Was hat eigentlich Geschlecht mit Mediennutzung und Körperbild zu tun?

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Transkript:

Was hat eigentlich Geschlecht mit Mediennutzung und Körperbild zu tun? Ergebnisse aus der aktuellen WHO-Studie Health Behaviour in School-Aged Children (HBSC) Sarah-Christina Glücks in Zusammenarbeit mit Prof in. Petra Kolip und dem HBSC-Team Deutschland, WHO CC

Agenda HBSC-Studie Erfassung von Geschlecht und theoretischer Bezug Erfassung von Mediennutzung und Körperbild Ergebnisse Mediennutzung Körperbild abschließende Betrachtung

Health Behaviour in School-Aged Children (HBSC) - Studie Erfassung des Gesundheitszustandes und -verhaltens quantitative Erhebungsform (Fragebögen) Befragung 11-15-jährige Kinder und Jugendliche 5., 7. und 9. Jahrgangsstufe allgemeinbildende Schulen Erhebung 4-jähriger Abstand (letzte Erhebung 2009/2010) ca. 40 Länder Deutschland: bundesweit 5.005 Schüler_innen an 289 Schulen

Erfassung von Geschlecht und theoretischer Bezug soziale Konstruktion von Geschlecht doing gender (Gildemeister & Wetterer, 1992) geschlechtsspezifische Sozialisation (Bilden, 2002) Unterscheidung von sex/ gender sex: Bist du ein Mädchen oder ein Junge? gender: - Konstruktion von Geschlecht in Interaktionen Bezug auf geschlechtspezifische Normen Was hat eigentlich Geschlecht mit Mediennutzung und Körperbild zu tun? Mediennutzung und der Umgang mit dem Körper als geschlechtlich konnotierte Verhaltensweisen

Erfassung von Medienkonsum und Körperbild Selbstauskunft zur Mediennutzung Fernseher (inkl. Videos und DVDs) Computer (für Chatten, Internet surfen, Emails, Hausaufgaben usw.) Computer-/Konsolenspiele (Playstation, Wii, Xbox usw.) Selbstauskunft zum Körperbild Körpergewicht und Körpergröße (orientiert an BMI-Perzentilen nach Kromeyer-Hauschild 2001) subjektives Körperempfinden

Ergebnisse Mediennutzung Jugendliche konsumieren deutlich mehr Medien als empfohlen * p<.05 *** p<.001

Ergebnisse Mediennutzung TV Nutzung bleibt bei beiden Geschlechtern bedeutsam * p<.05 *** p<.001

Ergebnisse Mediennutzung Jungen weisen eine höhere tägliche Nutzungszeit von PC-Spielen auf * p<.05 *** p<.001

Ergebnisse Mediennutzung Mädchen weisen eine höhere tägliche PC-Nutzungszeit auf * p<.05 *** p<.001

Mediennutzung Interpretation der Ergebnisse Mediennutzung ist geschlechtsspezifisch Mädchen nutzen insgesamt signifikant weniger Medien als Jungen signifikant höher ist die Computernutzung bei Mädchen Relevanz einer Differenzierung der Fernsehnutzung nach Geschlecht

Körperbild Untergewicht (orientiert an BMI-Perzentilen nach Kromeyer-Hauschild 2001) Mädchen tendieren stärker zu Untergewicht 25 20 ** 20,4 Jungen Mädchen Anteil in % 15 10 10,9 *** 15,1 14,5 10,8 n.s. 13,9 *** 12,5 5 6,6 0 Gesamt 11 Jahre 13 Jahre 15 Jahre Alterskategorien ** p<.01 *** p<.001 n.s. nicht signifikant

Körperbild Übergewicht (orientiert an BMI-Perzentilen nach Kromeyer-Hauschild 2001) Jungen tendieren stärker zu Übergewicht 25 20 Jungen Mädchen Anteil in % 15 10 5 10,8 * 8,5 n.s. 10 10 7,1 n.s. 9,7 12,4 * 8,5 0 Gesamt 11 Jahre 13 Jahre 15 Jahre Alterskategorien * p<.05 n.s. nicht signifikant

Körperbild subjektives Körperempfinden ein wenig/ viel zu dick Mädchen fühlen sich häufiger ein wenig/ viel zu dick 60 50 *** 49,8 *** Jungen Mädchen *** 52 *** 53,3 40 43,6 Anteil in % 30 34,2 30,8 36,5 35,6 20 10 0 Gesamt 11 Jahre 13 Jahre 15 Jahre Alterskategorien *** p<.001

Körperbild Zusammenhang von Körpergewicht und -empfinden trotz Untergewicht fühlen sich Mädchen ein wenig bzw. viel zu dick Untergewicht in % (N=535) Normalgewicht (N=3.171) Übergewicht (N=394) subjektives Körperbild ein wenig und viel zu dünn G G G 46,5 46,9 45,8 12,0 8,4 15,7 0,8 0,6 0,9 genau richtig 42,9 39,5 47,7 48,3 42,0 54,7 8,5 5,1 11,3 ein wenig und viel zu dick 10,6 13,6 6,5 39,7 49,6 29,6 90,7 94,3 87,8 Tabelle: Gegenüberstellung objektives Körpergewicht und subjektives Körperbild Jugendlicher (Prozentanteile in den Gewichtsgruppen) Quelle: HBSC Deutschland 2009/10 (N = 5.005), Legende: G = Gesamt, = Mädchen, = Jungen

Körperbild Zusammenhang von Körpergewicht und -empfinden trotz Normalgewicht fühlen sich Mädchen ein wenig bzw. viel zu dick Untergewicht in % (N=535) Normalgewicht in % (N=3.171) Übergewicht (N=394) subjektives Körperbild ein wenig und viel zu dünn G G G 46,5 46,9 45,8 12,0 8,4 15,7 0,8 0,6 0,9 genau richtig 42,9 39,5 47,7 48,3 42,0 54,7 8,5 5,1 11,3 ein wenig und viel zu dick 10,6 13,6 6,5 39,7 49,6 29,6 90,7 94,3 87,8 Tabelle: Gegenüberstellung objektives Körpergewicht und subjektives Körperbild Jugendlicher (Prozentanteile in den Gewichtsgruppen) Quelle: HBSC Deutschland 2009/10 (N = 5.005), Legende: G = Gesamt, = Mädchen, = Jungen

Körperbild Zusammenhang von Körpergewicht und -empfinden keine Geschlechtsunterschiede bei Übergewichtigen Untergewicht in % (N=535) Normalgewicht in % (N=3.171) Übergewicht in % (N=394) subjektives Körperbild ein wenig und viel zu dünn G G G 46,5 46,9 45,8 12,0 8,4 15,7 0,8 0,6 0,9 genau richtig 42,9 39,5 47,7 48,3 42,0 54,7 8,5 5,1 11,3 ein wenig und viel zu dick 10,6 13,6 6,5 39,7 49,6 29,6 90,7 94,3 87,8 Tabelle: Gegenüberstellung objektives Körpergewicht und subjektives Körperbild Jugendlicher (Prozentanteile in den Gewichtsgruppen) Quelle: HBSC Deutschland 2009/10 (N = 5.005), Legende: G = Gesamt, = Mädchen, = Jungen

Körperbild - Interpretationen der Ergebnisse entwicklungsbedingte physische Veränderungen in der Pubertät verzerrte Körperwahrnehmungen können weitere geschlechtsspezifische Verhaltensweisen hervorrufen (z.b. Essstörungen) entsprechend des männlichen Schönheitsideals fühlen sich Jungen häufiger als Mädchen zu dünn

Rückbindung der Ergebnisse Was hat eigentlich Geschlecht mit Mediennutzung und Körperbild zu tun? Gesundheitsverhalten: geschlechtsspezifische Mediennutzung und Körperbilder zeigen sich bei Jugendlichen gleichzeitig doing gender: Körper und Computer sind Schauplätze die eigene Geschlechtsidentität herzustellen

Weiterführende Literatur zur HBSC-Studie Kolip P., Klocke A., Melzer W., Ravens-Sieberer U. (Hrsg.) (2013): Gesundheit und Gesundheitsverhalten im Geschlechtervergleich: Ergebnisse des Jugendgesundheitssurveys "Health Behaviour in School-aged Children". Weinheim: Beltz Juventa. Das Gesundheitswesen (2013) 74 (Suppl 1): 56-62. Faktenblätter zum download unter: http://hbsc-germany.de/downloads/

Herzlichen Dank. Glücks, Sarah-Christina Universität Bielefeld WHO Collaborating Centre for Child and Adolescent Health Promotion Universitätsstraße 25 33615 Bielefeld sarah.gluecks@uni-bielefeld.de sarah.gluecks@gmx.de

Literatur Bilden, H. (2002). Geschlechtspezifische Sozialisation. In K. Hurrelmann & D. Ulrich (Hrsg.), Handbuch der Sozialisationsforschung (S. 279-301). Weinheim: Beltz. Gildemeister, R. & Wetterer, A. (1992). Wie Geschlechter gemacht werden. Die soziale Konstruktion der Zweigeschlechtlichkeit und ihre Reifizierung in der Frauenforschung. In G.- A. Knapp & A. Wetterer (Hrsg.), Traditionen Brüche. Entwicklungen feministischer Theorie (S. 201-254). Freiburg: Kore. Kromeyer-Hauschild, K., Wabitsch, M., Kunze, D., Geller, F., Geiß, H. C., Hesse, V.et al. (2001). Perzentile für den Body-mass-Index für das Kindes- und Jugendalter unter Heranziehung verschiedener deutscher Stichproben. Monatsschrift fur Kinderheilkunde, 149(8), 807-818. Tremblay, M. S., Leblanc, A. G., Janssen, I., Kho, M. E., Hicks, A., Murumets, K. et al. (2011). Canadian sedentary behaviour guidelines for children and youth. Appl Physiol Nutr Metab, 36, 59-64; 65-71.

Mediennutzung TV-Konsum im Trend

Mediennutzung Computernutzung im Trend

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Mediennutzung Vergleich mit KiGGS-Daten aus 2003-2006 $ $ ) * $ $ $ % % $ #" & & '" (#( &

Körperbild subjektive Beschwerden zu dick / zu dünn fühlende Jugendliche weisen mehr Beschwerden auf, als Jugendliche, die ihr Gewicht als genau richtig beurteilen Mädchen weisen einen höheren Beschwerdescore als Jungen auf

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