Erste Woche Frühjahrssession sessionsbericht



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Transkript:

Erste Woche Frühjahrssession sessionsbericht 4. März 2011 Gleich zu Beginn der Session standen mit der Erhöhung der Entwicklungshilfegelder und den Vorlagen zum Internationalen Währungsfonds (IWF) öffentlichkeitswirksame Geschäfte an. Während die Wirtschaft die Aufstockung der Mittel für den IWF begrüsst, lehnt sie die übereilte Erhöhung der Entwicklungshilfegelder ab. Die Diskussion hat sich lediglich um den Input, nicht aber um die Zielerreichung gedreht ein effizienter Einsatz der gesprochenen Mittel ist nicht mehr möglich. Am Mittwoch wurde die Buchpreisbindung wieder eingeführt. Für die Wirtschaft ist dieser Eingriff in die Wirtschaftsfreiheit nicht nachvollziehbar. Erfreulich hingegen sind die Differenzbereinigung beim ersten Teil der 6. IV-Revision sowie die Beratungen zur verbesserten Durchführung der AHV verlaufen. Vor etwas verhärteten Fronten steht die Managed Care Vorlage. Der Nationalrat hat an beiden massgeblichen Differenzen Angebotszwang und Selbstbehalt festgehalten. Die Kassen sollen weiterhin dazu gezwungen werden können, integrierte Netzwerke anzubieten und der Selbstbehalt soll beim Verhältnis 10 zu 20 Prozent bleiben. Bei einem tieferen Satz, wie ihn der Ständerat vorschlägt, werden kurzfristige Prämienerhöhungen befürchtet.

Sessionsbericht, 4. März 2011 2 Nationalrat befürwortet höhere Kredite an den Währungsfonds Die Grosse Kammer hat alle drei Kredite für den Internationalen Währungsfonds (IWF) bewilligt. economiesuisse begrüsst diesen Entscheid. Da die Schweiz über einen starken Finanzplatz und über eine eigene Währung verfügt, ist sie sehr an einer Stabilisierung des Finanzsystems interessiert. Zudem hat die Schweiz in den letzten Jahren direkt davon profitiert, dass sie Mitglied des IWF ist. Deshalb unterstützt die Wirtschaft die Bestrebungen des Bundes, dass die Schweiz gemäss ihrem Anteil beim Ausbau des IWF mitzieht. Trotzdem nimmt economiesuisse die Aussage des Bundesrats befriedigt zur Kenntnis, wonach er eine Lagebeurteilung vornehmen wird, falls die Schweiz ihren Sitz im IWF-Exekutivrat verlieren sollte. economiesuisse begrüsst den Entscheid des Nationalrats. Die einzelnen Geschäfte fanden nach längerer Diskussion eine Mehrheit. Dem Beitritt zu den geänderten Neuen Kreditvereinbarungen (NKV) wurde mit 94 zu 68 Stimmen bei 15 Enthaltungen zugestimmt. Damit wird die Schweiz im Krisenfall maximal 18 Milliarden Franken beisteuern. Heute sind es rund 2,5 Milliarden Franken. Diese Aufstockung widerspiegelt die Systemrelevanz des schweizerischen Finanzplatzes und unterstreicht das Bekenntnis, massgeblich zur Stabilität des internationalen Währungs- und Finanzsystems beitragen zu wollen. Der IWF hat zudem die Darlehen in der Vergangenheit marktgerecht verzinst und zurückbezahlt. Bis die Neuen Kreditvereinbarungen in Kraft sind, ist eine zeitlich befristete Aufstockung der Mittel notwendig. Diese Kreditlinie von 12,5 Milliarden Franken hat der Nationalrat mit 93 zu 68 Stimmen bei 19 Enthaltungen bewilligt. Die Garantieverpflichtung für ein Darlehen an den Treuhandfonds wurde mit 99 zu 63 Stimmen bei 20 Enthaltungen angenommen. Damit werden Entwicklungsländer unterstützt, die unter den Folgen der Finanzkrise leiden. Die drei Vorlagen sind nun bereit für die Schlussabstimmung. Die Schweiz erhöht die Entwicklungshilfe Die Wirtschaft lehnt die Aufstockung der Entwicklungshilfe ab. Die Aufstockung der Schweizerischen Entwicklungshilfe ist beschlossen. In den Jahren 2011 und 2012 werden die Mittel um total 640 Millionen Franken aufgestockt. 570 Millionen davon erhält die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (Deza), 70 Millionen das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco). Der Nationalrat hat den Kredit für die Deza mit 106 zu 79 Stimmen bei fünf Enthaltungen gutgeheissen, denjenigen des Seco mit 104 zu 82 bei drei Enthaltungen. Das Parlament hat sich bereits im Dezember 2008 für die Erhöhung der Entwicklungshilfegelder auf 0,5 Prozent des Bruttonationaleinkommens (BNE) bis 2015 ausgesprochen. Trotzdem wurde am ersten Sessionstag im Nationalrat nochmals grundsätzlich über die Entwicklungshilfe diskutiert. Während die Gegner argumentieren, dass die Wirkung der Entwicklungshilfegelder umstritten ist, sind die Befürworter der Meinung, dass angemessene Entwicklungshilfe für ein wohlhabendes Land wie die Schweiz ein Grundsatz sein muss. Schliesslich hatten weder ein Antrag auf Nichteintreten, noch ein Kompromissvorschlag, der eine Erhöhung um lediglich 0,45 Prozent des BNE vorgesehen hätte, im Rat eine Chance.

Sessionsbericht, 4. März 2011 3 Die Quotendiskussion orientiert sich am Input statt an der Zielerreichung. Die Wirtschaft lehnt diese übereilte Erhöhung der Entwicklungshilfe ab. Sie stellt eine überproportionale Erhöhung dar und ist finanzpolitisch nicht vertretbar. Diese Ausgabenerhöhung in der Entwicklungszusammenarbeit bedeutet, dass schon bald in anderen Bereichen stärkere Sparanstrengungen nötig werden. Die Diskussion um die Quote von 0,5 Prozent des BNE orientiert sich zudem ausschliesslich am Input und nicht an der Zielerreichung. Die bestehenden Effizienzprobleme werden nicht angegangen und die zusätzlichen Mittel können aufgrund der kurzen Planungsphase nicht mehr effizient eingesetzt werden. Einigkeit bei der VI Für Geldspiele im Dienste des Gemeinwohls Schon am ersten Sessionstag sah sich der Ständerat mit einer zwar erfreulichen, aber auch ausserordentlichen Situation konfrontiert: Nicht nur die Mitglieder der Grossen Kammer, sondern auch die Initianten stehen hinter dem Gegenvorschlag zur Volksinitiative Für Geldspiele im Dienste des Gemeinwohls. Die Initianten haben in Aussicht gestellt, das Volksbegehren zurückzuziehen, wenn das Parlament den Gegenvorschlag annimmt. Gegenvorschlag und Initiative wollen das Lotteriemonopol der Kantone in der Verfassung verankern. Die Initiative fordert ausserdem, dass Gewinne der Lotterien und gewerbsmässigen Wetten vollumfänglich für gemeinnützige Zwecke zu verwenden sind. Auch diesem Anliegen entspricht der Gegenvorschlag weitgehend. Die ehemalige Justizministerin Eveline Widmer-Schlumpf hatte für den Gegenvorschlag eine Arbeitsgruppe eingesetzt, in der auch die Initianten vertreten waren. Damit sollten die Anliegen der Initiative aufgenommen und gleichzeitig ihre Mängel beseitigt werden. Nach Ansicht des Bundesrats schränkt die Initiative den gesetzgeberischen Handlungsspielraum ein, ohne Lösungen zu bieten für die heute bestehenden Abgrenzungsprobleme zwischen den Spielbanken, den Lotterien sowie zwischen gewerbsmässigen Wetten. Auch für Kompetenzkonflikte zwischen Bund und Kantonen präsentiert die Initiative keine Lösungen. Sämtliche Parteien und auch die Wirtschaft sind der Meinung, dass der direkte Gegenentwurf diese Mängel behebt und gleichzeitig die Anliegen der Volksinitiative aufnimmt. AHV: Ständerat stimmt Verbesserung der Durchführung zu Als nächstes muss die Strukturreform angegangen werden. Am 1. Oktober 2010 wurde die 11. AHV-Revision in der Schlussabstimmung des Nationalrats abgelehnt. Neben den umstrittenen Punkten beispielsweise die Erhöhung des Rentenalters für Frauen enthielt die Vorlage aber auch zahlreiche technische Elemente, die in den bisherigen Diskussionen völlig unbestritten waren. Diese Massnahmen zur Verbesserung der Durchführung der Versicherung wurden nun dem Ständerat vorgelegt, welcher diese ohne grosse Diskussion und einstimmig angenommen hat. Die Vorlage enthält folgende Punkte: Der Höchstbeitrag der Nichterwerbstätigen wird neu so festgelegt, dass er grundsätzlich das 50-fache des Mindestbeitrags ausmacht. Mit verschiedenen Massnahmen wird das Beziehen der AHV-Beiträge vereinfacht. Koordination und Steuerung: Die AHV ist ausgesprochen dezentral organisiert. Gewisse Aufgaben sollen nun aber zentral vom Eidgenössi-

Sessionsbericht, 4. März 2011 4 schen Departement des Innern (EDI) resp. vom Bundesamt für Sozialversicherungen koordiniert und gesteuert werden. Vorgeschlagen wird die Schaffung eines Ergänzungsleistungs- Registers, damit zuverlässige Daten für statistische Zwecke und für die Durchführung auf möglichst einfache Weise zur Verfügung gestellt werden können. Insgesamt werden aus diesen Massnahmen Mehreinnahmen von ca. 4 Mio. Franken pro Jahr erwartet. Beim Bund entstehen einmalige Aufbaukosten von 6 bis 10 Mio. Franken und wiederkehrende Betriebskosten von rund 1,8 Mio. Franken. Das Geschäft geht nun an den Nationalrat. Sofern keine Differenzen zwischen den beiden Räten aufkommen, könnten diese Verbesserungen schon ab 2012 in Kraft treten. Die eigentliche AHV-Revision unter anderem mit der Frage des Rentenalters soll später angegangen werden. economiesuisse unterstützt das Anliegen des Bundesrats, zunächst die unbestrittenen Elemente der 11. AHV-Revision umzusetzen. Danach sind in der nächsten Legislatur die wesentlichen Punkte der AHV-Revision unter anderem die Anhebung des Rentenalters anzupacken. Der Handlungsbedarf bei der AHV ist gegeben: Ohne Reform wird sie in den kommenden Jahren in die roten Zahlen rutschen. Erster Teil der 6. IV-Revision beschlossen Das Reformtempo muss aufrechterhalten werden. National- und Ständerat haben in der ersten Sessionswoche alle Differenzen beim ersten Massnahmenpaket der 6. IV Revision ausräumen können. Das Geschäft ist damit bereit für die Schlussabstimmung. Das erste Paket (IV- Revision 6a) beinhaltet eher kurzfristig realisierbare Massnahmen, längerfristig zu realisierende Schritte werden mit der Revision 6b angegangen. Die Revision 6a umfasst vier Hauptbereiche. An erster Stelle steht die Wiedereingliederung heutiger IV-Rentner in den Arbeitsmarkt. Die Räte debattierten in den letzten Tagen noch darüber, ob zur Vereinfachung der Wiedereingliederung Kommissionen eingerichtet werden sollen, die die IV-Stellen bei der Stellensuche für IV-Rentner unterstützen. Dieses Vorhaben wurde aber verworfen. Neben der Wiedereingliederung sieht die Revision vor, den Finanzierungsanteil des Bundes von den laufenden Ausgaben der IV zu entkoppeln und künftig nach der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung zu richten. Zudem soll mehr Wettbewerb zu einer Preissenkung bei den Hilfsmitteln führen. Schliesslich erfolgt mit der finanziellen Konsolidierung ein für die IV kostenneutraler Umbau des Leistungssystems bei der Hilflosenentschädigung. Mit den beiden Teilrevisionen soll das hohe Defizit der Invalidenversicherung abgebaut werden. economiesuisse begrüsst diesen Schritt, betont aber auch, dass man mit dem ersten Massnahmenpaket noch nicht am Ziel ist. Denn auch bei einer vollständigen Umsetzung des Pakets wird erst etwa die Hälfte des IV-Defizits abgedeckt sein. Bundesrat und Parlament müssen daher das Reformtempo auch mit Blick auf das zweite Massnahmenpaket (Revision 6b) aufrechterhalten. Das Zeitfenster, das die IV durch die befristete Mehrwertsteuererhöhung erhalten hat, darf nicht ungenutzt verstreichen. Schweiz und EU vor nächster Verhandlungsrunde? Nach dem Nationalrat hat nun auch der Ständerat den bundesrätlichen Bericht zur Europapolitik vom vergangenen Sommer zur Kenntnis genommen. Im Bericht zeigt der Bundesrat verschiedene Szenarien zum weiteren europapolitischen Weg der Schweiz auf und weist auch auf Schwächen des bilateralen Wegs hin. Erwähnt werden unter anderem die mangelnden Einflussmög-

Sessionsbericht, 4. März 2011 5 lichkeiten auf Normen, die die Schweiz direkt betreffen oder der unvollständige Zugang zum EU-Binnenmarkt für Schweizer Unternehmen. Trotzdem bleibt der bilaterale Weg für den Bundesrat momentan am besten dazu geeignet, die Interessen der Schweiz in Europa zu wahren. Die Wirtschaft lehnt Verhandlungen im Steuerbereich ab. Der Bericht geht auf ein Postulat Markwalder vom Juni 2009 zurück. Seither hat sich die Diskussion um einiges weiterentwickelt und in den letzten Wochen intensiviert. Im Zentrum steht heute ein drittes Verhandlungspaket. Die Schweiz und die EU wollen in den nächsten Wochen gemeinsam klären, in welchem Rahmen und zu welchen Themen Verhandlungen aufgenommen resp. fortgesetzt werden sollen. Seitens der Schweiz gilt es, bei der Form der Verhandlungen ob einzeln oder parallel gegenüber einer Paketbildung mit grösster Vorsicht vorzugehen. Die Erfolgskriterien Wettbewerbsfähigkeit, Marktzugang und Souveränität der Wirtschaftspolitik müssen nach wie vor als Voraussetzung für den weiteren Abschluss von bilateralen Abkommen gelten. Ob ein Paket bessere Lösungen bringt, ist anhand der Qualität der Abkommen, der Geschwindigkeit der Verhandlungen und der Rückwirkungen auf bestehende und künftige Abkommen zu beurteilen. Bezüglich der Verhandlungsinhalte stösst eine automatische Rechtsübernahme durch die Schweiz bei der Wirtschaft auf Ablehnung. Ebenso ist die Wirtschaft klar gegen Verhandlungen mit der EU-Kommission im Steuerbereich. Die Wiedereinführung der Buchpreisbindung ein wettbewerbspolitisches Trauerspiel Unter dem Vorbehalt, dass die Vorlage die Schlussabstimmung übersteht, wird die Buchpreisbindung wieder eingeführt. Dies hat der Ständerat in der Differenzbereinigung mit hauchdünner Mehrheit beschlossen. Nicht nur das knappe Resultat, auch die Grundsatzdiskussionen über Sinn und Unsinn der Buchpreisbindung in der Differenzbereinigungsphase lassen die unterschiedlichen Vorstellungen zwischen den Räten bzw. in den Räten selbst erahnen. Eine erste Differenz zwischen den Lagern bestand denn auch bereits bei der Frage, auf welchen Verfassungsartikel die Wiedereinführung der Buchpreisbindung begründet werden soll. Während der Nationalrat in der Wiedereinführung Kulturförderung erkennt und das Vorhaben demnach auf einen Verfassungsartikel zur Kulturförderung (Art. 69 Abs. 2 BV) sowie zur Strukturpolitik (Art. 103 BV) begründen will, konnte der Ständerat in der Wiedereinführung der Buchpreisbindung keine Kulturförderung erkennen und begründete das Vorhaben lediglich auf den Strukturartikel. Schliesslich nahm die Kleine Kammer mit 21 zu 14 Stimmen einen Antrag Seydoux an und schloss sich damit dem Nationalrat an, womit die Wiedereinführung der Buchpreisbindung mit je einem Verfassungsartikel zur Kulturförderung und zur Strukturpolitik begründet wird. In der zweiten Differenz ging es um die Frage, ob die Buchpreisbindung auch für Bücher gelten soll, die aus dem Ausland direkt an die Empfänger in der Schweiz versendet werden. Die Grosse Kammer wollte dies, die Kleine bisher nicht. Mit Stichentscheid des Präsidenten schloss sich der Ständerat auch bei dieser Differenz dem Nationalrat an, womit die letzten Differenzen bereinigt und das Geschäft zur Schlussabstimmung bereit ist. Die Wirtschaft lehnt diese Wiedereinführung der Buchpreisbindung aus grundsätzlichen Erwägungen entschieden ab. Deren Wiedereinführung stellt einen schwerwiegenden Eingriff in die Wettbewerbspolitik dar, indem ein Preiskartell staatlich sanktioniert wird. Leserinnen und Leser werden mit der Wiedereinführung von kartellartigen Preisen in Zukunft deutlich mehr für Bücher bezahlen müssen als heute. Dass die Buchpreisbindung auch für Bücher gelten wird, die im Internet bestellt werden, ist aus wirtschaftlicher Sicht unverständlich. Eine solche Regelung ist nicht nur schwer durchzusetzen, sondern wird auch Probleme mit den ausländischen Handelspartnern schaffen.

Sessionsbericht, 4. März 2011 6 Managed Care: Verhärtete Fronten wegen Differenzen bei Selbstbehalt Differenzen bei Selbstbehalt und Angebotszwang. Die Differenzen in der Managed Care Vorlage konnten erneut nicht ausgeräumt werden. Sowohl beim Selbstbehalt als auch beim Angebotszwang hielt der Nationalrat an seinem Standpunkt fest. Mit 129 zu 52 Stimmen sollen Versicherer weiterhin zum Angebot von integrierten Versorgungsnetzen gezwungen werden können. Der Ständerat und die Wirtschaft lehnen einen solchen Zwang mit dem Argument ab, dass dadurch die Gefahr besteht, dass Krankenkassen mit qualitativ ungenügenden Netzen Verträge abschliessen müssten. Im Hinblick auf die Schlussabstimmung und ein mögliches Referendum ist die Differenz beim Selbstbehalt momentan brisanter. Der Nationalrat hält mit 95 zu 80 Stimmen bei einer Enthaltung am ursprünglich vorgeschlagenen Verhältnis des Selbstbehaltes fest. Personen, die sich keinem integrierten Versorgungsnetz anschliessen, sollen demnach 20, Mitglieder von Managed Care 10 Prozent bezahlen. Mit diesem Entscheid schlug der Nationalrat ein Kompromissangebot der Gesundheitskommission des Nationalrats aus. Diese hatte, nachdem der Ständerat sich für ein Verhältnis von 5 und 15 Prozent ausgesprochen hatte, ein Modell von 7,5 und 15 Prozent vorgeschlagen. Der Nationalrat ist aber der Meinung, dass nur mit einem Verhältnis von 10 und 20 Prozent ein grösserer Prämienschub verhindert werden kann. Schliesslich hielt der Nationalrat auch daran fest, keine Obergrenze für den Selbstbehalt festzulegen. Während der Ständerat eine Obergrenze von 500 Franken definieren möchte, will der Nationalrat dies dem Bundesrat überlassen. Aus wirtschaftlicher Sicht sollte die Differenz beim Selbstbehalt zwischen traditionellem und integriertem Modell möglichst gross sein. Damit wären die Anreize auch für chronisch kranke Personen genügend stark, um in integrierte Modelle zu wechseln. Bei dieser Patientengruppe sind die qualitätssteigernden Effekte der Managed Care Modelle besonders ausgeprägt. Dadurch wird ein Nachfragedruck auf die Versicherer generiert, solche Versicherungsprodukte anzubieten. In diesem Sinne könnte eine Variante von 20 Prozent und 7,5 Prozent ein Kompromiss für die Differenzbereinigung darstellen. Zudem darf der Selbstbehalt auf keinen Fall zu tief gewählt werden, da sonst in der Einführungsphase ein Prämienschub droht: Ein tieferer Selbstbehalt führt zu sofortigen Prämiensteigerungen, wogegen die Ersparnisse aus dem neuen Modell erst nach einiger Zeit zu Buche schlagen. Managed Care verbessert das Gesundheitssystem nachhaltig. Die Wirtschaft unterstützt die Managed-Care-Vorlage und die damit einhergehende Förderung integrierter Netzwerke weitgehend. Die Vorlage stellt ein wichtiges Reformforhaben für das Gesundheitssystem dar. In den integrierten Versorgungsnetzen wird der gesamte Behandlungsprozess im Netzwerk gesteuert, die Leistungserbringer übernehmen Budgetverantwortung. Dadurch verbessert sich die Versorgungsqualität und die Effizienz der Leistungserbringung. Aufgrund der positiven erwarteten Auswirkungen darf die Vorlage nicht zum politischen Spielball werden. Rückfragen: bern@economiesuisse.ch Impressum economiesuisse, Verband der Schweizer Unternehmen Hegibachstrasse 47, Postfach, CH-8032 Zürich www.economiesuisse.ch