rein und raus Kreative Kostenbeschlüsse Die Eigentümerversammlung beschließt zu TOP 3 der Tagesordnung, dass der jeweilige Sondereigentümer im Falle eines sein Sondereigentum betreffenden Umzugs einen Betrag i.h.v. 50,00 EUR in die Instandhaltungsrückstellung einzuzahlen hat. Eigentümer Q, dem ein Mieterwechsel in Haus steht, fragt, wie seine Mieter denn ohne Nutzung des Treppenhauses umziehen sollen und kündigt Klage an. 56

21 Abs. 7 Alt. 2 WEG Die Wohnungseigentümer können die Regelung der Art und Weise von Zahlungen, der Fälligkeit und der Folgen des Verzugs sowie der Kosten für eine besondere Nutzung des gemeinschaftlichen Eigentums oder für einen besonderen Verwaltungsaufwand mit Stimmenmehrheit beschließen. 57

BGH, Urt. v. 1.10.2010 V ZR 220/09, ZMR 2011, 141 Für das Vorliegen einer besonderen Nutzung des gemeinschaftlichen Eigentums kommt es nicht darauf an, ob eine den gem. 13 Abs. 2 S. 1 WEG zulässigen Mitgebrauch überschreitende (unzulässige) Nutzung vorliegt oder nicht. Es kommt nur darauf an, ob bei typisierender (generell-abstrakter) Betrachtungsweise die (normale) Nutzung die Entstehung zusätzlicher, (besonderer) Kosten wahrscheinlich macht. Eine Umzugskostenpauschale bis nur bis max. 50,00 EUR ermessensgerecht. 58

Großgrundbesitzer Kreative Kostenbeschlüsse Auf dem Grundstück der WEG Brummstr. stehen für die insgesamt 31 Wohneinheiten nur 6 Stellplätze zur Verfügung. Die übrigen Stellplätze befinden sich auf dem Nachbargrundstück, dessen Eigentümer 25 Stellplätze zur Nutzung überlassen hatte. Nachdem das Nachbargrundstück den Eigentümer wechselt, möchte dieser die Stellplätze veräußern. Die Eigentümerversammlung beschließt den Ankauf der abzuparzellierenden Grundstücksteilfläche vom Nachbarn durch die WEG, wobei der Kaufpreis im Innenverhältnis zu 85% von den dort parkenden Eigentümern getragen werden soll. 59

10 Abs. 6 S. 1 u. 2 WEG Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer kann im Rahmen der gesamten Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums gegenüber Dritten und Wohnungseigentümern selbst Rechte erwerben und Pflichten eingehen. Sie ist Inhaberin der als Gemeinschaft gesetzlich begründeten und rechtsgeschäftlich erworbenen Rechte und Pflichten. 21 Abs. 3 WEG Die Wohnungseigentümer entscheiden durch Beschluss über die ordnungsmäßige Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums. 60

BGH, Urt. v. 18.3.2016 - V ZR 75/15, ZMR 2016, 476 Der Wohnungseigentümerversammlung steht die Beschlusskompetenz zu, im Rahmen ordnungsmäßiger Verwaltung Grundeigentum als rechtsfähiger Verband auch außerhalb des Grundstücks der WEG selbst zu erwerben. Und der Beschluss über die Kostenverteilung? 61

21 Abs. 7 Alt. 2 WEG Die Wohnungseigentümer können die Regelung der Art und Weise von Zahlungen, der Fälligkeit und der Folgen des Verzugs sowie der Kosten für eine besondere Nutzung des gemeinschaftlichen Eigentums oder für einen besonderen Verwaltungsaufwand mit Stimmenmehrheit beschließen. 62

BGH, Urt. v. 18.3.2016 - V ZR 75/15, ZMR 2016, 476 Der Wohnungseigentümerversammlung steht die Beschlusskompetenz zu, über die Kosten des Erwerbs von Immobilieneigentum gem. 21 Abs. 7 WEG als Kosten eines besonderen Verwaltungsaufwands zu entscheiden. Gem. 21 Abs. 7 Alt. 3 WEG besteht nicht nur die Möglichkeit, über den Verteilungsschlüssel angefallener besonderer Verwaltungskosten zu entscheiden, sondern bereits die Möglichkeit darüber zu befinden, ob und welche Kosten als besondere Verwaltungskosten ausgelöst werden. 63

Hauen und Stechen Das Wasserhauptrohr ist defekt, wodurch die Wohnung des Eigentümers E erheblich in Mitleidenschaft gezogen wird. Die Beseitigung der Schäden am Gemeinschaftseigentum kostet 4.000,00 EUR, die der Schäden am Sondereigentum 8.000,00 EUR. Die Capitol-Versicherung erstattet jedoch lediglich 9.000,00 EUR mit Blick auf den vertraglich vereinbarten Selbstbehalt i.h.v. 3.000,00 EUR pro Schadensfall. 64

OLG Köln v. 14.7.2003-16 Wx 124/03, ZMR 2004, 298 AG Saarbrücken v. 29.4.2002 1 II 173/01 WEG, ZMR 2002, 980 Dötsch, ZMR 2014, 169 ff; Greiner, NZM 2013, 481 ff. Verbleibt nach Abwicklung eines auch das Sondereigentum betreffenden Versicherungsfalls ein aufgrund eines vereinbarten Selbstbehalts nicht gedeckter Schadensbetrag, so ist der hieraus resultierende Restbetrag von der Gemeinschaft gem. 16 Abs. 2 WEG zu tragen, da die Versicherung auch des Sondereigentums (und zwar vollständig) Sache der Gemeinschaft ist. Nimmt diese dem einzelnen Sondereigentümer den ihm zustehenden vollständigen Versicherungsschutz, ist der hieraus resultierende Restbetrag von allen Eigentümern zu tragen; der Schaden des Sondereigentümers wird in voller Höhe ausgekehrt. a.a.: Quotale Aufteilung des Selbstbehalts Bärmann/Suilmann, WEG, 13. Aufl. 2015, 14 Rn. 32 Armbrüster, ZWE 2009, 109 65

Eine rechtmäßige Beschlussfassung gem. 21 Abs. 7 WEG ist hier vertretener Auffassung nach auch nicht möglich, da es sich weder um die Kosten einer besonderen Nutzung des Gemeinschaftseigentums handelt, noch um besondere Verwaltungskosten. 66

Oh, schon Schluss? 67