Neue Aspekte der Speicherbewertung für die geothermische Stromerzeugung Markus Wolfgramm, Peter Seibt, Gerhard Lenz

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Transkript:

Neue Aspekte der Speicherbewertung für die geothermische Stromerzeugung Markus Wolfgramm, Peter Seibt, Gerhard Lenz Zusammenfassung Im Rahmen aktueller politischer und wirtschaftlicher Anforderungen ist es notwendig, neben den Temperaturdaten vor allem die Prognose für die Ergiebigkeit geothermischer Speicher zu verbessern. Dazu müssen in Abhängigkeit von regionalen Besonderheiten und dem Speichertyp Werkzeuge entwickelt werden, mit deren Hilfe eine schnell und einfache Prognose möglich wird. Der vorliegende Artikel stellt hierzu erste Möglichkeiten dar. Im Rahmen einer Vorstudie wurden so für ein Testgebiet im Norddeutschen Becken Möglichkeiten ermittelt, Speichereigenschaften von geothermischen Aquiferen flächenhaft darzustellen. Zur Darstellung kamen dabei die zwei wichtigsten geologischen Parameter : Temperatur und Produktivitätsindex (PI). Aus den Karten lassen sich die Gebiete ableiten, welche für eine Wärme- und kombinierte Wärme- und Stromproduktion potenziell besonders geeignet sind. Vor allem ist es aber möglich, Gebiete ausschließen, die in jedem Falle ungeeignet sind. Eine Ausweitung dieser Darstellungen auf das gesamte Norddeutsche Becken sowie die Entwicklung von vergleichbaren Algorithmen für die verschiedenen Speichertypen (porös, klüftig-porös, klüftig-karstig) sind notwendig und sollten Gegen-stand weiterer Forschungen sein. 1 Einleitung 1.1 Motivation der Untersuchungen Mit der Veränderung der energiepolitischen Rahmenbedingungen durch das Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) in Deutschland ist die Erschließung von Standorten zur geothermischen Stromerzeugung in den Mittelpunkt des wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Interesses gerückt. Dabei müssen die entsprechend ausgewählten Standorte die bestmöglichen geologischen Bedingungen aufweisen. Da die geothermische Energiegewinnung in Deutschland an vielen Standorten aus wirtschaftlicher Sicht nur dann sinnvoll nutzbar ist, wenn eine reine Wärmeerzeugung oder eine kombinierte Strom- und Wärmegewinnung praktiziert wird, müssen die Standorte neben den guten geologischen Bedingungen auch ein Abnehmerpotenzial für die erzeugte Wärme aufweisen. Technologisch erprobt ist bisher nur die hydrogeothermale Geothermie. Der erste geothermische Strom wird seit 2004 in Neustadt-Glewe im Norddeutschen Becken auf Basis der aus der geothermischen Wärmeerzeugung bekannten Technologie erzeugt. Die alternative Hot-Dry-Rock-Technologie ist noch im Stadium der Erforschung. In Deutschland gibt es drei Regionen, welche potenziell für eine hydrothermale geothermische Stromerzeugung in Frage kommen: der Oberrheingraben, das Molassebecken und das Norddeutsche Becken. Diese drei Regionen weisen ganz unterschiedlich geeignete Aquifere auf. Die Speichertypen und lithologisch-stratigraphische Einordnung dieser Aquifere sind sehr unterschiedlich (Tab. 1). Geothermisch genutzt werden bis dato die Porenspeicher des Norddeutschen Beckens und der Malmkarst des Molassebeckens. Für diese Einheiten (Tab. 1) liegen bereits vielfältige Erfahrungen vor. Es ist aus wirtschaftlicher Sicht wünschenswert, flächendeckend Kartenwerke zu erschaffen, die eine Standortwahl ermöglichen sollten. Dazu müssen entsprechende Werkzeuge in Abhängigkeit von der Region und vom Speichertyp entwickelt werden. Ein erster Ansatz hierzu, beschränkt auf ein kleines Teilgebiet, soll im Folgenden vorgestellt werden. 1.1 Gebietsauswahl Die Schaffung der oben genannten geologisch-geothermischen Kartenwerke erfordert die Erarbeitung von entsprechenden Werkzeugen für die unterschiedlichen Speichertypen in den verschiedenen Regionen. Aufgrund der vorhandenen Daten wurden erste Werkzeuge für die Poren- 120

Tabelle 1: Potenzielle geothermische Speicher in Deutschland Region Speichertyp Aquifer Norddeutsches Porenspeicher Sandsteine Rhät-Unterkreide Becken Kluft-Porenspeicher Mittlerer Buntsandstein Kluft-Porenspeicher Rotliegend Kluftspeicher Vulkanite, Karbon-Sedimente Oberrheingraben Porenspeicher Pechelbronner Schichten Kluft-Karstspeicher Hauptrogenstein, Muschelkalk Kluft-Porenspeicher Mittlerer Buntsandstein, Rotliegend Kluftspeicher Granit, Gneis Molassebecken Karst-Kluftspeicher Malmkarbonate Sonstige Kluftspeicher Kristallin speicher in Mecklenburg-Vorpommern (Nordostdeutsches Becken) entwickelt und entsprechende Karten für ein Testgebiet erstellt. Die Wahl der Lokalität hat den Vorteil, dass die Ergebnisse der Untersuchungen mit realen Daten bereits betriebener Geothermieanwendungen verglichen werden können. 1.2 Datenbasis Als Grundlage der Arbeiten dient die Studie Möglichkeiten der Stromerzeugung aus hydrothermaler Geothermie in Mecklenburg-Vorpommern (GTN 2003). Für diese Landesstudie erfolgte die Bewertung der Daten von ca. 90 Tiefbohrungen, welche über ganz Mecklenburg-Vorpommern verteilt sind. Diese Datenmenge wurde durch die hier präsentierten Untersuchungen verdichtet, wobei im Einzelnen alle relevanten Tiefbohrungen von zuvor ausgewählten Gebieten betrachtet wurden und eine Konkretisierung der Daten bezüglich Temperaturinformation und Speichereigenschaften durchgeführt wurde. Für die Verdichtung dieser Datenmengen wurden Informationen von über 300 Tiefbohrungen genutzt, deren Vorkommen sich auf drei Vorzugsgebiete in Mecklenburg-Vorpommern sowie deren Umgebung beschränken. Dazu wurden entsprechende Unterlagen zu Bohrlochmessungen und Testen gesichtet und ausgewertet sowie stratigraphisch-lithologische Informationen erfasst. Die potenziell am besten geeigneten Gebiete liegen häufig nahe an Salzstrukturen (Diapiren). So weisen die Randsenkenbildungen der Diapire häufig die größten Versenkungstiefen relevanter Speicher und parallel auch die größten Temperaturen auf. Leider sind in den Zentren dieser Bereiche meist keine Tiefbohrungen vorhanden. Fehlende Informationen wurden aus seismischen Profilierungen gewonnen. Abbildung 1: Mesozoische Aquifere im Bereich der zu untersuchenden Gebiete; Grau hinterlegt sind die drei stratigraphisch/lithologischen Hauptzonen 121

2 Regionale Geologie und relevante Aquifere in Mecklenburg-Vorpommern Mecklenburg-Vorpommern befindet sich geologisch gesehen im Nordostdeutschen Becken, welches aus mehr als 8.000 m mächtigen permischen und jüngeren Sedimenten aufgebaut ist. Das Nordostdeutsche Becken wiederum ist eines von vier Teilbecken des Mitteleuropäischen Beckens. Die Beckenentwicklung erfolgte in vier bis fünf Stadien. In einem ersten Stadium (Initialstadium) wurden bis etwa 2.000 m mächtige permokarbone Vulkanitserien abgelagert. Im Hauptabsenkungsstadium wurden diese von bis zu 2.000 m mächtigen Siliziklastika des Rotliegend, ca. 1.000 m mächtigen Evaporitserien des Zechsteins sowie bis zu 2.000 m mächtigen Sedimenten der Trias überlagert. Entsprechend der Position im Bekken erfolgte eine relativ gleichmäßig mächtige Ablagerung. Das anschließende Differenzierungsstadium (Rhät-Jura) ist gekennzeichnet durch starke tektonische Bewegungen, Salzstockbildungen etc. In der Kreide setzte die Iversionstektonik ein, welche sich in Mecklenburg-Vorpommern z.b. Abbildung 2: Verbreitung und Tiefe eines geothermischen Speichers (Hettang) in Mecklenburg-Vorpommern bisheriger Kenntnisstand, Testgebiet für im Folgenden dargestellte Untersuchungen durch Strichlinie umrahmt an der Ausbildung des Grimmener Walls zeigt (SE-NW-gerichtete Hochlage ohne Kreide-Sedimente). Während dieses Stadiums ist ebenfalls aktive Salzbewegung nachgewiesen. Die insgesamt resultierenden Strukturen sind vor allem NW-SE-gerichtet. Für geothermische Aquifere in Mecklenburg-Vorpommern bedeutet diese Schichtausbildung: 1. Sedimente (exkl. Evaporite des Zechsteins) vom Rotliegend bis Unterkeuper sind in gleichmäßiger Mächtigkeit vertreten. 2. Regionale Recherchen ergaben, dass in Mecklenburg-Vorpommern aufgrund der Versenkungstiefe und Schichttemperatur als auch der Ausbildung und Mächtigkeit vor allem drei Speicherbereiche relevant sind: Unterkreide-Sandsteine (Wealden/Hauterive), Aalen-Sandsteine und die Rhät/Lias-Sandsteine (Postera/Contorta/Hettang/Untersinemur/Domer), deren stratigaphische Position aus Abb. 1 zu entnehmen ist. Als Auswahlkriterien wurden vor allem verwendet: - Schichttemperatur > 100 C, d.h. Tiefenlage >> 2200 m, - effektive Mächtigkeit gut permeabler Sandsteine > 20 m. 3. Am Nordrand des Beckens, welcher mit dem Nordbereich Mecklenburg-Vorpommerns korreliert, sind die Mächtigkeiten und Versenkungstiefen geringer, dafür sind die Speicher in Beckenrandfazies (gute Speichereigenschaften) ausgebildet. 4. Die Ausbildung, Verteilung, Mächtigkeit und Versenkungstiefe der geothermischen Speicher vom Rhät (Contorta, Postera) bis Kreide (Wealden) sind im Bereich des Beckenzentrums stark von der Salztektonik und den bestehenden Salzstrukturen abhängig. Dementsprechend sind Voraussagen nicht regional, sondern nur lokal möglich, das wird in einer Karte (Abb. 2) deutlich. Abbildung. 2 zeigt die Verbreitung des geothermischen Aquifers Lias/Hettang (vgl. Abb. 1). 5. Aufgrund der für die geothermische Stromerzeugung mindestens notwendigen Fluidtemperaturen > 100 C und der hydraulischen Speichereigenschaften (Produktivitätsindex > 75 m 3 /(h*mpa)) kommen im Sinne der Aufgabenstellung nur die südlichen Bereiche Mecklenburg-Vorpommerns für eine kombinierte Strom- und Wärmeerzeugung in Frage. Der 122

Nordteil weist aufgrund geringer Versenkungstiefen nur Temperaturen der geothermischen Speicher << 100 C auf. 2.1 Testgebiet Auf Grund der oben aufgeführten geologischen Bedingungen wurde für die Untersuchungen ein Testgebiet ausgewählt, welches sich am Südrand von Mecklenburg-Vorpommern befindet (Abb. 2, durch gestrichelte Linie umrandet). Im Gebiet sind zwei Salzstöcke (Salzstöcke Werle und Conow) integriert, um die damit zusammenhängenden Besonderheiten zu erfassen. Für dieses Testgebiet erfolgt im Anschluss die Verdichtung der Temperatur- und Speicherdaten. 3 Verfeinerung des Temperaturdatenrasters Zur Verfeinerung des Temperaturdatenrasters wurden folgende Arbeitsschritte durchgeführt: Digitale Erfassung der Lage des Speichers (Punktdaten zu Ort [Hochwert/Rechtswert] und Tiefe des Speichers [m unter Geländeoberkante], es wurden für das Testgebiet ca. 500 Festund Stützpunkte auf Basis von Bohrungs- und seismischen Daten erzeugt; Ermitteln eines mittleren geothermalen Gradienten (siehe nachfolgend); Umrechnen der punktbezogenen Teufen in Temperaturen [Temperatur = (Tiefe * geothermaler Gradient) + mittlere Temperatur an der Erdoberfläche (für Mecklenburg-Vorpommern 8 C); Tabelle 2: Temperatur-Tiefendaten und resultierende geothermale Gradienten für den Bereich Salzstock Werle (Rhät-Lias, Unterkreide) Boh- Strati- T Mess- Gradi- Boh- Strati- T Mess- Gradirung graphie [ C] tiefe [m ent rung graphie [ C] tiefe [m ent u. GOK] K/km u. GOK] K/km 2 Contorta-Sch. 98,0 2.223,0 40,5 1 Unterkreide 49,0 1.152,6 35,6 1 Contorta-Sch. 100,0 2.263,0 40,5 1 Unterkreide 49,0 1.165,0 35,2 3 Contorta-Sch. 91,0 2.115,0 39,0 2 Unterkreide 50,0 1.024,0 41,0 4 Lias-Rhät 81,0 1.877,0 38,9 2 Unterkreide 52,5 1.066,0 41,7 5 Lias-Rhät 88,0 1.820,0 44,0 3 Unterkreide 67,0 1.304,0 45,2 6 Lias-Rhät 84,0 1.775,0 42,8 4 Unterkreide 54,0 1.300,0 35,4 1 Untersinemur- Hettang 96,0 2.160,5 40,9 4 Unterkreide 57,0 1.321,0 37,1 4 Untersinemur- Hettang 81,0 1.795,0 40,7 5 Unterkreide 34,5.729,0 36,4 6 Unterkreide 42,0.833,0 40,8 6 Unterkreide 42,0.821,4 41,4 Mittelwert 40,9 Mittelwert 39,0 Korrektur der Temperaturdaten bei einer Entfernung von Salzstrukturen < 2 km bzw. im Bereich von Bohrungsdaten; Umsetzung der Punktdaten in einem Geoinformationssystem (GIS) und flächenhafte Darstellung von Isothermenplänen (Abb. 4); Kontrolle und Korrektur der Pläne auf Basis der Bohrungsinformationen 3.1 Regionaler Temperaturgradient in Mecklenburg-Vorpommern Der mittlere Temperaturgradient für mesozoische Aquifere in Mecklenburg-Vorpommern wurde auf 36,2 K/km bestimmt (Studie: Möglichkeiten der Stromerzeugung aus hydrothermaler Geothermie in Mecklenburg-Vorpommern, 2003). Es zeigt sich aber, dass dieser Gradient sehr stark schwankt. Einerseits in Abhängigkeit von der Lithologie/Stratigraphie und andererseits von der Position in Mecklenburg-Vorpommern. So weisen 123

die Aalen-Sandsteine meist einen Gradienten von annähernd 35 K/km auf, die meisten Temperaturmessungen im Buntsandstein weisen auf einen Gradienten häufig unter 35 K/km hin (Abb. 3). Die Temperaturen der Unterkreide-Sandsteine liegen dagegen meist oberhalb von 35 K/ km. Diese starken Schwankungen erfordern zur Erarbeitung von Temperaturkarten die Ermittlung lokaler, speicherbezogener Temperaturgradienten. 3.2 Lokaler Temperaturgradient im Testgebiet Im Testgebiet (Abb. 2), welches im Bereich des Salzstockes Werle liegt, kommen als Aquifere die Unterkreide-Sandsteine sowie die Rhät-Lias-Sandsteine in Frage. Als mittlere Temperaturgradienten konnten unter Berücksichtigung lokaler Temperaturinformationen nahe gelegener Bohrungen (Tab. 2) und unter Berücksichtigung der mittleren Jahrestemperatur an der Erdoberfläche folgende Temperaturgradienten ermittelt werden: Unterkreide: 39,0 K/km Rhät-Lias: 40,9 K/km Abbildung 3: Regionale Temperatur-Teufenbeziehung relevanter geothermischer Speicher in Mecklenburg-Vorpommern 3.3 Temperaturverteilung im Testgebiet Für das Testgebiet (Lage in Abb. 2) wurden sowohl für die Lias- Rhät-Sandsteine als auch Unterkreide-Sandsteine kombinierte Verteilungs- und Tiefenlinienkarten erarbeitet. Die entsprechenden Informationen wurden aus Bohrungsdaten und seismischen Profilierungen gewonnen. Es musste vor allem der Einfluss der Salzstöcke berücksichtigt werden. So wurden die Rhät-Lias-Sandsteine nahe der Salzstöcke im Zuge der Randsenkenbildungen erodiert. Somit ergeben sich die Bereiche, an denen die jeweiligen Speicher nicht vorkommen (Abb. 4). Weiterhin wurde berücksichtigt, dass in den jeweiligen Formationen auch Sandsteine nachgewiesen sein mussten. Für die Unterkreide-Sandsteine wurde deren Basislage für die Verteilungs-Tiefenkarten erfasst und bei den Rhät-Lias-Sandsteinen erfolge die Darstellung der Liasbasis (vgl. Abb. 1). Entsprechend der in Abschnitt 3.2 ermittelten lokalen geothermischen Gradienten und den in Abschnitt 3 aufgeführten Korrekturen wurden Temperaturverteilungskarten für die zwei Speicher erstellt (Abb. 4). Die Unterkreide-Sandsteine erreichen im Bereich des Salzstockes Conow, im südlichen Abschnitt des Testgebietes Tiefenlagen, die eine Temperatur von maximal 105 C besitzen (Abb. 4, unten). Das gesamte westliche Untersuchungsgebiet weist Temperaturen < 50 C auf. Die Temperaturverteilung entspricht der Unterkreidebasis und ist somit in der dargestellten Form relevant. Die Verteilung der Temperaturen der Rhät-Lias-Sandsteine zeigt sich deutlich komplexer (Abb. 4, oben). Schichtausfälle sind besonders im Bereich der Salzstöcke Werle und Conow zu beobachten. Aus geologischen Daten wird deutlich, dass der Abstand der Rhät-Sandsteine zum Salzstock jeweils > 2 km ist. Ein direkter Temperatureinfluss ist nicht zu erwarten. Die höchsten Temperaturen 124

betragen max. 120 125 C für Gebiete im NW bzw. SE des Salzstockes Werle. Ein kleineres Temperaturmaximum ist NE-lich des Salzstockes Werle nachgewiesen. Da die Temperaturverteilung der Liasbasis entspricht, die Rhät-Sandsteine direkt unterhalb der Liasbasis lagern und häufig in Summe bis zu 100 m mächtig sind, können sich somit in Bezug zur dargestellten Temperaturverteilung um bis zu 5 C höhere Werte ergeben. Somit sind maximale Temperaturen von 125 130 C zu erwarten. 4 Verfeinerung des Rasters der Speichereigenschaften Neben den Temperaturen sollten vor allem die hydraulischen Speichereigenschaften der potenziellen Aquifere im Testgebiet genauer untersucht werden. Die Produktivität bzw. der Produktivitätsindex (PI) ist dabei die wichtigste hydraulische Eigenschaft im Sinne geothermaler Nutzung eines Aquifers, da sie die anderen Parameter, wie z.b. Porosität/Permeabilität, Speichermächtigkeit etc. direkt oder indirekt beinhaltet. Es sollte also sinnvoll sein, die Produktivität eines Aquifers flächenmäßig darzustellen. Dazu müssen entsprechende Speicherparameter bewertet werden. 4.1 Porositäten Die Porositäten der bearbeiteten Speichersandsteine schwanken jeweils sehr stark (siehe Abb. 5). Dabei ist generell eine Abnahme der Porosität mit der Teufe zu beobachten. Die höchsten Porositäten konnten in den Aalen-Sandsteinen nachgewiesen werden, die Hettangund Rhät-Sandsteine weisen niedrigere Werte und die Unterkreide-Sandsteine die niedrigsten Werte auf. Dabei befinden sich die Porositäten überwiegend zwischen 15 % und 32 %, wobei sie überwiegend zwischen 20 % und 28 % plotten. Die Sandsteine sind also als geothermische Speicher generell gut geeignet. Abbildung 4: Temperaturverteilung in den Restgebieten (Lage des Ausschnittes vgl. Abbildung 2) 4.2 Permeabilitäten An Permeabilitäten wurden in den betrachteten Gebieten nur wenige Daten ermittelt. Diese schwanken zwischen 0,1 5.900 md. Nach Daten von ca. 20 Bohrungen aus der näheren Umgebung der Untersuchungsgebiete ergeben sich für die Speichersande folgende gemittelte Permeabilitäten: Unterkreide: mittel: 250 md Rhät/Lias: mittel: 500 md Aalen: mittel: 1.000 md 125

Diese Daten entsprechen in ihrer Zuordnung den Porositäten (Unterkreide die niedrigsten Porositäten, Aalen die höchsten Porositäten). Die Permeabilitäten geben in ihrer Größenordnung den allgemeinen Kenntnisstand der Speichersandsteine im Nordostdeutschen Becken wieder, so sind die Aalen- Sandsteine als sehr gute abgabefähige Sandsteine bekannt, während die hydraulischen Eigenschaften des Wealden (Unterkreide) meist mäßig gut sind. 4.3 Mächtigkeiten nutzbarer Sandsteine Abbildung 5: Porositäten der betrachteten Speichersandsteine ausgewählter Bohrungen (Häufigkeitsverteilung; n = Anzahl der Messwerte) Die Mächtigkeit nutzbarer Sandsteinhorizonte verteilt sich für die unterschiedlichen lithologischen Einheiten auf verschiedene Sandsteinbänke. Die sandige Unterkreide ist hierbei in Mecklenburg Vorpommern nur partiell vertreten. Die Sandsteine des Wealden/Valangis treten vor allem im Osten in größerer Verbreitung auf. Dabei können für die Unterkreide-Sandsteine Mächtigkeiten von 0 147 m beobachtet werden. Die meisten Bohrungen im Testgebiet weisen jedoch Mächtigkeiten der bindemittelarmen Sandsteine von 10 60 m auf. Für die Aalen-Sandsteine werden in den meisten Bohrungen Sandsteinmächtigkeiten zwischen 40 100 m angetroffen. Für die Rhät-Lias-Sandsteine können Mächtigkeiten von 0 147 m beobachtet werden. Die meisten Bohrungen weisen jedoch Mächtigkeiten der bindemittelarmen Sandsteine von 15 80 m auf. Die Mächtigkeiten nutzbarer Sandsteine wurden für die Berechnung der Produktivitäten verwendet und werden durch diese widergespiegelt. Es muss an dieser Stelle darauf hingewiesen werden, dass es nicht reicht, die Sandsteinmächtigkeiten relevanter Bohrungen zu addieren. Vielmehr dürfen entsprechend der Schichtbeschreibungen nur die Bereiche summiert werden, die eine gute Durchlässigkeit vermuten lassen bzw. bei denen eine gute Durchlässigkeit auf Grund von petrophysikalischen Untersuchungen an Bohrkernen nachgewiesen ist. 4.4 Potenzielle Produktivitäten im Untersuchungsgebiet Ziel war es, eine Möglichkeit zu finden, die potenziellen Produktivitäten der Speicher flächenmäßig abzubilden. Für entsprechende Darstellungen wurde folgende Vorgehensweise gewählt: - Erfassung der Mächtigkeiten bindemittelarmer Sandsteine im Testgebiet in einem GIS; - Erweiterung des dafür vorhandenen Bohrungsdatensatzes durch seismische Daten (Stützstellen); - Erzeugung von Isolinienkarten der jeweiligen Sandsteinmächtigkeiten; - Bestimmung des Produktivitätsindex (PI) je 1 m Sandstein für ein ausgewähltes Gebiet und Gesteine auf Basis mittlerer Parameter (z.b. mittlere Permeabilität, siehe unten); - Verknüpfung der Mächtigkeitsdaten und der PI je 1 m zu Produktivitätsverteilungskarten; Um den Produktivitätsindex (PI) je Meter effektiven Sandsteins zu ermitteln, wurden die Darcy- Dupuit sche Brunnengleichung und weitere Standardformeln verwendet. Der PI ergibt sich aus der jeweiligen Förderrate und der resultierenden Absenkung des Wasserspiegels im Brunnen und wird üblicherweise in m 3 /(h * MPa) dargestellt, dass heißt, es wird die Förderrate angegeben, die 126

bei einer Absenkung von 100 m (bei einer Fluiddichte von 1 g/cm 3 ) erhalten werden kann. Die Förderrate Q wiederum wird durch die Durchlässigkeit oder auch Transmissivität des Gesteins (Durchlässigkeitsbeiwert in Abhängigkeit von der effektiven Mächtigkeit des Speichers) und dem Brunnenquerschnitt charakterisiert. Dabei stellt sich entsprechend der Durchlässigkeit des Gesteins ein Absenktrichter ein, welcher sich durch die Reichweite R und die Absenkung s geometrisch fassen lässt. Der k f -Wert lässt sich bei Kenntnis der Permeabilität und unter Annahme von realistischen Werten für die Dichte und Viskosität des Speicherfluids berechnen. Für die Berechnung der Reichweite R gibt es einige empirische Gleichungen, wobei sich die von Sichard (1928) als die sinnvollste herausgestellt hat. Um vergleichbare Resultate zu erzielen wird also angenommen, dass generell eine Absenkung von 100 m (entspricht für reines Wasser einer Druckabsenkung von 1 MPa) bei der Förderung des Fluids erreicht werden soll. Für den Brunnenradius wurde ebenfalls ein realistischer Wert (Durchmesser von 8 ½ ) verwendet. Der k f - Wert kann auf Grund der Fluideigenschaften (Dichte, Viskosität), die für Wässer unterschiedlicher Salinität variieren, und der Permeabilität (Abschnitt 4.2) berechnet werden. Die Fluid-eigenschaften wurden in Abbildung 6: Produktivitäten der Rhät-Lias-Sandsteine (oben) und der Unterkreide (unten) und im Testgebiet Salzstock Werle (Lage des Ausschnittes siehe Abbildung 2) dem Falle für Wässer mit Temperaturen von 100 C und einem Lösungsinhalt von 130 g/l gewählt, entsprechend der lokalen Gegebenheiten. Für die Permeabilität wurden mit Mittelwert gerechnet, der sich aus den statistischen Erhebungen von Daten aus 300 Bohrungen ergab. Dem entsprechend gilt für die Unterkreide-Sandsteine des Testgebietes - Effektive Porosität 20 % - Permeabilität (k) 0,25 * 10-12 m 2 (250 md) Für eine Speichermächtigkeit je 1 Meter bei einer Absenkung des Wasserspiegels von 100 m ist der Produktivitätsindex für die Unterkreidesandsteine = 1,512 m³/(h * MPa). Wendet man diese Systematik auf die Hettang-Rhät-Sandsteine an, müssen nur die deutlich besseren Speichereigenschaften der Aquifere berücksichtigt werden: - Effektive Porosität 20 25 % - Permeabilität (k) 0,25 0,5 * 10-12 m 2 (250 500 md) Es ergeben sich ein Durchlässigkeitsbeiwert (kf) von 1,2 * 10-5 m/s, eine Reichweite der Druckentlastung (R) bei 100 m Absenkung von 1.039,2 m und ein Produktivitätsindex (PI) für 1 Meter effektive Schichtmächtigkeit von 2,952 m³/(h * MPa). 127

Entsprechend der effektiven Mächtigkeiten der Sandsteine und der PI je Meter wurden nun Produktivitätskarten für die Unterkreide und den Rhät-Hettang-Speicher erzeugt (Abb. 6). Demnach können im Testgebiet für die Unterkreide nur zwei Bereiche mit Produktivitäten > 50 m 3 / h*mpa aufgezeigt werden. Als Hauptspeicher kommen die Rhät-Lias-Sandsteine mit Produktivitäten von z.t. über 200 m 3 /(h*mpa) in Frage (Abb. 6). Das Vorkommen der Salzstöcke und entsprechender Randsenkenbildungen wurde bei der Erstellung der Karten berücksichtigt. Hierzu wurden vor allem seismische Daten herangezogen. 5 Diskussion Mit Hilfe der durchgeführten Untersuchungen konnten Karten erstellt werden, welche sowohl Temperatur- als auch Speichereigenschaften flächenhaft darstellen. Werden die Temperatur- und Speicherkarten mit topographischen Daten überlagert, lassen sich Standorte ermitteln, an denen eine geothermische Erschließung möglich ist. Zudem können Interessenten, wie Kommunen oder Industrieanwender, schnell erfassen, ob eine geothermische Nutzung am Standort möglich ist. Im Vergleich zu den bisher bekannten Karten (vgl. Abb. 2) lässt sich lokal angeben, welche geologischen Verhältnisse standortgenau zu erwarten sind. (Im Falle von Abb. 2 ist zu bemerken, dass diese Karte nur die Sandsteine des Hettang erfasst. Das ändert aber nichts an der Auflösung der Karte, welche nur für regionale Aussagen geeignet ist.) 5.1 Vergleich der Ergebnisse mit lokal bekannten Testdaten Interessant ist vor allem, inwieweit die Daten aus Abb. 4 und Abb. 6 mit den realen Daten übereinstimmen. Da die Temperaturen der Bohrungen direkt in die Erstellung der Karten eingegangen sind, lassen sich nur bezüglich des Produktivitätsindexes Aussagen treffen. Am Standort Neustadt- Glewe besteht ein geothermisches Heizkraftwerk (das Bewilligungsfeld ist in Abb. 4, 6 durch Linien umrissen). Für dieses Feld wurden eine Reihe von Untersuchungen durchgeführt. Hervorzuheben sind dabei vor allem die durchgeführten Förderteste. Die primären Leistungsteste der Bohrung Gt NG 1 im Jahre 1989 ergaben so eine mittlere gemessene Produktivität von 183,3 m 3 / (h*mpa). Die Skin-freie theoretische Produktivität wurde sogar auf 360 m 3 /(h*mpa) berechnet. Effektivierungen in der Bohrung führten dann auch zum Erreichen von Produktivitäten > 300 m 3 / (h*mpa). Die Bohrung Gt NG 2 hingegen erreichte eine gemessene Produktivität von 107,5 m 3 / (h*mpa). Die Skin-freie theoretische Produktivität wurde auf 189,1 m 3 /(h*mpa) berechnet. Es wurden wiederum stimulierende Maßnahmen (CO 2 -Behandlung, Gel-Frac) durchgeführt, welche zu einer Produktivitätssteigerung auf 179,3 m 3 /(h*mpa) führten. Ursachen für die starke Abweichung der Produktivitäten beider Bohrungen sind einerseits in den Bohrungsdurchmessern, vor allem aber in den petrographischen Eigenschaften der Sandsteine beider Bohrungen zu sehen. In jedem Fall kann davon ausgegangen werden, dass im Bereich von Neustadt-Glewe Produktivitäten > 180 m 3 /(h*mpa) erreicht werden können. Nach der im Rahmen dieser Untersuchungen ermittelten Methode zur Abschätzung der Produktivitäten ergibt sich für den Bereich Neustadt-Glewe eine Produktivität von ca. 170 230 m 3 /(h*mpa), wobei am Standort der Bohrungen selbst etwa 200 m 3 /(h*mpa) abgelesen werden können (Abb. 6, Bewilligungsfeld Neustadt-Glewe markiert). Vergleichbare Übereinstimmungen der in Fördertests gemessenen und der berechneten (Abb. 6) Produktivitäten ergeben sich auch für die Geothermieanwendungen von Waren und Neubrandenburg. Somit stellt die vorgegebene Methodik eine gute Möglichkeit dar, die Speichereigenschaften von Porenspeichern flächenhaft und vergleichbar darzustellen. Für umfassende Betrachtungen müssten die entsprechenden Werkzeuge erweitert werden. So variiert z.b. die Dichte, Viskosität und Salinität der wässrigen Lösungen vor allem in Abhängigkeit von der Versenkungstiefe der Zielhorizonte. Einfache Diagramme sollten hier gute Ergebnisse liefern, welche dann in einer guten Berechnung des k f -Wertes münden könnten. 128

5.2 Risikobetrachtung Mit Hilfe der oben dargestellten Methode ist zwar eine flächenhafte Darstellung von Speichereigenschaften bestimmter geothermischer Aquifere möglich, allerdings sind hierbei fazies- und diageneseabhängige Besonderheiten nicht berücksichtigt. So weist z.b. der Schilfsandstein flächenmäßig verteilt große Unterschiede in Bezug zu seinen Speichereigenschaften auf. Hochpermeable Sandsteine sind so meist auf Rinnenfüllungen beschränkt (vgl. Beutler 1999). Anderes gilt für die Rhät-Unterkreidesandsteine. In Abb. 1 sind die entsprechenden Speicher angegeben. Im Prinzip kann die angegebene Methodik auf die drei hervorgehobenen Bereiche (Abb. 1) angewendet werden. Fazielle Unterschiede spielen für diese Speicher nur eine untergeordnete Rolle. Generell nehmen Porosität und Permeabilität von Sandsteinen mit zunehmender Tiefe ab. Scholle (1992) untersuchte so eine ganze Reihe von Bohrungen in Mecklenburg-Vorpommern hinsichtlich ihrer Porositäts- und Permeabilitätsverteilung. Dabei zeigte sich, dass Sandsteine mit primär höheren Porositäten auch in Teufenlagen bis etwa 3 km höhere Porositäten aufweisen, als Sandsteine, welche eine geringere primäre Porosität besaßen. Gesteine mit guter Sortierung und Reifegrad, welche einen großen Median ( mittlere Korngröße ) besitzen, sind sowohl primär als auch sekundär als gute Aquifere anzusehen. Neben diesen kalkulierbaren diagenetischen Veränderungen innerhalb der Sandsteine ist es aber lokal auch möglich, dass eine Zementation des Porenraums sowohl früh- als auch spätdiagenetisch stattfindet. Zu nennen sind hierbei Anhydritzementationen, wie sie beispielsweise in der Bohrung Allermöhe beobachtet wurden. Diese diagenetischen Prozesse sind oberhalb des Buntsandsteins aber nur sehr selten und sehr lokal zu beobachten. Dafür sind wiederum zwei Ursachen von besonderer Bedeutung: erstens erfolgt die chemische Diagenese erst ab Temperaturen von etwa 120 C in besonderer Intensität und zum anderen sind die genannten Sandsteine meistens relativ reine Quarzsandsteine (vgl. Scholle 1992, Wolfgramm 2002). Somit finden Alterationen in geringer Intensität statt, und es steht auch wenig Material zur Verfügung, welches alteriert werden könnte. Das Risiko in den Rotliegend-Sandsteinen mit Temperaturen von überwiegend > 130 C bei entsprechenden Versenkungstiefen von 3,4 4,5 km ist deutlich höher. So sind neben den erhöhten Temperaturen auch eine Reihe detritischer Komponenten (Feldspäte, Tonminerale) enthalten, welche eine tiefgründige Alteration ermöglichen. Somit ist das Potenzial zur Ausbildung spätdiagenetischer Porenraumzementationen sehr groß. Diese Sandsteine können dem entsprechend nur unter zusätzlicher Nutzung von Klüften zu entsprechend ausreichenden Zuflüssen von Tiefenwasser führen. 5.3 Erweiterung auf verschiedene Regionen in Deutschland Die hier vorgestellte Methodik zur Ermittlung und flächenhaften Darstellung von Speichereigenschaften stellt für die Rhät- bis Unterkreide-Sandsteine eine sinnvolle Anwendung dar. Für allgemeingültige Aussagen müssen die entsprechenden Werkzeuge noch verfeinert werden. Damit ließen sich für das gesamte Norddeutsche Becken die Speichereigenschaften darstellen. Durch eine Überlagerung mit den entsprechenden Isothermen könnten die Lokalitäten ermittelt werden, welche für eine Wärme- oder kombinierte Wärme- und Stromerzeugung in Frage kommen. Eine Übertragung der Verfahren auf die tertiären Speicher des Oberrheingrabens erscheint ebenfalls möglich. Die Erstellung ähnlicher Werkzeuge ist für klüftige Karstspeicher bzw. klüftig-poröse Speicher (Tab. 1) wesentlich komplexer. Hier sind teilweise völlig andere Speichereigenschaften von Bedeutung als bei den Porenspeichern. So muss beispielsweise für die klüftig-porösen Speicher eine Bewertung vorhandener Klüfte erfolgen. Dazu sind seismische Unterlagen genauso zu berücksichtigen, wie Daten zum regionalen und lokalen Stressfeld. Damit könnte die Prognose der hydraulischen Wirksamkeit der Klüfte verbessert werden. Dies stellt besonders im Bereich des Oberrheingrabens eine große Herausforderung dar. Es sind zudem wenige Daten bekannt, welche die zu erstellenden Modelle stützen können. 129

Auch für das Molassebecken müssten weitere Werkzeuge entwickelt werden, welche an die Eigenschaften eines Karstspeichers angepasst sind. Diese Untersuchungen werden aber als zwingend notwendig für eine Risikominimierung im Vorfeld von Investitionsentscheidungen angesehen. 6 Literatur Beutler, G. (1998): Keuper.- Hallesches Jahrb. Geowiss., B, BH 6:45-58. Scholle, Th. (1992): Genese und Diagenese des Rhät + Hettang/Sinemur in NE-Deutschland Ein Beitrag zur Nutzung geothermischer Energie. Dissertation an der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald, unpubl. Sichardt, W. (1928): Das Fassungsvermögen von Rohrbrunnen und seine Bedeutung für die Grundwasserabsenkung, insbesondere für größere Absenktiefen. Springer Verlag Berlin, 1-89. Wolfgramm, M. (2002): Fluidentwicklung und Diagenese im norddeutschen Becken Petrographie, Mikrothermometrie und Geochemie stabiler Isotope. Dissertation an der Martin-Luther-Universität Halle, 2002 (http://sundoc.bibliothek.uni-halle.de/diss-online/02/ 02H158/index.htm) 130